Urteil des VG Köln vom 05.02.2007
VG Köln: aufschiebende wirkung, zugang, markt, unternehmen, hauptsache, kommission, aufwand, genehmigung, empfehlung, wettbewerber
Verwaltungsgericht Köln, 21 L 1591/06
Datum:
05.02.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
21. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
21 L 1591/06
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 250.000,00 Euro
festgesetzt.
Gründe
1
I.
2
Die Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas,
Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur - BNetzA -) stellte
durch Festlegung vom 12. Januar 2006 im Rahmen der Marktdefinition und
Marktanalyse bezüglich des Marktes Nr. 12 der Empfehlung der EU-Kommission vom
11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen
Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische
Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, u.a.
fest, dass die Antragstellerin auf dem Markt für IP-Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf IP-
Ebene (layer 3) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie einschließlich
HFC-Breitbandzugang mit Übergabe auf IP-Ebene im Sinne des § 11
Telekommunikationsgesetz -TKG - über beträchtliche Marktmacht verfüge.
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Durch Beschluss vom 13. September 2006 ( ) erließ die BNetzA unter Ziff. I. eine
Regulierungsverfügung, mit der die Antragstellerin dazu verpflichtet wird,
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- auf der Basis des von ihr betriebenen breitbandigen Anschluss- und
Konzentratornetzes anderen Unternehmen auf Nachfrage IP-Bitstrom-Zugang dadurch
zu gewähren, dass sie im Rahmen eines einheitlichen Produktes dem nachfragenden
Unternehmen xDSL-Anschlüsse überläßt und den darüber geführten Paketstrom über
ihr Konzentratornetz zu den PoP ihres IP-Kernnetzes transportiert, wo sie ihn dem
nachfragenden Unternehmen übergibt (Ziff. 1.1),
5
-
6
- zum Zwecke des Zugangs gemäß Ziff. 1.1 Kollokation an den PoP- Standorten sowie
im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu den
Einrichtungen in den Kollokationsräumen an den PoP- Standorten zu gewähren (Ziff.
1.2),
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-
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- dass Vereinbarungen über Zugänge gemäß Ziff. 1.1 und 1.2 auf objektiven Maßstäben
beruhen, nachvollziehbar sind, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den
Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen (Ziff. 1.3),
9
-
10
- ihre Vorleistungspreise für die extern angebotenen Zugangsleistungen auf dem
verfahrensgegenständlichen Markt und ihre internen Verrechnungspreise für die
entsprechenden intern genutzten Vorleistungen transparent zu gestalten sowie der
BNetzA auf Anforderung Informationen über die jeweiligen Absatzmengen der extern
angebotenen und intern genutzten Vorleistungsprodukte und die entsprechenden
Umsätze vorzulegen (Ziff. 1.4).
11
-
12
Darüber hinaus ist in der Regulierungsverfügung ausgesprochen, dass die Entgelte für
Zugangsleistungen nach den Ziff. 1.1 und 1.2 der Genehmigung nach Maßgabe des §
31 TKG der Genehmigung unterliegen (Ziff. 2). Diese Regelung steht unter dem
Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass im Rahmen einer Marktdefinition und
Marktanalyse nach §§ 10 ff. TKG festgestellt wird, dass die Antragstellerin auf dem DSL-
Endkundenmarkt nicht über eine beträchtliche Marktmacht verfügt (Ziff. 4).
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Unter Ziff. II. des Beschlusses vom 13. September 2006 wird der Antragstellerin zudem
auferlegt, ein Standardangebot für Zugangsleistungen nach Ziff. 1.1 und 1.2, zu deren
Angebot sie durch die vorstehend wiedergegebene Regulierungsverfügung verpflichtet
worden ist und für die eine allgemeine Nachfrage besteht, innerhalb von drei Monaten
nach Bekanntgabe des Beschlusses zu veröffentlichen.
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Gegen den Beschluss der BNetzA vom 13. September 2006 einschließlich der zum
Bestandteil dieses Beschlusses erklärten Festlegung der Präsidentenkammer der
BNetzA vom 12. Januar 2006 betreffend den Markt Nr. 12 der Märkte- Empfehlung der
EU-Kommission, die dem Beschluss vom 13. September 2006 als Anlage beigefügt
war, hat die Antragstellerin am 20. September 2006 Klage (21 K 4193/06) erhoben.
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Am 09. Oktober 2006 hat die Antragstellerin um die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes nachgesucht. Sie beantragt,
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1. die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 21 K 4193/06 gegen die Ergebnisse der
Marktdefinition und -analyse und die Regulierungsverfügung vom 13. September 2006
anzuordnen,
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2. hilfsweise zu 1. die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 21 K 4193/06 gegen die
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Regulierungsverfügung vom 13. September 2006 insoweit anzuordnen, als die
Antragsgegnerin
a) sie unter Ziff. I.1.1 des Beschlusstenors dazu verpflichtet hat, anderen Unternehmen
auf Nachfrage IP-Bitstrom-Zugang dadurch zu gewähren, dass sie im Rahmen eines
einheitlichen Produktes dem nachfragenden Unternehmen SDSL-Anschlüsse überläßt,
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b) sie unter Ziff. I.1.1 des Beschlusstenors dazu verpflichtet hat, anderen Unternehmen
auf Nachfrage IP-Bitstrom-Zugang dadurch zu gewähren, dass sie im Rahmen eines
einheitlichen Produktes dem nachfragenden Unternehmen xDSL-Anschlüsse überläßt,
und hieran anknüpfend ihr nach den Ziff. I.1.2, I.1.3 und I.1.4 sowie II. des
Beschlusstenors weitere Verpflichtungen auferlegt hat,
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c) unter Ziff. I.2 des Beschlusstenors regelnd festgestellt hat, dass Entgelte für
Zugangsleistungen nach Ziff. I.1.1 des Beschlusstenors der Genehmigung nach
Maßgabe des § 31 TKG unterliegen,
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3. hilfsweise zu 2. Buchst. c) die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, die Entgelte für die ihr gemäß Ziff. I.1.1 des Beschlusstenors auferlegten
Zugangsleistungen vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache einer
nachträglichen Regulierung zu unterwerfen,
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4. hilfsweise zu 3. die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu
verpflichten, die Entscheidung über die Regulierung der Entgelte für die in Ziff. I.1.1 des
Beschlusstenors auferlegten Zugangsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts vorläufig neu zu bescheiden.
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Die Antragsgegnerin tritt dem Begehren der Antragstellerin entgegen und beantragt,
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die Anträge abzulehnen bzw. zurückzuweisen.
25
II.
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Die Anträge der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleiben
ohne Erfolg.
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Soweit die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage 21 K
4193/06 begehrt [Anträge zu Ziff. 1. und 2. a) bis c)], hat das Gericht nach § 80 Abs. 5
Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - das öffentliche Vollziehungs- und das
private Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen und dabei die
Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage zu berücksichtigen. Lassen
sich die Erfolgsaussichten dieser Klage im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
nicht hinreichend verlässlich abschätzen (etwa weil dort bisher in der Rechtsprechung
nicht geklärte schwierige Rechtsfragen zu beantworten sind) und ist deshalb der
Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu bewerten, ist eine Abwägung
zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung der Klage und dem
allgemeinen öffentlichen Interesse bzw. dem privaten Interesse sonstiger Beteiligter an
der sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen Entscheidung vorzunehmen. Im
Rahmen einer solchen von den Erfolgsaussichten der Klage losgelösten Abwägung ist
allerdings eine gesetzgeberische Wertentscheidung für den Ausschluss der
aufschiebenden Wirkung von erheblichem Gewicht, wie sie auch hier in Gestalt des §
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137 Abs. 1 TKG vorliegt. Danach sind Entscheidungen der Regulierungsbehörde stets
sofort vollziehbar. Gleichwohl erübrigt sich deshalb nicht die im Rahmen des § 80 Abs.
5 Satz 1 VwGO bei offenem Prozessausgang vorzunehmende Interessenabwägung;
diese ist zwar gesetzlich vorstrukturiert, aber nicht präjudiziert. Um von der
gesetzgeberischen Grundentscheidung abzuweichen, bedarf es indessen der
Darlegung ganz besonderer individueller Umstände, wobei das Aussetzungsinteresse
umso stärker zu bewerten ist, je schwerer die dem Betroffenen auferlegte Belastung
wiegt und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt,
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. April 2005 - 4 VR 1005/04 -, NVwZ
2005, 689 (690).
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Ausgehend von diesem Maßstab haben die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung der Klage 21 K 4193/06 [Anträge zu Ziff. 1. und 2. a) bis c)] keinen Erfolg.
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Die Kammer geht davon aus, dass mit dem Antrag zu Ziff. 1. die Anordnung der
aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage 21 K 4193/06 hinsichtlich sämtlicher im
Beschluss der BNetzA vom 13. September 2006 enthaltenen Regelungen, also
hinsichtlich der Regulierungsverfügung (Ziff. I. des Beschlusses) und hinsichtlich der
Auferlegung der Verpflichtung zur Abgabe eines Standardangebotes (Ziff. II. des
Beschlusses) verfolgt wird. Denn die Anfechtungsklage 21 K 4193/06 ist ihrerseits nicht
auf einzelne Teile des Beschlusses der BNetzA vom 13. September 2006 begrenzt,
sondern uneingeschränkt erhoben worden. Soweit mit dem Antrag zu Ziff. 1. darüber
hinaus auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Festlegung der
Präsidentenkammer der BNetzA im Rahmen der Marktanalyse und Marktdefinition
betreffend den Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission gerichteten
Klage verfolgt wird, versteht die Kammer das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin
ungeachtet des insoweit nicht eingeschränkten Wortlauts dieses Antrages allerdings
dahin, dass es auf den Teil der Festlegung begrenzt ist, mit dem eine beträchtliche
Marktmacht der Antragstellerin auf dem Markt für IP-Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf
IP-Ebene (layer 3) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie
einschließlich HFC-Breitbandzugang mit Übergabe auf IP-Ebene festgestellt worden ist
[Abschnitt K Ziff. 2. (S. 102) der Festlegung]. Für hier nicht streitbefangen hält die
Kammer demgegenüber die von der Präsidentenkammer der BNetzA zu- gleich
getroffene Festlegung, dass die Antragstellerin (auch) auf dem Markt für ATM- Bitstrom-
Zugang mit Übergabe auf der ATM-Ebene (layer 2) an verschiedenen Übergabepunkten
der Netzhierarchie über beträchtliche Marktmacht verfügt [Abschnitt K Ziff. 1. (S. 102) der
Festlegung]. Dieses Verständnis des Antrages zu Ziff. 1. beruht darauf, dass der
angegriffene Beschluss vom 13. September 2006 ausschließlich Regelungen bezüglich
des Marktes für IP-Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf IP- Ebene (layer 3) enthält und
von der BNetzA ein gesondertes Regulierungsverfahren hinsichtlich des Marktes für
ATM-Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf ATM-Ebene (layer 2) betrieben wird.
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Die Kammer kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens weder feststellen, dass die
streitbefangenen Regelungen des Beschlusses der BNetzA vom 13. September 2006
und die angegriffene Festlegung der Präsidentenkammer der BNetzA im Rahmen der
Marktdefinition und Marktanalyse betreffend den Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung
der EU-Kommission offensichtlich rechtmäßig ist, noch erscheint die Einschätzung
gerechtfertigt, dass die streitgegenständlichen Regelungen sich als offensichtlich
rechtswidrig erweisen. Über die Prozessaussichten des Hauptsacheverfahrens lässt
sich nach dem derzeitigen Verfahrens- und Erkenntnisstand nicht einmal ein
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Wahrscheinlichkeitsurteil abgeben. Der Ausgang der Anfechtungsklage hängt nämlich
sowohl von der Aufklärung und Bewertung von zwischen den Beteiligten umstrittenen
tatsächlichen Umständen als auch von etlichen höchstrichterlich nicht geklärten,
teilweise schwierigen Rechtsfragen ab. Die erforderlich erscheinende
Sachverhaltsaufklärung kann in dem auf eine summarische Prüfung ausgerichteten
Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ebensowenig geleistet werden wie die sich
stellenden Rechtsfragen in der einen oder anderen Richtung mit überwiegender
Richtigkeitsgewissheit beantwortet werden können.
Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Festlegungen aufgrund der durchgeführten
Marktdefinition und Marktanalyse und - hieran anknüpfend - der Feststellung
beträchtlicher Marktmacht der Antragstellerin auf dem hier in Rede stehenden Markt wirft
eine beträchtliche Anzahl von bisher nicht entschiedenen Rechtsfragen auf, die
beispielsweise das bei einer Marktdefinition und Marktanalyse nach §§ 9 ff. TKG zu
beachtende Verfahren, den Einfluss und die Tragweite der hier einschlägigen
europarechtlichen Vorgaben bzw. der Vorgaben der Organe der EU, die
anzuwendenden Marktabgrenzungsmethoden, die Entscheidungsmaßstäbe, sowie die
Reichweite bzw. Grenzen der gerichtlichen Überprüfbarkeit der insoweit getroffenen
behördlichen Einschätzungen und Bewertungen betreffen.
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Auch hinsichtlich der der Antragstellerin in der angegriffenen Regulierungsverfügung
auferlegten Verpflichtungen (Ziff. I. 1.1 bis 1.4 des Beschlusses der BNetzA vom 13.
September 2006) ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, und es kann bei der
im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nur möglichen summarischen Prüfung
insbesondere nicht eine dem Antrag insoweit zum Erfolg verhelfende offensichtliche
Rechtswidrigkeit festgestellt werden. Da die Feststellung beträchtlicher Marktmacht der
Antragstellerin auf dem hier in Rede stehenden Markt als grundlegende Voraussetzung
für die Auferlegung der genannten Verpflichtungen in den betreffenden
Ermächtigungsnormen der §§ 9 Abs. 2, 19, 21 und 24 TKG nach dem oben Gesagten
nicht als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden kann, können die Anordnungen
der Ziff. 1.1 bis 1.4 der Regulierungsverfügung ihrerseits nicht schon wegen
offensichtlichen Nichtvorliegens dieser Tatbestandsvoraussetzung offensichtlich
rechtswidrig sein. Sie sind es aber auch nicht aus den übrigen von der Antragstellerin
dargelegten Gründen.
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Die rechtliche Beurteilung der der Antragstellerin auferlegten Zugangsverpflichtung (Ziff.
I. 1.1 der Regulierungsverfügung) und der von ihr hiergegen vorgebrachten
Einwendungen - u.a. Rechtswidrigkeit der Erstreckung der Zugangsanordnung auf den
Anschlussteil, unzulässige Einbeziehung von SDSL-Anschlüssen in die
Zugangsanordnung, fehlerhafte Abwägung im Hinblick auf die unterschiedliche
Reichweite der Instrumente der Entgeltregulierung - hängt ebenfalls von im Einzelnen
bisher nicht abschließend geklärten Fragen der Auslegung und Anwendung von § 21
Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 bis 7 TKG und der Reichweite und Tiefe der gerichtlichen
Kontrolle von auf dieser Grundlage ergangenen Entscheidungen der BNetzA ab. Zu den
sich insoweit stellenden Auslegungs- und Anwendungsfragen liegen unterschiedliche
vertretbar erscheinende Rechtsauffassungen vor, deren Bewertung im Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutz aufgrund der nur möglichen summarischen Prüfung nicht mit
der notwendigen überwiegenden Richtigkeitsgewissheit vorgenommen werden kann.
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Gegen die Regelungen in Ziff. I. 1.2 bis 1.4 der Regulierungsverfügung hat die
Antragstellerin keine ausdrücklichen Einwendungen vorgebracht und es ist auch nichts
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dafür ersichtlich, dass diese Regelungen, die freilich vom Bestand der
Zugangsanordnung in Ziff. I. 1.1 der Regulierungsverfügung abhängig sind, aus
sonstigen Gründen offensichtlich rechtswidrig sein könnten.
Auch die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der in Ziff. I. 2 der Regulierungsverfügung
ausgesprochenen Entgeltgenehmigungspflicht nach §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 31 TKG führt
zu keinem in die eine oder andere Richtung offensichtlichen Ergebnis. Denn in diesem
Zusammenhang werden auf der Grundlage des Vorbringens der Beteiligten
verschiedene noch nicht hinreichend geklärte Fragen zur Auslegung des § 30 Abs. 1
Satz 2 TKG, unter dessen Voraussetzungen die betreffenden Entgelte (lediglich) einer
nachträglichen Regulierung unterworfen werden sollen, zu beantworten sein.
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Die Rechtmäßigkeit der unter Ziff. II des Beschlusses der BNetzA vom 13. September
2006 auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 TKG auferlegten Verpflichtung zur Abgabe
eines Standardangebotes für die angeordneten Zugangsleistungen hängt von der
Rechtmäßigkeit der Regulierungsverfügung (Ziff. I. des Beschlusses vom 13. September
2006) ab, die ihrerseits in Abhängigkeit zur Rechtmäßigkeit der Festlegung der
Präsidentenkammer der BNetzA im Rahmen der Marktdefinition und Marktanalyse
betreffend den Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU- Kommission steht. Der
bezüglich dieser Regelungen offene Ausgang des Hauptsacheverfahrens hat zur Folge,
dass auch hinsichtlich der hier in Rede stehenden Verpflichtung zur Abgabe eines
Standardangebotes die Erfolgsaussichten offen sind.
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Die somit unabhängig vom voraussichtlichen Ergebnis des Hauptsacheverfahrens
vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen geht zu Lasten der
Antragstellerin aus.
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Würde dem Aussetzungsantrag stattgegeben, jedoch später im Hauptsacheverfahren
die Klage abgewiesen, so bliebe der hier in Rede stehende Markt für IP-Bitstrom-
Zugang einstweilen ohne Regulierung und die Antragstellerin wäre vorläufig nicht von
den ihr durch Beschluss der BNetzA vom 13. September 2006 auferlegten
Verpflichtungen betroffen. Dies hätte voraussichtlich zur Folge, dass der ganz
überwiegende Teil der Wettbewerber der Antragstellerin vorerst weiterhin außer Stande
bliebe, Endkundenprodukte auf der Grundlage des IP- Bitstroms am Markt zu platzieren.
Denn die Antragstellerin hat es bisher - soweit ersichtlich - unterlassen, IP-Bitstrom-
Zugang zu gewähren, und es ist nicht erkennbar, dass sie derzeit einen solchen Zugang
ohne die angegriffene Zugangsverpflichtung ermöglichen würde. Dabei gewinnt der von
der Antragsgegnerseite vorgetragene und plausibel erscheinende Umstand erhebliche
Bedeutung, dass die Anteile, die derzeit und in naher Zukunft auf dem Markt für
breitbandbasierte Endkundenprodukte gewonnen werden können, für die zukünftigen
Verhältnisse auf diesem Markt von besonderer Bedeutung sind. Wenn es darüberhinaus
zutreffen sollte - wofür nach dem derzeitigen Erkenntnisstand der Kammer vieles spricht
-, dass die Wettbewerber der Antragstellerin mittels des IP-Bitstrom- Zugangs in die
Lage versetzt werden, über den bisher allein möglichen Preiswettbewerb hinaus durch
differenzierte Produktgestaltung am Qualitätswettbewerb teilzunehmen, so liefe eine
Aussetzung der Vollziehung der angegriffenen Regelungen bis zur Entscheidung in der
Hauptsache voraussichtlich in nicht unerheblichem Ausmaß dem gesetzlichen Auftrag
entgegen, den Wettbewerb bzw. nachhaltig wettbewerbsorientierte Märkte in der
Telekommunikation zu fördern (§§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG).
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Würde demgegenüber der Aussetzungsantrag abgelehnt und wäre die Klage in der
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Hauptsache später ganz oder teilweise erfolgreich, so wären die belastenden Folgen,
die sich aus einer sofortigen Beachtung der der Antragstellerin auferlegten
Verpflichtungen ergeben, für sie nicht von solchem Gewicht, dass sie das durch § 137
Abs. 1 TKG gesetzlich angeordnete Vollziehungsinteresse überwiegen würden. Die
Antragstellerin macht insoweit geltend, dass für sie bei sofortiger Erfüllung der
Verpflichtung zur Erbringung der auferlegten Zugangsleistungen kurzfristig erheblicher
personeller Aufwand sowie Kosten "in zweistelliger Millionenhöhe" entstünden.
Ungeachtet dessen, dass der von der Antragstellerin prognostizierte personelle und
finanzielle Aufwand nicht annähernd substantiiert bzw. quantifiziert worden ist, wird sie -
worauf die Antragsgegnerseite mit Recht hinweist - diese Kosten bei der Bemessung
der Entgelte, die ihr für die Gewährung des IP- Bitstrom-Zugangs zu gewähren sein
werden, berücksichtigen und damit ihre Aufwendungen jedenfalls weitgehend
ausgleichen können. Dass unter solchen Umständen die von den Wettbewerbern zu
entrichtenden Entgelte die auf der Basis von IP-Bitstrom-Zugang angebotenen neuen
Produkte im Vergleich zu den bereits am Markt angebotenen Produkten in einer Weise
verteuern, dass die neuen Produkte keine Marktakzeptanz finden, erscheint auch unter
Berücksichtigung des von der Antragstellerin herausgestellten Umstandes, dass schon
derzeit von ihren Wettbewerbern Endkundenprodukte auf der Grundlage von
(beispielsweise) "Resale- DSL" in Kombination mit "T-DSL-ZISP" angeboten werden,
nicht ohne weiteres plausibel. Es ist nämlich zum einen nicht absehbar und auch von
der Antragstellerin nicht näher dargelegt, in welcher Größenordnung sich der preisliche
Abstand zwischen den zu erwartenden neuen, auf IP-Bitstrom-Zugang gestützten
Produkten und den zum Vergleich herangezogenen Produkten voraussichtlich bewegen
wird; und zum anderen läßt der von der Antragstellerin angestellte Vergleich außer acht,
dass IP-Bitstrom basierte Endkundenprodukte - wofür vieles spricht -
Qualitätsdifferenzierungen und gegenüber den bisher angebotenen Produkten
Qualitätssteigerungen erlauben, aufgrund derer die von der Antragsgegnerseite
geäußerte Erwartung, dass höhere Endkundenpreise vom Markt akzeptiert werden,
durchaus plausibel erscheint. Soweit die Antragstellerin darüber hinaus allgemein
geltend macht, dass eine sofortige Umsetzung der ihr auferlegten Verpflichtungen
"unumstößliche Fakten" zu ihrem Nachteil schaffe und dies für sie zu einem nicht mehr
rückgängig zu machenden Schaden führe, kann dies zu keiner für die Antragstellerin
günstigen Beurteilung führen. Eine endgültige Eröffnung des IP-Bitstrom- Zuganges für
Wettbewerber der Antragstellerin im Sinne "unumstößlicher Fakten" ist mit der
Ablehnung ihres Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung indessen nicht
verbunden. Denn sie hat nach einem Erfolg ihrer gegen die Anordnung der
Zugangsgewährung in der Hauptsache erhobenen Klage die Möglichkeit, IP- Bitstrom
Zugang zu versagen. Die gleichwohl von der Antragstellerin aufgrund der sofortigen
Vollziehbarkeit des Beschlusses vom 13. September 2006 hinzunehmenden Nachteile
wiegen nicht so schwer, dass ihretwegen der durch § 137 Abs. 1 TKG angeordnete
Ausschluss des Suspensiveffektes aufgehoben werden müsste. Mit der Anordnung der
sofortigen Vollziehbarkeit von Entscheidungen der hier behandelten Art durch den
Gesetzgeber ist den von solchen Entscheidungen betroffenen Adressaten bewusst
auferlegt, gewisse nachteilige Folgen vorerst in Kauf zu nehmen; besondere,
außergewöhnliche Umstände, die eine Ausnahme von der gesetzlich angeordneten
Regel der sofortigen Vollziehbarkeit zulassen könnten, sind hier nicht erkennbar.
Dies gilt auch in Ansehung dessen, dass die Verpflichtung zur Gewährung von IP-
Bitstrom-Zugang der Antragstellerin mit der Maßgabe auferlegt worden ist, dass sie "im
Rahmen eines einheitlichen Produktes dem nachfragenden Unternehmen xDSL-
Anschlüsse überläßt und den darüber geführten Paketstrom über ihr Konzentratornetz
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zu den PoP ihres IP-Kernnetzes transportiert". Denn es nicht erkennbar und auch nicht
substantiiert vorgetragen, dass durch die für die Dauer des Hauptsacheverfahrens
vollziehbare Verpflichtung zur Überlassung eines "einheitlichen Produktes"
einschließlich xDSL-Anschluss bzw. SDSL-Anschluss zusätzliche Nachteile entstehen,
die es geboten erscheinen lassen könnten, die aufschiebende Wirkung der Klage
anzuordnen. Vielmehr liegt die Annahme nahe, dass es sich letztlich für die
Antragstellerin günstig auswirken (und ihren Wettbewerbern zum Nachteil gereichen)
könnte, wenn im Falle des Erfolges der in der Hauptsache erhobenen Klage die
Verpflichtung, IP-Bitstrom-Zugang zu gewähren, entfiele und die Wettbewerber ihre auf
dem IP-Bitstrom-Zugang beruhenden Endkundenangebote nicht weiter aufrecht erhalten
könnten bzw. zurückziehen müssten.
Auch soweit im angegriffenen Beschluss die Entgelte für die auferlegten
Zugangsleistungen einer Genehmigungspflicht unterworfen worden sind, erweisen sich
die Belastungen, die sich hieraus für die Antragstellerin bei einer Ablehnung ihres
Aussetzungsbegehrens und einem Erfolg im Hauptsacheverfahren ergeben, nicht als so
schwer wiegend, dass das gesetzlich angeordnete Vollziehungsinteresse zurücktreten
müsste. Die sofortige Vollziehbarkeit der auferlegten Genehmigungspflicht hat zur
Folge, dass die Antragstellerin Entgelte für die Gewährung von IP-Bitstrom-Zugang erst
nach vorangegangener Genehmigung erheben kann und zuvor für den Erhalt einer
solchen Genehmigung von ihr gemäß § 33 TKG umfangreiche Kostenunterlagen
vorzulegen sind. Die Erstellung von Kostenunterlagen, die den gesetzlichen
Anforderungen genügen, dürfte einen erheblichen Aufwand hervorrufen und dieser
Aufwand wäre nutzlos, wenn im Hauptsacheverfahren die der Antragstellerin auferlegte
Zugangsverpflichtung aufgehoben würde. Falls aber die Zugangsverpflichtung Bestand
haben würde und lediglich die Entgeltgenehmigungspflicht aufgehoben würde, erwiese
sich der mit der Erstellung prüffähiger Kostenunterlagen verbundene Aufwand nicht als
nutzlos. Denn im Rahmen einer in diesem Falle als Alternativmaßnahme in Betracht
kommenden (und von der Antragstellerin offenkundig akzeptierten) nachträglichen
Entgeltregulierung kann es nach Maßgabe der §§ 38 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. 33 TKG
ebenfalls zu einer Kostenprüfung anhand vorzulegender Kostenunterlagen kommen.
Unter diesen Umständen wiegen die der Antragstellerin aufgrund der angeordneten
Entgeltgenehmigungspflicht auferlegten Belastungen nicht so schwer, dass ihrem
Aussetzungsinteresse der Vorrang gegenüber dem Interesse an einer sofortigen
Vollziehung der angegriffenen Regelung gebühren müsste.
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Entsprechendes gilt, soweit der Antragstellerin durch den angegriffenen Beschluss vom
13. September 2006 (Ziff. II.) auferlegt worden ist, innerhalb von drei Monaten nach
Bekanntgabe des Beschlusses ein Standardangebot für die Zugangsleistungen zu
veröffentlichen, zu deren Angebot sie durch die streitgegenständliche
Regulierungsverfügung verpflichtet worden ist, zumal sie nach der Mitteilung Nr. 1/2007
der BNetzA (Abl. 1/2007, S. 6) ein solches Angebot zwischenzeitlich innerhalb der
gesetzten Frist veröffentlicht hat.
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Soweit die Antragstellerin unter Ziff. 2 Buchst. a) bis c) des in der Antragsschrift vom 09.
Oktober 2006 gestellten Antrages "hilfsweise" begehrt, die aufschiebende Wirkung
bezüglich einzelner Regelungsbestandteile des Beschlusses der BNetzA vom 13.
September 2006 anzuordnen, kann es auf sich beruhen, ob die gegen diesen Antrag
von der Antragsgegnerseite erhobenen Zulässigkeitsbedenken durchgreifen. Denn
dieser Antrag ist jedenfalls aus den vorstehend zum Hauptantrag gemachten
Ausführungen unbegründet. Danach kann auch in Ansehung der einzelnen
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Regelungsbestandteile des Beschlusses der BNetzA vom 13. September 2006 ein das
Vollziehungsinteresse überwiegendes Aussetzungsinteresse der Antragstellerin nicht
anerkannt werden.
Die hilfsweise verfolgten Begehren, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen
Anordnung zu verpflichten, die Entgelte für die der Antragstellerin gemäß Ziff. I. 1.1 des
Tenors des Beschlusses der BNetzA vom 13. September 2006 auferlegten
Zugangsleistungen vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache einer
nachträglichen Regulierung zu unterwerfen (Antrag zu 3. der Antragsschrift vom 09.
Oktober 2006) bzw. die Entscheidung über die Regulierung der Entgelte für die in Ziff. I.
1.1 des Beschlusstenors auferlegten Zugangsleistungen unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts vorläufig neu zu bescheiden (Antrag zu 4. der
Antragsschrift vom 09. Oktober 2006), haben ebenfalls keinen Erfolg. Es kann dahin
stehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass die von der An- tragstellerin insoweit
erstrebte Unterwerfung ihrer Zugangsentgelte unter die ex-post Regulierung auf eine
eigene Belastung abzielt, die zulässigerweise nicht begehrt werden kann. Denn die
Antragstellerin hat jedenfalls das Bestehen eines Anordnungsanspruches auf
nachträgliche Entgeltregulierung bzw. auf erneute Entscheidung über die Regulierung
der in Rede stehenden Entgelte nicht glaubhaft gemacht. Voraussetzung hierfür wäre,
dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des den Gegenstand der
begehrten einstweiligen Anordnung bildenden Anspruches gegeben ist. Hiervon kann
indessen nach dem oben Ausgeführten nicht die Rede sein. Denn es ist derzeit nicht
hinreichend sicher erkennbar, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30
Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 TKG, unter denen eine nachträgliche Regulierung nach § 38
Abs. 2 bis 4 TKG erfolgen soll, vorliegen. Dies ergibt sich sowohl daraus, dass die
Auslegung von § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG nicht hinreichend geklärt ist, als auch aus dem
Umstand, dass zwischen den Beteiligten die Frage der beträchtlichen Marktmacht der
Antragstellerin auf dem korrespondierenden Endkundenmarkt umstritten und nicht
überwiegend wahrscheinlich ist, dass sie im Sinne der Antragstellerin zu beantworten
ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG.
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