Urteil des VG Köln vom 13.04.2007
VG Köln: auflage, schutzwürdiges interesse, nicht wiedergutzumachender schaden, angemessene frist, widerruf, nichterfüllung, rechtsschutz, vollstreckungsverfahren, verwaltungsakt, genehmigung
Verwaltungsgericht Köln, 18 K 5412/05
Datum:
13.04.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 K 5412/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Verfahrens.
T a t b e s t a n d
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Mit Bescheid vom 10.2.2003 erteilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Me-
dizinprodukte ( im folgenden BfArM ) der Klägerin gemäß § 105 Abs. 5a AMG einen
Bescheid über die Nachzulassung des Fertigarzneimittels I. . Diesem Be- scheid war
folgende Auflage A.13 beigefügt: „Es ist zu belegen, wie Sie sicherstellen, dass das
Ausgangsmaterial der arzneilich wirksamen Bestandteile mit den lfd. Nr. 2 bis 4 den
Kriterien der Rückstandshöchstmengenverordnung ( RHmV vom 21.10.1999,
Bundesgesetzblatt Teil I S. 2082 ) in der jeweils gültigen Fassung und den Forderungen
der Ph. Eur. an Pestizidrückstände für jede Charge entspricht."
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Diese Auflage war u. a. Gegenstand des Verfahrens 24 K 1561/03, das am 30.1.2007
insgesamt durch Hauptsachenerledigung beendet wurde. Eine Modifizie- rung der
Auflage A.13 erfolgte im gerichtlichen Verfahren nicht. Hinsichtlich der Auf- lage A.13
wurden der Klägerin in dem Einstellungsbeschluss vom 30.1.2007 die Kos- ten des
Verfahrens auferlegt.
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Ungeachtet der Anfechtung dieser Auflage legte die Klägerin der Beklagten eine
Gegensachverständigenerklärung vor, die nach ihrer Auffassung geeignet ist, die
Auflage A.13 zu erfüllen.
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Unter dem 7.4.2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die vorgelegte Erklärung
hinsichtlich der Auflage A.13 werde nicht als ausreichend anerkannt.
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Am 13.9.2005 hat die Klägerin Klage erhoben.
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Sie macht geltend, sie habe ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage bezüglich der
Feststellung, dass die Auflage A.13 durch die Gegensachverständigenerklärung erfüllt
sei. Es sei ihr nicht zuzumuten, sich in Fällen der vorliegenden Art zunächst auf die von
der Beklagten gestellten Anforderungen einzulassen und ggf. das Risiko eines
Widerrufs der Zulassung einzugehen.
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Die Klage sei auch begründet, denn die Beklagte sei nicht berechtigt, von ihr mehr als
die vorgelegte Gegensachverständigenerklärung gemäß § 105 Abs. 5a Satz 5 AMG zu
verlangen.
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Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
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den Bescheid der Beklagten vom 7.4.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
die Auflage zur pharmazeutischen Qualität A. 13 in dem Bescheid vom 10.2.2003
aufgrund der Gegensachver- ständigenerklärung nach § 105 Abs. 5a Satz 5 AMG als
erfüllt zu bes- tätigen, hilfsweise,
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festzustellen, dass die Auflage zur pharmazeutischen Qualität A.13 hinsichtlich des
Arzneimittels I. , Zul. Nr. 0000000.00.00 aufgrund der vorgelegten Erklärungen des
Gegen- sachverständigen als erfüllt anzusehen ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sons- tigen
Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungs- vorgangs
Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Der Rechtsstreit kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil sich die
Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstan- den erklärt
haben ( § 101 Abs. 2 VwGO ).
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Die Klage hat mit beiden gestellten Anträgen keinen Erfolg.
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Soweit die Klägerin mit dem Hauptantrag eine Verpflichtungsklage erhoben hat, ist
diese jedenfalls unbegründet, weil es im Arzneimittelrecht an einer Rechtsgrundlage für
den begehrten Verwaltungsakt fehlt.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 6.12.1978, - 8 C 24/78 - , BVerwGE 57,158.
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Wie auch in anderen Rechtsgebieten - etwa dem Baurecht - stellt sich die Entscheidung
darüber, ob eine Auflage erfüllt ist, nicht als Verwaltungsakt mit unmittelbarer
Rechtswirkung nach außen dar. Vielmehr handelt es sich um eine interne Vorprüfung im
Rahmen der Klärung der Frage, ob die Auflagenerfüllung mit Zwangsmitteln
durchgesetzt werden muss oder ob etwa die Zulassung wegen Nichterfüllung der
Auflage zu widerrufen ist. In Ermangelung spezieller Regelungen im Arzneimittelrecht
finden diese allgemeinen Grundsätze auch hier Anwendung.
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Soweit die Klägerin mit dem Hilfsantrag die Feststellung der Auflagenerfüllung durch
das Gericht begehrt, ist die Klage unzulässig. Der Klägerin fehlt es an einem
Rechtsschutzbedürfnis für diese Klage. Denn sie hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt und
im gegenwärtigen Verfahrensstadium kein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der
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Feststellung, dass die Auflage A. 13 von ihr erfüllt wurde. Deshalb ist es der Klägerin
grundsätzlich zuzumuten, zunächst ggf. ein von der Beklagten einzuleitendes
Vollstreckungsverfahren oder ggf. eine befristete Anordnung des Ruhens der Zulassung
oder einen Widerruf gemäß § 30 AMG abzuwarten und in diesem Zusammenhang um
Rechtsschutz nachzusuchen. Insoweit wäre es zunächst Sache der Beklagten, eine
Auflagenerfüllung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzen oder eine
Maßnahme nach § 30 AMG zu erwägen. Ein rechtlich schutzwürdiges Interesse der
Klägerin daran, bereits im Vorfeld geklärt zu wissen, ob die von der Beklagten gestellten
Anforderungen an die Art und Weise der Auflagenerfüllung rechtmäßig sind, besteht
nicht. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass nicht feststeht, ob die Beklagte
überhaupt Zwangsmaßnahmen zur Vollstreckung der Auflage durchführen oder gar eine
Ruhensanordnung oder einen Widerruf der Zulassung in Erwägung ziehen wird. Da
eine befristete Ruhensanordnung oder ein Widerruf im Falle der Nichterfüllung einer
Auflage nach § 30 Abs. 2 Satz 2 AMG bzw. § 30 Abs. 2 Nr. 2 AMG im Ermessen der
Beklagten stehen und im Falle der von der Beklagten angenommenen Nichterfüllung
der Auflage zunächst auch noch eine angemessene Frist zu deren Erfüllung zu setzen
ist, lässt sich zum einen derzeit noch gar nicht abschätzen, ob die Klägerin überhaupt
belastende Maßnahmen zu befürchten hat; zum anderen hat sie im Fall des Einleitens
von belastenden Maßnahmen hinreichend Zeit und Gelegenheit, sich hierauf
einzurichten und entweder die geforderten Unterlagen nachzuliefern oder ggf. auch
gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Der von der Klägerin in der Sache angestrebte vorbeugende Rechtsschutz ist hier auch
nicht ausnahmsweise deshalb zu gewähren, weil der Klägerin ein Abwarten im
vorliegenden Einzelfall nicht zumutbar wäre. Denn die Voraussetzungen, unter denen
die Rechtsprechung ein derart qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis annimmt,
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vgl. dazu Schoch/ Schmidt-Aßmann, VwGO, Vorbemerkung zu § 40 VwGO Rdnr.101 m.
w. N.,
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liegen hier schon deshalb nicht vor, weil nichts dafür spricht, dass der Klägerin ein nicht
wiedergutzumachender Schaden von erheblichem Gewicht entstehen könnte oder dass
vollendete Tatsachen geschaffen würden, die bei späterer Inanspruchnahme
gerichtlichen Rechtsschutzes nicht mehr beseitigt werden könnten. Wie bereits
dargelegt, hat die Klägerin die Möglichkeit, sich entweder im Vollstreckungsverfahren
oder aber bei einer Ruhensanordnung oder einem Widerruf der Zulassung an das
Gericht zu wenden und in diesem Rahmen die Frage klären zu lassen, ob die Auflage
A.13 von ihr erfüllt worden ist.
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Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu der
Unbedenklichkeitsbescheinigung im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz beruft,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 6.12.1978 - 8 C 24/78 - , BVerwGE 57, 158,161,
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vermag gerade diese Entscheidung die Rechtsauffassung der Klägerin nicht zu stützen.
Denn das Bundesverwaltungsgericht hat dort ausgeführt, dass eine Klärung der
Rechtslage im Verwaltungsweg aus Rechtsstaatsgründen dann ermöglicht werden
müsse, wenn ein Verhalten, das keiner Genehmigung bedarf, unter
Sanktionsdrohungen stehe und wenn eine gesetzwidrige Betätigung nicht mehr
rückgängig zu machende nachteilige Rechtsfolgen von erheblichem Gewicht auslösen
würde.
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So liegt es hier gerade nicht. Denn eine ggf. gesetzwidrige Betätigung der Klägerin, die
darin läge, dass sie die Auflage A.13 nicht ordnungsgemäß erfüllt hätte, könnte unter
keinem Gesichtspunkt nicht mehr rückgängig zu machende Rechtsfolgen von
erheblichem Gewicht für die Klägerin haben, weil einem Widerruf der Zulassung
nochmals eine Aufforderung zur Auflagenerfüllung unter Fristsetzung vorausgehen
müsste. Die Gefahr, die in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall
gesehen wurde, dass ein Unternehmen im Vertrauen auf die Unbedenklichkeit seines
Vorhabens ohne entsprechende Rückmeldung seitens der Verwaltung eine Sanktion
bis hin zur Existenzvernichtung befürchten müsste, besteht hier indes nicht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Kammer hat davon abgesehen, die Berufung entsprechend dem Antrag der Klägerin
zuzulassen, weil die Sache nach der Einschätzung der Kammer keine
rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat. Vielmehr werden hier die in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Zulässigkeit der Inanspruchnahme
vorbeugenden Rechtsschutzes auf einen konkreten Einzelfall angewandt.
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