Urteil des VG Köln vom 28.02.2007
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Verwaltungsgericht Köln, 18 L 257/07
Datum:
28.02.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 L 257/07
Tenor:
1) Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung
verpflichtet, der Antragstellerin unter Aufhebung des Bescheides vom
23.02.2007 eine Betriebsgenehmigung nach § 6 AEG zum Betreiben
einer Eisenbahninfrastruktur auf der Strecke P. - X. bis zur Entscheidung
in der Hauptsache 18 K 1195/05 zu erteilen.
2) Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,
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den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der
Antragstellerin unter Aufhebung des Bescheides vom 23.02.2007 eine
Betriebsgenehmigung nach § 6 AEG zum Betreiben einer Eisenbahninfrastruktur auf der
Strecke P. - X. bis zur Entscheidung in der Hauptsache 18 K 1195/05 zu erteilen,
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ist zulässig und begründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung
eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn
diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung
wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen
Gründen nötig erscheint. Ein nach dieser Vorschrift zulässiger Antrag ist begründet,
wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden
(vgl. § 123 Abs. 3 VwGO, § 920, § 924 ZPO).
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Das ist hier der Fall.
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Mit Blick auf Artikel 19 Abs. 4 GG gilt das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der
Hauptsacheentscheidung dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung kurzfristig
schlechterdings notwendig ist, weil die sonst zu erwartenden Nachteile für die
Antragstellerin unzumutbar wären, wobei ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für
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einen Erfolg auch in der Hauptsache sprechen muss.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 = NJW 1989,
827.
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In diesen Fällen kann das Verwaltungsgericht der Genehmigungsbehörde in Bezug auf
das streitige Rechtsverhältnis auch aufgeben, der Antragstellerin eine Genehmigung für
einen bestimmten Zeitraum zu erteilen.
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Vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, Kommentar, 14. Auflage, § 123 Rdnr. 19;
Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Auflage, § 123 Rdnr. 34; VG Hamburg,
Beschluss vom 07.11.2006 - 15 E 3403/06 -, in JURIS.
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Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch auf Erteilung der begehrten
Genehmigung nach § 6 AEG mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft
gemacht. Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen
summarischen Prüfung ergibt sich, dass die Antragstellerin die materiellen
Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung gemäß § 6 Abs. 2 AEG
erfüllt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Eine zivilrechtliche
Berechtigung, wie sie der Antragsgegner fordert, ist nach Auffassung der Kammer nicht
Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung nach § 6 AEG.
Insoweit hält die Kammer nach erneuter Prüfung an ihrer Rechtsauffassung fest, dass
der Antragsgegner verpflichtet ist, der Antragstellerin eine Betriebsgenehmigung zu
erteilen, wobei ihr lediglich hinsichtlich der zeitlichen Befristung Ermessen zusteht. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf das Urteil der Kammer vom
26.01.2007 - 18 K 1195/05 - verwiesen.
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Spricht nach diesen Gegebenheiten ein sehr hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für ein
Obsiegen der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren, so ist die begehrte vorläufige
Regelung auch schlechterdings notwendig, da die Antragstellerin ansonsten
unzumutbare Nachteile erleiden würde und trotz eines mit großer Wahrscheinlichkeit
bestehenden Anspruchs letztendlich rechtsschutzlos wäre. Denn bis zu einer
rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache 18 K 1195/05 hätte sich der
streitgegenständliche Anspruch durch Zeitablauf erledigt. Insoweit hat die
Antragstellerin auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie hat die
Trassenanfrage und Trassenbestellung der Railion Deutschland AG vom 26.02.2007 für
die Zeit ab 01.03.2007 vorgelegt. Es ist auch gerichtsbekannt, dass ein dringender
Transportbedarf für Holz aufgrund des Orkans Kyrill besteht. Ohne
Betriebsgenehmigung für diese Strecke, von der auch der eingerichtete und ausgeübte
Gewerbebetrieb der Antragstellerin maßgeblich mit abhängt, kann sich die
Antragstellerin nicht beim Transport von Holz bewähren und wäre mit großer
Wahrscheinlichkeit von dieser Strecke verdrängt. Dies hätte den irreparablen Verlust
von Kunden zur Folge.
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Ob die Antragstellerin - wie sie in ihrer Antragsschrift vorträgt - gezwungen wäre, ein
Verfahren nach § 11 AEG durchzuführen und ob sodann die Voraussetzungen des § 23
AEG als erfüllt angesehen würden, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da die
Antragstellerin - wie oben dargelegt - ohne Betriebsgenehmigung faktisch auf Dauer von
dieser Strecke verdrängt wäre.
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Dem Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG und
entspricht im Verfahren um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes der Hälfte des
Auffangstreitwertes von 5.000,00 EUR, mithin 2.500,00 EUR.
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