Urteil des VG Köln vom 16.10.2007

VG Köln: arzneimittel, unter ärztlicher kontrolle, hauptsache, markt, verbraucher, irreführung, verkehr, täuschung, bestandteil, dosierung

Verwaltungsgericht Köln, 7 K 6451/04
Datum:
16.10.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
7.
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 6451/04
Tenor:
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt
erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage
abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110
Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand: Die Klägerin zeigte im Mai 1978 die streitgegenständlichen Arzneimittel mit
der Be- zeichnung „O. 0,01 %" bzw. „O. 0,025 %" in der Darreichungsform Lösung mit
dem einzigen arzneilich wirksamen Bestandteil Oxymetazolinhydrochlorid und dem
Anwendungsgebiet Rhinitis akute, Nasennebenhöhlenentzündungen, Tubenka- tarrh,
Otitis media und zur diagnostischen Schleimhautabschwellung an. Der im Ok- tober
1989 eingereichte Kurzantrag sowie der im August 1993 gestellte Langantrag
entsprachen hinsichtlich des arzneilich wirksamen Bestandteils sowie der Anwen-
dungsgebiete jeweils der 78er Anzeige.
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Nach Herausnahme des Konservierungsstoffes Benzalkoniumchlorid zeigte die
Klägerin am 30.09.1998 die Änderung der Bezeichnungen ihrer Arzneimittel in „O. sanft
0,01 % Dosiertropfer" und „O. sanft 0,025 % Dosierspray" an. Die Beklagte wies die
Klägerin mit Schreiben vom 30.09.1998 auf Bedenken gegen die Verwendung des
Zusatzes „sanft" für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Oxymetazolin hin.
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Die Klägerin gab im Oktober 2000 die Erklärung zum Einreichen der Unterlagen gemäß
dem 10. Änderungsgesetz zum AMG ab und reichte die entsprechenden Un- terlagen
ein.
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Sie zeigte mit Schreiben vom 28.02.2002 die Änderungen der Bezeichnungen in „O.
sanft Dosierspray für Kleinkinder" und „O. sanft Dosiertropfer für Babys" an.
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Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilte mit Be-
scheiden vom 29.07.2004 die Verlängerung der Zulassung für die streitgegenständli-
chen Arzneimittel unter Auflagen. Die Bescheide wurden der Klägerin am 06.08.2004
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zugestellt.
Die Klägerin hat am 04.09.2004 gegen die Auflagen zur pharmazeutischen Quali- tät
Q.1.4, Q.3.1, Q.3.5, Q.4.1, Q.4.4 und Q.4.7 des Arzneimittels „O. sanft Do- sierspray für
Kleinkinder" bzw. Q.1.4, Q.3.1, Q.3.5, Q.4.1 und Q.4.5 des Arzneimittels „O. sanft
Dosiertropfer für Babys" sowie die Versagung des Zusatzes „sanft" in der Bezeichnung
der streitgegenständlichen Arzneimittel - Auflagen F.1.10 bzw. F.1.8 - Klage erhoben.
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Aufgrund der Änderung der Hilfsstoffformulierung für sämtliche O. Produkte hat die
Klägerin die Hauptsache hinsichtlich der Auflagen betreffend die pharmazeu- tische
Qualität - bis auf Q.4.7 - mit Schriftsatz vom 17.11.2006 in der Hauptsache für erledigt
erklärt. Die Beklagte hat sich insoweit mit Schriftsatz vom 20.04.2007 der
Hauptsachenerledigungserklärung angeschlossen. Mit Schriftsatz vom 11.10.2007 hat
die Klägerin das Verfahren betreffend die Auflage Q.4.7 in der Hauptsache für erledigt
erklärt. Dieser Erledigungserklärung hat sich die Beklagte in der mündlichen
Verhandlung angeschlossen.
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Hinsichtlich der noch streitigen Auflagen F.1.10 bzw. F.1.8 betreffend den Na-
menszusatz „sanft" führt die Klägerin zur Begründung ihrer Klage aus, dass dieser
Zusatz entgegen der Auffassung der Beklagten nicht irreführend sei. Der Zusatz „sanft"
werde in der Bezeichnung seit ca. 10 Jahren verwendet, ohne dass es nach Kenntnis
der Klägerin irgendwelche Anzeichen einer Irreführung der angesproche- nen
Verkehrskreise gegeben habe. Mit dem Namenszusatz werde nicht der Eindruck
erweckt, dass die streitgegenständlichen Präparate gänzlich frei von Nebenwirkun- gen
seien. Im Gegensatz zur übrigen Produktpalette der Klägerin enthielten die bei- den
Produkte allerdings keine Konservierungsmittel, was bereits zu einer Reduzie- rung der
mit Konservierungsmitteln assoziierten Nebenwirkungen führe. Der Zusatz „sanft" sei
auch im Hinblick auf den reduzierten Wirkstoffgehalt im Vergleich zu den sonstigen
Präparaten gerechtfertigt. Soweit die Klägerin in der Bezeichnung auf Babys und
Kleinkinder hinweise, basiere dies auf einer gesetzlichen Verpflichtung in §§ 10 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 bzw. 11 Abs. 1 Nr. 1 a AMG. Danach sei ein Hinweis, dass das Arzneimittel
zur Anwendung für Säuglinge, Kinder oder Erwachsene bestimmt sei, entweder als
Bezeichnungsbe- standteil oder durch einen entsprechenden Hinweis, der der
Bezeichnung des Arz- neimittels folgen müsse, anzugeben. Der Hinweis erfolge also
nicht zum Zwecke der Beschwichtigung. Insoweit könne es durch den
Bezeichnungszusatz „sanft" entge- gen der Auffassung der Beklagten auch nicht zu
einer Doppelung des mit der Be- zeichnung angestrebten Beschwichtungseffekts
kommen. Durch den Bezeichnungs- bestandteil „sanft" werde letztendlich auch nicht der
Eindruck einer „allgemeinen Un- bedenklichkeit" bei den angesprochenen
Verkehrskreisen suggeriert.
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Die Klägerin beantragt,
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die Auflagen F.1.10 bzw. F.1.8 betreffend den Bezeichnungszusatz „sanft" in den
Bescheiden des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 05.08.2004
für die Arzneimittel „O. sanft Dosierspray für Kleinkinder", Zulassungs-Nr.
0000000.00.00, und „O. sanft Dosiertropfer für Babys", Zulassungs-Nr. 0000000.00.00,
aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG sei es verboten, Arzneimittel in den Verkehr zu
bringen, die „mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind".
Über die therapeutische Wirksamkeit bzw. Wirkung eines Arzneimittels dürfe keine
Irreführung erfolgen, § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a AMG. Eine „sanfte"
therapeutische Wirksamkeit oder eine „sanfte" Wirkung sei nicht belegt.
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Die Eigenart „sanft" zu wirken, erwecke bei den beteiligten Verbraucherkreisen
zweifelsohne die Vorstellung eines gut verträglichen, eher harmlosen und in der
Anwendung besonders milden Arzneimittels. Diese Eigenarten träfen für das
Arzneimittel wegen seines einzigen arzneilich wirksamen Bestandteils Oxymetazolin in
keiner Weise zu, da dieser Wirkstoff wegen seines besonderen - irreversiblen -
Nebenwirkungspotentials zeitlich nur begrenzt angewendet werden dürfe. Mit dem
Namenszusatz „sanft" sei eine irreführende Verharmlosung verbunden, die auch durch
die Konservierungsmittelfreiheit des Fertigarzneimittels nicht gerechtfertigt sei. Es sei
zwar unstreitig, dass ein Arzneimittel ohne Konservierungsstoffe ein geringeres
Nebenwirkungspotential habe als eines, das solche - zwar nicht arzneilich, aber
dennoch - wirksame Stoffe enthalte. Dies mache aber ein Arzneimittel ohne
Konservierungsstoffe noch nicht zu einem besonders „sanften", milden oder freundlich
wirkenden Arzneimittel, wenn es durch Reduzierung allein auf den arzneilich wirksamen
Stoff verbessert werde. Es sei auch keinesfalls zwingend, als unterscheidendes
Merkmal von Präparaten einer Arzneimittelserie das Adjektiv „sanft" zu gebrauchen, da
der Hinweis „ohne Konservierungsstoffe" dem Unterscheidungsbedürfnis ausreichend
Rechnung trage.
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Es treffe zwar zu, dass in den streitgegenständlichen Arzneimitteln weniger Wirkstoffe
enthalten seien als in den für Erwachsene und Schulkinder bestimmten
Parallelpräparaten der Klägerin. Dies diene jedoch nicht dazu, das Arzneimittel „sanft"
zu machen, sondern es dem Patientenkreis, für den es vorgesehen sei (Babys und
Kleinkinder), anzupassen. Das Arzneimittel sei bezogen auf seinen spezifischen
Patientenkreis hinsichtlich der zu erwartenden Nebenwirkungen nicht weniger intensiv
als die Parallelpräparate für den dortigen Personenkreis (Erwachsene und
Jugendliche). Jede höhere Dosierung der Wirkstoffe wäre also bezogen auf den
Patientenkreis der Babys und Kleinkinder bedenklich. Vor diesem Hintergrund sei die
Bezeichnung „sanft" gerade deswegen irreführend, weil sie in Zusammenhang mit der
Nennung des Patientenkreises erfolge. Hierdurch entstehe eine Doppelung des mit der
Bezeichnung angestrebten „Beschwichtigungseffektes". Ein reduzierter Wirkstoffgehalt
innerhalb desselben Patientenkreises sei nicht gegeben. Die Klägerin habe für die
Zielgruppe Kleinkinder bzw. Babys kein vergleichbares Präparat am Markt. Es gebe nur
die streitgegenständlichen Arzneimittel. Deswegen könnten diese auch nicht gegenüber
anderen vergleichbaren Arzneimitteln der Klägerin „sanfter" sein.
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Die streitgegenständlichen Präparate seien auch nicht seit 10 Jahren beanstandungsfrei
auf dem Markt. Die Beklagte habe die Bezeichnung unmittelbar gegenüber der Klägerin
beanstandet, als sie von der Namensänderung erfahren habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf die Gerichtsakte und die von der Klägerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Beteiligten es hinsichtlich der Auflagen zur
pharmazeutischen Qualität Q.1.4, Q.3.1, Q.3.5, Q.4.1, Q.4.4 und Q.4.7 des Arzneimittels
„O. sanft Dosierspray für Kleinkinder" bzw. Q.1.4, Q.3.1, Q.3.5, Q.4.1 und Q.4.5 des
Arzneimittels „O. sanft Dosiertropfer für Babys" übereinstimmend in der Hauptsache für
erledigt erklärt haben.
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Im Übrigen hat die Klage betreffend die Versagung des Zusatzes „sanft" in der
Bezeichnung der streitgegenständlichen Arzneimittel - Auflagen F.1.10 bzw. F.1.8. -
keinen Erfolg.
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Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Versagung des
Zusatzes „sanft" in der Bezeichnung der Arzneimittel „O. sanft Dosierspray für
Kleinkinder" und „O. sanft Dosiertropfer für Babys" in den Auflagen F.1.10 und F.1.8 ist
zu Recht erfolgt und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
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Die Rechtsgrundlage für die Versagung des Namenszusatzes „sanft" ergibt sich aus § 8
Abs. 1 Nr. 2 AMG. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, Arzneimittel herzustellen oder
in den Verkehr zu bringen, die mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder
Aufmachung versehen sind. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG ist es unter anderem
verboten, Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, die mit einer irreführenden
Bezeichnung versehen sind. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 a AMG liegt eine Irreführung
insbesondere dann vor, wenn den Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder
Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Es kann dahinstehen, ob die
Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 a AMG erfüllt sind, da es sich bei den in § 8
Abs. 1 Satz 2 AMG genannten Irreführungstatbeständen lediglich um Beispiele handelt,
wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt.
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Vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, § 8 AMG Anm. 16; Sander, Arzneimittelrecht, § 8
AMG Anm. 5.
23
Eine irreführende Bezeichnung im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG liegt vor,
wenn die Bezeichnung geeignet ist, bei dem Verbraucher unrichtige Vorstellungen über
die Art, die Qualität, die therapeutische Wirksamkeit oder über sonstige wesentliche
Merkmale des Arzneimittels auszulösen.
24
Vgl. Kloesel/Cyran, a.a.O.; Sander, a.a.O.
25
Der Bezeichnungszusatz „sanft" ist bereits deswegen irreführend, weil er im
Verbraucher mit diesem Eigenschaftswort verbundene fehlerhafte Vorstellungen über
die Wirkungen des Arzneimittels hervorruft. Eine Täuschung über die therapeutische
Wirksamkeit, worunter man den Erfolg des Arzneimittels bei den Anwendungsgebieten
versteht, ist hingegen mit diesem, einen Wirkmechanismus beschreibenden Adjektiv
nicht intendiert. Für den Verbraucher ist mit der Bezeichnung „sanft" die Vorstellung
verbunden, es mit einem in der Anwendung milden und schwach wirkenden Arzneimittel
zu tun zu haben. Dem Eigenschaftswort „sanft" kommt im allgemeinen Sprachgebrauch
die Bedeutung von schwach, mild, angenehm wirkend sowie behutsam zu. Wird mit
diesem Adjektiv ein Arzneimittel bezeichnet, so wird eine bestimmte Wirkungsweise
beschrieben. Eine solche Wirkung kommt dem streitgegenständlichen Arzneimittel aber
wegen der Wirkungen und Nebenwirkungen seines einzigen arzneilich wirksamen
Bestandteils, Oxymetazolin, nicht zu. So können laut der Monographie Oxymetazolin
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(BAnz 26.07.1994) bei besonders empfindlichen Patienten gelegentlich kurzfristig
leichte Nebenwirkungen wie Brennen oder Trockenheit der Nasenschleimhaut
auftreten. Bei längerem oder häufigerem Gebrauch oder höherer Dosierung kann
intranasal der Wirkstoff zu Brennen oder Trockenheit der Schleimhaut sowie einer
reaktiven Kongestion mit Rhinitis medicamentosa führen, die schon nach mehr als 5-7
Tagen auftreten kann. Bei längerem Gebrauch kann es zur Schädigung des
Schleimhautepithels mit Hemmung der Zilienaktivität und auch zu einer irreversiblen
Schleimhautschädigung mit Rhinitis sicca kommen. Wegen der erheblichen
Nebenwirkungen ist die Anwendungsdauer des Wirkstoffs begrenzt und die Anwendung
für Babys nach der Monografie überhaupt nicht und für Kleinkinder ab 2 Jahren nur unter
ärztlicher Kontrolle vorgesehen. Unter Berücksichtigung der in der Monografie für
Oxymetazolin demnach aufgeführten Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und
Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch insbesondere den Gebrauch und die
Anwendungsdauer für Kleinkinder kann die Wirkung des Arzneimittels nicht mit sanft in
der Bedeutung von mild und schwach wirkend beschrieben werden. Die Vorstellungen
der Verbraucher über die Wirkungen des Arzneimittels werden insoweit getäuscht.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich das Arzneimittel mit dieser
Bezeichnung seit über 10 Jahren im Verkehr befindet. Ebenso ist die Tatsache der
fehlenden UAW Meldungen für die Täuschung über den Bezeichnungszusatz „sanft"
irrelevant.
Der Bezeichnungszusatz erklärt sich auch nicht im Hinblick auf den im
streitgegenständlichen Präparat enthaltenen Wirkstoffgehalt. Das Arzneimittel enthält
zwar für Babys und Kleinkinder eine geringere Menge Oxymetazolin als andere auf dem
Markt befindliche Präparate. Dieser geringere Wirkstoffgehalt entspricht aber für
Kleinkinder (mit 0,025 % Lösung) (für Babys ist eine Anwendung erst gar nicht
vorgesehen) der Monografie für Oxymetazolin. Bezogen auf den spezifischen
Anwenderkreis liegt also nicht, wie von der Klägerin behauptet, eine Reduktion des
Wirkstoffgehalts vor, sondern nur eine monografiekonforme Anpassung an die jeweilige
Patientengruppe. Hinsichtlich der zu erwartenden Nebenwirkungen ist das Arzneimittel
auch nicht weniger intensiv als die einen höheren Wirkstoff enthaltenden Präparate für
den Patientenkreis der Erwachsenen und Schulkinder. Zu Recht hat die Beklagte daher
festgestellt, dass mit dem Bezeichnungszusatz „sanft" im Zusammenhang mit der
Nennung des Patientenkreises, welcher in der Bezeichnung gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 AMG aufzunehmen ist, ein besonderer Beschwichtigungseffekt entsteht. Auch
insoweit liegt eine Irreführung vor.
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Der Bezeichnungszusatz „sanft" ist auch nicht als Unterscheidungskriterium zu anderen
Präparaten mit dem gleichen Wirkstoff gerechtfertigt, da es an vergleichbaren
Präparaten für die Zielgruppe der Babys und Kleinkinder in der Produktpalette der
Klägerin und auf dem Markt fehlt.
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Letztendlich kann sich die Klägerin zur Begründung des Namenszusatzes auch nicht
darauf stützen, dass die streitgegenständlichen Präparate seit Herausnahme von
Benzalkoniumchlorid ohne Konservierungsstoffe auf dem Markt sind, denn der Patient
verbindet mit dem Eigenschaftswort „sanft" eine bestimmte Wirkung des Arzneimittels
und nicht lediglich die Vorstellung, dass das Arzneimittel keine Konservierungsstoffe
enthält. Nur wenn durch die Herausnahme des Konservierungsstoffes eine bessere und
verträglichere Wirkung eintreten würde, könnte dies durch einen Bezeichnungszusatz
dem Patienten gegenüber verdeutlicht werden. An der Wirkung und den
Nebenwirkungen des einzigen arzneilich wirksamen Bestandteils Oxymetazolin hat sich
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aber durch die Herausnahme des Konservierungsstoffes nichts geändert.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Bei der
Kostenverteilung des in der Hauptsache erledigten Verfahrens hat das Gericht im
Rahmen des ihm zustehenden Ermessens berücksichtigt, dass die Klägerin durch
Änderung der Hilfsstoffformulierung die Erledigung des Verfahrens herbeigeführt hat.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 709
Satz 1 und 2 ZPO.
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