Urteil des VG Köln vom 13.08.2007

VG Köln: geschäftsführung ohne auftrag, öffentliche sicherheit, eigentum, ablieferung, grundstück, zwangsvollstreckung, vwvg, ersatzvornahme, rechtsgeschäft, neubau

Verwaltungsgericht Köln, 8 K 148/07
Datum:
13.08.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 K 148/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der weitere Prozesskostenhilfeantrag des Klägers wird abgelehnt.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger war als Bauleiter am Abbruch und anschließenden Neubau eines Wohn-
und Geschäftshauses in Rheinbach beteiligt. Nach der Ausschachtung der Baugrube
verfüllte der Beklagte diese im Wege des Sofortvollzuges nach § 55 Abs. 2 Verwal-
tungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW) mit Baukies, da eine akute
Einsturzgefahr für die Nachbargebäude bestand. Die Kosten der Ersatzvornahme setzte
der Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2004 fest und forderte den Kläger zur Zahlung von
insgesamt 18.095,60 EUR auf. Der Bescheid ist rechtskräftig, nachdem das
Verwaltungsgericht Köln die hiergegen gerichtete Klage durch Urteil vom 09.11.2005 im
Verfahren 8 K 1370/05 abgewiesen hatte.
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In der Folgezeit leitete der Beklagte die Vollstreckung aus dem Leistungsbescheid ein.
Gegen die beabsichtigte Vollstreckung erhob der Kläger mit Schreiben vom 15.03.2006
Einwendungen. Nach Absprache mit dem Beklagten und Wiederaufnahme der
Bauarbeiten ließ der Kläger den Kies auf ein städtisches Grundstück verbringen. Von
dort wurde der Kies gestohlen. Der Kläger vertrat daraufhin die Auffassung, dass er
nach Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 560,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer
(649,60 EUR) nicht mehr in Anspruch genommen werden könne, da der Beklagte ihm
kein Eigentum am Kies mehr verschaffen könne. Der Beklagte ermittelte einen
Materialwert des Kieses von netto 4.494,59 EUR und bot dem Kläger an, bei einer
Zahlung der Restschuld diese um diesen Betrag zu vermindern. Der Kläger zeigte sich
mit diesem Vorschlag nicht einverstanden und suchte mit Antrag vom 11.01.2007 vor
dem Verwaltungsgericht Köln um einstweiligen Rechtsschutz gegen die drohenden
Zwangsvollstreckung nach. Das Gericht wies den Antrag durch Beschluss vom
24.01.2007 - 8 L 60/07 - ab, die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos
(Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.03.2007
- 7 B 209/07).
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Mit dem Eilantrag hat der Kläger am 13.01.2007 Klage erhoben. Er wiederholt und
vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren, wonach der Forderung des
Beklagten der „dolus-agit" Einwand entgegen stehe.
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Der Kläger beantragt,
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die Zwangsvollstreckung aus dem Leistungsbescheid des Beklagten vom 23.11.2004
über 18.095,60 EUR für unzulässig zu erklären, soweit er nicht bereits durch Zahlung
von 649,60 EUR erfüllt worden ist, hilfsweise den Leistungsbescheid des Beklagten
vom 23.11.2004 in Höhe von 12.591,41 EUR aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er auf die Beitreibung seiner
Forderung in Höhe des Materialwertes des Kieses in Höhe von 4.494,59 EUR (netto)
verzichtet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der zu diesem Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge des
Beklagten Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag nicht begründet. Der Beklagte betreibt zu
Recht aus dem Leistungsbescheid die Vollstreckung gegen den Kläger in der streitigen
Höhe von 12.951,41 EUR.
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Der Beklagte vollstreckt aus einem rechtskräftigen Leistungsbescheid. Folglich ist der
Kläger mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides ausgeschlossen.
Er kann nach § 7 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW) nur
Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch, die erst nach Erlass des zu
vollstreckenden Bescheides entstanden sind, geltend machen. Solche Einwendungen
liegen im Vorbringen, seinerseits gegen den Beklagte einen Schadensersatzanspruch
wegen des Verlustes des Kieses zu haben. Einen solchen Anspruch müsste der
Beklagte grundsätzlich berücksichtigen. Ein solcher Anspruch ist aber nicht gegeben.
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Ein unstreitiger oder rechtskräftiger Titel des Klägers gegen den Beklagten aufgrund
einer Amtspflichtverletzung liegt nicht vor. Allein die Behauptung des Klägers, einen
solchen Anspruch gegen den Beklagten zu haben, kann der Vollstreckung nicht
entgegengehalten werden.
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Der vom Kläger behauptete Anspruch aus dem „dolus-agit" Einwand besteht nicht. Der
Kläger geht rechtsirrig davon aus, dass der Beklagte nach der Zahlung des
Erstattungsbetrages verpflichtet wäre, ihm Eigentumsbesitz an dem Füllmaterial zu
verschaffen. Eine Anspruchsgrundlage für die Verschaffung von Eigentumsbesitz ist
nicht erkennbar. Der Beklagte, der als Auftraggeber Eigentümer des Füllmaterials
geworden ist, hat zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit die
Ersatzvornahme durchgeführt. Für die ihm entstandenen Auslagen ist der Kläger nach §
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11 KostO NRW in Anspruch genommen worden. Eine Verpflichtung, nach Erstattung der
Auslagen Eigentum zu verschaffen, sieht die Vorschrift nicht vor. Es obliegt vielmehr der
Entscheidung des Beklagten, das verwandte Füllmaterial zurückzunehmen oder dem
Kostenschuldner zu übereignen.
Bei dieser Entscheidung muss der Beklagte sicherlich die Interessen des Kosten-
schuldners berücksichtigen, insbesondere muss er bemüht sein, den Schaden für den
Kostenschuldner möglichst gering zu halten. Nachdem der Kläger vorgetragen hatte,
einen Kaufinteressenten zur Hand zu haben, wäre es möglicherweise sachgerecht
gewesen, ihm den Kies zur Übereignung anzubieten. Ein solches Rechtsgeschäft
konnte aber von der Beklagten ausgeschlagen werden, solange der Kläger die
Forderung des Beklagten noch nicht erfüllt hatte. Spätestens mit der Ablieferung des
Kieses durch den Kläger konnte der Beklagte über das Eigentum des Füllmaterials
wieder frei verfügen. Denn Rechte des Klägers beschwerten das Eigentum des
Beklagten nicht. Es hätte im übrigen auch im Interesse des Klägers gelegen, wenn der
Beklagte den Kies während der Lagerzeit auf dem städtischen Grundstück zu einem
guten Preis hätte verkaufen können. Jedenfalls nach dem Verlust des Kieses kommt
eine Verpflichtung des Beklagten, das Eigentum am Füllmaterial nach Zahlung der
Forderung durch den Kläger an diesen zu übertragen, nicht mehr in Betracht.
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Die Auffassung des Klägers, ein Übereignungsanspruch folge aus der Geschäftsführung
ohne Auftrag nach §§ 677 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) überzeugt nicht, nachdem
der Kläger dem Beklagten den Kies zur Verfügung gestellt hat. Es kann nicht von dem
Beklagten verlangt werden, den Kies auf eigene Kosten lagern zu müssen, um im Falle
einer Zahlung der Forderung durch den Kläger diesem Eigentum am Kies verschaffen
zu können. Vielmehr muss es nach Rückgabe des Kieses durch den Kläger in der
Verfügungsgewalt des Beklagten liegen, den Kies zu verwahren oder zu verwerten.
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Mit der Ablieferung des Füllmaterials durch den Kläger musste der Beklagte sich
allerdings den materiellen Vorteil, den er hierdurch erlangt hatte, anrechnen lassen.
Dieser Vorteil besteht im Materialwert für die ca. 570 Tonnen Füllmaterial. Insoweit hat
der Beklagte einen Anspruch in einer Höhe von 4.494,59 EUR anerkannt; es bedarf
mithin in dieser Höhe auch keines gerichtlichen Vollstreckungsschutzes für den Kläger,
weil eine Vollstreckung über diesen Betrag nicht droht. Es bestehen nach dem
Beteiligtenvorbringen schließlich keine Anhaltspunkt dafür, das dieser Materialwert zu
niedrig angesetzt wäre. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Material vom Erwerber
auf dessen Kosten abzuholen war und dass es sich um gebrauchtes, möglicherweise
verunreinigtes und vermischtes (Lava und Füllkies) Material handelte.
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Der Hilfsantrag ist nicht zulässig, weil über die Rechtmäßigkeit des
Leistungsbescheides vom 23.11.2004 rechtskräftig durch Urteil des Verwaltungsgerichts
Köln vom 09.11.2005 im Verfahren 8 K 1370/05 entschieden worden ist.
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Da eine Erfolgsaussicht der Klage nicht besteht, ist auch der weitere
Prozesskostenhilfeantrag des Klägers im Schriftsatz vom 25.07.2007 abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
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