Urteil des VG Köln vom 16.08.2007

VG Köln: sport, körperverletzung, polizei, stadionverbot, schlägerei, lokal, beleidigung, rechtsgrundlage, gewahrsam, ermittlungsverfahren

Verwaltungsgericht Köln, 20 K 5805/05
Datum:
16.08.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
20. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 K 5805/05
Tenor:
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 23.08.2004
und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom
25.08.2005 ver- pflichtet, die von ihm im Hinblick auf den Vorfall im Jahr
2001 eingegebene Daten- gruppe ​Gewalttäter Sport" in POLAS und
INPOL zu löschen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das
Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Voll- streckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von
110 % des voll- streckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger
vor der Vollstreckung Si- cherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der am 00.00.0000 geborene Kläger begehrt die Löschung von über ihn gespei- cherten
Daten in der Datei „Gewalttäter Sport".
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Mit Schreiben vom 11.03.2003 stellte der Kläger beim Landeskriminalamt Nord- rhein-
Westfalen ein Auskunftsersuchen gemäß § 18 DSG NRW über Eintragungen in den
polizeilichen Informationskarteien (insbesondere PIKAS NRW, INPOL bzw. Datei
„Gewalttäter Sport").
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Daraufhin wurde dem Kläger seitens des Polizeipräsidiums N. unter dem 28.05.2003
mitgeteilt, er sei nach den dort vorhandenen Erkenntnissen bisher wie folgt in
Erscheinung getreten:
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07.04.1996 N. , Gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch, StA N. , 11 Js
1230/96, Tat im Zusammenhang mit Fußballspiel
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02.11.1991 N. , Gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, StA N. , 14 Js
236/92, Kneipenschlägerei mit Biergläsern und Barhockern
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27.08.1994 E. , Beleidigung eines Zollbeamten, StA E. , 906 Js 1997/94
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12.04.1998 N. , Hausfriedensbruch, StA N. 23 Js 729/98 Verstoß gegen ein
Stadionverbot
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Bestrafungen:
9
AG Düsseldorf, 141 Cs 906 Js 1997/94, Beleidigung, 30 Tagessätze á 80,00 DM
10
AG Mönchengladbach, 14 Cs 25 Js 1878/96, gemeinschaftlicher Landfriedens- bruch in
Tateinheit mit Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung, 80 Ta- gessätze á
80,00 DM.
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Des Weiteren sei er in der Datei „Gewalttäter Sport" gespeichert. Anlass hierzu sei seine
Beteiligung an einer hooligantypischen Auseinandersetzung am 19.08.2001 in Köln
gewesen.
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Auf die Frage nach der Rechtsgrundlage für die Speicherung, wurde dem Kläger am
14.04.2004 durch das Polizeipräsidium N. mitgeteilt, die Speicherung beruhe auf § 24
PolG NRW i.V.m. der Errichtungsanordnung für die Datei „Gewalttä- ter Sport" i.d.F. vom
11.03.2002 i.V.m. den Richtlinien für den Übergangsbetrieb der Datei „Gewalttäter
Sport" im Bereich der Polizei des Landes NRW (Stand: Juli 2001). Die Speicherung sei
letztlich auf ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruchs
anlässlich eines Bundesligaspieles des 1. FC Köln am 19.08.2001 zurückzuführen.
Weitere Verfahren stünden mit der Speicherung in kei- nem Zusammenhang.
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Daraufhin beantragte der Kläger am 02.06.2004 beim Polizeipräsidenten N. sinngemäß
die Löschung der ihn betreffenden Daten in der Datei „Ge- walttäter Sport" sowie in der
Zentralen Informationsstelle Sport (ZIS) als Gewalttäter Sport (Kategorie C). Zur
Begründung machte er geltend, es sei im Zusammenhang mit dem vorzitierten Spiel des
1. FC Köln am 19.08.2001 nicht zu einem Ermittlungs- verfahren gegen ihn gekommen.
Selbst das ursprünglich seitens des 1.FC Köln ver- hängte Stadionverbot sei
nachfolgend mit Schreiben vom 16.11.2001 aufgehoben worden.
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Das Polizeipräsidium N. leitete das Löschungsgesuch unter dem 28.06.2004
zuständigkeitshalber an den Beklagten weiter.
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Nach Einholung einer Stellungnahme des szenekundigen Beamten, POK K. , lehnte der
Beklagte mit Verfügung vom 23.08.2004 die beantragte Löschung ab. Zur Begründung
wurde ausgeführt, am 19.08.2001 sei es im Lokal „S. „ in Köln zu einer gezielten
hooligantypischen Auseinandersetzung zwischen Kölner und Mönchengladbacher
Problemfans gekommen, im Zuge derer das Inventar des Lokals sowie mehrere in der
Tatortnähe abgestellte Autos zerstört, bzw. beschädigt worden seien. Die zum Tatort
gerufenen Polizeibeamten seien in unmittelbarer Nähe des Lokals auf
auseinanderlaufende, d.h. flüchtende Kölner wie Mönchengladbacher Fans, darunter
auch auf den Kläger gestoßen. Mit anderen sei der Kläger für die Dauer des Spiels in
Gewahrsam genommen worden. Bei seiner Überprüfung habe sich herausgestellt, dass
er langjährig und aktuell zur Gruppe der sog. Problemfans in N. gehöre und wiederholt
durch anlassbezogenes delinquentes Verhalten in Erscheinung getreten sei.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten unter
dem 10.09.2004 Widerspruch ein. Er legte dar, es sei nicht nachvollziehbar, warum er
der Gruppe der „Problemfans" zugerechnet werde, nachdem bis auf ein nicht
sportrelevantes Verfahren wegen Beleidigung eines Zollbeamten sämtliche in der
Vergangenheit gegen ihn anhängige Verfahren eingestellt worden seien. Des Weiteren
rechtfertige auch das Ereignis vom 19.08.2001 nicht die Speicherung der Daten, zumal
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auch der 1.FC Köln von einem Strafantrag sowie einem Stadionverbot abgesehen habe.
Denn er, der Kläger, sei an der Auseinandersetzung überhaupt nicht beteiligt gewesen.
Vielmehr habe er, als er erkannt habe, dass es zu einer Auseinandersetzung kommen
würde, mit zwei Bekannten gezahlt und das Lokal verlassen, um sich zu einer in der
Nähe gelegenen Gaststätte zu begeben. Dort hät- ten sie im Außenbereich an einem
Tisch gesessen und Cola getrunken. Dann sei die Polizei erschienen und habe ihnen
als angeblich Beteiligten an der Auseinandersetzung Handschellen angelegt und sie
zum Präsidium geschafft. Der Kläger bestritt ausdrücklich, zum Kreis der flüchtenden
Fans gehört zu haben.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung
Köln vom 25.08.2005 zurückgewiesen. Grundlage für die Speicherung sei die
Ingewahrsamnahme des Klägers gewesen, wobei er es unterlassen habe, deren
Rechtmäßigkeit durch Rechtsmittel überprüfen zu lassen. Bezüglich der Prognose, ob
damit zu rechnen sei, dass der Kläger auch künftig im Zusammenhang mit
Fußballveranstaltungen in Erscheinung treten werde, sei zu berücksichtigen, dass
zumindest die (eingestellten) Verfahren StA Mönchengladbach 11 Js 1230/96
(Gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch) und 23 Js 729/98
(Hausfriedensbruch durch Verstoß gegen Stadionverbot), im Zusammenhang mit
Fußball gestanden hätten.
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Der Kläger hat am 30.09.2005 Klage erhoben. Darin wiederholt und vertieft er seine
Auffassung, wonach infolge der Einstellungen der gegen ihn in der Vergangenheit
anhängigen Verfahren diese nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden dürften.
Insoweit beruhe die Speicherung auf unvollständigen Informationen, denn der Umstand
der Verfahrenseinstellung sei nicht vermerkt worden. Bezüglich des Verfahrens 14 CS
25 Js 1878/96 gebe der Beklagte das Ergebnis sogar unzutreffend wieder: Auch in
diesem Verfahren sei es nicht zu einer Verurteilung gekommen, sondern das Verfahren
sei eingestellt worden. Bezüglich der alten Vorwürfe sei zudem die 5-jährige
Aussonderungsfrist längst abgelaufen.
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Erneut vertrat der Kläger die Auffassung, auf die Geschehnisse vom 19.08.2001 im
Lokal „S. „ dürfe nicht abgestellt werden, weil er an dieser Auseinandersetzung nicht
beteiligt gewesen sei. Soweit die Beklagte auf einen neuerlichen Vorwurf im
Zusammenhang mit einem Fußballspiel am 16.01.2005 in Nimwegen Bezug nehme, sei
die hierauf gegründete Verlängerung der Aussonderungsfrist nicht gerechtfertigt. Der
Kläger bestreitet in diesem Zusammenhang, mit Sturmhaube und eisenbewehrten
Handschuhen ausgestattet gewesen zu sein.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 23.08.2004 und des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 25.08.2005 zu verpflichten, die
von ihm im Hinblick auf den Vorfall im Jahre 2001 eingegebene Datengruppe
„Gewalttäter Sport" in POLAS und INPOL zu löschen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht geltend, das ursprüngliche Löschungsdatum zum 19.08.2006 der von ihm
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gespeicherten Daten habe sich aufgrund eines erneuten Vorfalls am 16.01.2005 im
Zuständigkeitsbereich des PP N. automatisch bis zum 15.01.2010 verlängert. Insoweit
hat er zudem zunächst die Auffassung vertreten, aufgrund dieser neuerlichen
Eintragung nicht mehr passiv legitimiert zu sein. Schließlich verweist der Beklagte auf
ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung mit
erkennungsdienstlicher Behandlung, welches beim Polizeipräsidium N. bearbeitet
werde.
Der Kläger hat im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft ein einstweiliges
Rechtsschutzverfahren anhängig gemacht (20 L 756/06), welches mangels
Anordnungsgrundes ohne Erfolg blieb. Im Zuge dieses Verfahrens wurde die
Eintragung, soweit sie auf eine Speicherung durch den PP N. anlässlich des Vorfalls am
16.01.2005 zurückzuführen war, abgetrennt und an das VG Düsseldorf verwiesen
(dortiges Az.: 18 L 1041/06). Zwischenzeitlich ist dort auch das entsprechende
Hauptsacheverfahren anhängig geworden (18 K 3828/06).
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Ge-
richtsakte nebst der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Verwaltungsvorgänge des
Beklagten, Verwaltungsvorgang der Bezirksregierung Köln), die Akte des einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens 20 L 756/06 und der beigezogenen Akten der
Staatsanwaltschaft Mönchengladbach 23 Js 729/98 und 14 Cs 778/96 sowie die
beigezogenen Akten des Verwaltungsgerichts Düsseldorf 18 K 3828/06 und 18 L
1041/06 verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zulässig. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten
des Klägers am 30.08.2005 zugestellt, so dass die am 30.09.2005 eingegangene Klage
fristgerecht erhoben ist.
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Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte
die von ihm im Hinblick auf den Vorfall im Jahr 2001 eingegebene Datengruppe
„Gewalttäter Sport" in INPOL und POLAS löscht. Der dies versagende Bescheid des
Beklagten vom 23.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der
Bezirksregierung Köln vom 25.08.2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen
Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Bei der Datei „Gewalttäter Sport" handelt es sich um eine Verbunddatei, welche als
Datengruppe F (Fahndung) mit identischem Datensatz in INPOL wie in POLAS NRW
gespeichert ist.
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Soweit die Löschung des Vorfalls aus dem Jahr 2001 in der INPOL-Datei „Gewalttäter
Sport" in Rede steht, ist Rechtsgrundlage § 32 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 9 Satz 1
BKAG.
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Der Beklagte ist bezüglich dieses Löschungsbegehrens passiv legitimiert, da gemäß §
11 Abs. 3 BKAG nur die Stelle, welche Daten zu einer Person eingegeben hat, zur
Löschung befugt ist. Dem entsprechen die Regelungen in § 12 Abs. 2 BKAG und Ziffer
6.7 der Errichtungsanordnung zur Datei „Gewalttäter Sport", nach welchen die
datenschutzrechtliche Verantwortung für die gespeicherten Daten die eingebende Stelle
trägt.
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Nach der oben genannten Anspruchsgrundlage des § 32 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 9
Satz 1 BKAG sind die gespeicherten Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung
unzulässig oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist.
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Hier lagen die Voraussetzungen für eine Aufnahme des Klägers in die Datei
„Gewalttäter Sport" nicht vor, so dass die Speicherung unzulässig war.
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Gemäß Ziffer 3.3 der Errichtungsanordnung des BKA für die Datei „Gewalttäter Sport"
werden in diese Datei Daten von Personen aufgenommen, gegen die
Personalienfeststellungen, Platzverweise und Ingewahrsamnahmen zur Verhinderung
anlassbezogener Straftaten angeordnet wurden, weil bestimmte Tatsachen die
Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen anlassbezogene Straftaten von erheblicher
Bedeutung begehen werden (§ 8 Abs. 5 BKAG).
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Die Voraussetzungen dieser Regelung sind nicht erfüllt. Unstreitig ist zwar, dass der
Kläger anlässlich des Fußballspieles des 1. FC Köln gegen Borussia
Mönchengladbach am 19.08.2001 in Gewahrsam genommen worden ist, wobei offen
bleiben mag, ob die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW
(Unerlässlichkeit der Ingewahrsamnahme, um eine unmittelbar bevorstehende
Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher
Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern) gegeben waren.
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Es fehlt jedoch hier an einer hinreichenden Tatsachengrundlage für die Annahme, der
Kläger werde anlassbezogene Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen.
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Insoweit ging der Beklagte bei der Speicherung davon aus, dass sich der Kläger in
einem Pulk flüchtender Personen befunden hat, nachdem es zu einer hooligantypi-
schen Schlägerei im Lokal „S. „ gekommen war. Anlass für das Aus-einanderstreben der
an der Schlägerei Beteiligten soll das Eintreffen der Polizei gewesen sein. Bei dieser
Sachlage wäre die Einschätzung der Polizei, dass der Kläger mit hoher
Wahrscheinlichkeit an der Schlägerei beteiligt gewesen ist, nicht zu beanstanden
gewesen, so dass auch die Prognose, er werde weitere anlassbezogene Straftaten von
erheblicher Bedeutung begehen, vertretbar gewesen wäre.
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Dass der Kläger in einem Pulk vom Tatort flüchtender Fans angetroffen und festgesetzt
worden sein soll, hat sich indes in der mündlichen Verhandlung nicht bes- tätigt:
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Zunächst war der szenekundige Beamte des 1. FC Köln, Herr POK K. , dessen
Stellungnahme der Beklagte jedenfalls seiner Entscheidung über das
Löschungsgesuch zugrunde gelegt hat, am maßgeblichen Ort der Ingewahrsamnahme
gar nicht im Einsatz, sondern hat seinen Dienst in Stadionnähe verrichtet.
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Der weitere szenekundige Beamte des 1. FC Köln, Herr POK C. , hat in der mündlichen
Verhandlung ausgesagt, er sei mit einem Kollegen aus Mönchengladbach erst zum
Tatort gekommen, als die Schlägerei schon beendet gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt
sei der Kläger zusammen mit etwa 10 anderen Personen durch die Kollegen einer
Einsatzhundertschaft schon festgesetzt gewesen. Herr C. hat des Weiteren erläutert, es
habe keine konkreten Erkenntnisse dahingehend gegeben, dass einer der genannten
10 Fans aus Möchengladbach sich an den gewalttätigen Auseinandersetzungen
beteiligt habe. Er habe darüber auch keine Information von anderen Beamten vor Ort
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erhalten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem erstmals in der mündlichen Verhandlung
durch den Beklagten vorgelegten Sammel-Laufzettel, der offenbar von einem Beamten
der Einsatzhundertschaft gefertigt wurde. Diesem Laufzettel zufolge kam es bei der
Anreise zum Stadion im Bereich der Luxemburger Straße zu Körperverletzungen und
Sachbeschädigungen. Nähere Angaben könnten szenekundige Beamte machen.
Mehrere Personen seien in den Gottesweg geflüchtet und in diesem Bereich durch
Kräfte des III. Zuges des 12. BPH Bonn gestellt worden.
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Hieraus lässt sich eine konkrete, auf den Kläger bezogene Beteiligung an den
Körperverletzungen und Sachbeschädigungen nicht mit hinreichenden
Wahrscheinlichkeit entnehmen, zumal bzgl. näherer Angaben auf den szenekundigen
Beamten, Herrn C. , verwiesen wird, der jedoch zu einer Beteiligung des Klägers keine
Angaben machen konnte.
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Fehlte es damit an einer Tatsachengrundlage für die Annahme, der Kläger habe am
19.08.2001 anlassbezogene Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wollen,
kommt es nicht auf die Frage an, ob die in der Vergangenheit gegen den Kläger
anhängigen (sportrelevanten) Ermittlungsverfahren trotz ihrer Einstellung die Prognose
gerechtfertigt hätten, er werde künftig anlassbezogene Straftaten von erheblicher
Bedeutung begehen.
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War demzufolge die Speicherung in der Datei „Gewalttäter Sport" in INPOL unzu- lässig,
ist das Löschungsbegehren des Klägers gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1
BKAG begründet.
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Aus diesem Grunde bedarf es einer Klärung der vom Prozessbevollmächtigten des
Klägers aufgeworfenen Frage, inwieweit die Datei „Gewalttäter Sport" grundsätzlich mit
der Rechtsordnung vereinbar ist, nicht.
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Vgl. hierzu May, Die Untersagung der Ausreise und die Datei „Gewalttäter Sport",
Nds.VBl. 2002. S. 41 ff und Bundesbeauftragter für den Datenschutz, Tätigkeitsbericht
1999 - 2000, Ziff. 11.1, S. 99,
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Ebenso wenig bedarf es der Klärung der Frage, ob die automatische Verlängerung der
Speicherungsdauer aufgrund der zeitlich nachfolgenden Eingabe eines weiteren
Datensatzes rechtlich zulässig ist,
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vgl. zur automatischen Verlängerung der Speicherung Hess. VGH, Urteil vom
16.12.2004, - 11 UE 2982/02 -, Juris.
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Die Klage ist des Weiteren bezüglich der Löschung des (identischen) Daten- satzes in
POLAS NRW begründet. Rechtsgrundlage für das Löschungsbegehren ist insofern § 32
Abs. 2 Nr. 2 PolG NRW. Danach sind in Dateien suchfähig gespeicherte
personenbezogene Daten und die dazugehörigen zu den Personen suchfähig
angelegten Akten zu löschen oder zu vernichten, wenn die Speicherung nicht zulässig
ist. Wann die Speicherung zulässig ist, richtet sich nach § 24 PolG NRW, wobei hier
Absatz 1 der genannten Norm einschlägig ist.
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Auch für das auf die Löschung aus POLAS bezogene Begehren ist der Beklagte passiv
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legitimiert, denn nach dem POLAS-Verfahrensverzeichnis ist jede Behörde
verantwortliche Stelle für die Daten, die von ihr eingegeben wurden. Ferner wird in Ziffer
4.4 der Richtlinie für den Übergangsbetrieb der Datei „Gewalttäter Sport" im Bereich der
Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen auf die datenschutzrechtliche Verantwortung
gemäß Nr. 6.7 der EAO der Datei „Gewalttäter Sport" Bezug genommen. Wie oben
erläutert, obliegt die datenschutzrechtliche Verantwortung danach der eingebenden
Stelle.
Das Löschungsbegehren ist begründet, weil die Voraussetzungen für eine
Datenspeicherung nach § 24 Abs. 1 PolG NRW nicht vorlagen. Nach § 24 Abs. 1 PolG
NRW dürfen rechtmäßig erlangte personenbezogene Daten in einer Datei gespeichert
werden, soweit dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben, zur zeitlich befristeten
Dokumentation oder zur Vorgangsverwaltung erforderlich ist.
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Die Voraussetzungen dieser Norm liegen nicht vor: In Ziffer 3.3.2 der Richtlinie für den
Übergangsbetrieb der Datei „Gewalttäter Sport" im Bereich der Polizei des Landes
Nordrhein-Westfalen wird mit der Anknüpfung daran, ob Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass die Betroffenen anlassbezogenen Straftaten von erheblicher
Bedeutung begehen werden, eine im Verhältnis zu Ziff. 3.3 der Errichtungsanordnung
des BKA zur Datei „Gewalttäter Sport" deckungsgleiche Voraussetzung aufgestellt. Da,
wie oben ausgeführt, derartige Tatsachen nicht vorlagen, war die Speicherung in
POLAS NRW nicht zulässig, so dass der Löschungsanspruch nach § 32 Abs. 2 Nr. 2
PolG begründet ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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