Urteil des VG Köln vom 06.12.2006

VG Köln: arzneimittel, registrierung, stationäre behandlung, verdacht, wissenschaft, kommission, gehalt, grenzwert, wasser, zahl

Verwaltungsgericht Köln, 24 K 1419/03
Datum:
06.12.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
24. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
24 K 1419/03
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin beantragte unter dem 2. Oktober 2000 beim Bundesinstitut für Arz- neimittel
und Medizinprodukte (BfArM) die Registrierung des homöopathischen Fer-
tigarzneimittels "H. B. ". Der arzneilich wirksame Bestandteil wurde mit
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"10 ml enthalten: Arzneilich wirksame Bestandteile: Gingko biloba e foliis sicc. ? = D 1
Dilut. HAB 2000, Vorschrift 4a"
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bezeichnet.
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Nach den Untersuchungsergebnissen des identischen Präparates "H. T. " weist das
Arzneimittel einen Gehalt an Ginkgolsäuren, berechnet als Ginkgolsäure C-17 : 1 von
0,18 % (= 1.800 ppm) auf.
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Unter dem 2. Oktober 2001 übersandte die Beklagte der Klägerin eine formale
pharmazeutische Stellungnahme sowie eine Stellungnahme zur Qualität und gab ihr
Gelegenheit, den darin genannten Mängeln des Registrierungsantrages binnen zweier
Monate abzuhelfen. In der pharmazeutischen Stellungnahme ist u.a. ausge- führt:
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"Für Arzneimittel, die Gingko-biloba-Blätter enthalten, hat das BfArM mit Schrei- ben
vom 27.05.97 zu Gingko-biloba-Blätter-haltigen Arzneimitteln ein Stufenplanver- fahren,
Stufe II, eingeleitet. Lediglich homöopathische Arzneimittel, bei denen auf- grund der
Verdünnung davon ausgegangen werden kann, dass der Grenzwert von < 5 ppm für
Ginkgolsäuren nicht erreicht wird (ab einschließlich D6) sind nicht in das
Stufenplanverfahren eingeschlossen. Aufgrund der vorliegenden Daten zu toxischen
Wirkungen von Ginkgolsäuren und aufgrund der Strukturähnlichkeit zu anderen star-
ken Kontaktallergenen der Alkylphenole von Urushiol-Typ sowie aufgrund der vorlie-
genden Kenntnis der Struktur-Wirkungsbeziehungen zu erwartenden Toxizität von
Ginkgolsäuren besteht der begründete Verdacht, dass Gingko-haltige Arzneimittel mit
einem höheren Gehalt an Ginkgolsäuren als 5 ppm schädliche Wirkungen haben, die
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über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß
hinausgehen. Darüber hinaus liegen dem BfArM zahlreiche Nebenwirkungsmeldungen
zu Gingko- biloba-Blätter-haltigen Arzneimitteln vor, die überwiegend allergische
Reaktionen an der Haut und aufgrund der Haut- bzw. Schleimhaut-reizenden Wirkung
gastrointesti- nale Störungen dokumentieren. Die für pflanzliche Arzneimittel zuständige
Sachver- ständigenkommission (Kommission E) kam zu dem Schluss, dass zur
Risikominimie- rung die vollständige Elimination von Ginkgolsäuren wünschenswert sei.
Unter Be- rücksichtigung der technischen Möglichkeiten zur Eliminierung wurde daher
in der Monographie ?Trockenextrakt (35-67 : 1) aus Gingko-biloba-Blättern, extrahiert
mit Aceton-Wasser? der Kommission E ein Grenzwert von < 5 ppm für Ginkgolsäuren
aufgenommen. Da das vorliegende Arzneimittel in einer Urtinktur vorliegt, besteht der
begründete Verdacht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche
Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft
vertretbares Maß hinausgehen. Angesichts dieser veränderten Risikobeurteilung von
Gingko- biloba-haltigen homöopathischen Arzneimitteln wird vom pharmazeutischen
Unter- nehmer erwartet, den Gehalt an Ginkgolsäuren für das vorliegende Arzneimittel
zu bestimmen und eine ausreichende Nutzen/Risiko-Begründung gegenüber höheren
Potenzstufen, wie z.B. D6, vorzulegen. Wir bitten dazu um Stellungnahme.
Sollten die Anforderungen des Stufenplans nicht erfüllt werden, beabsichtigen wir, den
Antrag auf Registrierung zu versagen."
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Die Klägerin erwiderte hierauf mit Schreiben vom 26. November 2001 und übersandte
überarbeitete Registrierungsunterlagen.
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Mit Bescheid vom 20. Februar 2002 versagte die Beklagte die Registrierung unter
Hinweis auf § 39 Abs. 2 AMG. In einer Anlage führte sie aus, dass für das Arzneimittel
der begründete Verdacht bestehe, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch
schädliche Wirkungen habe, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen
Wissenschaft vertretbares Maß hinausgingen. Obwohl das Stufenplanverfahren zu
Gingko biloba-Blätter-haltigen Arzneimitteln eingestellt worden sei, seien die
medizinischen Bedenken hinsichtlich der unbedenklichen Anwendung am Menschen
nicht ausgeräumt. Die Zahl der Spontanmeldungen habe sich inzwischen weiter erhöht.
Die vorliegenden Daten zu toxischen Wirkungen von Ginkgolsäuren seien
unzureichend und ließen zur Zeit noch keine abschließende Bewertung zu. Die Nutzen-
Risiko-Bewertung des vorliegenden Arzneimittels falle weiterhin negativ aus, da das
Risiko durch einen höheren Verdünnungsgrad des risikobehafteten Inhaltsstoffes
minimierbar sei. Ausreichende präparatspezifische Unterlagen zur Unbedenklichkeit
seien nicht vorgelegt worden.
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Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Das Stufenplanverfahren sei beendet
worden, ohne dass Maßnahmen ergriffen worden seien. Soweit ihr bekannt, bezögen
sich die vorliegenden Nebenwirkungsmeldungen gerade auf Arzneimittel, deren
Ginkgolsäuregehalt auf max. 5 ppm begrenzt sei. Auch existiere zum streitbefange- nen
Präparat ein identisches Arzneimittel, das seit langem in großen Mengen in den Verkehr
gebracht werde und zu dem keinerlei Nebenwirkungsmeldungen vorlägen. Zudem
beruhten die vorliegenden Nebenwirkungsmeldungen nur in 37 Fällen auf einer
Monotherapie mit H. . In allen übrigen Fällen lägen Mehrfachmedikamentio- nen vor.
"Hilfsweise" beantragte die Klägerin, die Registrierung ab dem Verdün- nungsgrad D4
zu erteilen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2003 erteilte die Beklagte die Registrierung
für das Arzneimittel nach Maßgabe eines anliegenden Registrierungsbescheides für
den Verdünnungsgrad D4. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Es liege der
Versagungsgrund des § 39 Abs. 2 Nr. 4 AMG vor. Das allergene und
Sensibilisierungspotential der Ginkgolsäure könne nicht ernsthaft bestritten werden. Die
Beklagte verwies auf die Untersuchung von Hausen und zahlreiche
Nebenwirkungsmeldungen. Eine Überschreitung des Grenzwertes von 5 ppm könne für
homöopathische Zubereitungen nicht hingenommen werden, zumal sich aus dem
Selbstverständnis der Therapierichtung keine therapeutische Überlegenheit niedriger
Potenzen oder einer Urtinktur gegenüber höheren Potenzen ableiten lasse. Eine
erneute Überprüfung der vorliegenden Literatur habe ergeben, dass sich diese
weitgehend auf die phytotherapeutische Anwendung beziehe. Die homöopathische
Literatur zu Gingko biloba sei so dürftig, dass sie nicht den Anforderungen der
Arzneimittelprüfrichtlinien oder der RL 2001/83/EG genüge.
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Die Klägerin hat gegen die Versagung der Registrierung der Urtinktur am 7. März 2003
Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem
Widerspruchsverfahren.
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Sie beantragt,
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die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für
Arzneimittel und Medizinprodukte vom 20. Februar 2002 in der Gestalt des Wi-
derspruchsbescheides vom 6. Februar 2003 zu verpflichten, über ihren Antrag auf
Registrierung des homöopathischen Fertigarzneimittels "H. B. " insoweit erneut zu
entscheiden, als die Registrierung in der Potenz D1 versagt worden ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweist erneut auf das durch zahlreiche Nebenwirkungsmeldungen belegte
allergene bzw. Sensibilisierungspotential von Gingko-Zubereitungen. Neuere
Untersuchungen zeigten zudem, dass Ginkgozubereitungen außer den bereits
bekannten allergenen Ginkgolsäuren auch Urushiole enthielten, die zu den stärksten
bekannten Allergenen gehörten. Auch berichteten verschiedene Publikationen aus
jüngerer Zeit über lebensbedrohliche Blutungen unter Medikation mit Gingko-
Zubereitungen. Dies sei vor dem Hintergrund der Erkenntnisse über hämodynamische
Wirkungen von Gingko-Zubereitungen plausibel.
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Aus der Einstellung des Stufenplanverfahrens könne die Klägerin für sich nichts
herleiten, zumal die Kommission E gerade wegen der bekannten Allergenität den
Grenzwert festgelegt habe. Bei den derzeit auf dem Markt befindlichen Gingko-
Präparaten handele es sich entweder um zugelassene oder nachzugelassene
Arzneimittel mit einem Ginkgolsäuregehalt von unter 5 ppm, um registrierte
homöopathische Arzneimittel in höheren Verdünnungsstufen oder um fiktiv zugelassene
Arzneimittel, die von der Bundesoberbehörde noch nicht abschließend bewertet worden
seien bzw. bei denen der Versagungsbescheid aufgrund anhängiger Rechtsmittel noch
nicht bestandskräftig sei.
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Auch ergebe sich nichts Abweichendes aus den für homöopathische Gingko-
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Zubereitungen verhältnismäßig wenigen Nebenwirkungsmeldungen, da diese relativ
selten verordnet würden und die Rate an Nebenwirkungsmeldungen bei Homöopathika
vergleichsweise gering sei, was auf die weit verbreitete Ansicht zurückzuführen sein
könne, diese hätten keine Nebenwirkungen. Auch sei eine Fehlinterpretation als
Erstverschlimmerung möglich. Bei einer Selbstmedikation werde die Einnahme
außerdem dem Arzt gar nicht bekannt. Die Auffassung des OVG Berlin (OVG 5 N 41.99),
dass fehlende Nebenwirkungsmeldungen zu einem Vergleichsmittel keinen Schluss auf
die Unbedenklichkeit eines Arzneimittels zuließen, werde durch neuere
Untersuchungen bestätigt, nach denen die Nebenwirkungsrate um mindestens den
Faktor 20 über der der Nebenwirkungsmeldungen liege. Dies beträfe schwerwiegende
Nebenwirkungen, die eine stationäre Behandlung erforderlich machten. Bei leichteren
Nebenwirkungen könne von einer wesentlich größeren Diskrepanz ausgegangen
werden. Das Spontanerfassungssystem für Nebenwirkungen eigne sich zum Aufdecken
bislang unbekannter oder seltener, nicht aber zur Quantifizierung des Risikos bekannter
Nebenwirkungen.
Die Registrierung sei vorliegend auch nicht mit Art. 14 Abs. 1 der RL 2001/83/EG
vereinbar. Danach dürften homöopathische Arzneimittel nicht das vereinfachte
Registrierungsverfahren in Anspruch nehmen, die mehr als einen Teil pro Zehntausend
der Urtinktur enthielten. Dies sei bei einem homöopathischen Arzneimittel mit einer
höheren Konzentration als D4 der Fall.
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Die Klägerin tritt dem entgegen und führt aus: Die Beklagte könne der Registrierung
nicht die Ineffektivität des Meldesystems entgegen halten. Eine Selbstmedikation sei bei
einem registrierten Arzneimittel ohne Anwendungsgebiet unwahrscheinlich. Die
Vorgaben der RL 2001/83/EG seien zwar inzwischen mit § 39 Abs. 2 Nr. 5 b AMG in
nationales Recht umgesetzt. Diese Vorschrift sei aber aufgrund der
Übergangsbestimmung des § 141 Abs. 10 AMG auf das streitbefangene Arzneimittel
nicht anwendbar.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitsandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des BfArM Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24
Die Klage ist nicht begründet.
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Der Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin
nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Neubescheidung
ihres Registrierungsantrages (113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
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Die Beklagte hat die Registrierung des streitbefangenen Arzneimittels rechtfehlerfrei
versagt. Zwar ist aufgrund der Überleitungsbestimmung des § 141 Abs. 10 AMG die
durch das 14. AMG-Änderungsgesetz vom 29. August 2005 (BGBl. I S. 2569) zur
Umsetzung europarechtlicher Vorgaben eingefügte Vorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 5b
AMG unanwendbar, die Arzneimittel, welche mehr als einen Teil pro Zehntausend der
Ursubstanz enthalten, vom vereinfachten Registrierungsverfahren ausschließt. Denn die
Klägerin hat die Registrierung vor dem gesetzlich vorgegebenen Stichtag 30. April 2005
beantragt.
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Die Versagung findet jedoch ihre Rechtsgrundlage in § 39 Abs. 2 Nr. 4 AMG. Hiernach
hat die zuständige Bundesoberbehörde die Registrierung eines homöopathischen
Arzneimittels zu versagen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass es bei
bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den
Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Der
Versagungsgrund ist nach Formulierung und Inhalt identisch mit dem des § 25 Abs. 2
Satz 1 Nr. 5 AMG a.F., der nunmehr durch den Versagungsgrund des ungünstigen
Nutzen-Risiko-Verhältnisses ersetzt worden ist und deutet wie dort auf den Ausschluss
der Verkehrsfähigkeit solcher Arzneimittel, bei denen ernstzunehmende Erkenntnisse
den Schluss auf nicht vertretbare Nebenwirkungen nahe legen,
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vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht - Kommentar, § 25 Erl. 59 und § 39 AMG Erl. 8,
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wobei es keiner Gewissheit des Eintritts bestimmter schädlicher Wirkungen bedarf,
sondern der begründete, auf Tatsachen basierende Verdacht eine Versagung
rechtfertigt.
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Ein in diesem Sinne begründeter Verdacht liegt hinsichtlich des streitbefangenen
Wirkstoffs vor: Die Kammer hat in ihrem Urteil vom 7. September 2005 - 24 K 8159/01 -
zu einem Arzneimittel der phytotherapeutischen Therapierichtung mit dem arzneilich
wirksamen Bestandteil "Ginkgoblätter-Trockenextrakt (9-11 : 1), entsprechend 3,0 mg
Ginkgoflavonglykoside, Auszugsmittel: Ethanol 30 % und 96 % (V/V) ausgeführt, dass
Ginkgolsäuren zu den Alkylphenolen vom Urushiol-Typ gehören, die ihrerseits zu den
stärksten bekannten Kontaktallergenen im Pflanzenbereich gehören und u.a. zu
allergischen Hautreaktionen und gastrointestinalen Störungen führen können.
Außerdem hat sie auf das nach den vorliegenden Erkenntnisquellen, namentlich den
aus der Datenbank der Beklagten zur Erfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen
(UAW) ersichtlichen Nebenwirkungsmeldungen, insbesondere das Risiko erheblicher,
teils lebensbe- drohender Blutungen bei der Einnahme Gingko-biloba-haltiger
Arzneimittel hingewie- sen. Vor diesem Hintergrund hat sie die Unbedenklichkeit des
Wirkstoffs verneint und die Voraussetzungen einer Aufnahme des Wirkstoffs in die Liste
der Stoffe und Stoffkombinationen nach § 109a Abs. 3 AMG (sog. Traditionsliste) mit
Blick darauf verneint. Der Wortlaut der Entscheidungsgründe dieses Urteils ist den
Beteiligten in den wesentlichen Auszügen mitgeteilt worden. Hierauf kann zur
Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.
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Die Erwägungen der zitierten Entscheidung, denen die Klägerin nicht näher entgegen
getreten ist, können auf die Registrierung homöopathischer Arzneimittelzubereitungen
in der streitbefangenen Urtinktur übertragen werden. Denn bei einer Urtinktur fehlt die
sonst übliche Weiterverdünnung des Wirkstoffs nach homöopathischen Grundsätzen.
Sie ist mit den Pflanzenextrakten der phytopharmazeutischen Therapierichtung
weitgehend identisch. Zudem hat die Kammer in dem zitierten Urteil darauf
hingewiesen, dass die Kommission E bereits in ihrer Monographie "Trockenextrakt aus
Gingko-biloba-Blättern extrahiert mit Aceton- Wasser (BAnz. Nr. 133 vom 19. Juli 1994)
den Gehalt an Gingkolsäuren im Hinblick auf das damit verbundene Risikopotential auf
"unter 5 ppm" festgelegt hat. Dieser Wert wird von der hier fraglichen Urtinktur mit einem
Wert von 1.800 ppm, den die Beklagte unwidersprochen anhand eines identisch
zusammengesetzten Präparats festgestellt hat, mehr als deutlich übertroffen.
Unerheblich ist in diesem Zu- sammenhang, dass die Beklagte das Stufenplanverfahren
nach § 63 AMG zu Gingko-biloba-Blätter-haltigen Arzneimitteln im Jahre 2001
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eingestellt hat, da hiermit keine Aussage zur generellen Unbedenklichkeit von
Ginkgolsäuren getroffen wurde.
Vgl. Urteil der Kammer vom 7. September 2005, a.a.O.
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Auch hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus der relativ geringen
Zahl von Nebenwirkungsmeldungen zu homöopathischen Gingko- Zubereitungen
aufgrund der Besonderheiten der betroffenen Therapierichtung und der bekannten
Schwächen des Meldesystems keine Aussagen zugunsten des Wirkstoffs herleiten
lassen. Allgemein lässt die Anzahl von Spontanmeldungen damit auch keinen
verlässlichen Schluss auf den Grad eines Arzneimittelrisikos zu.
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Schließlich stehen Art und Ausmaß schädlicher Wirkungen und der Nutzen eines
Arzneimittels in einer wechselseitigen Beziehung. Je höher die therapeutische
Wirksamkeit eines Präparates einzuschätzen ist, desto eher kann ein nach dem Stand
der wissenschaftlichen Erkenntnis bestehendes Nebenwirkungsrisiko hinge- nommen
werden.
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Vgl. Klosel/Cyran, a.a.O., § 25 AMG Erl. 54.
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Dies schließt - namentlich bei ohne ein bestimmtes Anwendungsgebiet registrierten
homöopathischen Arzneimitteln - die Überlegung ein, dass ein solches Risiko umso
weniger vertretbar ist, als innerhalb der selben Therapierichtung eine gleichgerichtete
therapeutische Alternative ohne die fraglichen Risiken zur Verfügung steht. Dies ist
vorliegend der Fall, nachdem die Beklagte die Registrierung des Arzneimittels in der
Verdünnung D4 erteilt hat. Einen besonderen therapeutischen Nutzen der Urtinktur hat
die Klägerin demgegenüber dieser als im Wesentlichen riskofrei erachteten Verdünnung
nicht dargetan.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124a, 124 Abs. 2 Nr. 3
oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.
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