Urteil des VG Köln vom 22.01.2002

VG Köln: stadt, satzung, benutzungsgebühr, kostenersatz, rechtsgrundlage, gemeinde, abwasserbeseitigung, entwässerung, gegenleistung, abwasseranlage

Verwaltungsgericht Köln, 14 K 791/99
Datum:
22.01.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 791/99
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin betreibt ein Umweltlabor in Köln. Am 27.7.1998 nahm der Beklagte durch
zwei Mitarbeiter des Amtes für Stadtentwässerung am Ablauf des Labors eine
Abwasserprobe und untersuchte diese durch sein Abwasserinstitut. Die
Untersuchungen ergaben, dass das Abwasser den Anforderungen der
Abwassersatzung entsprach.
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Mit Bescheid vom 4.12.1998 setzte der Beklagte für die Abwasseruntersuchung einen
Betrag von 1.175,00 DM fest, zu deren Zahlung er die Klägerin aufforderte. Der
Bescheid war mit "Gebührenbescheid" überschrieben. Die festgesetzte Summe setzte
sich ausweislich des Bescheides aus verschiedenen Positionen für bestimmte
Untersuchungsschritte zusammen. Darüber hinaus wurden "Personalkosten" für die an
der Probennahme beteiligten Mitarbeiter sowie Fahrtkosten angesetzt. Zur Begründung
verwies der Beklagte auf seine Abwassergebührensatzung.
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Mit Schreiben vom 21.12.1998 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid ein
und führte zur Begründung unter Hinweis auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 14.3.1997 - 22 A 1438/96 - aus: Die Erhebung der
Gebühr sei nicht gerechtfertigt. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass ihr Abwasser
die satzungsmäßigen Grenzwerte einhalte.
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Mit Bescheid vom 11.1.1999 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach seiner
Satzung sei eine Abwasseruntersuchungsgebühr auch dann zu entrichten, wenn das
Abwasser im Ergebnis den Anforderungen der Satzung entspreche. Das angeführte
Urteil des Oberverwaltungsgerichts NW betreffe die Geltendmachung von Kostenersatz,
nicht aber die Erhebung von Benutzungsgebühren. Vorliegend handele es sich um eine
Benutzungsgebühr.
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Am 4. Februar 1999 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
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In Vertiefung ihres bisherigen Vortrages führt sie aus: Eine Gebühr setze voraus, dass
der Gebührenpflichtige eine Gegenleistung in Anspruch nehme. Dies sei vorliegend
nicht der Fall, weil ihr Abwasser den Grenzwerten entsprochen habe. Tatsächlich habe
der Beklagte seine Verpflichtung zur Gefahrenabwehr erfüllt. Für die dabei
entstandenen Kosten dürfe er mangels gesetzlicher Grundlage keinen Ersatz verlangen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Gebührenbescheid des Beklagten vom 4.12.1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 11.1.1999 - Az. 00/000/0, Tgb.-Nr.
00/00/0000 - ersatzlos aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er wiederholt seinen bisherigen Vortrag und weist ergänzend darauf hin, das
unterschiedliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung rechtfertige die Belastung
gewerblicher oder industrieller Einleiter mit den Kosten dieser Untersuchungen.
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Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges ergänzend Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 4.12.1998 ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage des Bescheides sind § 17 Abs. 11 und § 21 der Satzung der Stadt
Köln über die Entwässerung der Grundstücke, die Abwasserbeseitigung und den
Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage vom 14 Juli 1997 - AbwS 1997 - i.V.m. §§
9, 10 der Satzung der Stadt Köln über die Erhebung von Gebühren für die
Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage
sowie für die Entsorgung von Schmutzwassergruben vom 7.12.1997 - AbwGebS 1998 -
(Abl. der Stadt Köln 1997, S. 501). Formelle Bedenken gegen diese Satzungen sind
nicht ersichtlich. Auch materiell halten sie indes einer Überprüfung in dem durch das
vorliegende Verfahren gebotenen Umfang stand.
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Den genannten Satzungsregelungen fehlt es nicht an der wegen der einschneidenden
Rechtsfolgen erforderlichen gesetzlichen Grundlage,
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vgl. zu diesem Erfordernis OVG NW, Urt. v. 14.3.1997 - 22 A 1438/96 -, NWVBl. 1997,
473.
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Die §§ 9 bis 11 AbwGebS finden ihre Rechtsgrundlage nämlich in §§ 4, 6
Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - KAG NW -, denen
zufolge die Gemeinde Benutzungsgebühren erheben darf. Vorliegend handelt es sich
um eine Benutzungsgebühr und nicht - wie die Klägerin meint - um eine
Kostenersatzforderung. Darauf deutet schon die Verwendung der Begriffe
"Abwasseruntersuchungsgebühr", "Gebührenschuld", "Gebührenpflichtig",
"Gebührenschuldner" und "Gebührentarif" im vierten Abschnitt der AbsGebS sowie die
Überschrift "Gebührenbescheid" auf dem angefochtenen Bescheid hin. Vor allem aber
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zeigt die Abwassergebührenkalkulation des Beklagten, dass es sich um eine Gebühr
handelt. Der Beklagte hat nämlich für alle Positionen des vorliegend zur Anwendung
kommenden Gebührentarifs im Voraus den Gebührensatz kalkuliert. Hinsichtlich der
diversen Einzeluntersuchungen hat er sich hierbei an den jeweils anfallenden Kosten
orientiert und einen entsprechenden Gebührensatz erstellt. Auch für den Einsatz der die
Untersuchungen durchführenden Außendienstmitarbeiter sowie die anfallende
Fahrzeugbenutzung hat er die Gebührensätze pro Stunde bzw. pro Kilometer im Voraus
kalkuliert und festgesetzt. Dies unterscheidet die vorliegende Abgabe von einer
Kostenersatzforderung, weil bei dieser der Satz nicht im Voraus kalkuliert wird, sondern
in jedem Einzelfall nach dessen Abwicklung die Kosten konkret berechnet werden.
Handelt es sich somit nicht um die Geltendmachung von Kostenersatz, so finden die
Grundsätze des Urteils des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
vom 14.3.1997 - 22 A 1438/96 -, auf die die Klägerin sich in erster Linie beruft, keine
Anwendung. Das OVG NW hat in dieser Entscheidung nämlich der Gemeinde nicht
grundsätzlich das Recht abgesprochen, entsprechende Forderungen gegen einen
Dritten geltend zu machen. Es hat vielmehr ausschließlich darauf abgestellt, dass es für
die in der seinerzeit streitgegenständlichen Gebührensatzung geregelte
Geltendmachung von Kostenersatz an der erforderlichen Rechtsgrundlage im KAG NW
mangele. Für die Geltendmachung entsprechender Aufwendungen im Wege der Gebühr
lässt sich aus dem Urteil somit nichts ableiten.
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Insoweit sind vielmehr die §§ 4, 6 KAG NW sowie die sonstigen
benutzungsgebührenrechtlichen Vorgaben maßgeblich. Diesen Vorgaben entspricht die
von dem Beklagten festgesetzte Abwasseruntersuchungsgebühr,
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die Zulässigkeit einer solchen Abwasseruntersuchungsgebühr bejahen auch VGH
Kassel, Beschl. v. 23.6.1986 - 5 TH 29/85 -; NVwZ 1986, 949 f., und OVG Koblenz, Urt.
v. 10.5.1990 - 12 A 82/89 -, NVwZ-RR 1991, 38 ff. (nach dem jeweiligen Landesrecht).
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Grundvoraussetzung jeder Benutzungsgebühr ist gemäß § 4 Abs. 2 KAG NW, dass eine
öffentliche Einrichtung vorliegt und diese durch den Gebührenpflichtigen in Anspruch
genommen wird. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die
Abwasserbeseitigungseinrichtung, deren unselbständiger Teil - wie sogleich zu zeigen
sein wird - auch das Abwasserlabor ist, ist eine öffentliche Einrichtung. Diese wird durch
die Angeschlossenen - wie die Klägerin - auch (willentlich) in Anspruch genommen.
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Die in Rede stehenden Aufwendungen für Abwasseruntersuchungen sind Kosten der
Einrichtung i.S.d. § 6 KAG NW. Das durch den Beklagten im Rahmen des Amtes für
Stadtentwässerung betriebene Abwasserinstitut ist keine isoliert zu betrachtende
Einrichtung, sondern Teil der gesamten Abwasserbeseitigungseinrichtung. Die
Untersuchung des gewerblichen und industriellen Abwassers nach § 17 AbwS ist
nämlich notwendiger Teil des Betriebs der Abwasserbeseitigungsanlage. Für die Stadt
als Betreiberin der Abwasserbeseitigung ist von essentieller Bedeutung, dass die in ihre
Anlage eingeleiteten Abwässer die Einleitungsbedingungen der AbwS, namentlich die
Schadstoffgrenzwerte, einhalten. Andernfalls ist ein störungsfreier Betrieb der
Abwasserbehandlungsanlagen nicht gewährleistet; zudem liefe die Stadt auch Gefahr,
ihrerseits Grenzwerte für die Einleitung der durch sie gesammelten und behandelten
Abwässer in den Vorfluter zu verletzen und eine entsprechend höhere Abwasserabgabe
entrichten zu müssen. Die gewerblichen und industriellen Abwässer, bei denen ein
erhöhtes Risiko von Schadstoffbelastungen besteht, gelegentlichen Untersuchungen zu
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unterziehen, ist daher eine nachvollziehbare Vorsichtsmaßnahme. Sind demnach die
Abwasseruntersuchungen notwendiger Teil der Abwasserbeseitigungseinrichtung, so
sind die Kosten der durch den Beklagten durchgeführten Untersuchungen notwendiger
Teil des gesamten Aufwandes der Abwasserbeseitigungsanlage, also Kosten der
Einrichtung, welche die Gemeinde nach § 6 KAG NW durch Gebühren zu decken
berechtigt ist,
ebenso hinsichtlich der Kosten für die Untersuchung der Abwässer Schulte/Wiesemann,
in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2001, § 6 Rn. 381.
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Keine Bedenken bestehen dagegen, dass die Stadt Köln die Untersuchungskosten
ausschließlich auf die gewerblichen und industriellen Anschlussnehmer verteilt und
nicht auf alle Benutzer der Einrichtung. Bei der Verteilung der Kosten einer Einrichtung
ist stets zu entscheiden, ob verschiedene Leistungen über eine Einheitsgebühr mit
einem Gebührensatz nach einem Maßstab abgerechnet werden oder ob für jede
Teilleistung eine Sondergebühr mit jeweils einem gesonderten Gebührensatz und
einem besonderen Maßstab vorgesehen wird,
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vgl. Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September
2001, § 6 Rn. 353 ff. m.w.N.
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Vorliegend haben die Einleiter gewerblicher oder industrieller Abwässer neben der von
jedem Angeschlossenen verlangten Abwassergebühr die
Abwasseruntersuchungsgebühr zu entrichten, weil sie, indem sie
untersuchungspflichtige Abwässer einleiten, einen zusätzlichen Teil der Einrichtung,
nämlich das Abwasserinstitut, in Anspruch nehmen. Allein ihnen den zusätzlichen
Kostenaufwand über eine (zusätzliche) Sondergebühr aufzuerlegen, ist somit
gerechtfertigt. Der damit insgesamt höheren Gebührenbelastung entspricht eine
aufwendigere Gegenleistung, nämlich die Annahme von Abwässern, bei denen aus
betrieblichen Gründen (s.o.) eine regelmäßige Untersuchung notwendig ist und
durchgeführt wird. Zu einer noch stärkeren Differenzierung nach der Gefährlichkeit der
eingeleiteten Abwässer war der Satzungsgeber vor dem Hintergrund der Vorgaben des
§ 6 Abs. 3 KAG NW nicht verpflichtet. Da sich die Häufigkeit der durchgeführten
Untersuchungen und damit auch die Gebührenbelastung an den Verhältnissen des
einzelnen Betriebes orientiert, liegt ein hinreichender Zusammenhang zwischen
gebührenpflichtiger Leistung und Gebührenbelastung vor.
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Bedenken gegen die die Abwasseruntersuchungsgebühr ausgestaltenden Regelungen
bestehen schließlich auch nicht deshalb, weil die Verwirklichung des
Gebührentatbestandes im Einzelfall - falls es sich nicht um eine durch den
Gebührenpflichtigen beantragte Untersuchung handelt - vom Gebührenpflichtigen nicht
beeinflusst werden kann und insbesondere die Häufigkeit der Untersuchungen nicht
voraussehbar ist. Dies ergibt sich aus der Natur der Sache; eine nur an bestimmten
Terminen stattfindende Untersuchung könnte ihren Zweck nicht erfüllen,
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vgl. auch VGH Kassel, Beschl. v. 23.6.1986 - 5 TH 29/85 -, NVwZ 1986, 949, 950, zu
einer vergleichbaren Regelung.
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Sollte der Beklagte im Einzelfall bei der Anordnung einer Untersuchung entgegen
seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung, dem zufolge er einer nach
Betriebsnotwendigkeit gestaffelten Planung folgt, völlig willkürlich oder gar schikanös
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handeln, so muss der Angeschlossene sich gegen die Durchführung der Untersuchung
wenden. Auf der Gebührenebene ist ein entsprechender Vortrag regelmäßig
unbeachtlich. Vorliegend bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die
Untersuchung bei der Klägerin nicht durch sachliche Notwendigkeiten gerechtfertigt
war. Sonstige Bedenken hinsichtlich des angefochtenen Bescheides oder der ihm
zugrunde liegenden Gebührensatzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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