Urteil des VG Köln vom 13.08.2010

VG Köln (der rat, überwiegendes öffentliches interesse, öffentliches interesse, aufschiebende wirkung, höhe, in angemessener weise, umgebung, gebäude, privates interesse, interesse)

Verwaltungsgericht Köln, 4 L 735/10
Datum:
13.08.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 L 735/10
Tenor:
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 4 K 3146/10 gegen die der
Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom
28. April 2010 zur Änderung des Wohngebäudes H. 0 - 0/H1. 00 wird
angeordnet.
Der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des
Verfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten
des Beigeladenen zu 2., der diese selbst trägt.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe Der Antrag hat Erfolg. Er ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung gemäß §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO statthaft, weil der von der
Antragstellerin erhobenen Klage gegen die der Beigeladenen zu 1. erteilte
Baugenehmigung vom 28. April 2010 kraft Gesetzes nach § 212a BauGB keine
aufschiebende Wirkung zukommt.
1
Der Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt.
2
Die lange Zeit umstrittene Frage, ob der Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals
sich gegen an das Denkmal heranrückende beeinträchtigende, verunstaltende oder in
den Umgebungsschutz eingreifende Bauvorhaben oder Nutzungen auf
Nachbargrundstücken wenden und dabei die Verletzung denkmalrechtlicher
Vorschriften auch im eigenen Interesse geltend machen kann,
3
zum Streitstand vgl. Stephan Gatz, juris-PR-BVerwG 16/2009 Anm. 2,
4
ist mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts,
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BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 4 C 3.08 -, juris,
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der sich die Kammer anschließt, dahingehend geklärt, dass der Eigentümer eines
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geschützten Kulturdenkmals jedenfalls dann berechtigt ist, die denkmalrechtliche
Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, wenn das Vorhaben die
Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt.
Inwieweit denkmalrechtliche Vorschriften, die die Zulässigkeit eines Vorhabens in der
Umgebung eines geschützten Kulturdenkmals regeln, zugunsten des Eigentümers des
Kulturdenkmals drittschützend sind, haben grundsätzlich der Landesgesetzgeber und
die zur Auslegung des Landesrechts berufenen Gerichte des Landes zu entscheiden.
Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG gebietet im Denkmalschutzrecht ebenso wenig wie im
Baurecht, in jeder Hinsicht nachbarlichen Drittschutz vorzusehen. Soweit der
denkmalrechtliche Umgebungsschutz objektiv geboten ist, muss er jedoch auch dem
Eigentümer des Kulturdenkmals Schutz vermitteln. Jedenfalls wenn ein Vorhaben in der
Umgebung des geschützten Kulturdenkmals dessen Denkmalwürdigkeit
möglicherweise erheblich beeinträchtigt, muss der Eigentümer des Kulturdenkmals
gemäß § 42 Abs. 2 VwGO befugt sein, die denkmalrechtliche Genehmigung des
Vorhabens anzufechten. Nur wenn dem Eigentümer ein solches Anfechtungsrecht
eingeräumt wird, kann die Verhältnismäßigkeit der ihm auferlegten Pflicht, das
Kulturdenkmal zu erhalten und zu pflegen, gewahrt werden. Gerechtfertigt ist die
Inpflichtnahme des Eigentümers allein durch das im öffentlichen Interesse liegende Ziel,
das Kulturdenkmal mit seinen Beziehungen zur Umgebung, soweit diese
denkmalrechtlich schutzwürdig sind, zu erhalten. Soweit die Erreichung dieses Ziels
von dritter Seite vereitelt wird, kann es auch die Inpflichtnahme des Eigentümers nicht
mehr rechtfertigen. Der Schutzzweck des Denkmalsrechts wird durch die Anerkennung
einer subjektiven Rechtsposition des Eigentümers weder qualitativ verändert noch
"privatisiert". Der nachbarliche Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers führt
nicht zu einer Veränderung der Grundlagen und Maßstäbe für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit von Vorhaben in der Umgebung des Denkmals; er erlaubt nur, dass der
Eigentümer des Denkmals als Nachbar - bestimmte - Verletzungen objektiven Rechts
geltend machen darf.
BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 4 C 3.08 -, a.a.O..
8
Drittschützend in diesem Sinne ist in Nordrhein-Westfalen die Vorschrift des § 9 Abs. 1
b) DSchG NRW. Danach bedarf u.a. der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde, wer in
der engeren Umgebung von Baudenkmälern Anlagen verändern will, wenn hierdurch
das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird. Bei den
Tatbestandsmerkmalen "engere Umgebung" und "Erscheinungsbild" handelt es sich um
unbestimmte Rechtsbegriffe, die der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Betroffen
von der Regelung des § 9 Abs. 1 b) DSchG NRW sind in jedem Fall die einem Denkmal
unmittelbar benachbarten Gebäude.
9
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.02.1992 - 11 A 2313/89 -, juris. Geschützt wird nicht nur
die Substanz des Denkmals, sondern auch das Erscheinungsbild, und zwar vor
Maßnahmen am Denkmal selbst, wie auch vor mittelbaren Beeinträchtigungen durch
Vorhaben in der Umgebung. Bei der Entscheidung über die Beeinträchtigung des
Erscheinungsbildes kommt es auf das Urteil eines sachverständigen Betrachters an. Die
Beurteilung setzt nämlich ein Vertrautsein mit dem zu schützenden Denkmal und seiner
Epoche voraus.
10
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.02.1992 - 11 A 2313/89 -, a.a.O..
11
Angesichts des Umstandes, dass das Bauvorhaben in unmittelbarer Nachbarschaft
12
neben dem Kulturdenkmal der Antragstellerin errichtet werden soll, und angesichts der
geplanten deutlichen Erhöhung der vorhandenen Bebauung ist die Möglichkeit einer
Beeinträchtigung im oben genannten Sinne zu bejahen.
Der Antrag ist auch begründet.
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Wesentliches Element der vom Gericht gemäß §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO
vorzunehmenden Abwägung der gegenläufigen Interessen der Beteiligten ist in der
Regel eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage. Erweist sich die
Klage danach mit hoher Wahrscheinlichkeit als erfolglos, so überwiegt regelmäßig das
Interesse des Bauherrn an der Ausnutzung der Baugenehmigung. Ergibt die Prüfung
hingegen, dass der Nachbar mit seinem Rechtsbehelf aller Voraussicht nach Erfolg
haben wird, so überwiegt sein Interesse an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
14
Nach diesen Grundsätzen hat der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung
der Klage vom 25. Mai 2010 gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 28.
April 2010 Erfolg, da die Baugenehmigung aller Voraussicht nach rechtswidrig ist und
Rechte der Antragstellerin verletzt. Es ist daher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
davon auszugehen, dass die Klage im Hauptsacheverfahren erfolgreich sein wird.
Diese Einschätzung der Kammer beruht auf folgenden Erwägungen:
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Die denkmalschutzrechtliche Beurteilung, um die es vorliegend geht, ist Teil der
Baugenehmigung (§ 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW). Der Antragsgegner hat vorliegend
die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem
Denkmalschutzgesetz nicht in angemessener Weise berücksichtigt. Entgegen seiner
Auffassung bedarf es einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 1 b) DSchG NRW, für die die
gesetzlichen Voraussetzungen nach § 9 Abs. 2 DSchG NRW nicht vorliegen.
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Erlaubnisfähig ist eine Maßnahme nur dann, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht
entgegenstehen (§ 9 Abs. 2 a) DSchG NRW) oder ein überwiegendes öffentliches
Interesse die Maßnahme verlangt (§ 9 Abs. 2 b) DSchG NRW). Bei dem gesetzlichen
Merkmal "Gründe des Denkmalschutzes" handelt es sich um einen der vollständigen
gerichtlichen Kontrolle unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff. Vorzunehmen ist
eine von der Qualität des jeweils zu schützenden Denkmals abhängige
Einzelfallprüfung, ob und inwieweit die Schutzziele und -zwecke des
Denkmalschutzgesetzes durch die in Rede stehende Maßnahme konkret betroffen sind.
Die im Einzelfall erheblichen Umstände sind zu ermitteln und sodann im Wege der
Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und den in der Regel
privaten Interessen, die für die erlaubnispflichtige Maßnahme streiten, zu gewichten.
Hierbei wird sich ein schutzwürdiges privates Interesse gegenüber den Belangen der
Denkmalpflege um so eher durchsetzen, je geringfügiger die mit dem Vorhaben
notwendig einhergehende Beeinträchtigung des Denkmals ist, während eine
Maßnahme, die den Denkmalwert wesentlich mindern oder gar aufheben würde,
allenfalls in Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen zugelassen werden kann.
17
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.08.2001 - 7 A 4207/00 -, NWVBl. 2002, 234 ff..
18
Im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Eilverfahren gebotenen
summarischen Prüfung der Auffassung, dass Gründe des Denkmalschutzes dem
Bauvorhaben der Beigeladenen zu 1. entgegenstehen, welche die privaten Interessen
überwiegen, und dass auch kein überwiegendes öffentliches Interesse die
19
Baumaßnahme verlangt. Sie vermag deshalb der Auffassung der Stadtkonservatorin,
eine wesentliche Beeinträchtigung des Denkmals sei durch die genehmigte Erhöhung
und die sonstigen Veränderungen nicht zu befürchten, nicht zuzustimmen. Sie teilt
vielmehr die Auffassung des Beigeladenen zu 2., welcher das Benehmen zu der
Baugenehmigung nicht erteilt hat, und der Antragstellerin.
An dieser Stelle ist in tatsächlicher Hinsicht zunächst festzuhalten, dass die vorhandene
Bebauung in der Umgebung von St. Gereon eine Höhe zwischen 60,07 m über NN (H1.
00) und 69,51 m über NN (H1. 0) aufweist. Das streitbefangene Gebäude H1. 00 weist
eine Flachdachhöhe von 63,75 m bis 64,50 m über NN und das Gebäude H. 0 - 0 eine
Höhe von 63,20 m bis 64,20 m über NN auf. Die Traufhöhe des Hauptschiffes von St.
H2. liegt bei 20,10 m (entspricht der Höhe von 71,50 m über NN bezogen auf eine
Geländehöhe von ca. 51,40 m über NN). Die genehmigte Bebauung, die zwischen
66,90 m und 67,40 m liegt, übersteigt die bestehende Bebauung der streitbefangenen
Gebäude demnach um bis zu 3,50 m (vgl. Blatt 217 GA und Blatt 2.40 der Beiakte 1).
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An der Prüfung der denkmalrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens ist die Kammer
nicht etwa durch den Bauvorbescheid des Antragsgegners vom 16. September 2008
gehindert, auf den sich der Antragsgegner in der Begründung des Bebauungsplans
berufen hat. Zwar entfaltet ein Bauvorbescheid, der seinem Wesen nach einen
Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Baugenehmigung darstellt und hinsichtlich
der durch ihn entschiedenen Fragen einen Teil der Baugenehmigung vorwegnimmt,
grundsätzlich Bindungswirkung und setzt sich gegenüber nachfolgenden
Rechtsänderungen oder einer anderen rechtlichen Beurteilung der tatsächlichen
Verhältnisse durch.
21
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.10.2009 - 10 A 1074/08 -, juris.
22
Dem Bescheid vom 16. September 2008 kommt jedoch jedenfalls in denkmalrechtlicher
Hinsicht keine Bindungswirkung zu. Er enthält nämlich den ausdrücklichen Hinweis,
dass eine Klärung sämtlicher öffentlich-rechtlicher Vorschriften, wie z.B. der
Bestimmungen des Denkmalschutzes etc. nur im Baugenehmigungsverfahren bzw. im
Verfahren zur Erlangung eines sog. umfassenden Vorbescheides erfolge. Die Belange
des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege wurden daher noch nicht - wie es § 9
Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW vorsieht - berücksichtigt.
23
Nach Auffassung der Kammer stellt die vorgesehene Erhöhung - gegenüber der
vorhandenen Bebauung um zwischen 2,40 m und 3,50 m - eine erhebliche
Beeinträchtigung des Denkmals dar. Diese Einschätzung deckt sich mit derjenigen des
Beigeladenen zu 2.. Dieser ist aufgrund seiner besonderen Fachkunde und der
Vertrautheit mit dem zu schützenden Denkmal und seiner Epoche,
24
vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.02.1992 - 11 A 2313/89 -, a.a.O.,
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in besonderer Weise berufen, zur Beantwortung dieser Frage beizutragen. Er hat in
seiner schriftlichen Stellungnahme sowie durch seine mündlichen Ausführungen im
Erörterungstermin für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass die
geplante Aufstockung des Wohnhauses H. 0 - 0/H1. 00 eine erhebliche
Beeinträchtigung des Baudenkmals St. H2. darstellt. Er führt insoweit aus:
26
"Das Wohnhaus H. 0 - 0 befindet sich innerhalb der früheren Immunität des ehemaligen
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hochadeligen Stiftes und ragt in den Bereich des damaligen Kreuzganges hinein. Dabei
nähert sich die nordöstliche Gebäudeecke der staufischen, Anfang des 15. Jahrhundert
umgebauten Vorhalle. Die Dominanz des romanischen Kirchenbaus im engeren
baulichen Umfeld ist somit ganz wesentlich von der Höhenentwicklung der unmittelbar
benachbarten Bauten abhängig."
Diese Abhängigkeit von der Höhenentwicklung hat auch der Rat der Stadt Köln
gesehen und Regelungen für die Höhenentwicklung der linksrheinischen Innenstadt
Köln im sog. Höhenkonzept geschaffen. Gegen dieses Höhenkonzept verstoßen sowohl
die Baugenehmigung als auch der Bebauungsplan. Zwar stellt das Höhenkonzept keine
gesetzliche Norm dar, die unmittelbare Rechtswirkung wie ein Bebauungsplan besitzt.
Aber entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist es auch nicht lediglich "als
informelle Planung eine Arbeitsgrundlage für Stadtplaner und Architekten", sondern ist
im Rahmen der Prüfung des § 9 Abs. 1 b) und 2 DSchG NRW als Ausprägung des
denkmalrechtlichen Umgebungsschutzes zu berücksichtigen. Denn vorrangiges Ziel
des Höhenkonzeptes ist der Schutz des Umfeldes der Romanischen Kirchen. Wegen
ihrer hohen kulturhistorischen und stadtbildprägenden Bedeutung muss nach dem
Höhenkonzept eine neue Bebauung im direkten Umfeld der Romanischen Kirchen einer
besonderen Sorgfalt unterliegen. Die Romanischen Kirchen sollen Maßstab für die sie
umgebende Bebauung sein. Die erhebliche Überschreitung der im Höhenkonzept
vorgesehenen Bebauung stellt daher zumindest ein gravierendes Indiz für eine
erhebliche Beeinträchtigung des Baudenkmals dar.
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Der Rat der Stadt Köln hat in der Sitzung vom 15. Mai 2007 das Höhenkonzept für die
linksrheinische Kölner Innenstadt in der endgültigen Fassung beschlossen. Es sieht in
Ziffer 4. "Wirkungsfelder des Doms und der Romanischen Kirchen - Plan 5" im zweiten
Absatz nunmehr folgende Regelung vor:
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"Innerhalb dieser Wirkungsfelder soll die zukünftige Bebauung nicht höher sein als die
Traufkante der Romanischen Kirchen, falls die bestehende Bebauung niedriger als die
Traufkante sein sollte, richtet sich die Höhe nach der bestehenden Bebauung. Bei
Bauvorhaben in diesen Wirkungsfeldern sind die Sicht der Stadtkonservatorin und des
Gestaltungsbeirats einzuholen."
30
Der Bebauungsplan Nr. 00000/00, auf dessen Grundlage die Genehmigung des in
Rede stehenden Bauvorhabens erfolgte, hat nach seiner Satzungsbegründung das Ziel,
das Höhenkonzept für die linksrheinische Kölner Innenstadt, das das Wirkungsfeld der
romanischen Kirche St. H2. berücksichtigt, in Planungsrecht umzusetzen. Allerdings
basiert die Höhenkonzeption des Bebauungsplans ausweislich seiner Begründung (vgl.
Seite 5) auf dem städtebaulichen Entwurf des Wettbewerbsverfahrens, das in den
grundlegenden Zügen bereits vor dem Beschluss des Höhenkonzeptes am 15. Mai
2007 abgeschlossen wurde. Nach der Begründung des Bebauungsplans wurden in
dem Wettbewerb hierbei zwar die "bis dahin bekannten" Höhenvorgaben berücksichtigt.
Das Höhenkonzept hat in dem zitierten Ratsbeschluss jedoch eine maßgebliche
Veränderung insoweit erfahren, als die Höhe der zukünftigen Bebauung nunmehr nicht
mehr alternativ ("jetzige bauliche Bestand bzw. nicht höher als die Traufkante des
Hauptschiffes der jeweiligen Romanischen Kirche"), sondern - wie oben ausgeführt -
bindend auf die Höhe der bestehenden Bebauung begrenzt wurde. Offenbar wurde
diese Änderung in dem Bebauungsplanverfahren jedoch - jedenfalls mit Blick auf die
streitgegenständlichen Gebäude - nicht mehr berücksichtigt. Wenn daher die
Satzungsbegründung auf Seite 6 ausdrücklich ausführt, dass "entscheidender
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Ansatzpunkt in dem städtebaulichen Wettbewerb war, dass die Anforderungen des
Höhenkonzeptes für die linksrheinische Kölner Innenstadt eingehalten werden", gilt dies
jedenfalls nicht für die hier in Rede stehenden, unmittelbar an St. H2. angrenzenden
Gebäude. Offenbar wurde insoweit vielmehr die frühere Fassung des Höhenkonzeptes
zugrunde gelegt, welche als Höhenbegrenzung im Wirkungsfeld der Romanischen
Kirchen die Traufhöhe dieser Kirchen bzw. die bestehende Bebauung vorsah. Für diese
Annahme spricht auch die Tatsache, dass in den Stellungnahmen der Verwaltung zu
den zahlreichen Einwendungen im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung,
welche sich auf die Höhe der angrenzenden Bebauung bezogen, stets auf die
Traufhöhe von St. H2. Bezug genommen wurde. Auch in den Antworten des
Planers/Bauherrn während der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung zum
städtebaulichen Planungskonzept "H. " (H3. -Areal) in Köln-Altstadt/Nord wird immer
wieder auf die Traufkante von St. H2. hingewiesen. So führte Prof. L. beispielsweise
während der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung am 21. April 2008 aus (vgl. Beiakte
6, Seite 3 der Anlage 2):
"Messlatte dabei ist immer das Höhenkonzept der Stadt Köln, das die Traufkante von St.
H2. in diesem Bereich zum Maßstab macht."
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Dass das Höhenkonzept im unmittelbaren Wirkungsfeld von St. H2. entgegen der
Aussage der Bebauungsplanbegründung, es werde mit diesem umgesetzt, jedenfalls
bei den streitbefangenen Gebäuden nicht in der maßgeblichen letzten Fassung
zugrunde gelegt wurde, ist in der Begründung des Bebauungsplans an anderer Stelle -
bezogen auf die hier in Rede stehenden Gebäude - wie folgt "umschrieben" worden:
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"Die ergänzende Bestimmung im Höhenkonzept, dass in den Wirkungsfeldern der
Romanischen Kirchen sich die Höhe der zukünftigen Bebauung nach der Höhe der
bestehenden Bebauung richten soll, falls diese niedriger als die Traufkante des
Hauptschiffes der jeweiligen Kirche sein sollte, kommt im Bebauungsplangebiet,
insbesondere im Bereich des H4. Klosters, in differenzierter Betrachtung zum Ansatz."
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Tatsächlich ist somit das vom Rat der Stadt Köln am 15. Mai 2007 beschlossene
Höhenkonzept nicht - wie dies an anderer Stelle heißt - "mit Ausnahme zweier
Bestandsgebäude durch die Planung rechtsverbindlich" umgesetzt, sondern jedenfalls
im Bereich der streitbefangenen Gebäude nicht berücksichtigt worden. Dies hat auch
der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. nach dem Hinweis der Kammer im
Erörterungstermin mit Schriftsatz vom 9. August 2010 erstmals eingeräumt. Der
Bebauungsplan erhebe selbst nicht den Anspruch, das Höhenkonzept "eins zu eins"
umzusetzen (vgl. Blatt 260 der GA).
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Die Bedeutung der Bauhöhen im Umfeld der romanischen Kirchen ist nach Darlegung
durch den Beigeladenen zu 2. bereits in der Wiederaufbauplanung der Stadt Köln nach
1945 erkannt und berücksichtigt worden. Insoweit führt der Beigeladene zu 2. in seiner
Stellungnahme vom 24. Juni 2010 aus:
36
"Im Fall von St. H2. ist dies noch sehr anschaulich auf der Seite D.--------straße zu
sehen. Diese städtebauliche Konzeption der Nachkriegszeit ist als
rezeptionsgeschichtlich interessantes und denkmalpflegegeschichtlich relevantes
Phänomen auch für den heutigen Umgang mit der Umgebung der romanischen Kirchen
Kölns von Bedeutung. In dem Bebauungsplan von 1972/73 ist mit der Festsetzung von
vier Geschossen in Verbindung mit einer Baulinie dieser Tradition ebenso Rechnung
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getragen worden wie in den Vorgaben des Höhenkonzeptes, dessen letzte Version mit
der Darstellung der sog. homogenen Zonen diese Höhenreduzierung um die
romanischen Kirchen aufnimmt und für Neubauvorhaben vorschreibt. Die Bewahrung
dieses städtebaulichen Lösungsansatzes der Nachkriegszeit ist ein
denkmalpflegerisches Anliegen, das durch Aufweichung einer strikten
Höhenbegrenzung im Umfeld der romanischen Kirchen Schaden nehmen würde. In
diesem Zusammenhang ist auf Äußerungen der Kölner Stadtplanung hinzuweisen, wo
die im Höhenkonzept formulierten Begrenzungen der Gebäudehöhen so interpretiert
werden, dass mit Gebäudehöhen die Traufhöhen (!) gemeint seien (die Leiterin des
Stadtplanungsamtes auf einer Veranstaltung des Hauses der Architektur am 10. Februar
2010. Der Streit ging um die Aussage des Höhenkonzeptes in Bezug auf St. H2. , wo die
Höhe = Bauhöhe = Gesamthöhe sich nach der bestehenden Bebauung =
Viergeschossigkeit richtet, die bei Neubauten nicht überschritten werden darf). Die
wechselnden Begrifflichkeiten zu den Gebäudehöhen lassen befürchten, dass die
intendierten Höhenbegrenzungen teilweise aufgeweicht werden sollen."
Eine Abwägung all dieser Belange durch die Untere Denkmalbehörde des
Antragsgegners ist den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen. Eine intensive
Ausein-andersetzung mit den gegenläufigen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 2.
(vgl. Stellungnahmen vom 29. September 2004 (Bl. 174 f. der GA), vom 16. Juni 2008
(Bl. 176 der GA) und vom 8. Juni 2009 (Bl. 90 der GA)) ist ebenfalls nicht dokumentiert.
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Nach Auffassung der Kammer ist dem herausragenden Denkmalwert der romanischen
Basilika St. H2. , deren Geschichte bis in das 4. Jahrhundert zurückreicht und die ein
über die Grenzen Kölns und Deutschlands hinaus bekanntes einmaliges Zeugnis
romanischer Baukunst ist, nicht die ihm gebührende Bedeutung beigemessen worden.
Zwar ist in der streitgegenständlichen Baugenehmigung festgelegt worden, dass die
Höhe des Staffelgeschosses auf der Seite H1. um zum Teil 0,50 m zu reduzieren sei.
Dieser Vorbehalt ist indes nicht geeignet, die Besorgnis einer wesentlichen
Beeinträchtigung auszuräumen. Denn das Erscheinungsbild von St. H2. wird durch die
geplante Aufstockung erheblich verändert. Bereits die beim Ortstermin
wahrzunehmende Erhöhung im Brüstungsbereich sowie die am benachbarten
Brandgiebel an der Schalung abzulesende und leicht vorzustellende Auswirkung des
zukünftig vergrößerten Bauvolumens machten den negativen Einfluss auf die
städtebauliche Situation und architektonische Wirkung des Kirchengebäudes deutlich.
Durch die Aufstockung der ohnedies nah an das Kirchengebäude heranreichenden
Bebauung wirkt dieses kleiner und weniger dominant. Dies gilt insbesondere für die
Vorhalle, deren First künftig von den Nachbargebäuden überragt würde.
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In Übereinstimmung mit dem Beigeladenen zu 2. ist die Kammer der Auffassung, dass
die vorhandene räumliche Situation, die nur einen minimalen Respektsabstand zum
Kirchengebäude aufweist, keine wie auch immer geartete Aufstockung um ein
Geschoss in der unmittelbaren Umgebung von St. H2. erlaubt. Dies gilt auch für das
vorgesehene sogenannte "Staffelgeschoss", bei dem es sich nach der einschlägigen
baurechtlichen Terminologie tatsächlich um ein Vollgeschoss handelt. Zwar sieht das
Höhenkonzept bei Flachdächern auch in sogenannten homogenen Baugebieten
grundsätzlich "ein um zwei Meter zurückversetztes Staffelgeschoss von maximal 3,20 m
Höhe vor". Allerdings ist diese Regelung nach Auffassung der Kammer jedenfalls nach
der in der Ratssitzung vom 15. Mai 2007 in den Wirkungsfeldern des Doms und der
romanischen Kirchen vorgenommenen "Verschärfung" des Höhenkonzepts nicht mehr
anwendbar; maßgeblich soll insoweit grundsätzlich allein die Höhe der (tatsächlich)
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bestehenden Bebauung sein, falls diese - wie hier - niedriger als die Traufkante der
jeweiligen romanischen Kirche ist. Dem entspricht es, dass der Rat in der besagten
Sitzung auch den ursprünglich in der geänderten Vorschrift enthaltenen Verweis auf die
"maximale Bauhöhe jedes Wirkungsfeldes" gestrichen hat.
Selbst wenn man dies anders sähe und die Bestimmungen des Höhenkonzepts über
ein zusätzliches Staffelgeschoss auch im Wirkungsfeld der romanischen Kirchen für
anwendbar hielte, hielte sich die Baugenehmigung nicht im Rahmen dieser Regelung,
da das genehmigte oberste Geschoss nicht generell, sondern lediglich an einigen
Stellen zurückversetzt ist und dies auch nicht um zwei Meter, sondern lediglich um
maximal einen Meter.
41
Für die Kammer ist auch die Argumentation des Antragsgegners nicht nachvollziehbar,
bei einem überragenden Baudenkmal wie St. H2. , das hinsichtlich der
denkmalpflegerischen Bedeutung nach dem Kölner Dom den zweiten Rang einnehme,
bedürfe es entsprechend groß dimensionierter baulicher Vorhaben mit besonders
raumgreifender Wirkung, um eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit
bewirken zu können. Insoweit verhält es sich nach Auffassung der Kammer gerade
umgekehrt. Je höher der Denkmalwert ist, desto mehr Rücksichtnahme kann verlangt
werden. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles
wesentlich auf die oben bereits beschriebene Abwägung ausgehend von der Qualität
des jeweils zu schützenden Denkmals an.
42
Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, weist die Kammer weiter darauf
hin, dass Vieles dafür spricht, dass auch die genehmigten Balkone an der östlichen
Gebäudewand zu St. H2. , auf die die Beigeladene zu 1. ausweislich ihres
Vergleichsvorschlages vom 23. Juli 2010 (vgl. Bl. 236 der GA) verzichten wollte, das
Baudenkmal St. H2. erheblich beeinträchtigen.
43
Die Kammer hat des Weiteren Bedenken gegen die Auffassung des Antragsgegners, es
habe keiner Wiederherstellungsanordnung (ggf. Rekonstruktion) der Kunststeinfassade
bedurft, da dies denkmalschutzrechtlich aus dem Umgebungsschutz nicht habe
gefordert werden können und die Antragstellerin durch eine Putzfassade auch nicht
beeinträchtigt werde. Da der Antragsgegner außer der Höhenreduzierung keinerlei
weitere denkmalrechtliche Nebenbestimmungen in der streitbefangenen
Baugenehmigung - anders als in anderen, der Kammer bekannten Verfahren - zur
äußeren Gestaltung des Vorhabens getroffen hat, ist der Beigeladene zu 1. in der
Fassadengestaltung völlig frei. Daher ist auch insoweit eine Rechtsverletzung der
Antragstellerin in der Zukunft nicht auszuschließen. Denn nach Auffassung der Kammer
kann auch die Farbgestaltung eines Gebäudes ein benachbartes Baudenkmal
wesentlich beeinträchtigen und daher nicht erlaubnisfähig sein.
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Vgl. VG Köln, Urteil vom 14.07.2010 - 4 K 5652/09 -.
45
Angesichts der erheblichen Beeinträchtigung eines herausragenden Kulturdenkmals
muss das verständliche Interesse der Beigeladenen zu 1. an einer zusätzlichen
baulichen Nutzung ihres Grundstücks zurückstehen. Überwiegende öffentliche
Interessen, welche die Baumaßnahme ausnahmsweise dennoch verlangen, sind nicht
erkennbar. Im Gegenteil sprechen die öffentlichen Interessen, welche sich auch im
Höhenkonzept der Stadt Köln manifestieren, gegen das genehmigte Bauvorhaben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
47
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
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