Urteil des VG Köln vom 23.03.2006

VG Köln: besoldung, öffentliches amt, unternehmen, vorverfahren, privatisierung, arbeitszeitverkürzung, umwandlung, streichung, beamter, gehalt

Verwaltungsgericht Köln, 15 K 719/05
Datum:
23.03.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 719/05
Tenor:
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt
erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu
1/3.
Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren
wird für notwendig erklärt.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger steht als Leitender Postdirektor (BesGr. B 3 BBesO) in den Diensten der
Beklagten.
2
Mit Wirkung vom 13.11.2004 trat das "Erste Gesetz zur Änderung des
Postpersonalrechtsgesetzes" vom 09.11.2004 in Kraft. Gemäß der Neufassung des § 10
Abs. 1 PostPersRG entfällt der Anspruch auf Sonderzahlung nach dem
Bundessonderzahlungsgesetz für die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten
Beamten. In der Besoldungsmitteilung für den Monat 12/04 war die jährliche
Sonderzahlung für Beamte gemäß § 1 des Bundessonderzahlungsgesetzes daher für
den Kläger nicht mehr ausgewiesen.
3
Gegen die Nichtzahlung der Sonderzahlung, dokumentiert in der Bezügemitteilung,
legte der Kläger Widerspruch mit Schreiben vom 03.12.2004 ein und beantragte, die ihm
als Bundesbeamten zustehende Sonderzahlung in Höhe von 5 % der
Jahresbruttobezüge umgehend auszuzahlen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen
aus, dass gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 BBesG die jährliche Sonderzuwendung zur
Besoldung gehöre. Die Nichtgewährung der Sonderzuwendung für das Jahr 2004
könne nicht mit einer entsprechenden Regelung im Postpersonalrechtsgesetz
begründet werden. Denn diese Regelung verstoße im Hinblick darauf, dass den
anderen Bundesbeamten die Sonderzuwendung weiterhin gewährt werde, gegen den
4
Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG. Hinreichende Gründe für eine
Ungleichbehandlung lägen auch deshalb nicht vor, weil der verfassungsändernde
Gesetzgeber in Art. 143 b Abs. 3 GG gerade klargestellt habe, dass insoweit ein
verfassungsrechtliches Differenzierungsverbot bestehe: Erfolge die Zuweisung - wie in
Art. 143 b Abs. 3 GG geregelt - unter ausdrücklicher Wahrung der Rechtsstellung der
Beamten, so komme darin gerade zum Ausdruck, dass die für alle Beamten
gleichermaßen garantierten Rechte ungeschmälert fortbestünden. Zu diesen ohne
Differenzierung gewährleisteten Rechten gehöre insbesondere das Recht auf
Besoldung und damit auch das Recht auf Sonderzahlung, soweit sie den übrigen
Bundesbeamten gewährt werde. Zudem liege in der Streichung der Sonderzahlung ein
Verstoß gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentierung des Beamten. Es
erscheine in hohem Maße zweifelhaft, ob eine ersatzlose Streichung der jährlichen
Sonderzuwendung noch eine amtsangemessene Alimentierung bestehen lasse. Auch
die von der Telekom immer wieder herangezogene Verquickung von
Arbeitszeitverkürzung und Wegfall der Sonderzahlung sei keine tragfähige Grundlage,
da die Arbeitszeitverkürzung selbst rechtswidrig sei. Überdies träten insoweit Friktionen
auf, als die Arbeitszeitverkürzung auf 34 Wochenstunden erst zur Jahresmitte eingeführt,
die Sonderzahlung aber für das gesamte Jahr gestrichen worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid der Deutschen Telekom AG - Vorstand - vom 13.01.2005
wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde
ausgeführt, dass die Nichtzahlung der jährlichen Sonderzuwendung für die bei den
Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten auf gesetzlicher Grundlage beruhe. Diese
gesetzliche Regelung sei im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zustande
gekommen und deshalb vom Dienstherrn zu beachten. Nach § 2 Abs. 1 BBesG werde
die Besoldung der Beamten durch Gesetz geregelt. Eine andere Festsetzung der
Besoldung sei dem Dienstherrn nicht möglich. Dieser Gesetzesvorbehalt gelte selbst
dann, wenn das geltende Besoldungsrecht gegen die Alimentationspflicht verstoßen
würde, was aber bezüglich der Sonderzahlung in Abrede gestellt werde.
5
Der Kläger hat am 27.01.2005 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er
sein bisheriges Vorbringen.
6
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2006 die Hauptsache
insoweit für erledigt erklärt, als während des Gerichtsverfahrens ein Betrag von 1.434,49
Euro als Sonderzahlung für das Jahr 2004 nachgezahlt worden ist.
7
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
8
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2005 zu
verpflichten, dem Kläger eine Sonderzahlung in Höhe von 5 % der für das Kalenderjahr
2004 zustehenden Bezüge (Grundgehalt, Familienzuschlag, Amts-, Stellen-,
Ausgleichs- und Überleitungszulagen) abzüglich gezahlter 1.434,49 Euro zu zahlen und
die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
9
Die Beklagte beantragt,
10
die Klage abzuweisen.
11
Zur Begründung trägt sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen
12
Vorbringens ergänzend vor, dass in der beamtenrechtlichen Sonderregelung des § 10
Abs. 1 PostPersRG die Intention zum Ausdruck komme, der personalwirtschaftlichen
Rolle des Beamten in einem Wirtschaftsunternehmen, das wegen besonderer
Gegebenheiten der Privatisierung Beamte neben Tarifkräften zur privatwirtschaftlichen
Erbringung von Dienstleistungen beschäftige, Rechnung zu tragen. Diese Linie führe
der Gesetzgeber fort und bestimme in der neugefassten Vorschrift des § 10 Abs. 1
PostPersRG, dass der Anspruch auf Sonderzahlung nach dem
Bundessonderzahlungsgesetz für die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten
Beamten entfalle. Der Gesetzgeber mache sich damit das unternehmenswirtschaftliche
Interesse an der Kostensenkung zu eigen und berücksichtige, dass die Beamten
aufgrund der sich entwickelnden Privatisierung in keiner Weise mehr mit der Erfüllung
öffentlicher Aufgaben befasst seien. Weiter werde damit das Ziel verfolgt, Mittel zu
erschließen, um die Möglichkeit zu sichern, Beamte stärker an einer
leistungsorientierten Besoldung zu beteiligen. Die zunehmende Spannung zwischen
Tarifentlohnung und Beamtenbesoldung solle in einer für private, im nationalen und
internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen angemessenen Weise vermindert
werden, soweit dies verfassungsrechtlich möglich sei.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Art. 33 Abs. 5 GG werde durch die
Gesetzesänderung nicht in rechtswidriger Weise verletzt. Die Sonderzahlungen
genössen nicht den Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG, da es insoweit unter dem Blickwinkel
des Alimentationsprinzips keinen zu beachtenden hergebrachten Grundsatz des
Berufsbeamtentums gebe. Dies habe das Bundesverfassungsgericht bereits für die bis
2003 existierenden Zahlungen einer Sonderzuwendung und eines Urlaubsgeldes
angenommen. Sie stellten danach zwar keinen unerheblichen Anteil der Besoldung dar,
materiell-rechtlich werde der Grundsatz der amtsangemessenen Besoldung durch den
Wegfall der beiden Besoldungselemente nicht in einer Art. 33 Abs. 5 GG verletzenden
Weise berührt.
13
Auch Art. 143 b Abs. 3 GG gebiete keine andere Betrachtung. Es sei unstreitig, dass mit
Art. 143 b Abs. 3 Satz 1 GG das zum Zeitpunkt der Umwandlung des
Teilsondervermögen in Aktiengesellschaften erworbene Amt im statusrechtlichen Sinne
vor Veränderungen habe geschützt werden sollen. Das statusrechtliche Amt werde
durch die Amtsbezeichnung, die Laufbahngruppe und das Endgrundgehalt der
Besoldungsgruppe bestimmt. Hierin werde durch den Wegfall der Sonderzuwendung
nicht eingegriffen. Darüber hinaus nähmen die in einem privatisierten Unternehmen
tätigen Beamten in den meisten ihnen obliegenden Aufgaben keine hoheitlichen
Tätigkeiten mehr wahr. Vielmehr seien sie der Wirtschaftlichkeit ihres Unternehmens
und dementsprechend nicht mehr in dem Maße der "unparteiischen Amtsführung"
verpflichtet wie andere Bundesbeamte. Als Beschäftigte eines privaten Unternehmens
nähmen die Beamten in der Regel kein öffentliches Amt mehr wahr. Das
Dienstverhältnis zum Bund bleibe zwar bestehen, das Amtsverhältnis erlösche jedoch.
14
Der Wegfall der Sonderzahlung bei den bei der Deutschen Telekom beschäftigten
Beamten könne zwar zur Folge haben, dass sich ihre Besoldung schlechter darstelle als
die Besoldung vergleichbarer Beamter im übrigen. Insoweit sei bei der
Gesetzesänderung zwar der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu
beachten gewesen. Dieser sei jedoch durch die neugefasste Vorschrift des § 10 Abs. 1
PostPersRG auch nicht verletzt. Der normative Gehalt des Gleichheitssatzes erfahre
seine Konkretisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden
Sachbereichs, so dass sich je nach Regelungsgegenstand und
15
Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen des Gestaltungsspielraums des
Gesetzgebers ergäben. Der Gleichheitssatz verlange, dass eine vom Gesetz
vorgenommene unterschiedliche Behandlung von Personengruppen sich
sachbereichsbezogen auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund von
hinreichendem Gewicht zurückführen lasse. Ein sachlicher Differenzierungsgrund für
die Ungleichbehandlung der "Telekom-Beamten" im Verhältnis zu den "übrigen
Bundesbeamten" sei gegeben: Im vorliegenden Fall handele es sich, vom Anlass und
Beweggrund her gesehen, um das unternehmerische Interesse an Kostensenkung und
personalwirtschaftlicher Verbesserung. Der die Ungleichbehandlung rechtfertigende
Grund sei die im Laufe der Privatsierung und der sich ändernden
Wettbewerbsbedingungen sich vertiefende Verschiedenartigkeit der von den
übergeleiteten Beamten geforderten Dienstaufgaben. Diese Entwicklung nähere die
Beschäftigung der Beamten strukturbedingt der Arbeit der Tarifkräfte an und
unterscheide sie tiefgreifend von der allgemeinen Tätigkeit des Beamten, dem
grundsätzlich die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse oder zumindest die
Erfüllung öffentlicher Aufgaben anvertraut sei. Auch aus der Tatsache, dass die bei der
Deutschen Telekom beschäftigten Beamten Beamte ohne Amt seien, lasse sich ein
sachgerechter Differenzierungsgrund ableiten. Zwischen der Tätigkeit der bei der
Deutschen Telekom beschäftigten Beamten und den bei Behörden tätigen Beamten
bestünden so schwerwiegende Unterschiede, dass die vorgesehene
Ungleichbehandlung bei der Besoldung zwischen diesen Besamtengruppen
gerechtfertigt sei.
Am 20.07.2005 sei darüber hinaus im Bundesgesetzblatt 2005 die Telekom-
Sonderzahlungsverordnung (TelekomSZV) vom 12.07.2005 bekannt gemacht worden.
Durch das Inkrafttreten am 21.07.2005 hätten beabsichtigte Kompensationszahlungen
realisiert werden können. Dem Kläger seien hiernach 1434,49 Euro als Sonderzahlung
nachgezahlt worden.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
17
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
18
Soweit die Beteiligten im Hinblick auf die im Jahre 2005 erfolgte Teilnachzahlung der
Sonderzahlung in Höhe von 1.434,49 Euro für das Jahr 2004 den Rechtsstreit in der
mündlichen Verhandlung vom 23.03.2006 übereinstimmend erledigt erklärt haben, ist
das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - einzustellen.
19
Im Übrigen ist die zulässige Klage jedoch unbegründet.
20
Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch auf Gewährung der Sonderzahlung für
das Jahr 2004. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.01.2005 ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1
VwGO-.
21
§ 67 BBesG sieht die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung vor. Nach § 2 Abs. 1
Satz 1 Bundessonderzahlungsgesetz (BSZG) i.d.F. vom 29.12.2003 hat ein Beamter
des Bundes Anspruch auf eine Sonderzahlung in Höhe von 5 % der für das
Kalenderjahr zustehende Bezüge, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BSZG: Mit Wirkung zum
22
13.11.2004 trat jedoch das "Erste Gesetz zur Änderung des
Postpersonalrechtsgesetzes" vom 09.11.2004 (BGBl. I 2004, 2774) in Kraft. Durch
dessen Art. 1 Nr. 5 a wurde § 10 Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG) geändert. § 10
PostPersRG enthält besoldungsrechtliche Sonderregelungen für die bei den
Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten. Gemäß § 10 Abs. 2 PostPersRG wird das
Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen,
ob und inwieweit Sonderzahlungen und Leistungsentgelte an die dort beschäftigten
Beamten gewährt werden. Aufgrund dieser letztgenannten Vorschrift wurde am
12.07.2005 die am 21.07.2005 in Kraft getretene Verordnung über die Sonderzahlung
an Beamtinnen und Beamte bei der Deutschen Telekom AG
(Telekomsonderzahlungsverordnung - TelekomSZV) erlassen, so dass dem Kläger für
das Jahr 2004 im Jahr 2005 1.434,49 Euro "Kompensationszahlung" gewährt werden
konnte.
Darüber hinaus hat der Kläger unter Anwendung von § 10 PostPersRG keinen
Anspruch auf Gewährung der Sonderzahlung 2004. Denn gegen § 10 PostPersRG
bestehen nach Auffassung der Kammer keine rechtlichen, insbesondere
verfassungsrechtliche Bedenken.
23
Ein Verstoß gegen Art. 143 b Abs. 3 GG ist nicht gegeben. Art. 143 b Abs. 3 GG schützt
den Status der bei der (ehemaligen) Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten im
Rahmen der Weiterbeschäftigung bei dem privaten Unternehmen (Post AG, Telekom
AG etc.) und gibt diesen Bundesbeamten eine Weiterbeschäftigungsgarantie unter
Wahrung ihrer Rechtsstellung, d.h. der beamtenrechtlichen Rechte und Pflichten.
Zulässig sind damit auch Verschlechterungen, die der Beamte nach Art. 33 Abs. 5 GG
auch ohne Privatisierung hinnehmen müsste. Damit sind Anpassungen des
Dienstrechts an die spezielle Situation der übergeleiteten Beamten in den Grenzen des
Art. 33 Abs. 5 GG nicht ausgeschlossen. Unzulässig wäre demnach beispielsweise im
Hinblick auf das Alimentationsprinzip die Koppelung der Besoldungsanpassungen an
die Tarifabschlüsse der privatwirtschaftlich handelnden Unternehmen,
24
vgl. von Münch/Kunig, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, Art. 143 b GG, Rdnr. 9.
25
Eine besoldungsrechtliche Besitzstandswahrung ist aber mit Art. 143 b GG nicht
verbunden, genauso wenig wird die dort genannte Beamtengruppe aus dem
gesetzlichen Rahmen gelöst oder deren Status quasi eingefroren.
26
Der Wegfall der Sonderzahlung für das Jahr 2004 verstößt auch nicht gegen
hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG). Insbesondere
liegt eine Verletzung des Alimentationsprinzips nicht vor. Zu den hergebrachten
Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gehört die Verpflichtung des
Dienstherrn, dem Beamten und seiner Familie angemessenen Lebensunterhalt zu
gewähren. Zur Besoldung rechnen die Dienstbezüge an den Beamten und an die zu
seinem Hausstand zählenden Familienmitglieder (Ehegatte und Kinder). Die Besoldung
und Versorgung der Beamten wird nicht (nur) als Gegenleistung für dessen Dienste
eingeordnet, vielmehr besteht im Rahmen der Verpflichtung zur amtsangemessenen
Alimentation die Pflicht des Dienstherrn bzw. Gesetzgebers einen angemessenen
Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie entsprechend der Entwicklung der
allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards sowie
entsprechend dem Dienstrang, der mit dem Amt verbundenen Verantwortung und der
Bedeutung des Bearufsbeamtentums für die Allgemeinheit zu gewähren. Der Beamte
27
muss außer den Grundbedürfnissen ein "Minimum an Lebenskomfort" befriedigen
können,
BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - BVerfGE 99, 300 (315).
28
Einerseits darf der Kernbestand der Alimentation nicht entzogen werden,
29
vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.05.1963 - 2 BvR 481/60, BVerfGE 16, 94 (112 f,); Urteil
vom 28.02.1980 - 1 BvL 17/77 u.a., 1 BvR 807/78, BVerfGE 53, 257 (307),
30
andererseits ist der Gesetzgeber aber auch nicht schlechthin zur Aufrechterhaltung
eines erworbenen Besitzstandes in bezug auf ein einmal erreichtes Einkommen
verpflichtet,
31
BVerfG, Beschluss vom 03.07.1985 - 2 BvL 16/82 - BVerfGE 70, 251 (267); Beschluss
vom 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a., BVerfGE 99, 300 (314).
32
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
33
vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.03.1977 - 2 BvR 1039,1045/75 -, BVerfGE 44, 249 (263)
34
schützt Art. 33 Abs. 5 GG nicht das sog. 13. Monatsgehalt, wie auch nicht das
Urlaubsgeld, Überstundenvergütung bzw. den Essenskostenzuschuss. Die
Sonderzuwendung im bisher gezahlten Umfang gehört nicht zu den hergebrachten
Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Denn mit den hergebrachten Grundsätzen des
Berufsbeamtentums i.S.d. Art. 33 Abs. 5 GG ist der Kernbestand von Strukturprinzipien
gemeint, die allgemein oder doch ganz überwiegend während eines längeren
traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar als
verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind. Die Sicherung eines Rechtsanspruchs
eines einzelnen Beamten auf ein summenmäßig fest begrenztes Gehalt ist weder vor
noch während der Geltung der Weimarer Verfassung maßgeblicher Grundsatz für die
Regelung der besoldungsrechtlichen Verhältnisse des Berufsbeamtentums gewesen.
Ein solcher Grundsatz galt allein für die Gewährung eines "amtsangemessenen"
Lebensunterhalts. Die entsprechenden Regelungen können, ohne dass die
verfassungsrechtliche Garantie berührt wird, daher jederzeit geändert werden,
35
BVerfG, Beschluss vom 30.03.1977 - 2 ?vR 1039,1045/75, BVerfGE 44, 249 (263);
Beschluss vom 10.10.1978 - 2 BvL 10/77 -, BVerfGE 49, 260 (272); Beschluss vom
30.09.1987 - 2 BvR 933/82 -, BVerfGE 76, 256 (310).
36
Folgerichtig kann die aus Art. 33 Abs. 5 GG hervorgehende Rechtsstellungsgarantie
keinen Anspruch des Beamten auf Bestandsschutz für gewährte Sonderzahlungen
begründen.
37
Vorliegend ließe sich unter Berücksichtigung des völligen Wegfalls der
Sonderzuwendung im Jahre 2004 noch nicht feststellen, dass der amtsangemessene
Unterhalt des Klägers nicht mehr gewährleistet sein könnte, erst recht nicht nach den im
Jahre 2005 erfolgten "Kompensationszahlungen" auf der Grundlage der
Telekomsonderzahlungsverordnung, die den Wegfall der Sonderzuwendung ganz oder
z.T. abfedert und kompensiert. Hinsichtlich des Art. 33 Abs. 5 GG fehlt es bereits am
substantiierten Vortrag dahingehend, dass der Kläger nach Wegfall der
38
Sonderzuwendung und unter Einbeziehung der Regelungen der
Telekomsonderzahlungsverordnung nicht mehr amtsangemessen besoldet und
alimentiert würde.
Der (teilweise) Wegfall der Sonderzahlung für das Jahr 2004 ist auch mit Art. 3 Abs. 1
GG vereinbar. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches
willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Ein
Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz liegt hiernach vor, wenn der
Gesetzgeber unter Überschreitung der ihm in diesem Zusammenhang zustehenden
Gestaltungsfreiheit Übereinstimmungen oder Unterschiede der zu ordnenden
Lebensverhältnisse nicht berücksichtigt, die so bedeutsam sind, das sie bei einer am
Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen,
39
vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.2002 - 2 BvR 1053/98 -, BVerfGE 106, 225 (240).
40
Der Kläger wird als Mitarbeiter der Deutschen Telekom AG im Vergleich zu den übrigen
Bundesbeamten nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt. Denn die
wöchentliche Arbeitszeit bei den Bundesbeamten beträgt derzeit gemäß § 1 Abs. 1 AZV
40 Stunden. Der Kläger hingegen hatte eine Wochenarbeitszeit von 34 Stunden, wurde
für eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden besoldet und erhielt für eine Mehrarbeit von
über 34 Stunden Wochenarbeitszeit eine Ausgleichszahlung nach § 5 TelekomSZV.
41
Zum anderen ist es auch dem Bund als Dienstherrn gestattet, unterschiedliche
Besoldungen nach den wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen in
unterschiedlichen Sektoren vorzusehen,
42
vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.02.2003 - 2 BvL 3/00 -, BVerfGE 107, 218 (246 ff.) für die
geringere Besoldung in den neuen Bundesländern.
43
Insofern besteht ein sachlicher Differenzierungsgrund in der veränderten
Aufgabenstellung der privatisierten Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost.
Es ist gerade das gesetzgeberische Ziel der Umwandlung der Deutschen Bundespost in
Aktiengesellschaften gewesen, den Unternehmen einen neuen und eigenen
Handlungsrahmen zu geben. Mit der Gründung der drei Nachfolgeunternehmen sollte
diesen der notwendige Freiraum für flexibles, unternehmerisches Handeln erhalten
werden, um so den heutigen, weitaus mehr als früher differenzierten Bedürfnissen der
Kunden nachzukommen und Wachstumspotenziale auch auf dem internationalisierten
und globalisierten Markt zu realisieren. Nach der Begründung des Entwurfs des Ersten
Gesetzes zur Änderung des Postpersonalrechtsgesetzes,
44
vgl. BT-Drs. 15/3404 S. 10 f.,
45
haben sich die Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost in ihrer
Aufgabenstellung daher immer weiter vom staatlichen Ursprung entfernt. Die dort
beschäftigten Beamtinnen und Beamten üben, soweit ihnen nicht im Rahmen der
Beleihung mit der Wahrnehmung dienstrechtlicher Befugnisse beamtenrechtliche
Entscheidungen obliegen, keine hoheitliche Tätigkeit mehr aus, sondern erbringen
privatrechtliche Dienstleistungen, es handelt sich somit um Beamte ohne eigentliches
Amt. Diese Entwicklung nähert die Beschäftigung der Beamten strukturbedingt der
Arbeit der Tarifkräfte an und unterscheidet sie tief greifend von der allgemeinen Tätigkeit
der Beamten mit hoheitlichen Befugnissen und öffentlichen Aufgaben. In diesem
46
Zusammenhang erscheint es daher auch nicht willkürlich, zu versuchen, das
Spannungsfeld tariflicher Entlohnung zur Besoldung zu minimieren, die Beamten
personalwirtschaftlich in das private Unternehmen zu integrieren und durch den Wegfall
der jährlichen Sonderzuwendung Mittel zur Finanzierung von leistungsabhängigen
Sonderzahlungen zu gewinnen, zumal gerade auch dem Beamtenrecht
leistungsbezogene Elemente innewohnen (vgl. §§ 8, 23 BBG zur Anstellung und
Beförderung bzw. die einschlägigen Vorschriften zur dienstlichen Beurteilung).
Soweit in dem Umstand, dass die Sonderzahlung für das Jahr 2004 im November 2004
rückwirkend für das gesamte Jahr entfallen ist, eine verfassunsgrechtlich bedenkliche
Rückwirkung hätte gesehen werden können,
47
vgl. hierzu VG Düsseldorf, Vorlagebeschluss vom 11.03.2005 - 26 K 2609/04 -
hinsichtlich des teilweisen Wegfalls einer jährlichen Sonderzahlung für das Jahr 2003
an Landesbeamte,
48
sind diese Bedenken nach den auf der Grundlage der Telekom-
Sonderzahlungsverordnung gezahlten Kompensationszahlungen jedenfalls nicht mehr
gegeben.
49
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
50
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs.1 und 2 VwGO. Unter den
gegebenen Umständen entspricht es billigem Ermessen i.S.v. § 161 Abs. 2 VwGO der
Beklagten die Kosten hinsichtlich des erledigten Teils der Klage aufzuerlegen, da sie
den Kläger durch die erfolgte Nachzahlung klaglos gestellt hat. Unter Berücksichtigung
der gegenseitigen Kostentragungspflichten, ist die Kostenentscheidung - wie
geschehen - zu quoteln.
51
Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren ist für notwendig
zu erklären. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines
Vorverfahrens erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Die Notwendigkeit der
Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren und damit die
Erstattungsfähigkeit seiner Gebühren und Auslagen ist in der Regel zu bejahen, da
ohne rechtskundigen Rat der Bürger nur in Ausnahmefällen materiell und
verfahrensrechtlich in der Lage ist, seine Rechte gegenüber der Verwaltung
ausreichend zu wahren.
52
Redeker/von Oertzen, Kommentar zur VwGO, 14. Aufl. 2004, § 162 Anm. 13 a. m. w.
Nachw..
53
Die Kammer hat keinen Anlass, im vorliegenden Fall von diesen Grundsätzen
abzuweichen, so dass dem Antrag auf Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das
Vorverfahren stattzugeben war.
54
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3
oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
55
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem
56
zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
57
2.
58
59