Urteil des VG Köln vom 23.11.2004
VG Köln: aufschiebende wirkung, vollziehung, aussetzung, gemeinde, unterlassen, gewerbesteuer, stundung, firma, härte, anfechtungsklage
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Köln, 20 L 1717/04
23.11.2004
Verwaltungsgericht Köln
20. Kammer
Beschluss
20 L 1717/04
1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des
Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 14.774,71 EUR festgesetzt.
G r ü n d e
Der Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage (20 K 2910/04) gegen die Haftungs- bescheide des
Antragsgegners vom 23.10.2003 und 04.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19.03.2004 anzuordnen,
ist unbegründet.
Nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen
Abgabenbescheide - hierzu zählen die kommunalen Steuerbescheide - keine auf-
schiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die
aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Voraus- setzung
hierfür ist nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO, der auf das gerichtliche Verfahren bei
öffentlichen Abgaben entsprechend anwendbar ist, dass ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den
Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Inte- ressen
gebotene Härte zur Folge hätte.
Für das Vorliegen der letztgenannten Voraussetzung ist seitens der Antragstelle- rin ein
hinreichend substantiierter Vortrag nicht erfolgt.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes sind nach
der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen (OVG
NRW) allenfalls dann anzunehmen, wenn bei summarischer Prü- fung der Sach- und
Rechtslage in einem Hauptsacheverfahren ein Obsiegen des Antragstellers überwiegend
wahrscheinlich ist. In summarischen Verfahren können dabei vordringlich nur die
Einwände berücksichtigt werden, die der Rechtsschutzsu- chende selbst gegen die
Rechtmäßigkeit der Veranlagung vorbringt, es sei denn, es drängten sich andere,
offensichtliche Fehler bei summarischer Prüfung auf,
vgl. OVG NRW, NVwZ 1989, 588 und NWVBl. 1994, 337.
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Angesichts dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Haftungsbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
19.03.2004.
Die Antragstellerin haftet gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 128 HGB
kraft Gesetzes als ehemalige Komplementärin persönlich für die ausste- henden
Gewerbesteuerschulden aus 1994-1997 und 1999 der aufgelösten und erlo- schenen
Firma J. KG. Ermessensfehler bei ihrer Inanspruchnahme im Haftungswege sind insoweit
nicht ersichtlich, auch nicht im Hinblick auf die geforderten Säumniszuschläge.
Soweit sie vor allem geltend macht, die gegen die Primärschuldnerin ergangenen
Messbescheide des Finanzamtes Köln-Mitte (und damit auch die gegen sie ergan- genen
Folgebescheide des Antragsgegners) seien fehlerhaft und auf Grund bislang nicht
berücksichtigter vortragsfähiger Gewerbeverluste zu ändern, vermag dies dem
Aussetzungsbegehren nicht zum Erfolg zu erhelfen. Dabei spielt es keine Rolle, dass die
der Steuerforderung zu Grunde liegenden Messbescheide des Finanzamtes Köln-Mitte für
1996 und 1997 noch nicht bestands- kräftig sind, weil hiergegen nach dem Ergehen
ablehnender Einspruchsentscheidun- gen mittlerweile Klage vor dem Finanzgericht Köln
erhoben wurde. Denn - worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat - ein
Gewerbesteuer- oder Haftungs- bescheid kann nicht mit Einwendungen angegriffen
werden, die lediglich die der Ge- werbesteuerveranlagung vorausgehenden
Messbescheide betreffen. Die steuerer- hebende Gemeinde ist an die Vorgaben der
Messbescheide gebunden (vgl. §§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 AO), auch wenn diese
angefochten werden. Eine eigene Beurtei- lung über die Richtigkeit der Messbescheide
und damit der Besteuerungsgrundlagen steht ihr nicht zu. Wenn und soweit die
Grundlagenbescheide des Finanzamtes ge- ändert werden, ist der Beklagte verpflichtet,
seine Folgebescheide (vgl. § 175 AO) - und damit auch den Haftungsbescheid, da die
Haftung akzessorisch ist - entspre- chend anzupassen.
Im Übrigen ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, dass das Finanzamt die
Vollziehung der Messbescheide ausgesetzt hat und deshalb auch die Folgebe- scheide
auszusetzen wären, vgl. insoweit § 361 Abs. 3 AO. Vielmehr hat der An- tragsgegner
unwidersprochen vorgetragen, dass das Finanzamt Köln-Mitte den An- trag auf Aussetzung
der Vollziehung der Messbescheide 1996/1997 mittlerweile ab- gelehnt hat.
Nach den sich bietenden Umständen und dem Inhalt des Verwaltungsvorgangs ist des
weiteren auch nicht erkennbar, inwiefern der Antragsgegner es vor Erlass der
Haftungsbescheide ermessensfehlerhaft unterlassen haben sollte, von Amts wegen eine
zinslose Stundung oder einen Erlass der Gewerbesteuerschulden der Primärschuldnerin,
insbesondere der verwirkten Säumniszuschläge, aus sachlichen Billigkeitsgründen
vorzunehmen. Was die Höhe der vom Antragsgegner lt. Widerspruchsbescheid
berechneten Säumniszuschläge anbetrifft, sind von der Antragstellerin konkrete
Einwendungen nicht erhoben worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG a.F.;
entsprechend der Rechtsprechung des OVG NRW legt das Gericht dafür ¼ des im
Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrages zugrunde.