Urteil des VG Köln vom 16.12.2010

VG Köln (kündigung, behinderung, zustimmung, verhalten, verhältnis zu, niederlassung, verdacht, bezug, dusche, arbeitgeber)

Verwaltungsgericht Köln, 26 K 2017/10
Datum:
16.12.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
26. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
26 K 2017/10
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten
nicht erhoben werden, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des
Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn
nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin, die 160.466 Arbeitnehmer beschäftigt, davon 11.598 schwerbehinderte
oder gleichgestellte Menschen, begehrt Zustimmung des Beklagten zu einer außeror-
dentlichen Kündigung des Beigeladenen mit sozialer Auslauffrist, hilfsweise Aufhebung
des Ablehnungsbescheides und Neubescheidung.
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Der am 00.00.0000 geborene ledige Beigeladene mit einem GdB von 50 arbeitet seit
Juli 1991, zuletzt als Kfz-Führer über 7,5 t, bei der Klägerin. Diese stellt im Rahmen
eines Kooperationsvertrages aus dem Jahr 2000 - ursprünglich zwischen der Deutschen
Post AG und der DANZAS TeleLog GmbH - Personal für die EXEL Supply Chain DHL-
Solutions GmbH. Eigenständige arbeitsrechtliche Vertragsbeziehungen zwischen der
DHL-Solutions GmbH (DHL) und den Arbeitnehmern der Klägerin entstehen dem
Vertrag zufolge nicht. Letztere haben aber den von DHL vorgegebenen
arbeitsbezogenen Weisungen Folge zu leisten. Die Überwachung der
Arbeitsausführung obliegt DHL. (Bl. 63 ff. der Beiakte) Der Beigeladene ist in der
Niederlassung Düsseldorf eingesetzt. Er leidet gemäß Bescheid des Versorgungsamtes
Düsseldorf vom 20. Mai 1996 unter einer Hirnteilleistungsstörung. Der Beigeladene ist
Legastheniker und besuchte eine Sonderschule für Lernbehinderte. Der
Berufsschulbesuch war ausweislich des Verwaltungsvorgangs für den Kläger nicht
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möglich, da er nicht lesen kann.
Im Juni 2006 bat die Klägerin den Beklagten im Zusammenhang mit
Integrationsproblemen und dem Vorwurf verhaltensbedingten Fehlverhaltens um
Beratung. Seinerzeit bat der Beigeladene den Beklagten darum, die Art seiner
Behinderung der Klägerin nicht bekannt zu geben. Am 20. Juli 2006 kam es zu einem
Beratungsgespräch. Der Betriebsrat äußerte damals u.a., das Betriebsklima in der
Niederlassung sei gestört. Der Beigeladene erklärte im August 2006 u.a., wegen der
erheblichen ihm entgegengebrachten Missstimmung, die ihn erheblich belastet habe,
habe er eine Therapie in der Tagesklinik der Rheinischen Kliniken absolviert. Das
Verhältnis zu dem Speditionsleiter Herrn X. sei nach seiner Einschätzung völlig zerstört.
Langfristig strebe er einen Wechsel in einen anderen Bereich des Q. -konzerns an. Er
wisse aber, dass dies schwer bis unmöglich sei. Der Q. -betriebsarzt empfahl seinerzeit
die Ausstattung seines Arbeitsplatzes mit einem Navigationsgerät. Das
Integrationsdienst bewilligte zur Anschaffung des Gerätes einen Zuschuss in Höhe von
80 % der entstehenden Nettokosten, höchstens 364,75 EUR, aus den Mitteln der
Ausgleichsabgabe. Außerdem sollte der Beigeladene ein klarer abgegrenztes
Aufgabengebiet und als direkten Ansprechpartner Herrn H. erhalten. Auf Bl. 43 f, 49 ff..
der Beiakte wird Bezug genommen.
4
Am 24. Juli 2009 beantragte die Klägerin die streitige Zustimmung zur
verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung wegen Störung des
Betriebsfriedens, wegen des Verdachts grober rassistischer Beleidigungen und des
Verdachts, einen Kollegen geschlagen zu haben, hilfsweise die Zustimmung zu einer
außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung aus diesen Gründen mit sozialer
Auslauffrist von sieben Monaten zum Schluss eines Kalendermonats.
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Zur Begründung trug sie u.a. vor, am 23. Juni 2009 habe der Beigeladene freiwillig die
erheblich verschmutzten Gemeinschaftsduschen der männlichen Beschäftigten der
Niederlassung mit einer starken Chemikalie gereinigt. Von dem Fahrdienst sei er zu
dem Zweck freigestellt gewesen. Es sei dem Beigeladenen enorm wichtig gewesen,
dass der Niederlassungsleiter die gereinigten Duschen abnahm. Der
Niederlassungsleiter habe dem Beigeladenen nach dessen Aussage zugesichert, bis
zum Feierabend die Duschen in Augenschein zu nehmen. Herr C. habe auf Bitte des
Beigeladenen ein Schild geschrieben und aufgehängt, dass bis zur Abnahme durch den
Chef die Duschen nicht benutzt werden sollten. Nach Aussage des Beigeladenen habe
der Niederlassungsleiter ihm die Anbringung des Verbotsschilds zuvor gestattet. Herr C.
habe erklärt, er habe den Beigeladenen vor Anbringung des Schilds noch darauf
hingewiesen, dass man den übrigen Kollegen das Duschen nicht verwehren könne.
Gegen 15.30 Uhr sei es zwischen dem Beigeladenen und dem aus der Türkei
stammenden ebenfalls als Kraftfahrer beschäftigten DHL-Mitarbeiter, Herrn F. L. , zu
einer verbalen und tätlichen Auseinandersetzung gekommen. Zu dieser
Auseinandersetzung gebe es widersprechende Aussagen des Beigeladenen, des Herrn
L. und der Zeugen. Ausgangspunkt sei gewesen, dass Herr L. die Dusche trotz des
Verbotszettels am Ende seiner Arbeitsschicht benutzt habe. Er habe angegeben, es sei
nicht erkennbar gewesen, wer Verfasser des Duschverbots gewesen sei. Das Verbot sei
für ihn auch nicht nachvollziehbar gewesen und er habe im Anschluss an die Arbeit
einen Termin wahrnehmen müssen, weshalb er auf die Benutzung der Dusche
angewiesen gewesen sei. Der Beigeladene habe Herrn L. duschend angetroffen. Es sei
ein Wortwechsel entstanden, wobei der Beigeladene mitgeteilt habe, es dürfe nicht
geduscht werden, die Duschen müssten erst abgenommen werden. Nach Aussage von
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Herrn L. habe der Beigeladene ihn schreiend auf das Duschverbot aufmerksam
gemacht. Er habe ihm mit Konsequenzen, u.a. mit Arbeitsplatzverlust, gedroht, Er sei
außer sich und sehr aggressiv gewesen. Er, Herr L. , habe Angst vor dem Beigeladenen
gehabt und versucht, ihn zu beschwichtigen. Er habe u.a. darauf hingewiesen, dass
man die Dusche mit dem vorhandenen Abzieher wieder "abziehen" könne. Der
Beigeladene habe erklärt, sie seien beide sehr aufgebracht gewesen. Der Beigeladene
habe dann die Räumlichkeiten verlassen und Herrn C. gerufen. Zu der Zeit seien die
DHL-Lagermitarbeiterin Frau E. und der DHL-Lagermitarbeiter Herr Q. in Hörweite in der
Damenumkleide gewesen. Sie hätten ausgesagt, sie hätten Geschrei aus den
Sozialräumen vernommen und seien darauf dorthin gelaufen. Der Zeuge Q. habe
angegeben, der Beigeladene habe Herrn L. "zur Schnecke" gemacht. Er habe ihn
gefragt, ob er nicht lesen könne und gesagt, wir sind hier in Deutschland. Herr L. habe
erklärt, der Beigeladene habe ihn bereits unter der Dusche als "Kanake" beschimpft.
Der weiter hochemotionale Beigeladene sei dann mit Herrn C. in den Duschraum
gegangen. Dorthin sei Herr L. gekommen, um sich von Herrn C. zu verabschieden. Er
habe einen Besen dabeigehabt. Es sei dann zwischen den Beteiligten zu weiteren
heftigen verbalen Attacken gekommen, u.a. habe der Beigeladene Herrn L. gesagt, er
solle in seine Heimat zurückfahren und die Kamele oder Esel ficken, Herr L. habe zum
Beigeladenen gesagt, er solle sich den Besen in den Arsch schieben. Nach Aussage
des Herrn L. und des Zeugen Q. habe der Beigeladene darauf Herrn L. geschubst und
geschlagen. Von Herrn L. sei trotz des Besens keine Aggressivität ausgegangen. Am
23. Juni habe Herr C. die tätliche Auseinandersetzung dem Speditionsleiter, Herrn X. ,
geschildert. Am 8. Juli 2009 seien Herr L. , die Zeugen C. , ein Telelog-Mitarbeiter und
Disponent, Herr Q. , DHL-Lagerarbeiter, und Herr X. , Speditionsleiter, zu den
Vorkommnissen befragt worden. Herr Q. sei am 13. Juli erneut befragt worden. Der
Beigeladene, der sich in der 28. Kw. in Urlaub befunden habe, sei am 14. Juli 2009
angehört worden. Die Darstellung der Vorfälle sei zwar von dem Beigeladenen
bestritten und von Herrn C. auch inzwischen anders dargestellt worden, man glaube
aber Herrn L. und dem seine Aussage ebenfalls ändernden Zeugen Q. . Letzterer habe
angegeben, aus Angst vor Mobbing durch Telelog Kräfte zunächst nicht in allen
Punkten richtig ausgesagt zu haben. Dem Zeugen C. glaube man dagegen seine
geänderte Aussage nicht. Man vermute, dass er nun das Geschehen zugunsten des
Beigeladenen vertuschen wolle.
Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Beigeladene Herrn L. in gröbster Weise
rassistisch beleidigt und ihm einen Schlag versetzt habe. Er habe den Betriebsfrieden
verletzt. Bereits der Verdacht des Schlagens und der rassistischen Beleidigung stelle
eine so erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar, dass sie zur Kündigung
berechtige und eine Weiterbeschäftigung des Beigeladenen unmöglich mache. Dieser
sei seit Jahren als schwieriger Kollege bekannt. Auch die Beschaffung eines
Navigationsgerätes zur leidensgerechten Ausstattung des Arbeitsplatzes des
Beigeladenen, zu der es im Rahmen eines Verfahrens mit dem Integrationsfachdienst
gekommen sei, habe nicht dazu geführt, dass der Beigeladene zu mehr als 50 % seiner
Arbeitszeit als Fahrer herangezogen werden könne. Im Übrigen werde er mit
"Sonderaufgaben" wie Reparaturarbeiten betraut, die der Beigeladene zum Anlass
nehme, Fahrerkollegen auf das eine oder andere hinzuweisen. Die Reaktionen seiner
jeweiligen Gegenüber werte er dann sehr schnell als Diskriminierung eines
Schwerbehinderten. Dass man die bisherigen gelegentlichen Ausbrüche des
Beigeladenen hingenommen habe, könne nicht dazu führen, dass man die jüngsten
Vorkommnisse ebenfalls hinnehmen müsse. Der Beigeladene habe den Bogen
eindeutig überspannt. Eine Abmahnung sei nicht ausreichend.
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Die Klägerin fügte eine Erklärung des Herrn L. über den Vorfall am 23. Juni bei. Darin ist
von den oben genannten Beleidigungen, nicht von einem körperlichen Angriff die Rede.
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Auf Bl. 4 bis 15 der Beiakte wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
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Die Klägerin prüfte ausweislich des Verwaltungsvorgangs nicht, ob für den
Beigeladenen ein anderer geeigneter Arbeitsplatz vorhanden war, evtl. nach Anpassung
des Arbeitsplatzes an die Behinderung. Die Möglichkeit zur
Einarbeitung/Umschulung/Ausbildung im Betrieb zur Vermeidung von Entlassung
wurde ebenfalls nicht geprüft. (Bl. 71 Rückseite der Beiakte)
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Die Schwerbehinderten-Vertrauensperson widersprach der beabsichtigten Kündigung,
ebenso widersprach der Betriebsrat.
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Der Beigeladene führte erneut aus, er bitte darum, seinem Arbeitgeber so wenig wie
möglich über seine Behinderung mitzuteilen (Bl. 72 Rückseite der Beiakte).
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Am 4. August 2009 kam es zur Kündigungsschutzverhandlung.
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Thematisiert wurde u.a., dass der Vorfall, der dem Antrag zugrunde lag, sich am
Dienstag, den 23. Juni 2009, ereignete, erste Ermittlungen nach Darstellung der
Klägerin aber erst am Mittwoch, den 8. Juli 2009, aufgenommen worden seien. Dazu
wurde klägerseits erläutert, Arbeitgeber des Beigeladenen sei die Niederlassung
Telelog in C1. . Diese sei erst am 8. Juli 2009 von dem Vorfall unterrichtet worden. In der
Niederschrift heißt es weiter, der stellvertretende Niederlassungsleiter der DHL
Niederlassung Düsseldorf, Herr X. , sei bereits am 23. Juni unterrichtet gewesen,
ebenso der Niederlassungsleiter der Niederlassung Telelog in C1. , Herr I. . Die
Mitarbeiter der Firma Telelog würden vom Niederlassungsleiter bzw. den zuständigen
Mitarbeitern der Deutsche Post DHL in Düsseldorf beurteilt. Allein in Düsseldorf würden
den Mitarbeitern der Telelog Aufgaben zugewiesen und Absprachen zum Arbeitsablauf
getroffen.
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Ferner wurde u.a. thematisiert, dass kein Zeuge bestätigen könne, dass der
Beigeladene Herrn L. tatsächlich geschlagen habe. Die Klägerin verwies darauf, dass
der Verdacht bestehe, dass der Beigeladene Herrn L. geschlagen habe. Besprochen
wurde ferner, dass der Beigeladene nach Aussagen aller Beteiligten jedenfalls solange
Herr L. den Besen nicht ergriffen hatte, die Auseinandersetzung nur verbal geführt habe.
Frau Q1. vom IFD Düsseldorf gab an, das Verhalten des Beigeladenen sei aus ihrer
Sicht aus seiner Behinderung zu erklären. Insofern ergebe sich eindeutig ein
Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung. Durch das Verhalten
des Herrn L. sei der Vorfall weiterhin eskaliert und der Beigeladene habe der Eskalation
aufgrund seiner Behinderung nicht entgegenwirken können. Das Verhältnis des
Beigeladenen zu seinen Vorgesetzten habe sich in der letzten Zeit erheblich gebessert.
Letzterer sei auch in der Vergangenheit immer bereit gewesen, Sonderaufgaben zu
übernehmen und diese ordentlich auszuführen. Die Vertrauensperson der
Schwerbehinderten führte aus, selbst wenn der Sachverhalt sich so zugetragen haben
sollte, wie die Klägerin ihn schildere, rechtfertige dies weder eine außerordentliche
Kündigung noch eine Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Herr O. legte für den
Betriebsrat dar, die Angelegenheit sei verfristet. Der Beigeladene habe noch 1 1/2
Wochen vor seinem Urlaub zur Aufklärung zur Verfügung gestanden. Dass die Klägerin
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die Sache erst am 8. Juli 2009 aufgegriffen habe, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Im
Übrigen habe er den Eindruck, der Vorfall solle auf Biegen und Brechen genutzt
werden, um dem Beigeladenen kündigen zu können. Eine Verletzung des Herrn L. sei
im Betrieb nicht bekannt geworden.
Der Beigeladene bestritt nach wie vor, Herrn L. beleidigt oder geschlagen zu haben.
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Mit einer gütlichen Einigung erklärte die Klägerin sich nicht einverstanden. Den Antrag
auf Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ohne soziale
Auslauffrist nahm sie zurück, den Antrag auf Zustimmung zu der außerordentlichen
verhaltensbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist erhielt sie aufrecht.
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Auf Bl. 75 ff, der Beiakte wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
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Mit Bescheid vom 6. August 2009 lehnte der Beklagte die Zustimmungserteilung ab. Die
Klägerin erhob am 2. September 2009 Widerspruch. Die Begründung der Ablehnung
erfolgte mit Bescheid vom 20. Oktober 2009. Der Beklagte ging zwar von der Einhaltung
der Zweiwochenfrist des § 91 Abs. 2 SGB IX aus. Er führte aber aus, dass sich ein
Zusammenhang zwischen der Behinderung des Beigeladenen und dessen den
Kündigungsgrund bildenden Verhalten nicht ausschließen lasse. Der Beigeladene
benötige nach Ausführung der Fachberaterin auf Grund seiner Behinderung eine
Anerkennung seiner erbrachten Leistungen. Dies gelte umso mehr im streitigen Fall, da
der Beigeladene zu Gunsten aller Beschäftigten der Niederlassung freiwillig eine
Grundreinigung der Duschen vorgenommen habe. Er sei auch behinderungsbedingt
nicht in der Lage gewesen, das eskalierte Geschehen wieder auf ein normales Maß
zurückzuführen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe sich Herr L. auch nicht
deeskalierend und nicht aggressiv verhalten. Vielmehr sei es nachvollziehbar gewesen,
dass der Beigeladene sich angegriffen gefühlt habe, als Herr L. den Besen auf den
Boden geschlagen und den Beigeladenen angeschrien habe. Es liege zudem ein
atypischer Fall vor, der zur Ausübung des Ermessens verpflichte. Die Voraussetzungen
der deshalb nach pflichtgemäßem Ermessen zu erteilenden Zustimmung lägen nicht
vor. Die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist ordentlich nicht kündbarer
Arbeitnehmer komme nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in
Betracht und zwar wenn es dem Arbeitgeber unzumutbar sei, den Arbeitnehmer bis zum
Erreichen der Pensionsgrenze weiter beschäftigen zu müssen. Es sei dem Arbeitgeber
zumutbar, zunächst mit allen zumutbaren Mitteln eine Kündigung durch andere
geeignete Maßnahmen zu verhindern. Erst wenn alle anderen Lösungsversuche
gescheitert seien, komme eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist in
Betracht. Das Integrationsamt habe nach der Sachverhaltsermittlung und der
Kündigungsverhandlung nicht feststellen können, dass der Beigeladene Herrn L.
geschlagen habe oder ein solcher Verdacht nahe liege. Auch die Frage, welche Art von
Beleidigungen vom Beigeladenen geäußert worden seien, habe nicht geklärt werden
können. Jedenfalls habe auch die Klägerin nicht behauptet, dass etwaige durch den
Beigeladenen geäußerte Beleidigungen Grund in einer rassistischen Grundgesinnung
haben könnten. Der Beitrag des Herrn L. könne nicht hinweggedacht werden, ohne dass
der gesamte Vorfall entfiele. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass es künftig
gehäuft zu solchen Vorfällen komme. Es beeinträchtige die Klägerin daher nicht, den
Beigeladenen weiter zu beschäftigen. Es seien vor der beabsichtigten Kündigung
durchaus mildere Mittel denkbar. Nach Gesamtabwägung der Umstände müsse das
Interesse der Klägerin an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinter dem des
Beigeladenen an dem Fortbestand zurücktreten. Auf Bl. 86 ff., 124 der Beiakte wird
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Bezug genommen. Unter dem 20. November 2009 begründete die Klägerin ihren
Widerspruch. Sie bestritt einen Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem
Kündigungsgrund. Herr L. könne glaubhaft bestätigen, dass der Beigeladene ihn massiv
rassistisch beleidigte, indem er ihn beim Verlassen der Dusche mit den Worten "du
Kanake","Kannst du nicht lesen? Wenn Du nicht lesen kannst, dann gehe dahin wo du
her kommst." "Fick deinen Esel, Kamel...du Scheißkanake,Türke..." beschimpft habe.
Eine solche Beschimpfung könne im Regelfall sogar eine außerordentliche Kündigung
rechtfertigen. In keiner Weise sei erkennbar, dass die anerkannte Behinderung des
Beigeladenen ein solches Verhalten ausgelöst habe. Selbst wenn es für den
Beigeladenen, was bestritten werde, erforderlich sein sollte, eine Anerkennung zu
erhalten, könne man allenfalls erwarten, dass er sich vielleicht aufrege, nicht aber, dass
er den Kollegen massiv rassistisch beleidige. Die kühne Annahme des Beklagten, das
Verhalten des Beigeladenen sei behinderungsbedingt, erfordere dringend die
Begutachtung durch einen Sachverständigen. Das Ermessen sei eingeschränkt und die
Zustimmung zu erteilen gewesen. Der Beigeladene habe massiv den Betriebsfrieden
gestört. Dafür seien Zeugen benannt worden. Das Verhalten des Mitarbeiters L. werde
seitens der Klägerin und der DHL ebenso wenig gebilligt. (Bl. 114 ff. der Beiakte). Der
Beigeladene trug dazu vor, er habe Herrn L. nicht am 23. Juni 2009 und auch nicht an
einem anderen Tag rassistisch beleidigt. Die gesamten von Herrn L. und der Klägerin
behaupteten Äußerungen habe er nicht gemacht. Da er die Äußerungen nicht getätigt
habe, könne er durch sie auch nicht den Betriebsfrieden gestört haben. Unstreitig sei
Herr L. mit einem Besen auf ihn, den Beigeladenen zugelaufen, habe dabei den Besen
mehrfach auf den Boden gestampft und gleichzeitig gerufen, dass er ihm "den Besen in
den Arsch stecken" würde. Unstreitig habe der Beigeladene keinen körperlichen Angriff
begonnen. Erregung stelle keinen Kündigungsgrund dar. Zudem habe die Erregung auf
dem Angriff durch Herrn L. beruht. Die Berücksichtigung der besonderen Umstände der
Behinderung des Beigeladenen durch den Beklagten sei zutreffend erfolgt. (Bl. 117 ff.,
126 f. der Beiakte)
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2010 wies der Beklagte den Widerspruch unter
Wiederholung und Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheides zurück. Auf
Bl. 136 ff. der Beiakte wird wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen.
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Die Klägerin hat am 7. April 2010 Klage erhoben.
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Sie wiederholt und vertieft zur Begründung die bisherigen Ausführungen insbesondere
zu dem Geschehen am 23. Juni 2009. Ferner trägt sie vor, die Klägerin stelle ähnlich
einer Personalverleihfirma Personal für die DHL. Der Beigeladene arbeite also eng mit
Arbeitnehmern der DHL zusammen. Die DHL habe die Anwesenheit des Beigeladenen
aufgrund dessen Verhaltens in ihrer Niederlassung untersagt. Ein anderer Arbeitsplatz
sei für den Beigeladenen in Düsseldorf und in erreichbarer Nähe nicht vorhanden. Herr
L. habe aufgrund des Vorfalls bei der Firma DHL Solutions GmbH gekündigt. Der
Beigeladene nutze seinen Schwerbehindertenausweis geschickt als Freibrief für seine
Eskapaden aus. Er wisse sich sehr wohl zu steuern und präsentiere sich mehr als
selbstbewusst und aktiv im Berufsleben. Der Beigeladene fahre beruflich Lkw über 7,5 t
und verfüge privat sowohl über einen Motorradführerschein als auch einen
Pilotenschein. Es möge eine sich in cholerischen Anfällen äußernde Behinderung
geben, diese sei ihr weder bekannt noch sei sie ihr in dem angenommenen Ausmaß
zumutbar. Die Interessenabwägung des Beklagten sei zudem falsch. Sie verkenne,
dass bereits gelaufene Maßnahmen des Integrationsfachdienstes den Vorfall nicht
hätten verhindern können und auch zukünftige Maßnahmen weitere Vorfälle nicht
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verhindern würden. Der Beigeladene gefährde latent. Beweiserhebungsmöglichkeiten
habe der Beklagte nicht genutzt. Er sei nicht auf die Verdachtskündigung eingegangen.
Deren Voraussetzungen seien erfüllt gewesen.
Sie legt Gesprächsniederschriften vom 8. Juli 2009 über Gespräche des
Niederlassungsleiters und einer Sachbearbeiterin der NL Telelog mit Herrn L. und mit
Herrn C. vor. Bl. 15 ff. Gerichtsakte. Ferner legt sie ein Schreiben der DHL Solutions
GmbH vom 25. August 2009 vor, in dem diese bittet, den Mitarbeiter Herrn N. I1.
unabhängig von dem laufenden arbeitsrechtlichen Verfahren nicht mehr in der
Niederlassung Düsseldorf einzusetzen. Auf Bl. 21 f der Gerichtsakte wird wegen der
Einzelheiten des Schreibens Bezug genommen.
23
Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides seines Integrationsamtes vom 6.
August 2009 mit der Begründung vom 20. Oktober 2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Integrationsamt vom 8.
März 2010 zu verpflichten, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit
sozialer Auslauffrist des Beigeladenen zu erteilen,
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hilfsweise,
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den Bescheid des Integrationsamtes des Beklagten vom 6. August 2010 mit der
Begründung vom 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des
Widerspruchsausschusses beim Integrationsamt vom 8. März 2010 aufzuheben und den
Beklagten zu verpflichten, über den Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen
Kündigung mit sozialer Auslauffrist des Beigeladenen unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, es bestehe nach seiner Überzeugung ein zumindest mittelbarer
Zusammenhang zwischen der anerkannten Behinderung und dem den
Kündigungsgrund bildenden Verhalten des Beigeladenen. Im vorliegenden Fall sei
nicht auszuschließen, dass die als Behinderung anerkannte Hirnleistungsstörung des
Beigeladenen dazu geführt habe, dass er in der zum Gegenstand der Kündigung
gemachten Auseinandersetzung nicht in der Lage gewesen sei, sein Verhalten gezielt
zu lenken. Ob der Beigeladene in anderen Situationen zu einer solchen Steuerung in
der Lage sei oder den Motorradführerschein bzw. den Pilotenschein besitze, entziehe
sich seiner Kenntnis und sei auch nicht entscheidungserheblich.
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Die nun vorgelegten Niederschriften seien im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt
worden, sie seien nachgeschoben und daher nicht berücksichtigungsfähig.
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Er habe nicht einseitig den Angaben des Beigeladenen geglaubt, sondern das
Streitgeschehen in seinem gesamten Verlauf betrachtet und die Interessen beider
Parteien pflichtgemäß abgewogen. Er mute der Klägerin auch keine
Wiederholungsgefahr zu, sondern rege an, den IFD einzuschalten, um dem
Beigeladenen eine Hilfestellung im Umgang mit Kollegen zu geben und deeskalierende
32
Maßnahmen einzuleiten.
Auf Bl. 38 ff. der Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
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Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
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Er wiederholt und vertieft ebenfalls seine bisherigen Ausführungen. Insbesondere trägt
er vor, er habe freiwillig die Aufgabe übernommen, die Duschen, die sich in einem
desolaten Zustand befunden hätten, zu reinigen. In Absprache mit dem Beigeladenen
sei veranlasst worden, dass die Duschen nicht unmittelbar nach der Reinigung benutzt
würden. Nach mehrstündiger Arbeit habe der Beigeladene mit Hilfe eines anderen
Mitarbeiters ein entsprechendes Verbotsschild angebracht, das Herr L. nicht beachtet
habe. Das Wortgefecht mit Herrn L. sei entstanden, nachdem dieser sich geweigert
habe, die Dusche unverzüglich zu verlassen und in den Zustand zu versetzen, in der sie
sich vor der Benutzung befand. Nach dem Wortgefecht habe Herr L. mit der körperlichen
Auseinandersetzung begonnen. Er sei mit dem Besen in der Hand, den er dabei
mehrfach auf den Boden gerammt habe, auf den Beigeladenen zugestürmt und habe
dabei wörtlich geschrien: "Ich schiebe dir den Besen in den Arsch." Der Beigeladene
habe darauf Herrn L. lediglich mittels des Besens aus dem Waschraum geschoben. Er
habe ihn nicht geschlagen. Die behaupteten rassistischen Aussagen habe er während
des Wortgefechts nicht gemacht. Selbst wenn die Klägerin aufgrund der geistigen
Beeinträchtigung des Beigeladenen eine Wiederholungsgefahr vermute, sei die
außerordentliche Kündigung handgreiflich unverhältnismäßig. Der Beigeladene sei seit
fast zwanzig Jahren bei der Klägerin beschäftigt, ohne dass es bisher zu derartigen
Zwischenfällen gekommen sei. Auf Bl. 47 ff. der Gerichtsakte wird wegen der weiteren
Einzelheiten Bezug genommen.
35
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten ergänzend
Bezug genommen.
36
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37
Die Kammer entscheidet mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung,
§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Die Klage ist in Haupt- und Hilfsantrag zulässig, jedoch nicht begründet.
39
Die angegriffenen Bescheides des Beklagten vom 6. August 2009 mit der Begründung
vom 20. Oktober 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 8. März 2010 sind
rechtmäßig, die Klägerin wird durch sie nicht in ihren Rechten verletzt. Sie hat weder
Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung des Beigeladenen, noch auf
Neubescheidung, § 113 Abs. 5 VwGO.
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Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung der Zustimmung zu der
außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist des Beigeladenen, § 91
Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX), lagen nicht vor.
41
Rechtsgrundlage für die Entscheidung über den Antrag eines Arbeitgebers auf
Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem schwerbehinderten
Arbeitnehmer sind die §§ 85 ff Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX). Danach
42
trifft das Integrationsamt seine Entscheidung grundsätzlich nach pflichtgemäßem
Ermessen. Die Entscheidung ist am Zweck des Sonderkündigungsschutzes
ausgerichtet und das Integrationsamt hat bei dieser Ermessensentscheidung von Amts
wegen all das zu ermitteln, was erforderlich ist, um die gegensätzlichen Interessen des
Arbeitgebers und des schwerbehinderten Arbeitsnehmers abwägen zu können.
Vgl. BVerwG, U. v. 19.10.1995 - 5 C 24/93 -, JURIS; OVG NRW, B. v. 25.02.2009 - 12 A
96/09 -, Juris, m. umf. w. N.; Bay VGH, U. v. 22. Oktober 2008 - 12 BV 07.2256 -, JURIS.
43
Es ist dem Fürsorgegedanken des Gesetzes Rechnung zu tragen, das die Nachteile des
behinderten Arbeitnehmers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen will und
dafür in Kauf nimmt, dass die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers eingeengt wird.
Besonders hohe Anforderungen an die Zumutbarkeit beim Arbeitgeber sind im Rahmen
der Abwägung dann zu stellen, wenn die Kündigung auf Gründen beruht, die in der
Behinderung selbst ihre Ursache haben. Dies gilt grundsätzlich auch im Fall einer
außerordentlichen Kündigung. An die Schwere des Kündigungsgrundes sind in dem
Fall besonders hohe Anforderungen zu stellen.
44
Vgl. OVG NRW, B. v. 25.02.2009 - 12 A 96/09 -, a.a.O.; Bay VGH, U. v. 18. März 2009 -
12 B 08.3327 -, JURIS.
45
Wenn die Kündigung mit einem konkreten Fehlverhalten begründet wird, das im
Rahmen der Ermessensbetätigung zu gewichten ist, sind die Feststellungen des
Sachverhaltes und die Feststellung der für die Bewertung der Schwere des
Fehlverhaltens unerlässlichen Begleitumstände einschließlich etwaiger
Verantwortungsteile des Arbeitgebers oder von Kollegen erforderlich.
46
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -.
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Bei der gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung des Integrationsamtes ist auf die
Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen. Davon zu
trennen ist die Frage, inwieweit Vorbringen bis zum Schluss der mündlichen
Verhandlung zu berücksichtigen ist, das darauf weist, dass das beklagte Amt tatsächlich
seinen Ermittlungs- und Prüfpflichten nicht hinreichend nachgekommen ist,
48
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2008 - 5 B 79/08 -, JURIS.
49
Lediglich in den Fällen des § 89 und des § 91 Abs. 4 SGB IX findet eine Einschränkung
des genannten Ermessens zu Gunsten des Arbeitgebers statt. Soweit das
Arbeitsverhältnis - wie vorliegend - außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt
werden soll, ist § 91 SGB IX einschlägig. Danach soll die Zustimmung erteilt werden,
wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der
Behinderung steht. In diesem Fall ist das dem Integrationsamt grundsätzlich
eingeräumte Ermessen gebunden, die Zustimmung "soll" erteilt werden. Der Wortlaut
der Bestimmung, die die Ermessenseinschränkung an das negative
Tatbestandsmerkmal des Nichtbestehens eines Zusammenhangs knüpft, bedeutet, dass
in all den Fällen, in denen dies nicht festgestellt werden kann, vielmehr ein
Zusammenhang besteht oder bestehen könnte, die Ermessensbeschränkung nicht
eintritt, sondern eine nicht näher beschränkte Ermessensentscheidung zu treffen ist,
50
vgl. BayVGH, B. v. 14. März 2008 - 12 ZB 07.1720 -, JURIS; VG Köln, U. v. 28. April
51
1999 - 21 K 5396/98 - m.H.a. OVG Lüneburg, U. v. 9. März 1994 - 4 L 3927/92 -, JURIS,
und VGH Mannheim, U. v. 3. Mai 1993 - 7 S 2773/92 -, JURIS, zu dem vergleichbaren §
21 Abs. 4 SchwbG; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 6. September 2010 - 11 K 4427/08 -,
JURIS; VG Frankfurt, U. v. 28. November 2007 - 7 E 1236/07 -, JURIS; dass., U. v. 14.
August 2008 - 7 E 2579/07 -, JURIS; Trenk-Hinterberger in Lachwitz/Schellhorn/Welti,
HK-SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 91 Rdnr. 29 ff., insbes. 33 m.w.N.; O. in O. /Pahlen/Majerski-
Pahlen, § 91 Rdnr. 25 m.w.N..
Dass schon die Möglichkeit eines Zusammenhangs die Anwendbarkeit der Regelung
des Absatzes 4 entfallen lässt, folgt bereits aus der Systematik des § 91 SGB IX und
dem Sinn und Zweck des Schwerbehindertenschutzes. Nach § 91 Abs. 3 trifft nämlich
das Integrationsamt die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen vom Tage des
Eingangs des Antrages an. Entscheidet es nicht in der Zeit, tritt zu Lasten des
schwerbehinderten Arbeitnehmers die Zustimmungsfiktion ein. Der Sinn und Zweck des
Schwerbehindertenschutzes würde aber ins Gegenteil verkehrt, wenn mangels
rechtzeitiger abschließender Aufklärungsmöglichkeit die Zustimmung fingiert würde,
obwohl bereits Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen Behinderung und
Kündigungsgrund bestehen, was nach den o.a. Grundsätzen eigentlich in der
Abwägung der Interessen zu besonders hohen Anforderungen an die Schwere des
Kündigungsgrundes auf Seiten des Arbeitgebers führen würde.
52
Vgl. OVG Lüneburg, U. v. 9. März 1994 - 4 L 3927/92 -, JURIS, Rdnr. 33.
53
Ein Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund ist dann gegeben,
wenn die Behinderung bei dem den Kündigungsgrund bildenden Verhalten des
schwerbehinderten Menschen eine wesentliche Rolle gespielt hat, das Verhalten des
schwerbehinderten Menschen sich bei natürlicher Betrachtung zwanglos ergibt und
nicht nur in einem entfernten Zusammenhang steht. Dabei genügt aber auch ein bloß
mittelbarer Zusammenhang. Die jeweilige Behinderung muss also unmittelbar oder
mittelbar zu Defiziten in der Einsichtsfähigkeit und/oder Verhaltenssteuerung des
schwerbehinderten Arbeitnehmers geführt haben, denen behinderungsbedingt nicht
entgegengewirkt werden konnte, und das der Kündigung aus wichtigem Grund
zugrunde liegende Verhalten des schwerbehinderten Arbeitnehmers muss gerade auf
diese behinderungsbedingte, mangelhafte Verhaltenssteuerung zurückzuführen sein,
54
vgl. OVG NRW,B. v. 22. Januar 2009 - 12 A 2094/08 -; dass., B. v. 13. Juni 2006 - 12 A
1880/06 -, JURIS; dass., B. v. 23. Mai 2000 - 22 A 3145/98 -, JURIS, m.w.N..
55
Die Beweislast für den fehlenden Zusammenhang trägt der Beklagte bzw. der sich
darauf berufende Arbeitgeber.
56
Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen der klägerischen Behinderung und
dem Verhalten, das den Kündigungsgrund bildete, ergaben sich aus folgenden dem
Beklagten vorliegenden oder durch notwendige Ermittlungen erreichbaren
Erkenntnissen: Der Kläger leidet ausweislich des Bescheides des Versorgungsamtes
Düsseldorf vom 20. Mai 1996 unter einer Hirnteilleistungsstörung, die zu einem GdB von
50 führte. Ein GdB von 50 allein aufgrund eines Hirnschadens bzw. der
Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung setzt nicht nur eine leichte, sondern eine
mittelschwere Leistungsbeeinträchtigung bzw. bei kognitiven Teilleistungsschwächen
eine besonders schwere Ausprägung voraus.
57
Vgl. Nr. 26.3 GdB/MdE-Tabelle der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im
sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz, heute Nr. 3.1
GdS-Tabelle der Anlage 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung
"Versorgungsmedizinische Grundsätze".
58
Der Beigeladene ist unstreitig Legastheniker und besuchte eine Schule für
Lernbehinderte. Der Berufsschulbesuch war für ihn aufgrund seiner Behinderung nicht
möglich. Er fühlt sich seit Jahren von seinen Kollegen mit seiner Behinderung nicht
akzeptiert. Das kam schon bei dem Verfahren des Jahres 2006 zum Ausdruck. Der
Beigeladene ging wegen seiner im Arbeitsleben infolge seiner Behinderung zum
Ausdruck kommenden Beeinträchtigungen von einer erheblichen Missstimmung gegen
ihn in seinem Kollegenkreis aus. Das Verhältnis zu Herrn X. sei nach seiner
Einschätzung völlig zerstört. Da ihn dies so belaste, habe er bereits eine Therapie in der
Tagesklinik der Rheinischen Kliniken absolviert. Dass die Behinderung des
Beigeladenen auf Seiten des Arbeitgebers tatsächlich nicht akzeptiert und bei der
Gestaltung der Arbeitsbedingungen berücksichtigt wird, zeigt die Aussage der Klägerin
in diesem Verfahren, der Beigeladene nutze den Schwerbehindertenausweis geschickt
als Freibrief für seine Eskapaden aus. Die Mitarbeiterin des IFD Düsseldorf, Frau Q1. ,
äußerte sich demgegenüber überzeugt, dass ein Zusammenhang zwischen der
Behinderung des Beigeladenen und dem vorgeworfenen Verhalten des Beigeladenen
am 23. Juni 2009 bestand. Er benötige wegen seiner Behinderung eine Anerkennung
seiner erbrachten Leistungen, zu der es in dem streitigen Fall wegen der Nutzung der
Dusche durch Herrn L. gerade nicht gekommen sei. Er habe zudem aufgrund seiner
Behinderung der Eskalation der Streitsituation nicht entgegenwirken können.
59
Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was die Vermutung eines zumindest möglichen
Zusammenhangs zwischen der Behinderung des Klägers und dem ihm vorgeworfenen
Verhalten entkräften könnte.
60
Die vom Beklagten berechtigt nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 85 SGB IX
getroffene Entscheidung, die nach § 114 VwGO lediglich daraufhin zu überprüfen ist, ob
die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in
einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht
worden ist, ist nicht zu beanstanden. Der Schwerbehindertenschutz gewinnt an Gewicht,
wenn - wie hier - die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die
in der Behinderung selbst ihre Ursache haben, so dass an die im Rahmen der
interessenabwägenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigende
Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber besonders hohe Anforderungen zu stellen
sind, um auch den im Schwerbehindertenrecht zum Ausdruck kommenden
Schutzgedanken der Rehabilitation verwirklichen zu können. Die um den vom Gesetz
auferlegten Schwerbehindertenschutz gesteigerte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
kann dazu führen, dass dessen Interesse an der Vermeidung aller Störungen des
betrieblichen Ablaufs in zumutbarer Weise zurücktreten muss. Der Arbeitnehmer muss
durch sein Verhalten, das den Kündigungsgrund bildet, seine arbeitsvertraglichen
Pflichten nach Art und Umfang in besonders schwerem Maß verletzt haben. Dies gilt
umso mehr, wenn sie zum Anlass nicht nur einer ordentlichen, sondern einer
außerordentlichen Kündigung genommen wird. Dabei sind für die Bewertung der
Schwere des Fehlverhaltens die Begleitumstände einschließlich der
Verantwortungsteile des Arbeitgebers und von Kollegen zu berücksichtigen.
61
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -, JURIS, Rdnr. 21 ff..
62
Diese maßgeblichen Umstände sehen folgendermaßen aus: Ob der Beigeladene Herrn
L. wie von der Klägerin geschildert beleidigte und schlug, steht nicht fest. Unstreitig ist
es zu dem Streit am 23. Juni 2009, bei dem nicht nur der Beigeladene, sondern auch
Herr L. emotional agierten, gekommen, weil Herr L. , nachdem der Beigeladene freiwillig
in mehrstündiger Arbeit die extrem verdreckten Gemeinschaftsduschen gereinigt hatte,
entgegen des angebrachten Verbotsschilds ohne weitere Erkundigungen einzuholen
die Dusche benutzt hatte. Welche verbalen Äußerungen dabei zwischen Herrn L. und
dem Beigeladenen fielen und ob der Beigeladene Herrn L. schlug, ist selbst nach
Aussage der Klägerin streitig. Sie folgt mit ihrem Verdacht den Angaben des Herrn L. ,
der inzwischen selbst kündigte, und des seine Angaben bezüglich des Schlages
ändernden Lagerarbeiters, Herrn Q2. , der sich - von dem Betriebsrat beanstandet - mit
der Kollegin Frau E. in der Frauenumkleide befunden hatte. Der Beigeladene und
dessen Vorgesetzter, Herr C. , liefern eine andere Version des Geschehens. Die
Beleidigungen hat Herr C. überhaupt nicht bestätigt. Die Korrektur der ursprünglichen
Angaben des Herrn C. zu dem Schlag am 29. Juni, die er damit begründete, bei
genauerer Überlegung sei er sich nicht mehr sicher, einen Schlag des Beigeladenen
gesehen zu haben, ist im Hinblick auf Erkenntnisse aus der Aussagepsychologie
(Stichwort "Knallzeuge") durchaus nachvollziehbar und keineswegs mit dem Vorwurf
der Klägerin, er sei an einer Vertuschung beteiligt, abzutun. Vielmehr kann die
nachträgliche Aussageänderung des Herrn Q. zu Lasten des Beigeladenen auch damit
erklärt werden, dass er die genannte Kollegin nicht dem Anschein einer falschen
Aussage aussetzen wollte, damit nicht auch die Angaben zum Anlass des
gemeinsamen Aufenthalts in der Umkleide in Zweifel gezogen werden würden.
63
Beachtlich ist bei der Bewertung des gesamten Geschehens zudem, dass nach der von
der Klägerin vorgelegten Aussage des Herrn C. vom 8. Juli in der Niederlassung ein
rauer bis handgreiflicher Umgangston herrscht. Er führte nämlich aus, ein anderer
Kollege als Herr L. hätte, wenn er so angeschrien worden wäre, zurückgeschrien, wenn
er nicht sogar tätlich geworden wäre. Ferner erklärt er, der Beigeladene sei erst auf
Herrn L. zugestürzt, als dieser mit dem Besen hereingekommen sei. Er habe noch zu
Herrn L. gesagt: "Bist du verrückt, mit dem Besen hereinzukommen." Der Beigeladene
habe Herrn L. mit dem Besen aus dem Waschraum gedrückt.
64
Herr L. gab in der ersten dem Beklagten vorgelegten Erklärung selbst nicht an,
geschlagen worden zu sein. In dem Protokoll vom 8. Juli 2009 macht Herr L. dann zwar
Ausführungen zu dem Schlag, zugleich gibt er aber an, dass er den Beigeladenen so
noch nicht erlebt und noch nie mit ihm eine direkte Konfrontation gehabt habe. Der
Beigeladene habe einen black-out gehabt. Dass er behindert sei, habe er nicht gewusst.
65
Es herrschte ferner nach Aussage des Betriebsrats schon 2006 ein schlechtes
Betriebsklima. Die Klägerin selbst geht ausweislich ihrer Klageschrift von Mobbing als
üblichem Verhalten in der Niederlassung zur Zeit des streitigen Vorfalls aus.
66
Vor diesem gesamten Hintergrund sind Fehler in der Ermessensbetätigung des
Beklagten nicht zu erkennen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird ergänzend auf
die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden vom 6. August und 20. Oktober
2009 sowie 8. März 2010 Bezug genommen, denen das Gericht folgt.
67
Es kann daher offen bleiben, ob nicht auch ein atypischer Fall vorliegt, in dem die
Zustimmung zu versagen ist, weil die Klägerin sich erkennbar beständig und intensiv
68
bemüht, das Arbeitsverhältnis mit dem schwer behinderten Arbeitnehmer zu beenden.
Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 2. Juni 2005 - AN 14 K 04.00302 -, JURIS.
69
Dafür könnte die Aussage des Betriebsrats sprechen, der Vorfall solle auf Biegen und
Brechen genutzt werden, um den ordentlich unkündbaren Beigeladenen entlassen zu
können.
70
Ohne dass es rechtlich darauf ankäme, wird darauf hingewiesen, dass die Zustimmung
nach Auffassung der Kammer zudem zu versagen ist, weil die beabsichtigte
außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist arbeitsrechtlich offensichtlich
unwirksam wäre.
71
Das ist der Fall, wenn die Unwirksamkeit schon aus dem eigenen Vortrag des
Arbeitgebers ohne Beweiserhebung ohne jeden Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher
Hinsicht offen zu Tage träte, sie sich jedem Kundigen geradezu aufdrängte. Die
Integrationsbehörde soll nicht an einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung zum
Nachteil des Schwerbehinderten mitwirken.
72
Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 - 5 C 39.90 -, BVerwGE 90, 275 ff.; BayVGH, Urteil
vom 18. März 2009 - 12 B 08.3327 -, JURIS, Rdnr. 21; OVG NRW, Beschluss vom 22.
Januar 2009 - 12 A 2094/08 -, JURIS, Rdnr. 22; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 2. April 2009 - 10 Sa 691/08 -, JURIS, Rdnr. 67; VG München, Urteil vom 30.
Januar 2008 - M 18 K 07.4969 -, JURIS, Rdnr. 24 f..
73
Im Fall eines ordentlich nicht kündbaren Mitarbeiters darf es dem Arbeitgeber unter
keinen Umständen mehr zumutbar sein, den Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Dafür ist
er in vollem Umfang beweispflichtig.
74
Vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. März 2009 - 9 Sa 720/08 -.
75
Im Fall der bloßen Verdachtskündigung muss der scherwiegende Verdacht einer Straftat
oder einer sonstigen schweren Pflichtverletzung bestehen, um eine Kündigung eines an
sich nicht kündbaren Mitarbeiters zu stützen.
76
Vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 -.
77
Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der
Kündigung ist nicht die Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern
die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Eine negative
Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus
resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde
auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher
oder ähnlicher Weise verletzen. Bei Beleidigungen gilt, dass grobe Beleidigungen des
Arbeitgebers oder Vorgesetzten, die nach Form oder Inhalt eine erhebliche
Ehrverletzung für den Betroffenen darstellen, einen verhaltensbedingten
Kündigungsgrund darstellen können. Es ist aber von Bedeutung, ob es um eine
bewusste und gewollte Ehrkränkung aus gehässigen Motiven geht, ferner, wie der
betriebliche und branchenübliche Umgangston, der Bildungsgrad und psychische
Zustand des Arbeitnehmers, die Gesprächssituation sowie Ort und Zeit des Geschehens
sind. Für diffamierende und ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen
78
in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen gilt ein besonders strenger Maßstab
bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung.
Vgl. Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 4. Februar 2010 - 10 Ca 7346/09 -; vgl. auch ArbG
Stuttgart, Urteil vom 27. Juni 2002 - 9 Ca 131/01 -, JURIS, Rdnr. 48 ff..
79
Kündigungsgrund ist vorliegend der vage Verdacht, dass der Beigeladene Herrn L. in
einer keine Verletzungen hinterlassenden Weise geschlagen haben könnte und der
Verdacht, dass er ihn als Türken beleidigt haben könnte. Wegen der oben dargestellten
Ursache und Entwicklung der Streitsituation zwischen dem Beigeladenen und Herrn L. ,
dem betrieblichen Umgangston, wie er sich insbesondere aus der klägerseits
vorgelegten Stellungnahme des Herrn C. ergibt, der Tatsache, dass Herr L. von einem
einmaligen Verhalten des Beigeladenen, einem "black-out" spricht, ferner der
unzweifelhaft vorliegenden Hirnteilleistungsstörung des Beigeladenen kann ausgehend
von dem Vorstehenden nicht von einer kündigungsrelevanten groben Beleidigung,
sondern nur dem Verdacht einer verbalen Entgleisung unter Kollegen und daneben dem
Verdacht eines in einer eskalierten Streitsituation unter Kollegen geführten, keine
sichtbare Verletzung verursachenden Schlages ausgegangen werden. Diese
Verdachtsfälle wären zwar Pflichtverletzungen, aber eindeutig nicht geeignet, unter
Beachtung der sozialen Schutzwürdigkeit des Beigeladenen eine außerordentliche
Kündigung ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen.
80
Offen bleiben kann schließlich, ob die Klägerin auch die Frist von zwei Wochen ab
Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen für den
Zustimmungsantrag, § 91 Abs. 2 SGB IX, nicht eingehalten hat. Dafür könnte sprechen,
dass jedenfalls Herr I. , der Niederlassungsleiter der Telelog in C1. , und der
stellvertretende Leiter der DHL - Niederlassung in Düsseldorf, Herr X. , wo die
Zuständigkeit für die Beurteilung des Beigeladenen liegt, ausweislich der
Kündigungsschutzverhandlung bereits am Dienstag, den 23. Juni 2009 Kenntnis von
den Vorfällen hatten. Seinerzeit war der Beigeladene auch noch nicht in Urlaub. Erst
mehr als zwei Wochen später, nämlich am Mittwoch den 8. Juli 2009 wurden dann
maßgebliche Ermittlungen zu dem Vorfall aufgenommen, der Beigeladene wurde erst
nach seinem Urlaub in der 28. Kalenderwoche (6. bis 10. Juli) am 14. Juli 2009
angehört.
81
Aus den vorstehenden Gründen kann der Hilfsantrag auf Neubescheidung ebenfalls
keinen Erfolg haben.
82
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
83
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu
erklären, da er keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt
hat, §§ 162 Abs. 3 i.V.m. 154 Abs. 3 VwGO.
84
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11,
711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO).
85