Urteil des VG Köln vom 11.10.2007

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Verwaltungsgericht Köln, 20 K 3988/06
Datum:
11.10.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
20. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 K 3988/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten wegen
der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110
% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Am 14.09.2005 parkte der Kläger sein Fahrzeug, Ford, mit dem amtlichen Kenn-
zeichen K - 00 00 in Köln-Merheim an der Kreuzung Rüdigerstraße/Ecke Grüls-
hofstraße an einer Bordsteinabsenkung. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der
Beklagten gefertigten Lichtbilder (Blatt 16 - 20 des Verwaltungsvorgangs) Bezug ge-
nommen. Nachdem der von der Außendienstmitarbeiterin der Beklagten bestellte
Abschleppwagen das Fahrzeug des Klägers aufgeladen hatte, erschien dieser vor Ort
und übernahm sein Fahrzeug. Die Sicherstellungsanordnung trägt den Hinweis, dass
eine Telefonnummer im Auto auslag, aber niemand erreicht wurde.
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Der Abschleppdienst T. stellte dem Beklagten für die Leistung Abschlep- pen, Auf- und
Abladen einen Betrag von 92 EUR in Rechnung.
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Mit Leistungs- und Gebührenbescheid vom 19.10.2005 nahm der Beklagte den Kläger
auf Zahlung der Abschleppkosten (92,00 EUR) sowie einer Verwaltungsge- bühr in
Höhe von 52,00 EUR, d.h. in Höhe von insgesamt 144,00 EUR in Anspruch. In dem
Bescheid wurde u.a. ausgeführt, das Fahrzeug habe ein Verkehrshindernis im Sinne der
§§ 12 Abs. 3 und 1 Abs. 2 StVO dargestellt, indem es weniger als 5 Me- ter vor einer
Kreuzung und Einmündung und zudem vor einer Bordsteinabsenkung abgestellt
gewesen sei.
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Der Kläger legte durch seinen Prozessbevollmächtigten unter dem 02.11.2005
Widerspruch gegen den Bescheid ein, mit dem er im Wesentlichen geltend machte, die
Maßnahme sei unverhältnismäßig. Er behauptete unter Verweis auf ein Lichtbild,
welches der betreffenden Verkehrssituation entspreche, es habe keine Behinderung
oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vorgelegen, zumal die Rüdigerstraße für
den Durchgangsverkehr gesperrt sei. Außerdem sei er über einen im Fahrzeug
angebrachten Telefonhinweis erreichbar gewesen.
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Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid der Bezirksregie- rung
Köln vom 01.08.2006 zurückgewiesen. Das Fahrzeug habe nicht nur eine
Sichtbehinderung und ein Hindernis für den abbiegenden fließenden Verkehr darge-
stellt, sondern auch Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn behindert und ge-
fährdet.
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Der Kläger hat am Montag, den 04.09.2006 Klage erhoben, mit welcher er seine
Auffassung zur Unverhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme vertieft. Er meint, es
habe als milderes Mittel ausgereicht, das Fahrzeug zu versetzen. Außerdem vertritt er
die Auffassung die entstandenen Kosten seien überhöht. Schließlich vertieft er seine
Ansicht, wonach problemlos eine Halterfeststellung und telefonische Benach- richtigung
über seine Handy-Nummer möglich gewesen wäre. Seine Wohnung liege in
unmittelbarer Nähe des Abschlepportes.
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Der Kläger beantragt,
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den Leistungs- und Gebührenbescheid des Beklagten vom 19.10.2005 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 01.08.2006 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsverfah- ren und
bestreitet, dass eine Möglichkeit des Versetzens des Fahrzeuges bestanden habe. Ein
Versetzen sei zudem nicht günstiger gewesen, da das Fahrzeug bereits aufgeladen
gewesen sei. Er tritt ferner dem Vorbringen entgegen, wonach die Kosten überhöht
seien. Der Beklagte macht schließlich geltend, über den Versuch der Be- nachrichtigung
über die im Wagen ausliegende Handynummer hinaus seien weitere
Benachrichtigungsversuche nicht erfolgversprechend gewesen, da der Kläger in Rath-
Heumar und damit in einiger Entfernung zum Abstellort amtlich gemeldet sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksre- gierung
Köln Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Der Leistungs- und Gebührenbescheid des Beklagten vom 19.10.2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 01.08.2006 ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Kostenpflicht des Klägers beruht auf § 77 VwVG NRW i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 und
2 Nr. 7 KostO NRW i.V.m. § 24 OBG NRW, § 43 Nr. 1, § 46 Abs. 3 PolG NRW bzw. § 14
OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW. Hiernach hat der
Ordnungspflichtige die durch die Sicherstellung oder Ersatzvornahme entstandenen
Kosten zu erstatten.
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Voraussetzung für ein Eingreifen nach diesen Vorschriften ist eine Gefahr für die
öffentliche Sicherheit, der mit den Mitteln des Ordnungsrechts begegnet werden kann.
Zur öffentlichen Sicherheit im Sinne des Ordnungsrechts gehört die Un- verletzlichkeit
der geschriebenen Rechtsordnung. Hier liegt die Gefahr für die öffentliche Sicherheit im
Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO (Parken vor und hinter Kreuzungen und
Einmündungen bis zu je 5 m von den Schnittpunkten der Fahrzeugkanten) und im
Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO (Parken vor Bordsteinabsenkungen).
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Die vom Beklagten zum maßgeblichen Vorfall angefertigten Lichtbilder (Bl. 16 - 19 der
Beiakte 2) belegen eindrücklich eine Gefährdungssituation durch diesen
Verkehrsverstoß, indem das Heck des Fahrzeuges des Klägers in den
Kreuzungsbereich hineinragt. Auf den Lichtbildern ist zu erkennen, dass Schulkinder
beim Überqueren der Straße bzw. während eines Einbiegevorgangs mit dem Fahrrad in
die Rüdigerstraße durch das Fahrzeug des Klägers behindert werden.
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Vor diesem Hintergrund vermag die Argumentation des Klägers zur Sperrung der
Rüdigerstraße für den Durchgangsverkehr eine Verkehrsgefährdung nicht zu
widerlegen.
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Erst recht wird eine Gefährdungssituation nicht durch das vom Kläger vorgelegte
Lichtbild zur angeblichen Parksituation in Frage gestellt, da dieses Bild eine von der
tatsächlichen Lage, wie sie von der Beklagten durch Lichtbilder dokumentiert wurde,
wesentlich abweichende Situation zeigt.
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Der mit der Abschleppmaßnahme angeordnete Sofortvollzug war zur Abwehr einer
gegenwärtigen Gefahr notwendig. Die in der Störung der öffentlichen Sicherheit zu
sehende Gefahr war gegenwärtig, weil die bereits eingetretene Störung noch andauerte.
Als Halter des Fahrzeugs war der Kläger auch Zustandsverantwortlicher nach § 18 OBG
NRW.
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Schließlich war die Anordnung des Abschleppens verhältnismäßig. Zunächst kann
nach den vom Beklagten gefertigten Lichtbildern nicht davon ausgegangen werden,
dass das Fahrzeug des Klägers als milderes Mittel hätte versetzt werden können, da ein
nahe gelegener freier Raum nicht erkennbar war. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die
dem Kläger entstandenen Kosten in diesem Falle geringer gewesen wären, weil nach
dem Rahmenvertrag der Stadt Köln mit dem Abschleppunternehmer nach dem Aufladen
des Fahrzeuges bereits die vollen Abschleppkosten angefallen sind.
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Auch waren weitere Benachrichtigungsbemühungen als milderes Mittel nicht
erforderlich. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass der
Versuch einer telefonischen Benachrichtigung über eine im Wagen ausliegende
Telefon- nummer zur Gefahrenbeseitigung regelmäßig nicht so erfolgversprechend ist,
wie das Abschleppen, weil der Erfolg ungewiss ist und möglicherweise weitere
Verzögerungen eintreten,
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vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002, - 3 B 149/01-, NJW 2002, S. 2122; OVG NRW,
Beschluss vom 25.06.2003 - 5 A 690/02 -.
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Ungeachtet dessen hat hier die Außendienstmitarbeiterin des Beklagten versucht, den
Kläger über die im Wagen ausliegende Handy-Nummer zu erreichen. Entsprechendes
hat sie in der Sicherstellungsanordnung dokumentiert und ihre diesbezügliche Praxis in
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der mündlichen Verhandlung noch einmal erläutert. Über diesen
Benachrichtigungsversuch hinaus hat sie sodann über eine Halteranfrage versucht, den
Kläger ausfindig zu machen. Da der Kläger aber nicht in Köln-Merheim gemeldet war,
war auch dieser Versuch erfolglos.
Vor dem Hintergrund dieser Benachrichtigungsbemühungen, die auf der Grundlage der
obergerichtlichen Rechtsprechung in dieser Form gar nicht erforderlich gewesen wären,
vermag das Gericht einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht
festzustellen.
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Die eingeleitete Abschleppmaßnahme hat auch nicht ansonsten zu Nachteilen geführt,
die zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis standen. Sie belastete den
Kläger insgesamt lediglich mit Kosten für Abschleppmaßnahme in Höhe von 92,00 EUR
(zuzüglich 52,00 EUR an Verwaltungsgebühr). Die Größenordnung dieses Betrages
bleibt eher geringfügig. Diese Belastung steht zu dem angestrebten Zweck der
Maßnahme, den Kreuzungsbereich freizumachen und damit die eingetretene
Funktionsbeeinträchtigung zu beseitigen, in keinem Miss- verhältnis.
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Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Kosten für die Ab-
schleppmaßnahme seien überhöht. Soweit er unter Verweis auf den Tarif der Mauritius
Garage (80,00 EUR netto für das Einschleppen in die Garage) darlegt, die Kosten seien
zu hoch, folgt das Gericht seiner Argumentation nicht. Die Abschleppkosten
entsprechen dem von der Stadt Köln mit der Arbeitsgemeinschaft Colonia, Mauritius und
Schlimbach vereinbarten Tarifen. In dem hier in Ansatz gebrachten Tarif von 92,00 EUR
ist die Mehrwertsteuer enthalten. Der in Rechnung gestellte Betrag betrifft zudem das
hier maßgebliche „teurere" Zeitfenster von 20.00 Uhr bis 8.00 Uhr. Dass die Kosten
überhöht sind, kann im Hinblick darauf, dass der Betrag den vertraglichen
Vereinbarungen entspricht und insoweit vom Beklagten tatsächlich geschuldet wird,
nicht festgestellt werden. Die Kosten sind überdies insbesondere auch unter
Berücksichtigung der in anderen Städten geltenden Pauschalsätze nicht
unangemessen.
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Die von dem Beklagten darüber hinaus erhobene Verwaltungsgebühr ist ebenfalls nicht
zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 7 a Abs. 1 Nr. 7 KostO NRW,
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vgl. OVG NRW, NJW 2001, 2035 ff.
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Dabei liegt die Bemessung der Höhe der Gebühr im nur eingeschränkt gerichtlich
überprüfbaren Ermessen der Behörde. Dass hier die Berechnung der Gebühr durch den
Beklagten ermessensfehlerhaft wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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