Urteil des VG Köln vom 09.11.2005
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Verwaltungsgericht Köln, 9 K 4598/03
Datum:
09.11.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 4598/03
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen
worden ist.
Im übrigen werden der Bescheid vom 28. November 2002 und der
Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2003 aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der Kosten,
die durch die teilweise Klagerücknahme entstanden sind.
T a t b e s t a n d :
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Die Kläger sind Eigentümer des an der I.------straße (K 18) gelegenen Gründstücks
Gemarkung M. , Flur 6, Flurstück 1284. Das Grundstück ist 403 qm groß und mit einem
Einfamilienwohnhaus mit Garage bebaut. In der K 18 liegt ein Regenwasserkanal, der
von der Gemeinde im Zuge des Ausbaus der Straße hergestellt worden war.
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Nachdem die Fertigstellung des der Straßen- und der Grundstücksentwässerung
dienenden Kanals im Mitteilungsblatt der Gemeinde F. Nr. 42 vom 18. Oktober 2002
veröffentlicht worden war, zog der Beklagte den Kläger zu 1) mit Bescheid vom 28.
November 2002 zu einem Kanalanschlussbeitrag in Höhe von 926,90 EUR heran.
Zugrundegelegt wurden eine Grundstücksfläche von 403 qm, ein Nutzungsfaktor von
1,00 und ein Beitragssatz von 2,30 EUR (Regenwasser).
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Mit Schreiben vom 29. November 2002 erhoben die Kläger Widerspruch gegen den
Bescheid vom 28. November 2002. Zur Begründung trugen sie im wesentlichen vor, das
Grundstück sei nicht an den Regenwasserkanal angeschlossen; ein Anschluss sei auch
nicht beabsichtigt. In der Baugenehmigung sei ihnen zur Auflage gemacht worden, eine
Regenwasserzisterne zur Verrieselung mittels Rigolen auf dem Grundstück zu errichten.
Ihr Antrag vom 7. Februar 2001 (auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis) sei
vom Kreis noch nicht beschieden. Sämtliches Regenwasser werde auf ihrem
Grundstück verrieselt. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2003, gerichtet an den
Kläger zu 1), wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im
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wesentlichen ausgeführt, der Heranziehung stehe vorliegend nicht § 51a LWG
entgegen. Das Grundstück sei bereits 1989/90 an den Schmutzwasserkanal
angeschlossen und vor dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut worden. Es sei
unerheblich, dass den Klägern mit der Baugenehmigung aufgegeben worden sei, eine
Rigolenversickerung anzulegen.
Die Kläger haben am 21. Juli 2003 Klage erhoben. Die Klage der Klägerin zu 2) ist am
5. November 2003 zurückgenommen worden.
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Der Kläger zu 1) weist ergänzend darauf hin, dass der Landrat des Rhein-Sieg- Kreises
mit Bescheid vom 17. Juni 2004 die wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von
Niederschlagswasser erteilt habe.
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Der Kläger zu 1) beantragt,
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den Bescheid vom 28. November 2002 und den Widerspruchsbescheid vom 24. Juni
2003 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt ergänzend vor, mit der Verlegung des Regenwasserkanals sei die Auflage in
der Baugenehmigung gegenstandslos geworden. Im übrigen sei das Grundstück
zumindest teilweise tatsächlich an den Kanal angeschlossen worden.
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Der Kläger zu 1) bestreitet einen tatsächlichen Anschluss an den Kanal.
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Das Gericht hat Beweis erhoben, ob das Grundstück der Kläger an den
Regenwasserkanal angeschlossen ist, durch Einnahme des Augenscheins. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die Ortsbesichtigung
am 30. September 2005 verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Das Verfahren war gemäß § 92 Abs. 3 VwGO insoweit einzustellen, als die Klägerin zu
2) die Klage zurückgenommen hat.
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Im übrigen ist die Klage zulässig und begründet. Der Bescheid vom 28. November 2002
ist rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 1) in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO.
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Eine Beitragspflicht ist vorliegend nicht entstanden. Nach § 8 Abs 2 Satz 2 KAG werden
Beiträge von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass
ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen
wirtschaftliche Vorteile geboten werden (vgl. auch § 1 der Beitrags- und
Gebührensatzung der Gemeinde F. ). Ein solcher wirtschaftlicher Vorteil wird dem
Kläger zu 1) jedoch nicht geboten.
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Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Vorteil bereits deshalb fehlt, weil der Kläger zu
1) verpflichtet ist, das Niederschlagswasser gemäß § 51 a LWG zu beseitigen.
Vorliegend fehlt es jedenfalls an einem Vorteil aus der Anschlussmöglichkeit an die
Regenwasserkanalisation, weil die Kläger aufgrund der Auflage 7 der Baugenehmigung
vom 15. September 1999 verpflichtet sind, das anfallende Niederschlagswasser der
Dach- und nicht befahrbaren Hofflächen schadlos auf dem eigenen Grundstück zu
verrieseln (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Anm. 540 zu § 8). Diese Auflage
(des Kreises) ist durch den Bau des Regenwasserkanals (durch die Gemeinde) nicht
gegenstandslos geworden. Diese Auflage ist auch nicht aufgehoben worden. Sie ist
demnach weiterhin wirksam, § 43 Abs. 2 VwVfG.
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Dem Kläger zu 1) wird auch nicht dadurch ein wirtschaftlicher Vorteil geboten, dass das
Grundstück tatsächlich an den Regenwasserkanal angeschlossen ist. Für einen
tatsächlichen Anschluss reicht es nicht aus, dass der Anschluss real existiert, dass
zwischen dem Kanal und dem Grundstück eine betriebsfertige Verbindung hergestellt
ist. Weitere Voraussetzung ist, dass der Anschluss auf der Grundlage eines Anschluss-
und Benutzungsverhältnisses zwischen Gemeinde und Grundstückseigentümer nach
Maßgabe des Ortsrechts hergestellt wird. Der Anschluss muss mit Wissen und im
Einverständnis der Gemeinde hergestellt sein. Denn nur ein solcher Anschluss ist
rechtlich gesichert und vermag die in § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG vorausgesetzten
wirtschaftlichen Vorteile zu bieten (Driehaus, a.a.o., Anm. 552 zu § 8). Jedenfalls daran
fehlt es vorliegend, selbst wenn man davon ausgeht, dass zwischen der Zisterne und
dem Kanal eine durchgehende Verbindung vorhanden ist, was auch nach der
Ortsbesichtigung nicht zweifelsfrei feststeht. Nach § 7 Abs. 1 der Entwässerungssatzung
der Gemeinde F. vom 24. November 1993 in der Fassung vom 3. Juli 2001 (EWS) ist die
Herstellung des Anschlusses der Gemeinde anzuzeigen. Nach § 7 Abs. 3 EWS darf die
Benutzung der öffentlichen Abwasseranlage erst erfolgen, nachdem die Gemeinde die
Anschlussleitung abgenommen hat. Ein betriebsfertiger und auf Dauer rechtlich
gesicherter Anschluss ist erst gegeben, wenn die Abnahme erfolgt ist (Driehaus, a.a.O.,
Anm. 552 zu § 8). Das ist vorliegend bis zum heutigen Tage nicht geschehen, so dass
auch eine Heilung der Rechtswidrigkeit des streitbefangenen Bescheides nicht
eingetreten ist. Eine Abnahme durch bloße Duldung ist nicht möglich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.
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