Urteil des VG Köln vom 16.10.2006
VG Köln: berufskrankheit, anerkennung, belastung, gefährdung, fürsorgepflicht, schule, gestaltungsspielraum, gefahr, ausserhalb, gleichbehandlung
Verwaltungsgericht Köln, 3 K 3618/05
Datum:
16.10.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 3618/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
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Die am 08.12.1952 geborene Klägerin steht als Sonderschullehrerin im Dienste des
beklagten Landes.
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Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 24.08.1994 an die Stadt I. ge- sundheitliche
Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit ihrer Unterrichtstätigkeit in Räumen der F. -
L. -Schule in I. . Sie gab an, seit Wiederbeginn des Schulunterrichts im Schuljahr
1994/95 habe sie Beeinträchtigungen ihres Gesund- heitszustands bemerkt; es seien
starke Kopfschmerzen und blaue Ringe unter den Augen aufgetreten. Diese
Beschwerden seien immer dann in Erscheinung getreten, wenn sie ihren Dienst im
Klassenraum des Pavillions der F. -L. -Schule verse- hen habe.
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Unter dem 28.01.2005 beantragte die Klägerin die Anerkennung einer „Dienstbe-
schädigung" bzw. einer berufsbedingten Erkrankung. Bei Untersuchungen an ihrem
Schulgebäude sei festgestellt worden, dass unzulässig hohe und damit gesundheits-
schädliche Lindan-Werte vorgelegen hätten. Dieser Belastung sei sie 2 ½ Jahre aus-
gesetzt gewesen. In Folge der Langzeitwirkung von Lindan seien bei ihr schwere
gesundheitliche Schäden eingetreten.
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Mit Bescheid vom 30.03.2005 lehnte die Bezirksregierung Köln den Antrag der Klägerin
ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei Messungen im Unterrichtsraum sei kein
Hinweis auf eine Gesundheitsgefährdung festgestellt worden.
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Die Bezirksregierung Köln wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchs-
bescheid vom 03.06.2005 zurück. Es wurde ausgeführt, ein Zusammenhang der ge-
sundheitlichen Beschwerden mit der geltend gemachten Schadstoffbelastung in ei- nem
Klassenraum sei nicht nachgewiesen.
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Am 21.06.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, es sei ein Dienst- unfall
bzw. eine Berufskrankheit im Sinne des § 31 BeamtVG gegeben. Sie sei über einen
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längeren Zeitraum einer erheblichen Schadstoffbelastung ausgesetzt gewe- sen.
Insbesondere am 1. Unterrichtstag nach den Sommerferien 1994 sei es zu einer starken
Beeinträchtigung gekommen, da in Folge der Hitzeentwicklung in diesem Raum eine
besondere Belastung gegeben gewesen sei. Bei der Auslegung des § 31 Abs. 3
BeamtVG sei zu berücksichtigen, dass im Berufskrankheitenrecht eine weit- gehende
Gleichstellung von Beamten und Angestellten geboten sei; Erkrankung, die bei
Angestellten als Berufskrankheit anerkannt werden, seien auch bei Beamten auf der
Grundlage des § 31 BeamtVG anzuerkennen.
Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.03.2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 03.06.2005 zu verpflichten, die bei vorliegenden
Beschwerden als Dienstunfall bzw. Berufskrankheit im Sinne des § 31 BeamtVG
anzuerkennen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, die von der Klägerin angegebenen Durchblutungsstörungen der Hände
seien nicht als Dienstunfall gemäß § 31 Abs. 1 BeamtVG anzuerkennen, weil diese
nicht auf ein plötzliches Ereignis zurückzuführen seien. Im Übrigen sei auch ein
Kausalzusammenhang nicht nachgewiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genom- men.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Der Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 30.03.2005 und ihr Widerspruchsbescheid
vom 03.06.2005 sind rechtmäßig; sie verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§
113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Anerkennung der bei ihr vorliegenden
gesundheitlichen Beschwerden als Dienstunfall bzw. Berufskrankheit gemäß § 31
BeamtVG.
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Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußere Einwirkung
beruhendes, plötzliches, örtlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes
Ereignis, das in Ausübung oder in Folge des Dienstes eingetreten ist.
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Im vorliegenden Fall kann es als ausgeschlossen angesehen werden, dass die bei der
Klägerin nunmehr gegebenen Beschwerden auf ein plötzliches Ereignis zurückzuführen
sind. Auch nach ihren eigenen Angaben ist die Erkrankung allenfalls auf die dauerhafte
Schadstoffbelastung über mehrere Jahre hinweg zurückzuführen. Auch wenn an einem
bestimmten Tag aufgrund zusätzlicher Hitzeentwicklung in dem Klassenzimmer eine
besondere Belastung mit Schadstoffen gegeben gewesen sein sollte, kann dies allein
nicht als Ursächlich für das Entstehen der bei Klägerin vorliegenden Erkrankung
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angesehen werden; dies kann jedenfalls auch nicht den von der Klägerin vorgelegten
Stellungnahmen entnommen werden.
Es liegt weiterhin auch keine Berufskrankheit gemäß § 31 Abs. 3 BeamtVG vor. Nach §
31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG gilt eine Erkrankung als Dienstunfall, wenn ein Beamter, der
nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten
Erkrankungen besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit erkrankt, es sei
denn, dass er sich diese Erkrankung ausserhalb des Dienstes zugezogen hat.
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Im vorliegenden Fall ist bei der Klägerin keine Erkrankung aufgetreten, die ihre Ursache
in der Art ihrer dienstlichen Verrichtung hat. Die Krankheit steht nicht im Zusammenhang
mit einer besonderen Gefährdung, der grundsätzlich Lehrkräfte in ihrem Beruf
ausgesetzt sind. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob ein kausaler Zusammenhang
zwischen der von der Klägerin geltend gemachten Schadstoffbelastung in
Klassenräumen und der bei ihr eingetretenen Erkrankung gegeben ist. Selbst wenn dies
der Fall sein sollte, wäre eine Berufskrankheit im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG nicht
gegeben.
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Die Ursache liegt nicht in der Art ihrer dienstlichen Verrichtung; sonstige äußere,
insbesondere räumliche Einwirkungen können im Rahmen der Anerkennung einer
Krankheit als Berufskrankheit in Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG nicht berücksichtigt
werden.
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Vgl. im Einzelnen OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.02.1995 - 2 A 5573/95 -,
OVG/Schütz/Maiwald, Beamtenrecht ES/CII 3.1 Nr. 64 m.w.N.; VGH München, Urteil
vom 17.05.1995 - 3 B 94.3181 -, ZBR 1996, 344.
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Es kommt insoweit entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht entscheidend
darauf an, ob bei derartigen Fallgestaltungen bei Angestellten und Arbeitern im
öffentlichen Dienst eine berufsbedingte Erkrankung anerkannt werden könnte. Vielmehr
ist im beamtenrechtlichen Dientunfallrecht allein die Bestimmung des § 31 Abs. 3
BeamtVG maßgeblich.
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Vgl. auch VGH München, Urteil vom 17.05.1995, a.a.O.
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Für den Bereich des Beamtenrechts hat der Gesetzgeber in § 31 BeamtVG klare
Regelungen darüber getroffen, in welchen Fällen eine Anerkennung als Dienstunfall
oder als Berufskrankheit in Betracht kommt; insbesondere wird ein unmittelbarer
Zusammenhang zwischen der sich aus der Art der dienstlichen Verrichtung ergebenden
Gefährdung und der Erkrankung vorausgesetzt. Eine vollständige Gleichbehandlung
von Beamten und Angestellten erscheint nicht geboten, zumal der Dienstherr gegenüber
Beamten durch die Gewährung versorgungsrechtlicher und beihilferechtlicher
Ansprüche seiner Fürsorgepflicht nachkommt. Es unterliegt jeweils den
Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, in welcher Weise er seine Fürsorgepflicht
gegenüber Beamten konkretisiert.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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