Urteil des VG Köln vom 09.10.2009

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Verwaltungsgericht Köln, 18 K 8188/08
Datum:
09.10.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 K 8188/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Verfahrens.
Tatbestand Die Klägerin wendet sich gegen die verkehrsrechtlichen Anordnungen des
Beklagten zur Umsetzung der Kölner Umweltzone. Auf die Klägerin sind vier
Lastkraftwagen zugelassen, die über keine Plakette verfügen, jedoch aufgrund einer
Ausnahmegenehmigung bis zum 30.12.2009 in die Kölner Umweltzone einfahren
dürfen.
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Die Kölner Umweltzone wurde durch den Luftreinhalteplan der Bezirksregierung Köln
vom 31.10.2006 angeordnet, dessen maßgebliches Verfahren wie folgt ablief: Am
01.04.2005 beschloss die Bezirksregierung Köln, für das gesamte Stadtgebiet Köln
einen Luftreinhalteplan aufzustellen. Der Planentwurf wurde vom 29.08.2006 bis zum
28.09.2006 bei dem Beklagten und bei der Bezirksregierung Köln öffentlich ausgelegt
und konnte auf deren Internet-Seiten eingesehen werden. Mit Schreiben vom
11.10.2006 erteilte der Beklagte sein Einvernehmen zu dem Entwurf. Die
Bezirksregierung Köln setzte den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln am 31.10.2006 in
Kraft. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte im Amtsblatt für den Regierungsbezirk
Köln (Nr. 44 vom 30.10.2006, S. 395).
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Die Kölner Umweltzone wurde sodann zum 01.01.2008 in weiten Teilen der Kölner
Innenstadt, Deutz und Mülheim eingerichtet. Sie umfasst eine Fläche von 15,1 km2, in
der ca. 147.500 Einwohner leben. Die Grenze verläuft linksrheinisch entlang des
Eisenbahnringes und entlang der virtuellen Verlängerung nach Norden.
Rechtsrheinisch wurden vor allem die Bereiche Deutz und Mülheim einbezogen.
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Zunächst gilt die Stufe 1. Danach dürfen nur Fahrzeuge, die mindestens die
Schadstoffgruppe 2 nach der Kennzeichnungsverordnung erfüllen und über eine
entsprechende rote, gelbe oder grüne Plakette verfügen, in die Umweltzone einfahren.
Ab dem 01.01.2010 soll ggf. Stufe 2 gelten. Die Umweltzone darf dann nur von
Fahrzeugen befahren werden, die mindestens die Schadstoffgruppe 3 nach der
Kennzeichnungsverordnung erfüllen und über eine entsprechende - gelbe oder grüne -
Plakette verfügen.
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Am 18.12.2008 hat die Klägerin Klage erhoben.
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Zur Begründung der Klage trägt sie im Wesentlichen vor:
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Die verkehrsrechtlichen Anordnungen würden auf eine rechtswidrige
Ermächtigungsgrundlage - den Luftreinhalteplan - gestützt. Der Luftreinhalteplan Köln
erfülle nicht die Anforderungen des § 47 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG),
weil der festgelegte Immissionsgrenzwert einschließlich der festgelegten
Toleranzmargen für Stickstoffdioxid (NO2) im Jahr 2003 nicht überschritten worden sei.
Der Luftreinhalteplan Köln verstoße überdies gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Umweltzone sei zur Einhaltung des ab 2010
geltenden Grenzwertes nicht geeignet. Erfahrungen aus anderen Großstädten
bestätigten die mangelnde Eignung von Umweltzonen. Auf Veranlassung des ADAC
habe Prof. Dr. Möller die Umweltzone der Stadt Berlin näher untersucht. Danach habe
die Umweltzone keine positiven Auswirkungen auf die Feinstaubbelastung. Die
Ergebnisse des Gutachtens seien auf die Stadt Köln übertragbar. Die ADAC-
Untersuchung von Juni 2009 belege ebenfalls die mangelnde Wirksamkeit von
Umweltzonen. Die Umweltzone sei ineffizient, weil keine vergleichbaren Maßnahmen
gegenüber den anderen Emissionsquellen - Industrie, Schifffahrt, nicht
genehmigungsbedürftige Feuerungsanlagen aus Hausbrand und Kleingewerbe -
angeordnet würden.
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Die verkehrsrechtlichen Anordnungen selbst seien ebenfalls rechtswidrig. Sie seien
ineffizient und unverhältnismäßig. Bei der konkreten Ermessensausübung im Rahmen
von § 40 Abs. 1 und Abs. 2, § 47 Abs. 3 und Abs. 4 BImSchG habe der Be- klagte die
widerstreitenden Interessen nicht ausreichend abgewogen. Die Einfahrts-
beschränkungen in die Umweltzone verstießen gegen das Verhältnismäßigkeitsge- bot
und das Rechtsstaatsprinzip. Die Interessen der Klägerin überwögen die Interes- sen
des Allgemeinwohls und des Gesundheits- und Umweltschutzes.
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Die Klägerin beantragt,
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die Anordnungen des Beklagten gemäß Zeichen 270.1 mit Zusatzzeichen und Zeichen
270.2 zu § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO aufzuheben,
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hilfsweise,
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die Berufung zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor:
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Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Fahrverbote in der Umweltzone sei § 40
Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Hierbei handele es sich um eine Rechtsfolgenverweisung. Die
Straßenverkehrsbehörde sei an die Vorgaben des durchzusetzenden Luftreinhalteplans
strikt gebunden. Ein Ermessensspielraum komme ihr nicht zu.
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Der Luftreinhalteplan für die Stadt Köln vom 31.10.2006 sei rechtmäßig. Die
Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 BImSchG seien aufgrund einer Überschreitung der
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Grenzwerte für NO2 vorliegend erfüllt. Der Luftreinhalteplan stelle einen geeignetes,
erforderliches und angemessenes Mittel zur dauerhaften Verminderung von
Luftverunreinigungen dar. Hauptverursacher der NOx-Emissionen sei der
Straßenverkehr mit 63 %. Der Kfz-Verkehr stelle die einzig kurzfristig beeinflussbare
Emissionsquelle von relevanter Größenordnung dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes - insbesondere
hinsichtlich des identischen Beteiligtenvorbringens in dem Verfahren 18 K 5493/07 -
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 18
K 5493/07 sowie der auch in jenem Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge des
Beklagten Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist zulässig, insbesondere liegt die erforderliche Klagebefugnis der Klägerin
vor. Als Halterin von vier nicht plakettenfähigen Lastkraftwagen ist die Klägerin
Adressatin des Verkehrsverbotes in der Umweltzone der Stadt Köln.
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Die Klage ist jedoch unbegründet. Die straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen des
Beklagten zur Umsetzung der in dem Luftreinhalteplan der Bezirksregierung Köln für
das Stadtgebiet Köln vom 31.10.2006 (im Folgenden: LRP Köln) angeordneten
Umweltzone sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch der inzident zu prüfende LRP Köln ist rechtlich nicht zu
beanstanden. Die Voraussetzungen des § 47 BImSchG liegen vor. Insbesondere stellt
die im LRP Köln angeordnete Umweltzone ein geeignetes, erforderliches und
angemessenes Mittel zur dauerhaften Verminderung der NO2- Immissionen dar.
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Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer wegen der Begründung im
Einzelnen Bezug auf das Urteil vom selben Tage in dem Verfahren 18 K 5493/07. Die
dortigen Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der verkehrsrechtlichen Anordnungen des
Beklagten zur Umsetzung der Umweltzone Köln und zur Rechtmäßigkeit des LRP Köln
treffen in gleicher Weise auf das vorliegende Verfahren zu. Die Kostenentscheidung
beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder
4 VwGO liegt nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung. Namentlich die von der Klägerin für klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob
es eine angemessene Belastung darstelle, eine Plakettenpflicht zur Erreichung der
Verbesserung der Luftqualität in der durch den LRP Köln vorgesehenen Form
einzuführen, beantwortet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles und ist
deshalb nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.
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