Urteil des VG Köln vom 01.09.2006
VG Köln: passagier, gebühr, ausschreibung, durchsuchung, flughafen, hauptsache, kontrolle, fluggast, betriebskosten, videoüberwachung
Verwaltungsgericht Köln, 25 K 6296/01
Datum:
01.09.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
25. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 K 6296/01
Tenor:
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt
erklärt haben, wird es eingestellt.
Der Bescheid des Bundesgrenzschutzamtes Köln vom 15. Januar 2001
und der Widerspruchsbescheid des Grenzschutzpräsidiums West vom
12. Juli 2001 werden aufgehoben, soweit sie den Betrag von
1.073.279,55 DM (548.759,25 Euro) übersteigen. Im Übrigen wird die
Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu vier Fünfteln, die
Beklagte zu einem Fünftel.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der auf dem Flughafen Düsseldorf
erhobenen Luftsicherheitsgebühr. Angefochten ist im vorliegenden Verfahren der
Gebührenbescheid für einen Monat aus dem Erhebungszeitraum 01.11.2000 bis
31.10.2001.
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Mit der 5. Verordnung zur Änderung der Luftkostenverordnung vom 12.10.2000
(LuftkostV) (BGBl. I S. 1470) änderte der Verordnungsgeber die Tarifstelle Nr. 23 im
Abschnitt VII des Gebührenverzeichnisses dahingehend, dass der Absatz
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"Durchsuchung von Fluggästen und mitgeführten Gegenständen oder deren
Überprüfung in sonstiger Weise (§ 29 c Abs. 2 LuftVG) - je Fluggast 4,00 - 20,00 DM"
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ersetzt wurde durch die Absätze
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"Maßnahmen auf dem Flugplatzgelände zum unmittelbaren Schutz der Fluggäste und
Luftfahrtunternehmen vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs (§ 29 c Abs. 1
und 2 LuftVG):
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- Durchsuchung von Fluggästen und mitgeführten Gegenständen oder deren
Überprüfung in sonstiger Weise einschließlich des bewaffneten Schutzes der
Kontrollstellen,
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- Bestreifung der Sicherheitsbereiche gemäß Rahmenplan Luftsicherheit,
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- bewaffnete Posten bei gefährdeten Luftfahrzeugen
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- je Fluggast 4,00 - 20,00 DM".
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-
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Mit Bescheid vom 15.01.2001 setzte das Bundesgrenzschutzamt Köln gegenüber der
Klägerin für den Monat November 2000 für 200.613 gemeldete Passagiere eine
Luftsicherheitsgebühr I für die Durchsuchung von Fluggästen und mitgeführten
Gegenständen oder deren Überprüfung in sonstiger Weise in Höhe von 1.303.984,50
DM (6,50 DM je Passagier) und eine Luftsicherheitsgebühr II für Maßnahmen von
Polizeivollzugsbeamten auf dem Flugplatzgelände zum unmittelbaren Schutz der
Fluggäste und Luftfahrtunternehmen vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs in
Höhe von 401.226,00 DM (2,00 DM je Passagier), insgesamt 1.705.210,50 DM
(871.860,29 Euro) fest. Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies
das Grenzschutzpräsidium West mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2001 zurück.
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Die Klägerin hat am 31.07.2001 Klage erhoben.
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Nachdem die Parteien das Klageverfahren betreffend die Luftsicherheitsgebühren II
übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, hat das Gericht mit Beschluss vom
15.11.2004 das Verfahren insoweit abgetrennt und unter dem neuen Aktenzeichen 25 K
8102/04 eingestellt. Grundlage der Erledigungserklärungen war eine einschlägige
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom März 2004. In zwei parallelen
Urteilen vom 18.03.2004 hatte das Bundesverwaltungsgericht (Az.: 3 C 3 C 23.03, 3 C
24.03, NVwZ 2004, 991-995) ausgeführt, dass die Erweiterung des
Gebührentatbestandes in Abschnitt VII Nr. 23 des Gebührenverzeichnisses zur
LuftkostV 2000 (Luftsicherheitsgebühr II) mangels einer gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage in § 32 Abs. 1 Nr. 13 i.V.m. § 29 c Abs. 1 Luftverkehrsgesetz
(LuftVG) nichtig sei. Die Beklagte hatte daraufhin den vorliegend angefochtenen
Gebührenbescheid in Höhe der festgesetzten Gebühr II aufgehoben und die erhobene
Luftsicherheitsgebühr II in Höhe von 205.143,60 EUR an die Klägerin zurückgezahlt.
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Im Hinblick auf die Erhebung und Berechnung der vorliegend im Wesentlichen nur noch
streitigen Luftsicherheitsgebühr I für den Flughafen Düsseldorf trägt die Klägerin -
gemäß § 117 Abs. 3 VwGO gedrängt dargestellt - vor:
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Die Beklagte habe die für eine Gebührenerhebung notwendige Vorauskalkulation der
Kosten nicht vorgelegt und damit eine Prüfung der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit
der Mittelverwendung und deren individueller Zurechenbarkeit auf die in Anspruch
genommenen Luftfahrtgesellschaften unmöglich gemacht. Eine Kalkulation müsse das
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Kostendeckungsprinzip beachten, dürfe also keine Kostenüberdeckung ausweisen. Die
von der Beklagten im Verlaufe des Gerichtsverfahrens vorgelegten Nachberechnungen
könnten eine fehlende bzw. nicht vorgelegte Vorauskalkulation nicht ersetzen; eine
ergebnisorientierte Rechtmäßigkeitskontrolle sei dem Gericht vorliegend nicht gestattet.
Jeder Kalkulationsfehler führe zur Rechtswidrigkeit der gesamten Gebührenfestsetzung.
Die Notwendigkeit der nachberechneten Personalkosten sei nicht dargelegt und
ansonsten nicht erkennbar. Der Bedarf an sog. Mannstunden sei von der Beklagten
beim privaten Sicherheitsunternehmen eingekauft worden nach einer nationalen
Ausschreibung. Die Tätigkeitsbereiche hätten aber nicht nur bundesweit, sondern
europaweit ausgeschrieben werden müssen. Es sei nicht klar, ob einzelne Positionen
innerhalb der nachberechneten Sachkosten des Bundesgrenzschutzes doppelt in
Ansatz gebracht worden seien, etwa Raumkosten, Fahrzeugkosten, Fortbildungskosten,
Mietkosten, Gerätekosten, Videoüberwachungskosten. Es sei unwahrscheinlich, dass
die angemieteten Räume nicht auch für andere als die gebührenrelevanten Tätigkeiten
des Grenzschutzes genutzt worden seien. Die Einstellung eines Bundesanteils für
Technikbeschaffung von 0,50 DM in die Kalkulation sei rechtswidrig; dasselbe gelte für
einen Risiko-/Wagniszuschlag von 5 %.
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Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens seien die Kosten jedenfalls gemäß § 155
Abs. 4 VwGO der Beklagten aufzuerlegen, weil sie keine Vorauskalkulation erstellt,
sondern erst im gerichtlichen Verfahren eine Nachberechnung vorgelegt habe.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Bundesgrenzschutzamtes Köln vom 15.01.2001 und den
Widerspruchsbescheid des Grenzschutzpräsidiums West vom 12.07.2001 in der
verbliebenen Höhe von 550.810,68 Euro (1.077.291,80 DM) aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
22
Die Beklagte trägt vor: Die seit 1990 in einem anfangs vorgegebenen Gebührenrahmen
von 3,50 bis 6,50 DM erhobene Gebühr - Luftsicherheitsgebühr I - sei in mehreren
Rechtsbehelfsverfahren höchstrichterlich für rechtmäßig erachtet worden. Die Gebühr
pro Passagier sei geringfügig, von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und
werde von den Luftfahrtunternehmen mit teilweise beachtlichen Zuschlägen auf den
Fluggast abgewälzt. Die zu erhebende Gebühr solle zwar mindestens die
Sicherheitskosten decken. Der in der einschlägigen Verordnung normierte
Gebührenrahmen von nunmehr 4 bis 20 DM lasse über die dann anzuwendende
Vorschrift des § 9 Verwaltungskostengesetz aber auch die Berücksichtigung der
Bedeutung und des wirtschaftlichen Nutzens der Sicherheitsmaßnahmen für den
Flugbetrieb zu. Eine dennoch vorgenommene und grundsätzlich zulässige
Nachberechnung der Gebührenhöhe für das Kalenderjahr 2001 habe zunächst eine
Kostendeckung bei 6,65 DM pro Passagier ergeben bei Personalkosten von
41.610.864,31 DM, bei Sachkosten von 4.256.314,21 DM und bei 6.902.207
kontrollierten Passagieren.
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Nach einem Auflagenbeschluss des Gerichts hat die Beklagte ihr Vorbringen wie folgt
ergänzt bzw. geändert: Bei Zugrundelegen des vom Kalenderjahr abweichenden
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Gebührenerhebungszeitraums 1.11.2000 bis 31.10.2001 ergebe sich unter Beachtung
des Auflagenbeschlusses des Gerichts vom 12.09.2005 und bei Richtigstellung
zunächst falsch angesetzter Kostenpositionen eine Kostendeckung bei 5,37 DM pro
Passagier. Die durchschnittlichen Personalkostensätze für 2000/2001 ergäben für
295,25 Bedienstete des (ehemaligen) Bundesgrenzschutzes Kosten in Höhe von
25.084.991,00 DM, die ausschließlich im Bereich der durch die Luftsicherheitsgebühr I
abzudeckenden Aufgaben, also nicht etwa im Tätigkeitsfeld bewaffneter Kräfte,
entstanden seien. Ebenfalls in diesem Aufgabenbereich seien die nach vorheriger
innerdeutscher Ausschreibung vertraglich vereinbarten Dienstleistungen eines privaten
Sicherheitsunternehmens erbracht worden, deren Entgelte bislang irrtümlich mit
16.016.269,56 DM an Stelle von zutreffend 8.527.468,90 DM in die Nachberechnung
eingeflossen seien. Die Gerätesachkosten seien entstanden in Höhe der
betriebswirtschaftlich notwendigen Abschreibungen nach Lebensdauererwartung, der
kalkulatorischen Zinsen von 6 % auf die halbierten, also die Abschreibung
berücksichtigenden Beschaffungskosten und der Reparatur- und Wartungskosten. Die
Kosten der Videoüberwachung seien im Bereich der Personenkontrollstellen angefallen
und stellten Mietzahlungen für die Mitbenutzung der Kameratechnik des Flughafens dar;
eine genaue Abgrenzung der Kosten zu anderen Überwachungsbereichen sei nur
schwer möglich. Ein Bundesanteil für Technikbeschaffung sei in die Nachberechnung
gar nicht eingestellt worden; dasselbe gelte für einen Risiko-/Wagniszuschlag. Die
Mietkosten beträfen allein Flächen und Räume zur Durchführung der
gebührenrelevanten Kontrollaufgaben; die relevanten Gebäudeflächen befänden sich
teilweise im Eigentum der Beklagten und würden teilweise gegen Erstattung der
Selbstkosten überlassen. Die Mietkosten betrügen 602.926,84 DM, die
Mietnebenkosten betrügen 298.345,44 DM. Zusammen mit Gerätekosten, Videokosten,
Transportkosten ergäben sich Sachkosten von 4.256.314,21 DM. Bei Gesamtkosten von
37.868.774,11 DM und bei 7.055.375 von den Luftverkehrsunternehmen an das
zuständige Bundesgrenzschutzamt offiziell gemeldeten Kontrollvorgängen sei eine
Gebühr von 5,37 DM pro kontrolliertem Passagier kostendeckend. Insoweit, also von
1.303.984,50 DM auf (5,37 DM mal 200.613 Passagiere =) 1.077.291,80 DM, werde die
vorliegend streitige Gebühr I reduziert.
Die Parteien haben insoweit die Hauptsache für erledigt erklärt.
25
Die Beklagte weist darauf hin, dass sie ohne sachlichen Grund nicht alle angefallenen
und von ihr tabellarisch ausgewiesenen Miet(neben)kosten in ihre Nachberechnung
eingestellt habe, dass die Kosten aber angefallen und deshalb geeignet seien, nicht
ansatzfähige Kosten zu kompensieren. Berücksichtige man diese Kosten, so ergebe
sich sogar ein über den letztlich angesetzten Betrag von 5,37 DM pro Passagier
hinausgehender - geringfügig höherer - Betrag von 5,39 DM pro Passagier.
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Für die gerichtliche Kostenentscheidung sei von den allgemeinen Regelungen der §§
154 ff. VwGO auszugehen. Die Vorschrift des § 155 Abs. 4 VwGO komme nicht zur
Anwendung.
27
Mit Beschluss vom 12.09.2005 hatte das Gericht der Beklagten aufgegeben, bestimmte
Kostenpositionen und Berechnungen in einer von der Beklagten zuvor vorgelegten
Nachberechnung zu erläutern, zu ergänzen, dazu aussagekräftige Unterlagen
vorzulegen und die Nachberechnung für den vom Kalenderjahr abweichenden
Gebührenerhebungszeitraum erneut vorzunehmen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der
Verwaltungsvorgänge und der von der Beklagten vorgelegten Nachberechnungen.
29
Entscheidungsgründe:
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Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war es
in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) einzustellen. Die verbleibende Klage ist überwiegend unbegründet.
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Der angefochtene Gebührenbescheid und der Widerspruchsbescheid sind in der
verbliebenen Höhe überwiegend rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren
Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
32
Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr I sind § 32 Abs. 1
Nr. 13 Luftverkehrsgesetz (LuftVG)
33
- Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen über die Kosten (Gebühren und
Auslagen) für Amtshandlungen nach diesem Gesetz mit der Maßgabe, die
Gebührensätze so zu bemessen, dass der mit den Amtshandlungen verbundene
Personal- und Sachaufwand gedeckt wird und dass bei begünstigenden
Amtshandlungen daneben die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige
Nutzen für den Gebührenschuldner angemessen berücksichtigt werden kann -
34
-
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und §§ 1, 2 Abs. 1 Kostenverordnung der Luftfahrtverwaltung (LuftkostV) in Verbindung
mit Tarifstelle Abschnitt VII Nr. 23 des Gebührenverzeichnisses
36
- Durchsuchung von Fluggästen und mitgeführten Gegenständen oder deren
Überprüfung in sonstiger Weise... - sog. Luftsicherheitsgebühr I - je Fluggast 4 - 20 DM -.
37
-
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Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des
Bundesverfassungsgerichts
39
- BVerwG, Urteil vom 03.03.1994 - 4 C 1/93 - BVerwGE 95, 188 = NVwZ 1994, 1102;
BVerfG, Beschluss vom 11.08.1998 - 1 BvR 1270/94 - NVwZ 1999, 176 -
40
-
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ist die 1990 eingeführte Erhebung von Luftsicherheitsgebühren von den
Fluggesellschaften grundsätzlich zulässig. Die Sicherheitskontrolle ist eine individuell
zurechenbare staatliche Leistung, die der Staat trotz eines allgemeinen öffentlichen
Interesses an Gefahrenprävention nicht kostenlos aus Steuermitteln erbringen muss,
sondern den Luftfahrtunternehmen als Teilnehmern am Luftverkehr in Höhe der
entstandenen Kosten in Rechnung stellen darf. Die Gebühr ist in der hier streitigen
Höhe nicht unverhältnismäßig oder übermäßig, auf den einzelnen Passagier direkt oder
über den Flugreisepreis abwälzbar und aus dessen Sicht eher geringfügig. Da alle
Fluggesellschaften mit Passagieraufkommen in Deutschland betroffen sind, droht keine
Wettbewerbsverzerrung im Sinne europarechtlicher Verbots- oder Gebotsnormen.
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Zuständig für die Gebührenerhebung und Gebührengläubiger ist vorliegend die
Beklagte, nachdem das Land Nordrhein-Westfalen im Verwaltungsabkommen mit der
Beklagten vom August 2000 die ihm nach § 31 Abs. 2 Nr. 19 LuftVG übertragene
Aufgabe des Luftverkehrsschutzes und die damit als Annex verbundene
Kostenerhebungspflicht wirksam auf die Beklagte zurückdelegiert hat. Zu den
gebührenpflichtigen Amtshandlungen gehören als „Durchsuchung von Fluggästen und
mitgeführten Gegenständen" nicht nur die Kontrolle des Handgepäcks, sondern auch
die Prüfung, insb. Durchleuchtung, des von den Passagieren aufgegebenen
Reisegepäcks.
- Ausführlich VG München, Urteil vom 27.06.2002 - M 24 K 01.177 - S. 43 ff des
Abdrucks - .
43
-
44
Die Höhe der Gebühr ist begrenzt durch den Umfang der notwendigen Kosten für jeden
einzelnen Flughafen (sog. Prinzip der Kostendeckung im Sinne des Verbots einer
Kostenüberschreitung und Gewinnerzielung). Der Gebührenrahmen von 4 - 20 DM (vor
1999: 3,50 bis 6,50 DM) erlaubt der Beklagten nicht die Erhebung einer von den
tatsächlichen Kosten losgelösten, äquivalenten Gebühr etwa nach der wirtschaftlichen
Bedeutung des gebotenen Sicherheitsvorteils. Der ansonsten einschlägige § 9 des
auch anwendbaren Verwaltungskostengesetzes greift vorliegend nicht durch, weil § 32
Abs. 1 Nr. 13 LuftVG als Sonderregelung eine § 9 Verwaltungskostengesetz
entsprechende Gebührenbemessung nur bei „begünstigenden Amtshandlungen"
vorsieht. Die vom Staat geleistete Luftsicherheit ist jedoch nur ein tatsächlicher Vorteil
und nicht der im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz notwendige
rechtlich erhebliche Vorteil. Vgl. insgesamt BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 3 C 23.03,
3 C 24.03 - NVwZ 2004, 991.
45
Ob die Beklagte die erforderliche, möglichst genaue Ermittlung des notwendigen
Personal- und Sachaufwandes - wie in der Gebührenerhebungspraxis bei Geltung des
Kostendeckungsprinzip üblich - in Gestalt einer vorausschauenden Schätzung bzw.
Kalkulation vorgenommen hat, ist vorliegend streitig (dem Gericht wurde eine
nachvollziehbare Kostenprognose für den Flughafen Düsseldorf nicht vorgelegt). Das
Fehlen einer Kostenschätzung ist nach Auffassung des Gerichts aber unschädlich,
wenn sich die zutreffende Gebühr anhand einer nachträglichen Berechnung der
tatsächlich angefallenen (also von prognostischen Elementen befreiten) Kosten
berechnen lässt. Die gerichtliche Kontrolle eines Gebührensatzes beschränkt sich auf
die Prüfung, ob dieser im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen
Gebührenvorschriften genügt. Ist in diesen Vorschriften - wie vorliegend - ein
bestimmtes Verfahren zur Ermittlung der Gebührenhöhe nicht vorgesehen, sind auch
andere Berechnungsgrundlagen als Vorauskalkulationen geeignet, die Höhe einer
Gebühr und das Fehlen einer Gewinnerzielung zu dokumentieren. Eine gerichtliche
Kontrollpraxis, die rigoros auf das Vorliegen einer nach rechtlichen und sachlichen
Kriterien mangelfreien Vorauskalkulation abstellt und Nachbesserungen und
Nachberechnungen nicht zulässt, macht eine Gebührenerhebung in Gestalt einer
kommunalen Satzung oder eines Gebührenverzeichnisses bei komplexen
Kostenstrukturen zu einem unkalkulierbaren Wagnis und dient nicht mehr dem Schutz
des Gebührenschuldners; dieser kann allein daran interessiert sein, nicht zu einer
überhöhten Gebühr herangezogen zu werden.
46
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 - 9 CN 1/01 - NJW 2002, 2807; OVG NRW, Urteil
vom 02.06.1995 - 15 A 3123/93 - NVwZ - RR 1996, 697; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil
vom 30.10.1997 - 12 A 11984/96 - KStZ 1998, 71; Hess. VGH, Urteil vom 16.10.1997 - 5
UE 1593/94 - NVwZ-RR 1999, 197; Bayr. VGH, Urteil vom 29.03.1995 - 4 N 93.3641 -
BayVBl 1996, 532; Sächs. OVG, Urteil vom 11.12.2002 - 5 D 40/00 - NVwZ-RR 2003,
887; die genannte Rechtsprechung bezieht sich auf kommunalrechtliche
Gebührenerhebungen durch Selbstverwaltungskörperschaften mit
ortsgesetzgeberischem Ermessen; sie ist erst recht einschlägig bei
Gebührenerhebungen durch die staatliche Exekutive, die keine Ermessensspielräume
zu beachten hat - vgl. VG Leipzig, Urteil vom 23.04.2006 - 6 K 1820/02; VG Frankfurt,
Urteil vom 31.05.2006 - 12 E 2920/01. Die Ausführungen des
Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 18.03.2004 - a.a.O. - zu den Anforderungen
an eine Gebührenkalkulation beziehen sich ersichtlich auf den im Urteil allein zu
würdigenden Fall, dass eine Vorauskalkulation vorgelegt wurde; sie beziehen sich nicht
auf den - vorliegenden - Fall des Fehlens bzw. der Nichtvorlage einer
Vorauskalkulation.
47
Das staatliche Gemeinwesen ist darauf angewiesen, individuell zurechenbare
Amtshandlungen durch Gebühren und nicht durch Steueraufkommen zu finanzieren.
Der abgabenrechtliche Grundsatz der Gebührenpflichtigkeit dieser Amtshandlungen
würde außer Kraft gesetzt, wenn Fehler im Verfahren der Berechnung des
Gebührensatzes, insb. kaum vermeidbare Kalkulationsfehler und -irrtümer in sachlicher
und rechtlicher Hinsicht bei kostenintensiven Organisationsstrukturen, zum Wegfall der
Gebührenpflicht führen würden.
48
So aber VG Sigmaringen, Urteil vom 29.09.2005 - 2 K 2394/04.
49
Eine ausgewogene Balance zwischen Exekutive und Judikative im Bereich der
verwaltungsgerichtlichen Kontrolle muss den berechtigten fiskalischen Interessen des
Staates dadurch Rechnung tragen, dass eine Gebührenerhebung bei Geltung des
Kostendeckungsprinzips auch dann möglich bleibt, wenn eine Vorauskalkulation von
einem Gericht als nicht nachvollziehbar oder fehlerhaft angesehen wird. Es ist dann
Aufgabe des Gebührengläubigers, eine Kalkulation nachzubessern oder eine
Nachberechnung anhand der tatsächlichen Kosten (in diesem Fall ohne Anerkennung
eines Prognose- bzw. Schätzungsspielraums) vorzunehmen und dem Gericht anhand
geeigneter Unterlagen eine Prüfung des Gebührensatzes und eine Feststellung der
zutreffenden Gebührenhöhe zu ermöglichen. Da ein Gebührenbescheid nach der
einschlägigen Vorschrift des § 14 Verwaltungskostengesetz nur die (zahlenmäßige)
Gebührenhöhe, nicht aber den Verfahrensablauf zur Gebührenermittlung darstellen
muss, besteht zwar ein gewisses Kostenrisiko, als klagender Gebührenschuldner in
einem laufenden Gerichtsverfahren von einer ggfls. nachgebesserten Kalkulation oder
einer Kostennachberechnung überrascht zu werden. Hierin besteht jedoch keine
Rechtsverletzung, weil der Gebührenschuldner nur den Anspruch hat, nicht zu einer
überhöhten Gebühr - unabhängig vom Gebührenermittlungsverfahren - herangezogen
zu werden. Zudem kann der klagende Gebührenschuldner das Prozesskostenrisiko
durch verfahrensangepasste Erklärungen - Klagerücknahme oder
Hauptsachenerledigung - eingrenzen.
50
Bei der Luftsicherheitsgebühr ist zu berücksichtigen, dass es sich angesichts der
tatsächlichen Flugkosten pro Passagier, also unter Außerachtlassung der kalkulatorisch
unrealistischen Billigflugkontingente, um eine sog. Bagatellgebühr von untergeordneter
51
wirtschaftlicher Bedeutung handelt. Der Aufwand zur Ermittlung der Kosten darf deshalb
dem gebührenrechtlichen Gebot der Verwaltungsökonomie, Verwaltungsvereinfachung,
Typisierung und Pauschalisierung in besonderer Weise Rechnung tragen;
Kostenstrukturen und Geschehensabläufe müssen nicht minutiös oder cent- bzw.
pfenniggenau unter Beifügung sämtlicher verfügbarer schriftlicher Unterlagen dargelegt
werden. Die vom Gebührengläubiger vorzunehmende Gebührenberechnung und die
vom Gericht durchzuführende Gebührenprüfung darf nicht den Umfang einer
handelsrechtlichen Wirtschaftsprüfung oder steuerrechtlichen Betriebsprüfung
annehmen; sie muss der Ausgangsbehörde mit vertretbarem Aufwand möglich sein und
muss grundsätzlich ohne Hinzuziehung von Sachverständigen von
Widerspruchsbehörden und Gerichten überprüfbar sein.
Vgl. VG München, Urteil vom 27.06.2002, a.a.O., S. 40.
52
Die von der Beklagten vorgelegte (mehrfach geänderte) Nachberechnung für den
maßgeblichen Gebührenerhebungszeitraum 01.11.2000 bis 31.10.2001 wird diesen
Kriterien im Wesentlichen gerecht.
53
Ergebnis der Nachberechnung (in der letzten Fassung) waren Personalkosten in Höhe
von 33.612.459,90 DM, Sachkosten in Höhe von 4.421.695,55 DM, Passagierzahlen
von 7.055.375, Kosten pro Passagier von 5,39 DM.
54
Die Personalkosten sind von der Beklagten für den Gebührenerhebungszeitraum
nachvollziehbar nachberechnet worden. Sie waren nach den für eine gerichtliche
Kontrolle maßgeblichen Kriterien notwendig und erforderlich. Der Beklagten steht bei
der Beurteilung der Angemessenheit des Personaleinsatzes und der Auswahl des
Personals ein weiter Organisations-- bzw. Ermessensspielraum zu, der nur dann
überschritten wird, wenn das Gebot der Wirtschaftlichkeit offensichtlich verletzt wird und
die Kosten erkennbar eine grob unangemessene Höhe erreichen.
55
Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 30.04.1997 - 8 B 105/97 - ZKF 1998,16.
56
Die Kosten für (295,25) Bedienstete des (seinerzeitigen) Bundesgrenzschutzes
(25.084.991 DM) sind im Falle einer Nachberechnung der tatsächlichen Kosten
zutreffend nach Personaldurchschnittskosten anhand der einschlägigen, vom
Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Personalkostentabellen (hier 1999
bis 2001) ermittelt worden. Es ist nicht offensichtlich, dass unangemessen viel BGS-
Personal eingesetzt wurde oder dass das Personal für andere als die vorliegend
gebührenpflichtigen Sicherheitsaufgaben eingesetzt wurde. Die Klägerin hat keine
Tatsachen oder Anhaltspunkte benannt, in welchen nicht gebührenrelevanten
Sicherheitsbereichen Teile des in der Nachberechnung aufgeführten Personals tätig
gewesen sein sollen; Vermutungen dazu reichen nicht aus, um Ermittlungen
vorzunehmen. Das Gericht hat deshalb keine Zweifel an der dezidierten und mehrfach
bestätigten Erklärung der Beklagten, dass das in die Gebührenberechnung eingestellte
Personal nur gebührenrelevante Sicherheitsaufgaben wahrgenommen hat, also
Durchsuchung von Fluggästen, mitgeführten Gegenständen incl. Großgepäck und
Überprüfung in sonstiger Weise und - mangels Bewaffnung - nicht etwa polizeiliche
Aufgaben im Bereich der von der Luftsicherheitsgebühr II erfassten Tätigkeiten.
Dasselbe gilt für das „eingekaufte" Personal des privaten Sicherheitsunternehmens B. .
Unter Berücksichtigung des weiten Organisationsermessens der Beklagten ist nicht zu
beanstanden, dass zunächst, also im Februar 2000, erheblich weniger „Mannstunden"
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(national) ausgeschrieben wurden, als später durch vertragliche Zusatzvereinbarungen
in Anspruch genommen wurden.
Nach den vorliegenden Ausschreibungs- und Vertragsunterlagen wurden vom 01.11.
bis 31.12.2000 umgerechnet 6511 Mannstunden und vom 01.01. bis 31.10.2001
umgerechnet 32555 Mannstunden, also im Gebührenerhebungszeitraum 39066
Mannstunden ausgeschrieben; in Anspruch genommen wurden insgesamt 238064
Mannstunden.
58
Bis zum Vorliegen anderweitiger Erkenntnisse kann diese Personalbedarfsprognose
nicht als willkürlich oder völlig sachfremd angesehen werden. Angesichts des über
einen langen Zeitraum nicht stabil einschätzbaren Aufgabenumfangs im Bereich der
Luftsicherheit und angesichts ständig neu auftretender Gefahrenlagen ist eine
Bedarfsprognose mit Richtigkeitsgewähr nicht möglich. Es ist deshalb nicht sachfremd,
den Personalbedarf zunächst vorsichtig - im Sinne einer Kostenminimierung - zu
schätzen, entsprechend auszuschreiben und sodann nach Gewinnung neuer
Erkenntnisse ohne neue Ausschreibung, also auch unter Verzicht auf denkbare Rabatte
bei einer höheren Erstausschreibung, aufzustocken.
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Es spricht zudem wenig dafür, dass im Bereich von Personalkosten ein höheres
Ausschreibungsvolumen einen adäquaten Gebotsvorteil erbringt; das etwa 3-fach
höhere Ausschreibungsvolumen am Flughafen Köln-Bonn erbrachte einen nominalen
(also andere Gründe außer Acht lassenden) Gebotsvorteil vom 8 %; dieser denkbare
Vorteil von unter 10 % ist aber nicht so gewichtig, dass er den Vorteil einer vorsichtigen
Bedarfsprognose offensichtlich übertrifft.
60
Es kann im Übrigen dahin stehen, ob die vorliegend vorgenommene nationale
Ausschreibung der privaten Dienstleistungen auch europaweit hätte erfolgen müssen.
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Jegliche Ausschreibungspflicht im Bereich hoheitlicher Sicherheitsfürsorge verneinend :
VG Frankfurt, Urteil vom 31.05.2006, a.a.O. Eine unterbliebene oder unvollständig bzw.
fehlerhaft vorgenommene Ausschreibung lässt die Notwendigkeit und damit die
Gebührenpflicht der aufgewendeten Kosten nur dann entfallen, wenn dadurch
augenfällige Mehrkosten entstanden sind, die in erkennbarer Weise eine grob
unangemessene Höhe erreichen.
62
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.09.1999 - 9 A 3342/98; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom
20.09.2001 - 12 A 10063/01 - NVwZ - RR 2002, 690; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom
04.02.1999 - 12 C 13291/96 - NVwZ - RR 1999, 673; anders noch OVG Rheinl.-Pfalz,
Urteil vom 01.12.1994 - 12 A 11692/92 - NVwZ - RR 1996, 230.
63
Hiervon kann bei Personalkosten von ca. 35 EUR pro Mannstunde privater
Dienstleistung incl. aller Nebenkosten nicht ausgegangen werden.
64
Insbesondere ist das Gericht nicht verpflichtet, die nach Ausschreibung vertraglich
vereinbarten Dienstleistungskosten als sog. Fremdleistungen ihrerseits auf
Notwendigkeit und sachgerechte Kalkulation zu überprüfen. Wenn ein privates
Sicherheitsunternehmen seine bei ihm anfallenden Kosten zum Gegenstand
vertraglicher Vereinbarungen mit der Beklagten macht und auf dieser Grundlage einen
insgesamt ausgewogenen Vertrag mit der Beklagten schließt, können einzelne
Vertragsbestandteile nicht mit dem Vortrag fehlender wirtschaftlicher Notwendigkeit oder
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rechtlicher Zulässigkeit herausgerechnet werden. Das vom privaten
Dienstleistungsunternehmen an den Flughafenbetreiber in Höhe von 5 % des Umsatzes
plus Umsatzsteuer gezahlte Konzessionsentgelt (airport levy) mag zwischen den
insoweit beteiligten Parteien rechtmäßig vereinbart oder gezahlt worden sein oder nicht.
Die mit den Kosten belastete Partei kann diese Kostenposition in einen Vertrag mit einer
dritten Partei - hier also der Beklagten - einfließen lassen und im Rahmen eines
Gesamtvertragswerks auch auf den Vertragspartner abwälzen. Der Vertrag wird dadurch
nicht nichtig, sittenwidrig oder anfechtbar und muss erfüllt werden. Die insoweit
einschlägige Vertragsbestimmung
-...ist der Auftragsnehmer berechtigt, diese Konzessionsabgabe netto an die
Auftraggeberin weiterzubelasten... § 3 Abs. 6 des Vertrags -
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ist dahin zu verstehen bzw. auszulegen, dass die Abgabe in der gezahlten Höhe, also
einschließlich der vom Sicherheitsunternehmen an den Flughafenbetreiber gezahlten
Mehrwertsteuer, aber ohne zusätzliche Umsatzsteuer, auf die Beklagte abgewälzt
werden darf. Dies ist vorliegend geschehen und in dieser Höhe zu Recht in die
Nachberechnung eingeflossen.
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Die Sachkosten hat die Beklagte mit ca. 11 % der Gesamtkosten in die
Nachberechnung eingestellt. Diese Kosten sind nicht bereits als Pauschale in den o.g.
Personaldurchschnittskosten enthalten.
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Die im Laufe des Gerichtsverfahrens vorgelegten Listen über den Bestand der
angeschafften Geräte lassen eine Berechnung der im Gebührenerhebungszeitraum
angefallenen betriebswirtschaftlichen Kosten in Gestalt von Abschreibungen für
Abnutzung nach Lebensdauererwartung, kalkulatorischen Zinsen, Reparatur und
Wartung zu. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass 98 Gepäckprüfanlagen
berechnet wurden. 9 Gepäckprüfanlagen Typ Heimann sowie 1 Gerät YXLON XES mit
Gesamtkosten von 883.893 EUR (Abschreibung, Zinsen, Betriebskosten) sind nach
Angaben der Beklagten erst im Jahre 2001 angeschafft worden und mit den im
Kalenderjahr 2001 angefallenen Kosten berechnet worden. Das Gericht nimmt insoweit
zugunsten der Klägerin eine Kostenkürzung in Höhe von 2/12 = 147.315 EUR =
288.124 DM = 4 Pf pro Passagier vor, weil der Gebührenerhebungszeitraum bereits 2
Monate vergangen waren, als die 2001 erworbenen Geräte frühestens angeschafft
werden konnten. Mit Ausnahme dieser Zeitablaufskomponente erfordert der
gebührenrechtliche Grundsatz der Typisierung und Pauschalisierung keine weitere
Differenzierung der betriebswirtschaftlichen Kosten in Gestalt einer monatsgenauen
Ermittlung der Betriebskosten. Das auch im Bereich der Materialbeschaffung
bestehende weite Organisationsermessen der Beklagten erübrigt auch eine gerichtliche
Prüfung, ob jedes einzelne der berechneten Geräte notwendig war, um den
Sicherheitsaufgaben gerecht zu werden. Beweis durch Befragung von
Auskunftspersonen und Sachverständigen, durch Ortsbesichtigung, durch Einsicht in
Verträge musste deshalb nicht erhoben werden. Die Organisationshoheit der Beklagten
deckt auch die Anschaffung und Berechnung einiger Geräte ab, die im Jahr 2001
erworben, aber erst im Jahr 2002 eingesetzt wurden.
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Die betriebswirtschaftlich zulässigen kalkulatorischen Zinsen sind vertretbar mit 6 % in
die Betriebskostenerfassung eingestellt worden.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13.04.2005 - 9 A 3120/03 - NWVBl. 2006, 17, wonach für
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1999 ein Zinssatz von 7,7 % und für 2002 ein Zinssatz von 7,5 %, jeweils unter
Einschluss eines Zuschlags von 0,5 %, gerechtfertigt ist. Dies bestätigend VG Leipzig,
Urteil vom 23.03.2006, a. a. O.
Eine weitere (geringfügige) Kürzung der berechneten Kosten nimmt das Gericht bei den
in Rechnung gestellten Kosten für die Wartung von 5 Egis- Sprengstoffdetektions-
geräten vor (die Beklagte hatte insoweit übersehen, einen vertraglich eingeräumten
Wartungsrabatt zu bilanzieren). Die sehr hohen, aber offenbar notwendigen
Wartungskosten von (44.000,00 DM + 16 % Umsatzsteuer =) 51.040,00 DM pro Gerät
reduzieren sich um (51.040,00 DM mal 5 = 255.200,00 DM, davon 10 % =) 25.520,00
DM (= ca. 0,36 Pf pro Passagier).
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Die mit 9.686 DM (= 0,14 Pf pro Passagier) geringen Kosten der Videoüberwachung
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- eine Videoüberwachung der Kontrollstellen dient der Überprüfung von Personen in
sonstiger Weise - etwa auf Verhaltensauffälligkeiten - und ist gebührenrelevant - vgl. VG
Leipzig, Urteil vom 23.03.2006, a. a. O. -
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reduziert das Gericht im Wege der Schätzung analog § 287 ZPO auf die Hälfte, weil
eine Abgrenzung der Leitungskosten zu anderen Überwachungsbereichen nach
Angaben der Beklagten nicht möglich ist.
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Die im Verhältnis zu den Mietkosten relativ hohen Mietnebenkosten sind
nachvollziehbar angesichts des Umstands, dass viele Räume im Eigentum der
Beklagten stehen und deshalb nur Nebenkosten anfallen. Die Miet-, Mietneben- und
Betriebskosten sowie die Transportkosten hat die Beklagte im Verlaufe des Verfahrens
nachvollziehbar dargelegt und beispielhaft belegt.
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Die Mietkosten hat die Beklagte zu Recht mit den tatsächlich angefallenen Kosten in
Höhe von 720.347 DM, die Mietnebenkosten in Höhe von 403.506 DM berechnet (zuvor
von der Beklagten angegebene Zahlen geben die tabellarisch nachvollziehbar
dokumentierten Kostenpositionen unrichtig wieder).
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Der von der Klägerin gerügte Bundesanteil für Technikbeschaffung und ein Risiko-
/Wagniszuschlag von 5 % sind in die Nachberechnung nicht eingestellt worden.
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Das Gericht berechnet die insgesamt ansatzfähigen Kosten - auf volle DM gerundet -
wie folgt:
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Personalkosten BGS 25.084.991 DM
80
Kosten privates Sicherheitsunternehmen 8.527.469 DM
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Sachkosten unter Berücksichtigung o. g. Korrekturen 4.160.409 DM
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Gesamtkosten 37.772.869 DM
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Die gebührenrelevanten Passagierzahlen hat die Beklagte für den Zeitraum 01.11.2000
bis 31.10.2001 mit 7.055.375 kontrollierten Fluggästen angegeben. Diese Zahl
entspricht der Summe der Zahlen, die von den Luftverkehrsunternehmen gem. Abschnitt
VII Tarifstelle 23 des Gebührenverzeichnesse zur LuftkostV dem seinerzeit zuständigen
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Bundesgrenzschutzamt offiziell zu melden waren und die sodann Grundlage der
Gebührenbescheide waren. Angesichts der genannten Rechtsgrundlage sind für die
Gebührenberechnung andere als die offiziell gemeldeten Zahlen nicht relevant.
Es ergibt sich somit ein Gebührensatz von (5,3537 DM, also kaufmännisch gerundet =)
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5,35 DM pro Passagier und damit eine für den Monat November 2000 zulässige Gebühr
von (200.613 gemeldete Passagiere mal 5,35 =)
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1.073.279,55 DM.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Die Vorschrift des §
155 Abs. 4 VwGO, wonach Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden
sind, diesem auferlegt werden können, kommt nicht zur Anwendung. Denn die Klägerin
hat das Verfahren streitig fortgeführt, nachdem die Beklagte die Nachberechnung
vorgelegt hatte, und den Rechtsstreit nicht etwa - im Hinblick auf die im gerichtlichen
Verfahren erstmals vorgelegten Zahlen - in vollem Umfang in der Hauptsache für
erledigt erklärt. Damit kann von einem kostenrelevanten Verschulden der Beklagten
keine Rede sein. Vielmehr hat sich die Klägerin durch die streitige Fortsetzung des
Verfahrens aus eigenem Entschluss dem Kostenrisiko ausgesetzt mit der Folge, dass
die allgemeinen Kostenregelungen (§§ 154 ff. VwGO) anzuwenden sind.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO.
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Das Gericht hat die Berufung zugelassen, weil die Frage, welche Anforderungen an
eine gebührenrechtliche Nachberechnung bei fehlender oder fehlerhafter
Vorauskalkulation zu stellen sind, grundsätzliche Bedeutung hat und in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist (§ 124a Abs. 1,
§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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