Urteil des VG Köln vom 25.01.2007
VG Köln: raps, bundesamt, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, naturschutz, verbraucherschutz, einwendung, landwirtschaftlicher betrieb, rechtsverletzung, gefahr, anbau
Verwaltungsgericht Köln, 13 K 2858/06
Datum:
25.01.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 2858/06
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger und die Beklagte den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, nämlich
hinsichtlich der Genehmigung der Freisetzung für das Jahr 2006.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außer-
gerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt
werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe des jeweils bei- zutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der
jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger wendet sich gegen eine Genehmigung des Bundesamtes für Verbrau-
cherschutz und Lebensmittelsicherheit der Beklagten zur Freisetzung von gentech-
nisch veränderten Sommerrapspflanzen auf dem Gelände des B. in M. , Gemeinde T. ,
bei Rostock an den Beigeladenen. Der Kläger wohnt eini- ge Kilometer vom
Freisetzungsgelände entfernt in U. ; er ist Eigentümer der Grundstücke des Gutes U. .
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Mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 beantragte der Beigeladene am 10. No- vember
2005 die Genehmigung zur Freisetzung von gentechnisch veränderten Rapspflanzen in
den Jahren 2006 und 2007 für ein Forschungsprogramm zur Ent- wicklung eines
standardisierten Verfahrens zur Minimierung der Auskreuzungsraten von transgenem
Raps am Standort M. . Nach den Antragsangaben dient das Freisetzungsvorhaben dem
Zweck, von dem Beigeladenen im Rahmen eines For- schungsprojekts ermittelte, in
Bezug auf die Einkreuzung in Nachbarbestände opti- mierte Methoden zur Freisetzung
von transgenem Raps anzuwenden und zu über- prüfen. Dazu werden auf dem
Versuchsgelände des B. an einer von dem Beigeladenen als Standort mit möglichst
geringer Auskreuzungswahrscheinlichkeit ausgewählten Fläche solche Maßnahmen
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zur Minimierung des Pollenfluges sowie zur Vermeidung des Verbleibs von Samen auf
der Fläche mit transgenen Rapssorten überprüft, welche von ihr bereits zuvor mit
erucasäurereichem Sommerraps auf dem Gelände getestet worden waren. Die sich
nach Auswertung dieser Testergebnisse ergebenden Maßnahmen sollen als Richtlinien
für den Standort festgeschrieben und deshalb mit transgenen Rapslinien überprüft
werden. Gleichzeitig soll bei dem Frei- setzungsversuch die Umweltstabilität
(Merkmalstabilität) und die agronomische Leis- tungsfähigkeit dieser Linien überprüft
werden, deren Veränderung im Ergebnis in der Hinzufügung des Inhaltsstoffes
Resveratrol bzw. der Reduzierung des vorhandenen Sinapingehaltes besteht. Bei den
vier transgenen Sommerrapslinien, die der Beige- ladene für sein Versuchsprojekt
ausgewählt hat, handelt es sich um transgene Pro- dukte von Brassica napus oleifera
(Sommerraps/Ölraps) der Sorten Drakkar - (a), (b), (c) - bzw. Lisora - (d) -. Im ersten Fall
(a) bildet die Empfängerpflanze infolge der gentechnischen Veränderung in ihrem
Samen Resveratrolglucosid. Der neue In- haltsstoff Resveratol, der natürlicherweise
nicht im Raps, aber etwa in Weintrauben vorkommt, wirkt als Phythoalexin (chemische
Verbindung, die in der Pflanze gegen Fraßfeinde und eindringende Schädlinge
produziert wird); Resveratrol wird von be- stimmtem Pflanzen bei erhöhter Belastung
etwa durch hohe Ozonbildung, UV- Strahlung oder Schädlingsbefall zur Stärkung des
Abwehrsystems gegen Schadstof- fe oder Krankheiten gebildet; Resverartol entfaltet
antioxidative Wirkungen auch bei Menschen. Die gentechnische Veränderung der
zweiten zur Freisetzung kommen- den Sommerrapslinie (b) bewirkt eine Reduzierung
des natürlichen Sinapingehaltes des Rapssamens; der Inhaltsstoff Sinapin führt
insbesondere zu einem bitteren Ge- schmack von Rapssamenprodukten und zur
schlechten Verdaulichkeit von Raps- mehl. Die gentechnische Veränderung verringert
somit die antinutritiven Eigenschaf- ten von Raps. Die Veränderung bewirkt überdies
eine Toleranz gegenüber einem bestimmten Herbizid. Die dritte Veränderung bei der
Sorte Drakkar (c) besteht in ei- ner Kombination der Veränderungen (a) und (b), führt
also zu Rapssamen mit dem neuen Inhaltsstoff Resveratrol und mit niedrigem
Sinapingehalt. Schließlich kommt im Versuchsaufbau eine gentechnisch veränderte
Linie der Sorte Lisora zum Einsatz (d), in der über zwei Reduktuionsmechanismen
ebenfalls die Sinapinbildung unter- drückt wird. Auch die Pflanzen der Linien (c) und (d)
entwickeln eine Toleranz gegen den herbiziden Wirkstoff Phosphinothricin. Die gesamte
für den Freisetzungsversuch in Anspruch genommene Fläche hat eine Größe von ca.
10,12 ha; die Fläche, auf der der isogene Raps freigesetzt wird, beträgt 480 m2 (16
Parzellen von je 3 x 10 m). Der Versuchsaufbau besteht aus acht gleich großen
Versuchsfeldern; innerhalb je- des Versuchsfeldes werden auf je zwei Teilflächen die
transgenen Sorten ausge- bracht, so dass für jede der vier zu untersuchenden Linien
vier Wiederholungen an- gelegt sind. Alle acht Felder und jede zweite der 16
Teilflächen mit transgenem Raps sind mit einer 6 m (Feld) bzw. 4,5 m (transgene
Versuchsfläche) breiten Mantelsaat aus männlich sterilem Raps umgegeben; im übrigen
wird in den Versuchsfeldern der jeweils isogene Raps gedrillt. Alle Versuchsfelder
zusammen werden von einem 16 m breiten Grasstreifen umgeben. Nach mehrfacher
Ergänzung der eingereichten Unterlagen gemäß Anforderungen durch das Bundesamt
wurde der Antrag am 12. Januar 2006 für vollständig befun- den. Nach entsprechender
öffentlicher Bekanntmachung wurden die Antragsunterla- gen vom 26. Januar 2006 bis
zum 27. Februar 2006 u.a. im Rathaus in T. ausge- legt. Innerhalb der Einwendungfrist
machte der Kläger mit Schreiben vom 10. März 2006 am 13. März 2006 geltend:
„ 1. Als eingetragener landwirtschaftlicher Betrieb - im Verbund des ökolo-gischen
Anbauverbands Biopark e.V. - sind unsere Flächen 2,5 KM von den Versuchsflächen
entfernt. Durch unsere räumliche Nähe zu den geplanten Freisetzungsversuchen ist ein
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Pollenflug aufgrund der örtlichen Windrichtung gegeben. Es ist bereits nachgewiesen
worden, dass ein Pol- lenflug in einem Umkreis von 5 KM zu einer aktiven Verbreitung
des Sa- mengutes mittels einer Bestäubung führen kann. Dieser Pollenflug, ver- stärkt
durch die vielbefahrene Bundesstrasse, deren Fahrzeuge die Wirk- samkeit des
Pollenfluges durch Anhaftung an der Karosserie oder in den Reifen noch verstärken,
führt bei allen übrigen konventionell und ökolo- gisch wirtschaftenden Betrieben zu
massiven Eingriffen im Anbauergebnis und ist daher wirtschaftlich nicht zumutbar.
2. Die Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen führt dazu, das Stoffe nicht nur
durch den menschlichen Verzehr, sondern auch durch den nicht kontrollierbaren
Verzehr durch das Wild und Insekten unkontrolliert in die Lebensmittelkette geraten.
Weder sind diese Stoffe in ihrer Konsistenz erforscht (wie kann die Vermehrung der
einzelnen Erreger bzw. Gene be- grenzt werden?), noch sind die Auswirkung auf die
Lebensmittelkette be- kannt und empirisch erforscht. Es handelt sich hier vielmehr um
einen großflächigen Menschenversuch.
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4. Ein Freilandversuch schließt die Kontrollierbarkeit der Vermehrung aus. Aufgrund der
unkontrollierten Verbreitung werden genetische Informationen in das bestehende
Ökosystem eingeführt, die selbstverständlich weitere vom Menschen nicht mehr
kontrollierbare Mutationen zur Folge haben. Die Vorhabenträger nehmen zu diesem
Risiko überhaupt keine Stellung. Unabhängig von den Ergebnissen der Verbreitung ist
das Resultat unumkehrbar.
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5. Wir widersprechen sowohl der Behauptung, dass durch die Abgrenzung der Felder
„eine Übertragung überhaupt nicht möglich sei", als auch dem naiven Rückschluss,
dass diese Freisetzungen schon deshalb „harmlos seien, weil auch die Verfütterung an
Ratten zu keinen Schädigungen geführt hätten". Die Bestäubung durch kilometerweit
fliegende Blütenpollen ist empirisch bestätigt und bei der Freisetzung geht es nicht um
die Schädigung von Ratten, sondern um die irreparablen Auswirkungen auf genetische
Informationen. Die Ausführungen der Vorhabenträger sind daher völlig irreführend und
gehen an der Sache vorbei.
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6. Die Vorhabenträger machen keine fundierten Angaben zu dem Procedere der
Risikobewertung im Rahmen der Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen
und zu den eigenen Grundannahmen. Dieser Versuchsaufbau ist daher schon von
seiner Konzeption her unseriös."
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Im Laufe des Genehmigungsverfahrens holte das Bundesamt Stellungnahmen der
Zentralen Kommission für die biologische Sicherheit (im folgenden: ZKBS) sowie der
Benehmensbehörden (Bundesamt für Naturschutz, Bundesinstitut für Risikobewertung,
Robert-Koch-Institut), der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Fortswirtschaft
sowie der zuständigen Landesbehörde (Sozialministerium Mecklenburg Vorpommern)
ein.
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Außerdem führte das Bundesamt eine „Eignungs- oder Vorprüfung" nach § 34 a
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) mit Blick auf den bis auf 25 m angrenzenden „C.
Forst" durch, der als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne dieser
Vorschrift zwar noch nicht eingetragen aber vorgeschlagen ist. Dabei kam die
Genehmigungsbehörde zu dem Ergebnis, dass das streitige Vorhaben weder allein
noch im Zusammenwirken mit anderen auf dem Gelände des B. geplanten
Freisetzungsvorhaben geeignet sei, das Schutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen.
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Deshalb sei auch keine „eigentliche FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 und
2 BNatSchG" notwendig. Im Rahmen dieser Prüfung nahm die untere
Landschaftsbehörde, der Landkreis E. , mit Schreiben vom 6. März 2006 zu dem
übersandten Entwurf des Prüfungsberichts dahin Stellung, dass die „FFH-VP" im
Ergebnis aus seiner Sicht nicht zu beanstanden sei. Er führte eingangs weiter aus, dass
es sich als hilfreich erwiesen habe, dass auf eine Vorprüfung verzichtet und statt dessen
sofort die „VP" durchgeführt worden sei; abschließend fügte er einige Hinweise zu dem
übersandten Entwurf des Prüfungsberichts an.
Daneben führte auch das Bundesamt für Naturschutz eine eigene Vorprüfung nach § 34
a BNatSchG durch, die zu dem Ergebnis gelangte, eine anschließende FFH-
Verträglichkeitsprüfung (Hauptprüfung) sei erforderlich, weil eine erhebliche
Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Vorschlagsgebietes „C. Forst" nicht mit
der fachlich und rechtlich gebotenen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden
könne. Unter Bezugnahme insbesondere auf dieses Prüfungsergebnis vom 12. April
2006 teilte das Bundesamt für Naturschutz dem Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit unter dem 13. April 2006 mit, es erteile keine Zustimmung zu
dem Vorhabensantrag der Beigeladenen, weil die Genehmigungsvoraussetzungen
nicht vorlägen.
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Darauf legte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter
dem 21. April 2006 gegenüber dem Bundesamt für Naturschutz seine Auffassung über
den ausreichenden Umfang der durchgeführten Prüfung dar, worauf dieses nochmals
mit Schreiben vom 26. April 2006 entgegnete und ebenfalls bei seiner Auffassung blieb.
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Mit Bescheid vom 10. Mai 2006 genehmigte das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit den Antrag des Beigeladenen zur Freisetzung (Freilandversuch)
von gentechnisch veränderten Sommerrapspflanzen in den Jahren 2006 und 2007 am
Standort M. . Der Bescheid war mit 10 Nebenbestimmungen versehen, von denen die
Nebenbestimmungen II.8. und II. 10. durch die Stellungnahme der ZKBS, sowie die
Nebenbestimmung II.10. auch von der Biologischen Bundesanstalt angeregt worden
waren. Gemäß der Regelung in Nr. II. 8. sind während der Blütezeit der gentechnisch
veränderten Rapspflanzen blühende Durchwuchs- und wildwachsende Rapspflanzen
im Umkreis von 50 m um die Freisetzungsparzellen und ggfls. entlang des
entsprechenden Abschnitts der Bundesstraße 110 vor der Samenreife zu entfernen.
Nach Nr. II. 10. ist die vorgesehene fünfjährige Anbaupause für Kruziferen und die
Nachkontrolle um jeweils ein Jahr zu verlängern, falls im letzten Jahr der Nachkontrolle
noch mehr als durchschnittlich fünf gentechnisch veränderte Rapspflanzen bzw.
Rapsbastarde pro 150 m2 Freisetzungsfläche auftreten. Im übrigen beinhaltet der
Versuchsaufbau nach dem beantragten und genehmigten Plan u.a. Pollenbarrieren
(d.h., nach den Angaben des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung: Netze bzw.
Weidenruten) und Herbizidbehandlung sowie weitere in Teil VI des Antrages
festgeschriebene Entfernungabstände zu sexuell kompatiblen Pflanzenarten,
Maßnahmen zur Minimierung/Vermeidung der Verbreitung von Vermehrungsträgern der
genetisch veränderten Pflanzen. Auf Antrag des Beigeladenen wurde ferner die
sofortige Vollziehung angeordnet. Der Genehmigungbescheid wurde dem
Beigeladenen am 13. Mai 2006 zugestellt.
13
Am 12. Juni 2006 hat der Kläger Klage erhoben sowie um einstweiligen Rechtsschutz
nachgesucht. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage
bzw. auf Aufhebung der Vollziehung des Genehmigungsbescheides hinsichtlich der
14
bereits vor Antragseingang im Jahr 2006 freigesetzten Rapspflanzen hat das Gericht mit
Beschluss vom 3. Juli 2006 (13 L 994/06) im Hinblick auf die bereits eingetretene Blüte
der freigesetzten Rapspflanzen wegen seither fehlenden Rechtsschutzinteresses
abgelehnt.
Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor: Er unterhalte einen Bio-Park Betrieb im
Verband C1. e.V. L. . Neben der Pferdehaltung auf eigenen Flächen habe er ca. 150 ha
Land an fünf Landwirte verpachtet, die z.T. ebenfalls Mitglieder im ökologischen
Landbau C1. e.V. seien. Neben den Kleinflächen und den Waldflächen, die fast an die
Bundestraße 110 heranreichten, seien zwei große Schläge jeweils 2,85 km
(Zuckerrüben und Ölsaaten) bzw. 2,35 km (Gerste, Weizen) vom Freisetzungsgelände
entfernt. Das Vorhaben des Beigeladenen bringe die Gefahr der Auskreuzung von
genverändertem Raps mit sich. Dadurch sei eine Bewirtschaftung seiner Flächen im
Rahmen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft nicht mehr möglich. Dies sei
jedoch die Grundlage der bestehenden Pachtverträge sowie der selbst genutzten
Flächen. Auf die vielfältigen Gefahren für seine Flächen, das bestehende Öko- System
und für Mensch und Tier habe er bereits in seinem Einwendungsschreiben
hingewiesen. Da er zu 100 % von seinem Betrieb lebe, sei seine Existenz im Falle der
gentechnischen Verunreinigung seiner Flächen bedroht. Denn nach dem derzeitigen
Stand der Wissenschaft sei Raps nicht koexistenzfähig; dies ergebe sich schon aus
einer Aussage des zuständigen Bundesministers Seehofer, der in einem
Zeitungsinterview erklärt habe, Raps kreuzte mit fast jeder Wildpflanze. Wenn - wie hier
- eine Freisetzung eindeutig eine Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen auf
Flächen Dritter zur Folge habe, lägen die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vor, und
es dürfe nicht sehenden Auges eine Auskreuzung hingenommen werden. Unter solchen
Umständen mache auch der Verweis auf etwaige Ausgleichsansprüche nach dem
Gentechnikgesetz das Vorhaben nicht zulässig.
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Darüber hinaus leide der Genehmigungsbescheid an einem Verfahrensfehler, weil das
Bundesamt für Naturschutz seine Zustimmung verweigert habe. Auch wenn das Gesetz
keine Zustimmung, sondern nur ein Benehmen verlange, fehle es jedoch an einer
ausreichenden und überzeugenden Auseinandersetzung des Bundesamtes für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit mit den Argumenten des Bundesamtes
für Naturschutz. Insbesondere bei dem diesbezüglichen, mit der Klageerwiderung
eingereichten „Gutachten" des Mitarbeiters der Genehmigungsbehörde, Herrn Dr. F. ,
handele es sich - wie sich schon aus einzelnen Zitaten aus dessen Schreiben bzw.
Vermerken in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen ergebe - nicht um eine solche
Darlegung zum Stand von Wissenschaft und Technik. Eine sachliche
Auseinandersetzung auf der Grundlage des Standes von Wissenschaft und Technik mit
den Risiken der Freisetzung von gentechnisch verändertem Raps vor dem Hintergrund
vorliegender Erkenntnisse über die fehlende Koexistenz lasse sich insbesondere auch
der Begründung des Genehmigungsbescheides nicht entnehmen.
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Ebenso fehle eine an diesem Maßstab orientierte Prüfung des Verhältnisses zwischen
dem Zweck der Freisetzung und den schädlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die
in § 1 Abs. 1 des Gesetzes bezeichneten Rechtsgüter, wie sie § 16 Abs. 1 Nr. 3
Gentechnikgesetz (GenTG) verlange. Hier seien Zweifel am Zweck der Maßnahme
angebracht, denen die Genehmigungsbehörde nicht nachgegangen sei. Es sei nicht
nachvollziehbar, wie die Behörde, die selbst Auskreuzungsgefahren nicht leugne, trotz
Unterlassung sämtlicher Sicherheitsvorkehrungen in diesem Zusammemhang zu dem
Ergebnis gelangen könne, dass eine Nutzen - Risiko - Abwägung nicht erforderlich sei,
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weil keine schädlichen Einwirkungen zu erwarten seien.
Er - der Kläger - mache sich in der Sache die Argumente in den Stellungnahmen des
Bundesamtes für Naturschutz zu eigen, welches neben den Mängeln in Bezug auf die
FFH-Verträglichkeitsprüfung weitere formelle und materielle Fehler der Genehmigung
aufgezeigt habe (u.a. unzureichende Antragsunterlagen; unzureichender
Sicherheitsabstand; keine ausreichende Sicherung gegen Vertragung von Samen etwa
durch Wildtiere). Diese Argumente träfen auch auf ihn und seine Felder zu. Mit diesen
Aspekten sei er - entgegen der Auffassung der Beklagten - im Klageverfahren auch nicht
ausgeschlossen, weil er schon im Anhörungsverfahren nicht nur eigene
Vermögensschäden, sondern auch Gefahren für die Umwelt gerügt habe. Die Mängel in
Bezug auf die FFH-Prüfung, wie sie das Bundesamt für Naturschutz im April 2006
dargelegt habe, insbesondere die Verfahrensfehler bei der Beteiligung der unteren
Landschaftsbehörde, seien ihm erst nach Ablauf der Einwendungsfrist bekannt
geworden; deshalb komme diesbezüglich keine Präklusion in Betracht, weil es ihm
innerhalb der Einwendungsfrist nicht möglich gewesen sei, derartige Einwendungen zu
erheben. Schließlich könne er sich mit Erfolg auch auf Verfahrensfehler wie
insbesondere die fehlende FFH- Verträglichkeitsprüfung berufen, da auch solche
Verfahrensregelungen nach der Rechtsprechung Drittschutz vermittelten.
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Da nach allen Erkenntnissen die Koexistenz von Raps auszuschließen sei, werde er
durch die streitige Freisetzung in seinen Rechten verletzt, weil die
Durchwuchsproblematik zur Folge habe, dass eine konventionelle oder ökölogische
Landwirtschaft auf seinen Flächen nicht mehr möglich sei. Dabei führe die Tatsache,
dass er eigene Flächen verpachtet habe, nicht zu einer Minderung seiner Rechte.
Vielmehr sei eine Existenzgefährdung zu befürchten, weil er davon lebe und wegen des
befürchteten Durchwuchses von transgenem Raps sein Land über Jahre nicht mehr
entsprechend nutzen/verpachten könne.
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Soweit der Genehmigungsbescheid die Freisetzung von transgenem Sommerraps im
Jahr 2006 betrifft, haben der Kläger und die Beklagte das Verfahren in der mündlichen
Verhandlung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
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Der Kläger beantragt nunmehr,
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den Genehmigungsbescheid des Bundesamtes für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit vom 10. Mai 2006 aufzuheben, soweit dieser den genehmigten
Freilandversuch für das Jahr 2007 betrifft.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält die Klage für unzulässig. Der Kläger könne im vorliegenden Gerichtsverfahren
keine Verletzung eigener Rechte geltend machen. Nach § 5 der Gentechnik-
Anhörungsverordnung sei er mit allen Rechtsverletzungen ausgeschlossen, die er nicht
bereits mit Einwendungen im Anhörungsverfahren geltend gemacht habe. Hier komme
als Geltendmachung eigener Rechte nur seine damalige Einwendung Nr. 1 in Betracht,
die ausschließlich Vermögensschäden betreffe. Dies führe jedoch nicht zu einer
Klagebefugnis, weil dafür bei einer Drittanfechtungsklage Voraussetzung sei, dass der
Kläger die Verletzung drittschützender Normen geltend mache. Zwar könne man den
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hier in Rede stehenden Bestimmungen zu den Genehmigungsvoraussetzungen, § 16
Abs. 1 Nr. 2 und 3 GenTG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 GenTG drittschützende
Wirkung zusprechen. Dies gelte aber nur für die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 GenTG abschließend
aufgezählten Schutzgüter, nämlich Leben, Gesundheit und Sachgüter. Das Vermögen
zähle nicht dazu.
Mit dem Argument der angeblich mangelnden Koexistenz von Raps sei der Kläger
präkludiert; außerdem sei dieser Begriff für Freisetzungsgenehmigungen irrelevant, weil
er auf den großflächigen Anbau im Rahmen von Genehmigungen zum Inverkehrbringen
abziele. Auch mit dem Argument eines fehlenden Sicherheitsabstandes im Hinblick auf
Einkreuzungsgefahren für Wildpflanzen sei der Kläger präkludiert; zudem betreffe der
Schutz des Ökosystems nicht Rechtsgüter des Klägers. Entsprechendes gelte für seine
Rüge der fehlenden Zustimmung des Bundesamtes für Naturschutz und die aus dessen
Argumentation stammenden Rügen des Klägers zur fehlenden FFH-Hauptprüfung und
unvollständiger Antragsunterlagen. Außerdem fehle es an einer Darlegung, wie sich
Verfahrensfehler auf seine Rechtspositionen ausgewirkt haben könnten.
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Überdies sei die Klage unbegründet; der Bescheid sei zu Recht erteilt worden. Die
gerügten Verfahrensfehler lägen nicht vor: Eine Zustimmung des Bundesamtes für
Naturschutz sei nicht Voraussetzung für die Genehmigungserteilung; die Beteiligung sei
in der Form des Benehmens ordnungsgemäß erfolgt. Eine FFH- Hauptrüfung sei nicht
erforderlich und die Antragsunterlagen seien vollständig gewesen.
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Schließlich sei die Genehmigung auch materiell rechtmäßig und insbesondere nicht mit
Fehlern behaftet, die zu einer Verletzung von geschützen Rechtsgütern des Klägers
führen könnten. Die im Genehmigungsbescheid vorgegebenen
Sicherheitsvorkehrungen seien mit Blick auf die Schutzgüter des Klägers ausreichend;
diesbezüglich seien keine schädlichen Auswirkungen als Folge möglicher
Auskreuzungen zu erwarten, insbesondere keine Existenzgefährdung. Für die
Pferdehaltung seien keine Gefahren geltend gemacht worden oder ersichtlich. Für die
verpachteten Schläge bestehe keine Gefahr, weil nur Auskreuzungen in verwandte
Arten möglich seien. Der Kläger habe aber nicht behauptet, dass auf seinen Flächen
Raps angebaut werde; insbesondere bei den angegebenen Ölsaaten müsse es sich
nicht um Raps handeln. Selbst wenn aber Raps angebaut werde, stelle das Vorkommen
einzelner fremder DNA im Bestand noch keinen Schaden dar, weil die hier konkret
freigesetzten transgenen Rapslinien keine schädlichen Veränderungen gegenüber
isogenen Linien beinhalteten. Die in Rede stehenden Bestimmungen des
Gentechnikgesetzes schützten nicht vor gentechnisch veränderten Organismen an sich,
sondern nur vor sachbezogenen schädlichen Einwirkungen, die als
gentechnikspezifische Risiken (wie etwa die Bildung toxischer oder allergener
Stoffwechselprodukte in gentechnisch veränderten Pflanzen) einzustufen seien.
Schlechtere Verpachtungsmöglichkeiten stellten sich dagegen nicht als Gefahr für
Sachgüter, sondern allenfalls als mittelbare wirtschaftliche Folge der Freisetzung dar.
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Eine angeblich fehlende Koexistenz von Raps sei nicht gegeben; insoweit ziele der
Begriff der Koexistenz in § 1 Nr. 2 GenTG auf die Erzeugung landwirtschaftlicher
Produkte, also den Anbau im Rahmen einer Inverkehrbringensgenehmigung ab.
Entsprechend fehle daher ein Verweis in § 16 Abs. 1 GenTG auf § 1 Nr. 2 des Gesetzes;
für eine Freisetzungsgenehmigung sei die Frage nach der Koexistenz mithin rechtlich
nicht von Bedeutung.
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Entgegen der Auffassung des Klägers stehe allein der Umstand, dass
Auskreuzungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit vollständig ausgeschlossen werden
könnten, nach der Konzeption des Gesetzes und der zugrunde liegenden
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben einer Freisetzungsgenehmigung nicht
grundsätzlich entgegen.
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Hier seien in dem angefochteten Genehmigungsbescheid ausreichende
Sicherheitsvorkehrungen festgelegt worden. Es sei nur eine ganz geringe Gefahr der
Auskreuzung auf Felder des Klägers zu besorgen, für den Fall, dass dort tatsächlich
Kreuzungspartner angebaut würden. Dies folge einerseits aus der Entfernung von 2,85
km zum Versuchsgelände sowie dem Verhältnis der Fläche mit transgenem Raps von
480 qm zu 9.000 qm umgebender Fläche von isogenem Raps auf dem
Versuchsgelände. Insoweit habe das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit außerdem eine eigene Einschätzungsprärogative, die von den
Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden könne. Diesen Anforderungen halte die
getroffene Bewertung über das Gefahrenpotential und die erforderlichen
Sicherheitsvorkehrungen stand, wie sich aus einer diesbezüglichen Stellungnahme des
Mitarbeiters Dr. F. zu den vorgebrachten Argumenten des Klägers ergebe. Danach
seien Auskreuzungen allenfalls unterhalb der Bestimmungsgrenze zu erwarten.
Insoweit sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse von
Untersuchungen zu Auskreuzungsraten bei großflächigem Anbau von gentechnisch
verändertem Raps auf das vorliegende Versuchsvorhaben aus verschiedenen Gründen
nicht übertragbar seien.
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Ein Abwägung nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 GenTG sei angesichts fehlender schädlicher
Einwirkungen entbehrlich gewesen.
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Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
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die Klage abzuweisen.
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Er bezieht sich auf die Darlegungen der Beklagten zur Unzulässigkeit der Klage und
führt weiter aus: Es sei schon fraglich, ob der Kläger mit seinem Einwendungsschreiben
überhaupt eigene Rechte als Betroffener geltend gemacht habe, weil er darin in Bezug
auf die Auskreuzungsgefahr durch Pollenflug gerügt habe, dass dies „bei allen übrigen
konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrieben" zu massiven Eingriffen im
Anbauergebnis führe, die nicht hinnehmbar seien. Dabei habe er also gerade nicht auf
seinen eigenen Betrieb abgestellt, sondern auf andere betroffene Betriebe hingewiesen.
Das sei auch konsequent, weil der Kläger gar kein solches Unternehmen führe. Er
arbeite nämlich nicht selbst als Landwirt, sondern habe alle Flächen verpachtet.
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Die Genehmigung sei außerdem rechtmäßig erteilt worden. Raps sei voll
koexistenzfähig und die Möglichkeit eines Durchwuchses werde durch die hier
getroffenen Maßnahmen nachhaltig eingeschränkt. Sommerraps werde in Mecklenburg
- Vorpommern nur selten angebaut; im Umkreis von 50 km um das Versuchsgelände
werde Sommerraps nicht angebaut.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage angegeben, dass einer
seiner Pächter jedenfalls im Jahre 2006 auf einer ca. 3,5 km vom Versuchgelände
entfernt liegenden Fläche Raps angebaut habe. Ob es sich dabei um Sommer- oder
Winterraps gehandelt habe, wisse er nicht. Außerdem hat er klargestellt, dass er auch
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selbst Landwirtschaft in Form der Viehwirtschaft und in geringem Umfang auch
Ackerbau betreibe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf die von den Beteiligten im Eil- und im Hauptsacheverfahren gewechselten
Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Streitakten dieses und des Eilverfahrens 13 L
994/06 sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (6 Ordner) der
Beklagten .
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick auf die bereits erfolgte Frei- setzung
von gentechnisch veränderten Sommerrapspflanzen im Jahre 2006 am Standort - M.
übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen.
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Im übrigen war die Klage abzuweisen. Sie hat keinen Erfolg, weil sie zwar zulässig aber
unbegründet ist.
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Die Klage ist nicht bereits wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig.
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Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die vorliegende Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1
VwGO - von hier nicht vorliegenden gesetzlich geregelten Ausnahmen abge- sehen -
nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angegriffenen Verwaltungsakt
in seinen Rechten verletzt zu sein. Dafür reicht allerdings allein die schlichte
Behauptung einer Rechtsverletzung nicht aus. Vielmehr muss eine Rechtsverletzung in
dem Sinne möglich sein, dass einerseits eine subjektive Rechte gerade für einen
Personenkreis, dem der Kläger zuzurechnen ist, konstituierende Norm real besteht und
andererseits jedenfalls nach dem Vortrag des Klägers die auch nur entfernte Möglichkeit
besteht, dass seine hierdurch geschützte Rechtsposition verletzt sein könnte. Die Klage
ist danach nur dann unzulässig, wenn eine Rechtsverletzung des Klägers offensichtlich
und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint. Ob eine
eventuell mögliche Rechtsverletzung vorliegt, ist dagegen eine Frage der Begründetheit
der Klage.
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Insbesondere im Fall der auch hier gegebenen Drittanfechtungsklage bedarf es für die
Zulässigkeit der Klage einer Schutznorm, auf die der Kläger sich berufen kann. Denn
nur wenn die Verletzung von Vorschriften in Betracht kommt, die jedenfalls auch dem
Schutz von Rechten des Klägers zu dienen bestimmt sind, ist eine Verletzung seiner
Rechte überhaupt möglich. Dabei reicht es für die Zulässigkeit der Klage allerdings aus,
wenn jedenfalls die Möglichkeit nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass
der Kläger etwa in einer von mehreren geltend gemachten, durch eine drittschützende
Norm geschützten Rechtsposition auch tatsächlich betroffen sein kann. Sofern auch nur
unter einem Gesichtspunkt eine Rechtsverletzung möglich sein könnte, ist die Klage
insgesamt zulässig und die Frage nach der drittschützenden Wirkung weiterer vom
Kläger für sich in Anspruch genommener Normen im Rahmen der Begründetheit zu
klären. So liegt der Fall hier.
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Die Klage ist zulässig, weil der Kläger geltend macht, durch unzureichende
Sicherheitsvorkehrungen in den Nutzungsmöglichkeiten der in seinem Eigentum
stehenden und von ihm bzw. seinen Pächtern landwirtschaftlich genutzten Flächen in
der Umgebung des Versuchsgeländes erheblich - bis zur Existenzgefährdung -
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beeinträchtigt zu werden. Da der Kläger jedenfalls in der mündlichen Verhandlung -
erstmals und unwidersprochen - behauptet hat, auf seinem Grund und Boden werde
auch Raps angebaut, und weil insoweit eine Auskreuzungsmöglichkeit durch
Bestäubung mit gentechnisch veränderten Rapspollen bei der Entfernung zwischen
seinen Flächen und den Versuchsflächen nicht von vornherein gänzlich
ausgeschlossen werden kann, erscheint zunächst eine tatsächliche Betroffenheit des
Klägers in seiner Stellung als Eigentümer bzw. Inhaber des Verpachtungsbetriebes
nicht offensichtlich unmöglich. Insoweit kommt auch grundsätzlich die Möglichkeit der
Verletzung von Rechtsnormen in Betracht, denen drittschützende Wirkung gerade für
den Kreis solcher Nachbarn von Freisetzungsvorhaben zuzusprechen ist, die
unmittelbar durch die gentechnikspezifischen Auswirkungen der Freisetzung berührt
werden können. Drittschützenden Charakter in diesem Sinne haben jedenfalls einzelne
Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz - GenTG) in
der hier anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I
S. 2066), zuletzt mit Wirkung zum 23. März 2006 geändert durch das Dritte Gesetz zur
Änderung des Gentechnikgesetzes (3. GenTÄndG) vom 17. März 2006 (BGBl. I S. 534)
zum Genehmigungsverfahren, wie hier § 16 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GenTG, nach denen eine
Freisetzungsgenehmigung zu erteilen ist, wenn u.a. (Nr. 2) gewährleistet ist, dass alle
nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen
getroffen werden und (Nr. 3) nach dem Stand der Wissenschaft im Verhältnis zum
Zweck der Freisetzung unvertretbare schädliche Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 des
Gesetzes bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind. Es kann hier im Rahmen
der Zulässigkeitsprüfung auch nicht bereits als offenkundig ausgeschlossen erachtet
werden, dass eine vom Kläger beklagte Verletzung seiner durch Art. 14 GG geschützten
Rechte vorliegen könnte. Das gilt namentlich, soweit die Beklagte sich darauf beruft,
dass der Kläger mit jegli- chem Vortrag zu Rechtsverletzungen präkludiert sei, soweit es
nicht um reine Vermögensschäden gehe. Denn das Einwendungsschreiben des
Klägers im Anhörungsverfahren vom 10. März 2006 erscheint mit Blick darauf
auslegungsfähig, welche eigenen Rechtspositionen er in der - insoweit allein in Betracht
kommender Ziffer 1. - als gefährdet anspricht. Auch die von der Beklagten in diesem
Zusammenhang weiter aufgeworfene Frage nach der Reichweite des Schutzumfangs,
den die genannten Genehmigungsvoraussetzungen in Verbindung mit § 1 Nr. 1 GenTG
vermitteln, ist nicht derart offenkundig zu beantworten, dass daraus bereits eine fehlende
Klagebefugnis hergeleitet werden müsste. Beide As- pekte sind deshalb erst im
Rahmen der Begründetheit der somit zulässigen Klage zu prüfen.
Die Klage ist jedoch unbegründet, weil nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger
durch die angegriffene Genehmigung in seinen hier geschützten Rechten verletzt wird
(§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
46
Erfolg kann der Kläger mit seiner Klage nur haben, wenn er formelle oder materielle
Fehler der Genehmigung geltend macht und zudem aufzeigt, dass daraus eine
Verletzung seiner Rechte folgt. Daran fehlt es hier.
47
Auf die vom Kläger gerügten (angeblichen) Verfahrensfehler im Umgang mit den vom
Bundesamt für Naturschutz gegen die Genehmigung angeführten Argumente kommt es
im vorliegenden Verfahren nicht an, weil die diesbezüglich behaupteten Fehler
jedenfalls nicht geschützte Rechtspositionen des Klägers berühren.
48
Es bedarf deshalb hier keiner Erörterung und Entscheidung, ob die erteilte
Genehmigung an einem Verfahrensmangel leidet, weil das Bundesamt für
49
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit eine FFH-Verträglichkeitsprüfung
(Hauptprüfung) nach § 34 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege
(Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG -) in der Fassung vom 25. März 2002 (BGBl. I S.
1193), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818), hätte
durchführen müssen. Denn diese Verfahrensregelung vermittelt dem Kläger ersichtlich
keinen Drittschutz; sie dient nicht zumindest auch dem Schutz seiner privaten
Rechtsgüter, sondern nur dem öffentlichen Interesse. Dies ist aber nach nationalem
Recht Voraussetzung dafür, dass gerichtlicher Rechtsschutz zu Gunsten betroffener
Dritter gewährt werden kann, die sich auf Verstöße insbesondere gegen
Verfahrensvorschriften berufen. Eine Abkehr von der sog. Schutznormtheorie ergibt sich
weder aus gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen noch aus der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs oder nationaler Gerichte. Vielmehr sieht das deutsche
Verwaltungsprozessrecht - von besonderen, hier nicht ein- schlägigen, ausdrücklich
geregelten Ausnahmen etwa zum Klagerecht von Verbänden in bestimmten
Rechtsbereichen abgesehen - nur Individualrechtsschutz vor und schließt die
allgemeine Popularklage aus. Sowohl nach nationalem aus auch nach
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben setzt ein einklagbares Recht auf Einhaltung
bestimmter Vorschriften jedenfalls einen individuellen Bezug der betreffenden
Bestimmung zu persönlichen Schutzgütern voraus. Das bedeutet im vorliegenden
Zusammenhang, dass der Kläger nur dann mit Aussicht auf Erfolg eine etwaige
Verletzung von Verfahrensvorschriften über die FFH-Verträglichkeitsprüfung durch die
Beklagte rügen kann, wenn diese Vorschriften zumindest auch der individuellen
Begünstigung Einzelner dienen, was wiederum einen jedenfalls im Wege der
Auslegung feststellbaren Individualbezug der Regelung erfordert. Das ist hier jedoch
nicht der Fall. Schon nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes stellt die Prüfung
nach § 34 BNatSchG allein auf die Verträglichkeit eines Vorhabens („Projekt"; zur
Definition vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG) mit den jeweils insoweit maßgeblichen
Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines
Europäischen Vogelschutzgebietes ab. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorschrift oder
§ 34 a BNatSchG, der die entsprechende Anwendung von § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG
u.a. für den Fall der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen vorschreibt,
sofern diese Maßnahme geeignet ist, eines der beiden vorbezeichneten Schutzgebiete
erheblich zu beeinträchtigen, auch dem Schutz privater Dritter zu dienen bestimmt sein
könnte, ergeben sich weder aus dem BNatSchG im übrigen noch aus europarechtlichen
Vorschriften zu FFH - Schutz- gebieten. Auch der Kläger trägt nicht vor, woraus sich ein
konkreter Bezug dieser Verfahrensvorschriften zu seinen persönlichen Rechtsgütern
ergeben soll. Insbesondere legen die Aufzählung der Schutzgüter des BNatSchG in § 1
des Gesetzes einerseits und die Regelung in § 5 zur Berücksichtigung der Belange der
Landwirtschaft andererseits lediglich nahe, dass gerade auch die Landwirtschaft durch
das Gesetz „angemessen" in die Pflicht genommen werden soll, nicht jedoch, dass eine
landwirtschaftliche Betätigung als Schutzgut ausgerechnet der FFH- Prüfung in Betracht
kommt. Soweit der Kläger sich auf Entscheidungen bezieht, die sich mit einer
drittschützenden Wirkung der Vorschriften über die Um- weltverträglichkeitsprüfung
(UVP) befassen, kann er daraus nichts zu seinen Gunsten für die FFH -
Verträglichkeitsprüfung herleiten. Zum einen geben diese Entscheidungen gerade
nichts für die allgemeine Zulässigkeit einer Popularklage auf dem Gebiet des
Umweltrechts her, sondern gehen vielmehr von einem Funktionszu- sammenhang der
Vorschriften mit konkreten Schutzgütern (z.B. dem Schutz vor Lärmbeeinträchtigungen
auch unterhalb etwa der Schwelle der Gesund- heitsbeschädigung) aus (weshalb dieser
Schutzzweck auch in einem Planfeststellungsverfahren als erheblicher Belang der
konkret betroffenen Anlieger des in Rede stehenden Vorhabens in die erforderliche
Abwägung widerstreitender und zum Ausgleich zu bringender Interessen einzustellen
ist). Einer weiteren Befassung mit diesen Entscheidungen bedarf es hier nicht, weil ein
solcher Funktionszusammenhang zwischen den Vorschriften über die FFH-
Verträglichkeitsprüfung und privaten Rechten Dritter, wie des Klägers, nicht gegeben ist.
Die in Rede stehende FFH - Prüfung bezweckt offenkundig nicht den Schutz derjenigen
privatnützigen Rechtsgüter, die in § 1 GenTG aufgeführt sind. Vielmehr ergibt sich die
Notwendigkeit, eine Vorprüfung und ggfls. eine Hauptprüfung nach § 34 BNatSchG
durchzuführen, allein aus den Regelungen dieses Gesetzes und der entsprechenden
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben und verfolgt allein den Schutz anderer Rechtsgüter
wie der Erhaltung natürlicher Lebensräume und der wildle- benden Tiere und Pflanzen,
einschließlich der Artenvielfalt, welche nur aus Gründen des Allgemeinwohls für
schutzwürdig zu erachten sind.
Damit bleibt dem Kläger im vorliegenden Klageverfahren nicht nur mit allen in diesem
Zusammenhang - durch Bezugnahme auf die in den vom Bundesamt für Naturschutz im
Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen vorgebrachten Gesichtspunkte -
angesprochenen Mängelrügen ein Erfolg versagt, sondern auch mit dem von ihm
insoweit erhobenen Vorwurf der oberflächlichen, unwissenschaftlichen
Auseinandersetzung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit mit den Argumenten des Bundesamtes für Naturschutz zur Frage
der Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung/Hauptprüfung. Gleiches gilt für das
Thema, welche Bedeutung dabei dem Umstand zukommt, dass der Landkreis E. bei
seiner Stellungnahme zu dem Entwurf des Prüfungsberichts noch fälschlicherweise
davon ausging, es sei bereits eine Hauptprüfung und nicht nur eine Vorprüfung
durchgeführt worden (was das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit allerdings vor Erlass des Genehmigungsbescheides mit
Schreiben vom 20. März 2006 richtiggestellt hat).
50
Schon wegen der ebenfalls fehlenden drittschützenden Wirkung der Bestimmung zu
seinen Gunsten kann der Kläger darüber hinaus auch nicht mit seinem Vorbringen
durchdringen, das erforderliche „Benehmen" gemäß § 16 Abs. 4 GenTG mit dem
Bundesamt für Naturschutz sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen.
51
Soweit der Kläger in formeller Hinsicht weiter rügt, die der Genehmigung zu Grunde
liegenden Antragsunterlagen der Beigeladenen seien unvollständig, weil ein nach § 15
Abs. 1, 4a GenTG vorzulegender Plan zur Ermittlung der Auswirkung des
freizusetzenden Organismus auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt fehle,
kann offen bleiben, ob dieser Verfahrensregelung wegen der Bezugnahme auf „die
menschliche Gesundheit" auch drittschützende Wirkungen beigemessen werden
könnte. Denn zum einen beruft der Kläger sich im vorliegenden Gerichtsverfahren nicht
auf Gefahren, die von dem Freisetzungsversuch der Beigeladenen auf seine eigene
Gesundheit ausgehen, was wohl darauf zurückzuführen sein dürfte, dass
Gesundheitsgefahren nach allen Erkenntnissen von den hier im Rahmen des
Feldversuchs zum Einsatz kommenden transgenen Organismen nicht ausgehen.
Außerdem hat der Kläger nicht ansatzweise dargetan, wie sich ein etwa insoweit
vorliegender Verfahrensverstoß auf seine Rechtsposition ausgewirkt haben könnte.
52
Aber auch mit den materiellen Beanstandungen, die Genehmigung sei rechtswidrig,
weil Raps angeblich nicht koexistenzfähig und die Sicherheitsvorkehrungen nicht
ausreichend seien, hat die Klage keinen Erfolg.
53
Dabei geht das Gericht allerdings davon aus, dass der Kläger mit seinem Vortrag über
befürchtete Gefahren für seine Feldflächen nicht präkludiert ist.
54
Nach § 5 Abs. 1 der Verordnung über das Anhörungsverfahren nach dem
Gentechnikgesetz (Gentechnik-Anhörungsverordnung - GenTAnhV -) vom 24. Oktober
1990 in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1996 (BGBl. I, S. 1649),
die auf der Grundlage der ausreichenden Ermächtigungsnorm des § 18 Abs. 3 GenTG
erlassenen worden ist, welcher vorgibt, dass der Verordnungsgeber das Verfahren
entsprechend den Anforderungen des § 10 Abs. 2 bis 10 des BImSchG ausgestalten
muss, sind mit Ablauf der nach Satz 1 der Vorschrift zu bestimmenden Anhörungsfrist
alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln
beruhen. Bei der Frage, mit welchen Einwendungen ein Bürger, der sich im
Anhörungsverfahren zu Wort gemeldet hat, später vor allem auch im gerichtlichen
Verfahren ausgeschlossen ist, hängt maßgeblich davon ab, welche insoweit rechtlich
beachtlichen „Einwendungen" im Anhörungsverfahren erhoben worden sind. Dahinter
steht der Gedanke, dass ein Bürger nicht im nachhinein eine Verwaltungsentscheidung
im Klagewege zu Fall bringen können soll, obwohl er im Verwaltungsverfahren auf sie
hätte hinreichend Einfluss nehmen können, dies aber unterlassen hat.
55
Vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 7 B 159.83 -,
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1984, 234.
56
Das erfordert, dass mit dem sachlichen Gegenvorbringen gegen die geplante
Maßnahme /Anlage im Anhörungsverfahren deutlich gemacht werden muss, welche
Gefahren der Einwender im Hinblick auf seine persönlichen Rechtsgüter befürchtet. Bei
solchen sog. Betroffenen - Einwendungen (im Gegensatz zu sog. Jedermann-
Einwendungen) reicht es grundsätzlich aus, wenn die Einwendung in groben Zügen
erkennen lässt, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen werden und welche
Beeinträchtigungen befürchtet werden. Dabei dürfen in fachlicher Hinsicht keine
übersteigerten Anforderungen an das Vorbringen gestellt werden; es bedarf auch keiner
Begründung der Einwendung. Damit reicht es nicht aus, sich etwa als Sachwalter von
Interessen der Allgemeinheit auf mögliche Gefahren zu berufen, son- dern es muss
hinreichend deutlich werden, dass ein Abwehranspruch geltend gemacht werden soll,
der aus einer eigenen Rechtsposition des Einwenders erwächst. Das bedeutet auch,
dass eine Rechtsposition so substantiiert geltend gemacht werden muss, dass eine
darauf bezogene Prüfung im Verfahren möglich ist. Dazu hat das
Bundesverwaltungsgericht
57
u.a. in seinem Urteil vom 17. Juli 1980 - 7 C 101.78 -, Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 60, 297(311)
58
ausgeführt: „Wer Eigentumsbeeinträchtigungen vorbringen will, muss die
Eigentumsposition, deren Gefährdung er befürchtet, konkret bezeichnen; wer darlegt,
dass er um seine Arzneimittelkulturen besorgt ist, kann nachträglich nicht mehr
vorbringen die geplante Anlage beeinträchtige die Verkehrsfähigkeit seines
Grundstücks und treffe ihn damit als Grundstückseigentümer schwer und unerträglich."
Andererseits sind Einwendungsschreiben auslegungsfähig; das Gericht hat nach den
dafür geltenden Maßstäben zu beurteilen, welche Bedeutung einzelnen Angaben im
Einwendungsschreiben beigemessen werden kann.
59
Das bedeutet vorliegend zunächst, dass in dem im Tatbestand im Wortlaut
60
wiedergegebenen Schreiben des Klägers vom 10. März 2006 die Einwendungen Nr.
2,4,5 und 6 (eine Nr. „3" fehlt) sämtlich als sog. Jedermann-Einwendungen zu
qualifizieren sind, weil der Kläger darin gerade keine Verknüpfung zu eigenen Rechten
herstellt, die er als beeinträchtigt benennt und die deshalb mit Blick gerade auf seine
Person im Verfahren berücksichtigt werden sollten. Hier macht er keine Gefahren
geltend, die gerade ihn als Folge des Freisetzungsvorhabens bedrohen, sondern
allgemeine Bedenken gegen Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen
bzw. generelle Bedenken gegen das Vorhaben und dessen Durchführung, ohne dass
insoweit der Schutz eigener Rechtspositionen reklamiert wird. Das gilt auch, soweit der
Kläger in Nr. 2 seiner Einwendungen von einem „großflächigen Menschenversuch"
spricht. Er weist in diesem Kontext auf Gefahren hin, die die Freisetzung gentechnisch
veränderter Pflanzen generell mit sich bringen; er macht darin gerade keine
spezifischen Gefahren für seine Gesundheit in Folge der Freisetzung der hier konkret
auszubringenden Sommerrapspflanzen geltend.
Als Betroffenen - Einwendung ist hier nur die Einwendung Nr. 1 zu bewerten. Darin
nimmt der Kläger Bezug auf „unsere Flächen", die als Teil eines eingetragenen
landwirtschaftlichen Betriebes im Verbund des ökologischen Anbauverbands C1. e.V.
durch die räumliche Nähe zu den geplanten Freisetzungsversuchen und aufgrund der
örtlichen Windrichtung durch Pollenflug beeinträchtigt seien. Damit macht er zweifelsfrei
eigene Belange als betroffener Nachbar gegenüber dem Vorhaben des Beigeladenen
geltend. Soweit er diese Einwendung mit der Formulierung „... führt bei allen übrigen
konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrieben zu massiven Eingriffen im
Anbauergebnis und ist daher wirtschaftlich nicht zumutbar" beschließt, kann das im
Zusammenhang mit seinen vorangegangenen Ausführungen nicht dahin verstanden
werden, dass er hiermit allein die Interessen fremder landwirtschaftlicher Betriebe
anspricht, sondern nur dahin, dass er alle konventionell bzw. ökologisch
wirtschaftenden Betriebe auf der einen Seite dem mit gentechnisch veränderten
Organismen arbeitenden Versuchsbetrieb der Beigeladenen gegenüberstellt. Soweit er
damit über seine persönlichen Belange hinaus auch Nachteile für andere Betriebe
aufzeigt, steht das der Würdigung als Betroffenen - Einwendung nicht entgegen. Zwar ist
dem Schreiben selbst nicht eindeutig zu entnehmen, ob er dabei (nur) als Eigentümer
und/oder Nutzer landwirtschaftlicher Flächen agiert, aber jedenfalls wird darin ein Bezug
zu einem ihm zuzurechnenden Betrieb hergestellt und eine Gefahr für den zugehörigen
Grund und Boden sowie die Anbauergebnisse angeführt. Damit erscheint es dem
Gericht zweifelhaft, diese Einwendung Nr. 1 des Klägers - wie die Beklagte meint - als
allein auf Vermögensschäden bezogen zu bewerten. Diesbezüglich ist zumindest nicht
ausgeschlossen, die Ausführungen des Klägers so auszulegen, dass er gerade durch
den Hinweis auf seine Flächen in räumlicher Nähe zum Versuchsgelände und auf die
„Anbauergebnisse" nicht ausschließlich eventuelle wirtschaftliche Einbußen beklagen
wollte, sondern als beeinträchtigte Rechtsgüter auch sein Eigentum an Grund und
Boden sowie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb noch
hinreichend erkennbar angesprochen hat. Insoweit muss nämlich durch Auslegung
ermittelt werden, welche rechtliche Bedeutung den Ausführungen eines juristischen
Laien zukommt, ohne allzu hohe Anforderungen an dessen Wortwahl zu stellen. Es
muss nur hinreichend deutlich werden, ob und welche Rechtsgutbeeinträchtigungen er
fürchtet. Das dürfte hier im vorgenannten Sinn der Fall sein.
61
Soweit der Kläger danach mit seinem Vortrag zu der Gefahr einer Beeinträchtigung der
in seinem Eigentum stehenden Grundflächen durch unzureichende
Sicherheitsvorkehrungen nicht ausgeschlossen ist, hat die Klage jedoch keinen Erfolg,
62
weil der Boden durch die genehmigte Freisetzung in seiner Substanz nicht
beeinträchtigt wird.
Was die vom Kläger in erster Linie angesprochene Gefahr des Pollenfluges angeht, tritt
ein Schaden des Bodens allein durch das Auftreffen von Pollen - sei es mit oder ohne
gentechnisch veränderte Erbinformation - nicht ein. Pollen von gentechnisch
veränderten Sommerrapspflanzen kann nur dann überhaupt die veränderte
Erbinformation weitergeben, wenn er auf empfängnisfähige Kreuzungspartner trifft.
Durch den Pollenflug wird die Beschaffenheit des Bodens, d.h. der vom Kläger selbst
oder seinen Pächtern genutzten Feldflächen, nicht tangiert.
63
Soweit die Rede von Gefahren durch „Durchwuchsraps" ist, also befürchtet wird, dass
durch Samenkörner mit der gentechnisch veränderten Erbinformation, die durch
Vertragung durch Wildtiere oder z.B. Vögel entweder direkt vom Versuchsfeld oder
mittelbar von Hybriden mit etwa an Wegesrändern wachsenden Rapspflanzen auf das
Land des Klägers gelangen könnten, kann zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden,
dass ein solcher Fall möglich ist. Selbst wenn aber einzelne Samenkörner von
gentechnisch veränderten Sommerrapspflanzen auf oder auch in den Boden des
Klägers eindringen würden, stellt sich dieser Fall noch nicht als Schaden am Boden dar.
Weder verändern die Samen oder daraus wachsende Pflanzen die Beschaffenheit noch
- als Einzelfallerscheinung - die Nutzbarkeit der betreffenden Bodenflächen.
64
Auch eine Beeinträchtigung des „Anbauergebnisses" kommt sowohl unmittelbar durch
Pollenflug als auch durch Durchwuchsraps nur insofern in Betracht, als kreuzungsfähige
Pflanzen angebaut werden. Dass dies der Fall sei, hat der Kläger erstmals in der
mündlichen Verhandlung auf Nachfrage angegeben. Aber auch wenn man davon
unabhängig dem Argument des Klägers folgen wollte, dass wegen der möglichen
mehrjährigen Überlebenszeit von Ausfallsamenkörnern im Boden auch auf zukünftige
Anbauabsichten abzustellen sei, hat die Klage keinen Erfolg.
65
Das gilt unabhängig von der Frage, ob man dabei mit der Beklagten davon ausgeht,
dass der Gesetzgeber den in Rede stehenden Genehmigungsvoraus- setzungen nur im
Hinblick auf die in § 1 Nr. 1 GenTG ausdrücklich bezeichneten Rechtsgüter
drittschützende Wirkung zubilligt und deshalb hier nur der Schutz von Sachgütern, also
vorliegend nur der Grundstücksflächen selbst in Betracht kommt, nicht jedoch der
Schutz der Gesamtheit von Sachen und Rechten, die den eingerichteten und
ausgeübten Gewerbetrieb des Klägers, d.h., im wesentlichen die Verpachtung seiner
Feldflächen, ausmachen. Es kann insoweit offen bleiben, ob der Schutz einzelner durch
Art. 14 GG geschützter Rechtspositionen durch einfachgesetzliche Regelungen
ausgeschlossen werden kann, bzw. ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber
diesen Schutz im Bereich der Gentechnik durch materielle Regelungen wirksam auf
Ausgleichsansprüche (hier: nach § 36a GenTG) begrenzen kann.
66
Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass er mit seinem
Vorbringen zur angeblich fehlenden Koexistenz von Raps und zu unzureichenden
Sicherheitsvorkehrungen weder präkludiert ist noch dass es an einer drittschützenden
Norm fehlt, auf die er sich insoweit berufen kann, hat die Klage keinen Erfolg. Denn der
Kläger hat nichts dafür dargetan, dass sein Recht am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb durch die genehmigte Freisetzungsmaßnahme verletzt sein könnte.
67
Der zentrale Aspekt seines Vorbringens - neben der Rüge der fehlenden FFH-
68
Hauptprüfung -, eine Ausbreitung von gentechnisch veränderten Organismen könne
weder in räumlicher noch zeitlicher Hinsicht sicher ausgeschlossen werden, und Raps
sei nicht koexistenzfähig, reicht nicht aus, um eine konkrete Verletzung seiner eigenen
Rechte durch den streitigen Bescheid darzutun. Allein der Umstand, dass ein
Freisetzungsversuch potentiell Auskreuzungs- und Durchwuchsrisiken mit sich bringen
kann, führt für sich weder zu einem Verbot einer Freisetzungsgenehmigung noch zu
einer Rechtsverletzung benachbarter Grundstücks- eigentümer/Betriebsinhaber, auch
wenn sie ebenfalls Raps anbauen bzw. dies in absehbarer Zeit beabsichtigen. Vielmehr
kommt eine Rechtsverletzung nur in Betracht, wenn tatsächlich schädliche
Auswirkungen auf die geschützten eigenen Rechtsgüter zu besorgen sind. Auch die
bloße räumliche Nähe zwischen dem Grundbesitz und der Freisetzungsfläche, die
innerhalb der möglichen Reichweite des Pollenfluges liegt, sowie die allgemeine
Möglichkeit des Vertragens von Samen über das Versuchsgelände hinaus, reicht dafür
allein nicht aus.
Im Hinblick auf die tatsächlich von der Freisetzung auf seine eigenen Rechtsgüter
drohenden Gefahren hat sich der Kläger darauf beschränkt, eine angeblich fehlende
Koexistenz von Raps zu beklagen und daraus ohne weiteres auf eine Unmöglichkeit der
weiteren Bewirtschaftung der zu seinem Gut gehörenden Flächen mit konventionellem
oder ökologischem Landbau zu schließen. Dem kann jedoch so nicht gefolgt werden.
Denn dieses Vorbringen übersieht zunächst, dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GenTG nur die
Möglichkeit gewährleistet werden soll, dass Produkte konventionell, ökologisch und
unter Einsatz gentechnisch veränderter Organismen erzeugt und in Verkehr gebracht
werden können, also „Koexistenz" nur mit Blick darauf eine Rolle spielt. Dem entspricht,
dass die Genehmigungsvoraussetzungen für eine Freisetzung in § 16 Abs. 1 GenTG nur
auf die Schutzgüter des § 1 Nr. 1 GenTG abheben, die Vorschrift zur Koexistenz des § 1
Nr. 2 GenTG darin jedoch nicht erwähnt wird. Das vom Kläger schlagwortartig benutzte
Argument von der angeblich fehlenden Koexistenz übergeht im Hinblick auf die hier
allein in Rede stehende Freisetzungsgenehmigung zudem das näher ausge- führte und
plausible Gegenargument der Beklagten, dass Auskreuzungsraten, die bei
großflächigem Anbau von gentechnisch verändertem Raps im Verhältnis zu ähnlich
großen Anbauflächen mit konventionellem Raps beobachtet worden sind, nicht auf das
hier in Rede stehende Versuchsvorhaben übertragbar sind. Dem hat der Kläger nichts
Substantiiertes entgegengesetzt.
69
Entscheidend kommt hinzu, dass dem - jedenfalls so nicht zutreffenden und nicht
weiterführenden - Argument der fehlenden Koexistenz nicht minder pauschal das
Schlagwort von der Existenzgefährdung des Klägers wegen angeblich zukünftiger
Unmöglichkeit konventioneller bzw. ökologischer Bewirtschaftung seiner Flächen
hinzugefügt wird.
70
Insbesondere wird nicht einmal behauptet, dass auf Flächen des Klägers (von seinen
Pächtern) in nennenswertem Umfang Raps (oder sonstige Kreuzungspartner von
Sommerraps) angebaut werden oder in absehbarer Zeit angebaut werden sollen. Für
eine konkrete Beeinträchtigung der Anbauergebnisse gerade der im Jahre 2006 mit
Raps bebauten Fläche ist schon deshalb nichts ersichtlich, weil deren Ernte durch die
nur noch streitige Freisetzung im Jahre 2007 nicht tangiert werden kann. Es ist auch
weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass einzelne Pächter des Klägers mit Blick
auf einen etwa geplanten Anbau von Raps die Pachtverträge kündigen oder nicht
verlängern wollen, und schon gar nicht, dass infolge solcher Ankündigungen die
Verpachtungs- und Nutzungsmöglichkeiten der Grundflächen des Klägers konkret in
71
Frage stehen.
Der Kläger wendet sich auch nicht etwa substantiiert gegen die im
Genehmigungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen der ZKBS und der
Biologischen Bundesanstalt, welche gerade benachbarte, landwirtschaftlich genutzte
Flächen im Blick hatten und diesbezüglich die Sicherheitsvorkehrungen, jedenfalls so
wie sie im Genehmigungsbescheid (u.a. in den Nebenbestimmungen) festgeschrieben
worden sind, für ausreichend erachtet haben. Den ihm jedenfalls nach Akteneinsicht im
einzelnen bekannt gewordenen Argumenten, die sich bei derartigen
Freisetzungsversuchen u.a. an den Bestimmungen der Saatgutverordnung,
insbesondere an den dort zur Vermeidung unerwünschter Fremdeinstäubungen
vorgeschriebenen Isolationsabstände orientieren und zudem die unterschiedlichen
Blütezeiten von Sommer- und Winterraps berücksichtigen, ist der Kläger nicht nur nicht
entgegengetreten, sondern er hat sich mit ihnen gar nicht befasst. Statt dessen hat er
eine Vielzahl von Zitaten aus den Akten angeführt, um zu belegen, dass die
Auseinandersetzung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit mit den Argumenten des Bundesamtes für Naturschutz
oberflächlich und nicht allein an sachlichen Kriterien ausgerichtet gewesen sei.
72
Da für eine Beeinträchtigung der Flächen oder eigentumsähnlicher Rechte des Klägers
nichts hinreichend Konkretes vorgetragen worden ist, und solche nach Aktenlage auch
nicht ersichtlich sind, bestand für das Gericht auch kein Anlass, etwa dem Schlagwort
von der fehlenden Koexistenz weiter nachzugehen oder sich mit den konkret geregelten
Sicherheitsvorkehrungen näher zu befassen.
73
Das gilt zumal angesichts des Umstandes, dass nach gefestigter Rechtsprechung
74
vgl. z.B. VG Berlin, Beschluss vom 12. September 1995 - 14 A 216.95 - m.w.N. und OVG
Berlin, Beschluss vom 12. Februar 1996 - 1 S 156.95 -
75
der Genehmigungsbehörde eine Einschätzungsprärogative zukommt, die vom Gericht
nur in eingeschränktem Umfang zu prüfen ist.
76
Soweit der Kläger mit seiner Bezugnahme auf die vom Bundesamt für Na- turschutz
thematisierten Risiken zur Auskreuzung in Wildpflanzen und damit einer Weitergabe der
veränderten Erbsubstanz in das Ökosystem geltend machen will, über diesen Weg
werde auch sein Betrieb in Mitleidenschaft gezogen, kann er sich darauf nicht berufen,
weil er damit gerade keine unmittelbare Wirkung der Genehmigung auf seine
Rechtsgüter aufzeigt, sondern ein allgemeines Risiko der Ausbringung von
gentechnisch veränderten Organismen beklagt, dessen gerichtliche Prüfung er gerade
nicht verlangen kann.
77
An einem unmittelbaren Eingriff in seinen Gewerbetrieb (Pachtbetrieb) würde es auch
fehlen, wenn etwa Pächter allein wegen der räumlichen Nähe der Flächen zum
Versuchgelände und einem daraus resultierenden Unbehagen den Vertrag kündigen
oder nicht verlängern wollten.
78
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3, § 162 Abs. 3 sowie
hinsichtlich des erledigten Teils - auch insoweit wäre der Kläger voraussichtlich
unterlegen gewesen - aus § 161 Abs. 2 VwGO. Dabei waren die außergerichtlichen
Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese einen Sachantrag
79
gestellt und sich damit auch einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §
708 Nr. 11, § 711 Satz 1 ZPO.
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Anlass, die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, bestand nicht.
81