Urteil des VG Köln vom 22.12.2009

VG Köln (aufschiebende wirkung, antragsteller, abwasseranlage, grundstück, verwaltungsgericht, zweifel, antrag, ergebnis, wirkung, kanalisation)

Verwaltungsgericht Köln, 14 L 1212/09
Datum:
22.12.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 L 1212/09
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des
Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 599,71 EUR festgesetzt
Gründe
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Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
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die aufschiebende Wirkung seiner Klage 14 K 1230/09 gegen den
Heranziehungsbescheid des Antragsgegners vom 29.01.2009 anzuordnen, soweit er
darin zu Abwassergebühren herangezogen worden ist,
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ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
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Vorab weist das Gericht darauf hin, dass die Frage der Vertretungsbefugnis des
Verfahrensbevollmächtigten mit Blick auf die Eilbedürftigkeit des vorliegenden
Verfahrens einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.
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Gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung der
Anfechtungsklage bei der - hier gegebenen - Anforderung von öffentlichen Abgaben und
Kosten. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht auf Antrag die
aufschiebende Wirkung in Fällen der vorliegenden Art ganz oder teilweise anordnen. In
entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO setzt dies voraus, dass
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheides
bestehen oder die sofortige Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige Härte
zur Folge hat. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen lässt sich bei der im vorliegenden
Eilverfahren nur möglichen und auch nur gebotenen summarischen Überprüfung der
Sach- und Rechtslage hier nicht feststellen.
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Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach dem im Klageverfahren durch die
Bezugnahme auf das Verfahren 14 K 601/09 formulierten Antrag der
Heranziehungsbescheid des Antragsgegners bezüglich des Abwassers insgesamt, also
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auch wegen der Schmutzwassergebühr aufgehoben werden soll. Obwohl hiergegen
inhaltlich keine Einwendungen geltend gemacht werden, sind diese mithin ebenfalls
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Der Heranziehungsbescheid des Antragsgegners vom 29.01.2009 ist nach
gegenwärtiger Einschätzung im hier angefochtenen Umfang rechtmäßig.
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Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Antragstellers zu den Abwassergebühren
sind die §§ 1 bis 6 und 10 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die
Benutzung der öffentlichen Abwasseranlage der Stadt Pulheim vom 19.12.2008
(Benutzungsgebührensatzung, BGebS). Soweit der Antragsteller das rückwirkende
Inkraftsetzen dieser Satzung zum 01.01.2008 rügt, kann er damit rechtlich nicht durch
dringen. Es ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtssprechung allgemein anerkannt,
dass eine Gebührensatzung dann rückwirkend geändert werden kann, wenn dadurch
Bedenken der Rechtsprechung an ihrer Wirksamkeit ausgeräumt werden sollen. So
liegen die Dinge hier: Nach der von dem Beklagten zitierten Entscheidung des
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Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom
18.12.2007 -9 A 3648/04- , NWVBl. 2008, 142 ff
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ist der Frischwassermaßstab für eine einheitliche Erhebung der Schmutz- und
Niederschlagswassergebühren nicht mehr zulässig. Die Auffassung des Antragstellers,
dieses Urteil sei vorliegend nicht einschlägig, verkennt elementar die rechtliche
Tragweite der Entscheidung, deren wesentliche Aussage gerade darin besteht, dass
unabhängig von der Frage einer homogenen Bebauung ein einheitlicher Maßstab nicht
(mehr) zulässig ist. Auch wenn das Urteil nicht in einem Verfahren gegen den
Antragsgegner ergangen ist, war er bei einer vergleichbaren satzungsrechtlichen
Regelung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, sein Ortsrecht an die Anforderungen
der obergerichtlichen Rechtsprechung anzupassen.
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Nach der danach wirksamen BGebS werden für die Inanspruchnahme der städtischen
Abwasseranlage Benutzungsgebühren erhoben. Gemäß § 3 BGebS wird die
Schmutzwassergebühr nach der Menge des Abwassers berechnet, das der städtischen
Anlage von den angeschlossenen Grundstücken zugeführt wird. Maßgeblich ist insoweit
die bezogene Frischwassermenge, hier 101 m3. Gegen die Rechtmäßigkeit der
Heranziehung zu Schmutzwassergebühren trägt der Antragsteller nichts vor, Mängel
sind auch im Rahmen dieses Verfahrens nicht ersichtlich.
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Für die zwischen den Beteiligten streitige Heranziehung zu Gebühren für die
Beseitigung des Niederschlagswassers ist nach § 4 Abs. 1 BGebS die bebaute
und/oder befestigte Grundstücksfläche maßgeblich, von der das Niederschlagswasser
leitungsgebunden oder nicht leitungsgebunden direkt oder indirekt in die städtische
Abwasseranlage gelangen kann. Dieser Flächenmaßstab ist als sog.
Wahrscheinlichkeitsmaßstab für die Berechnung der Niederschlagswassergebühren
allgemein anerkannt. Entgegen dem Vortrag des Antragstellers wird das
Niederschlagswasser von seinem hier streitbefangenen Grundstück der städtischen
Abwasseranlage zugeführt. Soweit ein Regenfallrohr von der straßenseitigen
Dachfläche unterirdisch direkt an den Kanal angeschlossen ist, wurde dies auch von
dem Antragsteller nicht in Abrede gestellt. Sollte das Fallrohr entsprechend der
Behauptung des Antragstellers -ggf. wasserrechtswidrig- an einen "Mischwasserkanal"
in der Straße angeschlossen sein, läge auch insoweit eine Inanspruchnahme der
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einheitlichen städtischen Abwasseranlage vor. Nach dem eindeutigen Ergebnis der
Ortsbesichtigung vom 05.11.2009 entwässern aber auch alle anderen Flächen in den
städtischen Kanal. Von den übrigen Dachflächen wird das Regenwasser jeweils
unmittelbar auf die nicht überbauten, vollständig befestigten Grundstücksflächen
abgeleitet. Von diesen befestigten Flächen gelangt das Wasser über verschiedene
Bodeneinläufe in die Kanalisation des Antragsgegners. Nach dem Ergebnis der
Farbbeprobung anlässlich des genannten Ortstermins sind die auf dem Grundstück des
Antragstellers befindlichen Einläufe an verschiedene Kanäle der städtischen
Abwasseranlage angeschlossen. Da das gesamte Grundstück von der Straße aus
gesehen nach hinten ein regelmäßiges Gefälle aufweist, übernehmen insbesondere die
dort verbauten beiden Straßeneinläufe, die über den Schacht mit der Nr. 00000000 an
den Niederschlagswasserkanal angeschlossen sind, die maßgebliche
Entwässerungsfunktion. Dies gilt umso mehr, als das Grundstück an der hinteren
Grenze derart eingefriedet ist, dass das Niederschlagswasser in diesem Bereich den
Straßeneinläufen zugeführt wird. Dass ein weiterer Bodeneinlauf nach dem Ergebnis
des Ortstermins in einen Schmutzwasserkanal einmündet, ändert auch in diesem
Zusammenhang nichts an der Inanspruchnahme der städtischen Abwasseranlage. Die
von dem Antragsgegner angesetzte Fläche wird von dem Antragsteller nicht in Zweifel
gezogen, so dass auch hinsichtlich der Höhe der Gebühren ernstliche Zweifel nicht
bestehen.
Der Vortrag des Antragstellers, bei Einräumung des Leitungsrechts seien die Parteien
nicht davon ausgegangen, dass damit auch noch Kosten für den
Grundstückseigentümer verbunden seien, ist für das vorliegende Verfahren rechtlich
irrelevant. Insoweit wird verkannt, dass grundsätzlich auch für die Beseitigung des
Niederschlagswassers ein Anschlusszwang an die städtische Kanalisation besteht.
Entsprechende Gebühren entstehen daher völlig unabhängig von der Einräumung eines
Leitungsrechts. Darüber hinaus verkennt der Antragsteller zudem, dass er auch in der
Vergangenheit Gebühren für die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung gezahlt
hat. Diese waren lediglich in der einheitlichen Abwassergebühr enthalten und haben
den Antragsteller insoweit gebührenrechtlich begünstigt.
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Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, nach dem Anschreiben des
Antragsgegners vom 05.09.2008 erhöhe sich die Gesamtsumme der
Abwassergebühren nicht, kann auch dies Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Heranziehung nicht begründen. Offenkundig ist hier die Gesamtsumme der von dem
Antragsgegner zu erhebenden Entwässerungsgebühren angesprochen. Dass dies nicht
für jedes einzelne Grundstück gelten kann, ist unmittelbare Folge der Rechtsprechung
des OVG NRW. Gerade solche Grundstücke, die - wie das des Antragstellers-
weitestgehend befestigt sind, aber nur einen verhältnismäßig geringen
Frischwasserverbrauch aufweisen, waren Anlass für die Änderung der Rechtsprechung
des OVG NRW.
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Gründe für das Vorliegen einer unbilligen Härte hat der Antragsteller nicht vorgetragen,
sie sind auch nicht ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG. Dabei hat das Gericht
wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens entsprechend seiner ständigen Praxis ein
Viertel der streitigen Gebühren zugrunde gelegt.
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