Urteil des VG Köln vom 11.04.2003

VG Köln: aufschiebende wirkung, dienstleistungsverkehr, veranstaltung, eugh, sozialpolitik, beschränkung, gemeinschaftsrecht, gewerbe, mitgliedstaat, verschulden

Verwaltungsgericht Köln, 1 L 403/03
Datum:
11.04.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 L 403/03
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des
Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
G r ü n d e
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Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 7 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO),
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den Beschluss des Gerichts vom 21. Oktober 2002 (1 L 2417/02) aufzuheben und die
aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung
des Antragsgegners vom 14. Oktober 2002 wiederherzustellen,
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hilfsweise,
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den Beschluss des Gerichts vom 21. Oktober 2002 abzuändern und die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung
des Antragsgegners vom 14. Oktober 2002 insoweit wiederherzustellen, als die
Untersagung sich auch auf die Vermittlung von Einzelwetten bezieht,
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hilfsweise,
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den Beschluss des Gerichts vom 21. Oktober 2002 abzuändern und die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung
des Antragsgegners vom 14. Oktober 2002 insoweit wiederherzustellen, als die
Untersagung sich auch auf die Vermittlung von Sportwetten an einen Wettveranstalter
erstreckt, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig ist und
über die nach dortigem Recht erforderliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten
verfügt,
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hat jedenfalls keinen Erfolg.
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Nach dieser Vorschrift kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung eines
Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen
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Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Zulässigkeit des Abänderungsantrages, ist
dieser jedenfalls unbegründet. Dies gilt zunächst hinsichtlich des Haupt - sowie ersten
Hilfsantrages. Die vom Antragsteller zitierten Darlegungen des Bundesgerichtshofs
(BGH) in seinem Urteil vom 28. November 2002,
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- 4 StR 260/02 -,
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bieten der Kammer keinen Anlass, die vom Antragsteller vermittelten Oddset- Wetten -
auch soweit Einzel-Wetten in Rede stehen - nunmehr, abweichend von der im
Beschluss vom 21. Oktober 2002 (1L 2417/02) getroffenen Wertung, als
Geschicklichkeits- und nicht als Glücksspiel zu qualifizieren. Der Umstand, dass der
BGH im angezogenen Urteil im Einzelfall weitere Sachver- haltsaufklärung für
erforderlich hielt, vermag nicht die Richtigkeit der überzeugenden Ausführungen des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG),
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vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2001 - 6 C 2.01 -, Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 114, 92 = Gewerbe-Archiv (GewArch.) 2001,
334,
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denen das Gericht im Beschluss, dessen Abänderung der Antragsteller begehrt, gefolgt
ist, in Frage zu stellen. Dies folgt schon daraus, dass auch der BGH die tragende
Erwägung des BVerwG, die Gewinnerwartung des Veranstalters einer Oddset-
/Sportwette beruhe gerade auf der Unkalkulierbarkeit der Ergebnisse, ausdrücklich teilt.
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Auch der zweite Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg: Gemeinschaftsrecht bedingt keine dem
Antragsteller günstigere Sichtweise. Zwar unterfällt die Vermittlung von Oddset-Wetten
in das zur Europäischen Gemeinschaft gehörende Ausland der Regelung des Art. 49
EGV über den freien Dienstleistungsverkehr. Die Bestimmungen des EG-Vertrages über
den freien Dienstleistungsverkehr stehen jedoch nationalen Rechtsvorschriften über den
Vorbehalt staatlicher Veranstaltungen von Wetten nicht entgegen, wenn diese - wie
vorliegend der Fall - durch Ziele der „Sozialpolitik", nämlich der Beschränkung der
schädlichen Wirkung solcher Aktivitäten, gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Allein
der Umstand, dass der Staat sich die Veranstaltung von Wetten vorbehält, reicht nicht
aus, die tatsächliche Verfolgung von „sozialpolitischen" Zielen im vorstehenden Sinne
zu verneinen,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2001, a.a.O.; BGH, Urteil vom 14. März 2002 - I ZR
279/99 -, NJW 2002, 2175 f.; OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2002 - 4 B
2124/02 -; Beschluss der Kammer vom 01. Oktober 2002 - 1 L 2333/02 -.
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An dieser Einschätzung hält die Kammer auch in Ansehung der abweichenden Ansicht
des Generalanwalts bei dem EuGH betreffend das italienische Recht fest.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes
und orientiert sich an der Streitwertpraxis für Gewerbeuntersagungen.
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