Urteil des VG Köln vom 15.01.2009

VG Köln: ruhegehalt, gleichheit im unrecht, versorgung, beamtenverhältnis, dienstzeit, rechtsmittelbelehrung, verwaltungsakt, minderung, bauer, einverständnis

Verwaltungsgericht Köln, 15 K 2300/07
Datum:
15.01.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 2300/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
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Der am 00.00.0000 geborene Kläger stand bis zu seiner Zurruhesetzung mit Ablauf des
00.00.0000 in den Diensten der Beklagten und war - zuletzt als Ministerialdirigent
(Besoldungsgruppe B 6) - ab dem 01.01.1973 im Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) tätig.
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Während seiner Zeit im BMZ war er dreimal jeweils für Verwendungen bei
Internationalen Einrichtungen beurlaubt. Aus diesen Zeiten erhält der Kläger
Versorgung durch internationale Einrichtungen.
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Mit Bescheid des BMZ vom 29.05.1998 wurden die Versorgungsbezüge des Klägers
festgesetzt. Dabei wurde eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit von 40,02 Dienstjahren zu
Grunde gelegt, so dass sich ein Ruhegehaltssatz von 75 v. H. ergab. Unter
Berücksichtung einer Kürzung des Ruhegehaltsatzes wegen der
Versorgungsansprüche des Klägers aus seiner Verwendung im öffentlichen Dienst von
zwischen- oder überstaatlichen Einrichtungen gemäß 56 Beamtenversorgungsgesetz
(BeamtVG) wurde der Ruhegehaltsatz auf 60 v. H. reduziert. Außerdem wurde ein
Versorgungsabschlag wegen Zurruhesetzung auf eigenen Antrag vor Vollendung des
65. Lebensjahres gemäß § 14 Abs. 3 BeamtVG in Höhe von 1,61 v. H. abgezogen.
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Nachdem im folgenden die Versorgungsbezüge des Klägers auf der Grundlage eines
Ruhegehaltsatzes von 60 v. H. gezahlt worden waren, beantragte er mit Schreiben vom
16.08.2005 eine Berichtigung des Abzugs gemäß § 56 BeamtVG, da seiner Ansicht
nach nicht die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, sondern das Ruhegehalt nach Abzug
des Versorgungsabschlags gemindert werden müsse. Unter dem 24.08.2005 teilte die -
damalige - Oberfinanzdirektion (OFD) Köln dem Kläger mit, sowohl die Kürzung des
Ruhegehaltsatzes als auch der Kürzungsbetrag seien richtig berechnet worden. Unter
dem 07.03.2006 wandte sich der Kläger an das Bundesministerium des Innern (BMI) mit
der Bitte um Erläuterungen zu § 56 BeamtVG. Das BMI gab die Sache
zuständigkeitshalber an das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ab, welches dem
Kläger - nachdem eine Stellungnahme der OFD Köln eingeholt worden war - mit
Schreiben vom 06.06.2006 mitteilte, die Berechnung seiner Versorgungsbezüge sei
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korrekt erfolgt.
Der Kläger hat am 11.06.2007 Klage erhoben. Zur Begründung macht er im
wesentlichen geltend, er bestreite nicht die grundsätzliche Berechtigung der Beklagten,
einen Teil seiner Ruhegehaltsbezüge gemäß § 56 BeamtVG zum Ruhen zu bringen.
Weiterhin bestreite er auch nicht die Rechtmäßigkeit des Versorgungsabschlags gemäß
§ 14 Abs. 3 BeamtVG. Seine Einwände bezögen sich vielmehr auf die
Berechnungsmethode im Falle des § 56 Abs. 1 BeamtVG, welche rechtswidrig sei.
Während bei der Anwendung von § 14 Abs. 3 BeamtVG der Prozentanteil von
tatsächlichen deutschen Ruhegehalt abgezogen werde, würden für § 56 Abs. 1
BeamtVG hingegen die fiktiven ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (von 100 v. H.)
zugrunde gelegt und nicht das tatsächliche deutsche Ruhegehalt. Dies wirke sich zu
seinem - des Klägers - Nachteil in der Weise aus, dass er pro Monat 282,77 Euro
weniger Ruhegehalt erhalte. Für das gesamte Beamtenversorgungsrecht sei derselbe
Bedeutungsinhalt für das Wort „Ruhegehalt" zugrunde zu legen. Hätte der Gesetzgeber
etwas anderes gewollt und insbesondere einen Bezug zu „ruhegehaltsfähigen
Dienstbezügen" herstellen wollen, hätte er das in den entsprechenden Text zu § 56 Abs.
1 BeamtVG eingearbeitet. Es könne nicht sein, dass bei ihm - dem Kläger - einerseits im
Falle des Versorgungsabschlags der Abzug von tatsächlichen Ruhegehalt
vorgenommen werden, andererseits im Falle von § 56 Abs. 1 BeamtVG aber von den
(fiktiven) ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen ausgegangen werde, die in dieser
Vorschrift nicht genannt seien. Der Kläger beantragt,
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bei der Berechnung des 15 %igen Abzugs vom deutschen Ruhegehalt (gemäß § 56
Abs. 1 BeamtVG) nicht die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge zugrunde zu legen,
sondern das tatsächliche deutsche Ruhegehalt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, zum Vollzug des § 56 BeamtVG sei eine
Berechnung des Ruhensbetrages erforderlich. Dieser errechne sich - im Unterschied zur
Berechnung des Versorgungsabschlages - nicht aus dem Ruhegehalt. Vielmehr erfolge
die Berechnung in gleicher Art und Weise wie die Berechnung des Ruhegehaltsatzes,
d. h. jedes Jahr, das in zwischen - und überstaatlichen Einrichtungen verbracht worden
sei, werde mit dem Vom-Hundert-Satz 1,875 multipliziert. Das bedeute, dass die in einer
überstaatlichen Einrichtung verbrachten Dienstzeiten des Klägers von insgesamt 8
Jahren und 138 Tagen einerseits als ruhegehaltsfähig berücksichtigt, andererseits aber
über § 56 BeamtVG wieder herausgerechnet würden. Nur so könne eine
Doppelversorgung verhindert werden. Der Kläger sei 8 vollendete Jahre bei den
zwischen- oder überstaatlichen Einrichtungen tätig gewesen, daraus ergebe sich die
Berechnung 8 Jahre x 1,875 v. H. = 15 v. H.. Der Ruhegehaltsatz von 75 v. H. werde
also um 15 v. H. auf 60 v. H. gemindert. Die Kürzung betrage 1.078,95 Euro; dieser
Betrag werde vom verdienten Ruhegehalt, also von dem um den Versorgungsabschlag
geminderten Ruhegehalt, abgezogen.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Verfahrensakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne
mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, jedoch nicht
begründet.
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Der Zulässigkeit der Klage steht namentlich nicht entgegen, dass der Kläger vor
Klageerhebung keinen seinem Klagebegehren entsprechenden Antrag bei der
Beklagten gestellt hatte. Dies ist vielmehr mit Schreiben vom 16.08.2005 geschehen.
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Allerdings ist zweifelhaft, ob dem Erfolg des klägerischen Begehrens bereits die
Bestandskraft der Entscheidung der OFD Köln vom 24.08.2005 entgegensteht. Hierbei
spricht vieles dafür, dass es sich bei dieser Entscheidung um einen Verwaltungsakt
handelt, der den vom Kläger geltend gemachten Anspruch verneint. Dies könnte auch in
Anbetracht der Tatsache gelten, dass dieses Schreiben nicht als Bescheid
gekennzeichnet ist und auch keine Rechtsmittelbelehrung enthält. In diesem Falle
spricht auch vieles dafür, dass ein entsprechender Verwaltungsakt vom 24.08.2005
bestandskräftig geworden ist. Auch wenn berücksichtigt wird, dass mangels
Rechtsmittelbelehrung gegen einen solchen Bescheid noch innerhalb einer Frist von
einem Jahr gemäß § 58 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Widerspruch
eingelegt werden konnte, ist kein ausdrücklicher Widerspruch innerhalb dieser Frist
eingegangen. Anders könnte allerdings die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn das
Schreiben des Klägers vom 07.03.2006 an das BMI als Widerspruch angesehen würde;
dann wäre die Widerspruchsfrist von einem Jahr gewahrt. Es bleibt aber fraglich, ob ein
weiteres Auskunftsschreiben - gerichtet an das BMI - als Widerspruch gegen eine
Entscheidung der OFD Köln angesehen werden kann. Für die Durchführung eines
Widerspruchsverfahrens spricht allerdings, dass das BMI den Vorgang an das BMF
abgegeben und dieses (nach Einschaltung der OFD Köln) dem Kläger eine abschlägige
Antwort erteilt hat.
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Letztlich kann die Frage der Bestandskraft eines etwaigen ablehnenden Bescheides der
OFD Köln aber dahingestellt bleiben, da der Kläger jedenfalls materiell-rechtlich keinen
Anspruch darauf hat, dass bei der Berechnung nach § 56 Abs. 1 BeamtVG nicht die
ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, sondern das tatsächliche deutsche Ruhegehalt
zugrunde gelegt wird.
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Grundlage des Begehrens des Klägers ist § 56 Abs. 1 BeamtVG, welcher folgende
Regelung trifft: Erhält ein Ruhestandsbeamter aus der Verwendung im öffentlichen
Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung eine Versorgung, ruht sein
deutsches Ruhegehalt in Höhe des Betrages, um den die Summe aus der genannten
Versorgung und dem deutschen Ruhegehalt die in § 56 Abs. 2 BeamtVG genannte
Höchstgrenze übersteigt, mindestens jedoch in Höhe des Betrages, der einer Minderung
des Vom-Hundert-Satzes von 1,875 (dieser Vom- Hundert-Satz ist gemäß § 69 e Abs. 2
S. 2 BeamtVG auf den Kläger anwendbar) für jedes Jahr in zwischen- oder
überstaatlichen Dienst entspricht.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berechnung der Ruhensregelung nach § 56 Abs. 1
BeamtVG in dem von ihm geforderten Sinne dergestalt, dass bei der Berechnung des 15
%igen Abzugs vom deutschen Ruhegehalt nicht die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge
zugrunde gelegt werden, sondern das tatsächliche deutsche Ruhegehalt.
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Bei der Prüfung der Rechtslage ist Sinn und Zweck der Vorschrift des § 56 Abs. 1
BeamtVG vorrangig in den Blick zu nehmen. Gegenüber einer solchen Auslegung nach
Sinn und Zweck einer Vorschrift ist die vom Kläger in den Vordergrund gestellte
Wortlautinterpretation nachrangig. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Zeit der
Verwendung eines deutschen Beamten bei einer in § 56 Abs. 1 BeamtVG genannten
internationalen Einrichtung trotzdem für die Berechnung des deutschen Ruhegehalts
der im deutschen Beamtenverhältnis zurückgelegten Dienstzeit gleich steht, vgl. §§ 6
Abs. 3 Nr. 4, 7 S. 1 Nr. 2 BeamtVG. Besoldungs- und versorgungsrechtlich erleidet
demnach der Beamte nach nationalem Recht durch die internationale Verwendung
keinerlei Nachteile. Erwirbt auf der anderen Seite der deutsche Beamte aufgrund seiner
internationalen Verwendung einen Versorgungsanspruch gegen die internationale
Einrichtung, so steht ihm im Versorgungsfalle die internationale Versorgung neben der -
zunächst ungekürzten - nationalen Versorgung aus dem deutschen Beamtenverhältnis
als weiterer Versorgungsbezug zu. § 56 bestimmt für diesen Fall, dass das deutsche
Ruhegehalt ganz oder zum Teil ruht,
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vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Kommentar zum BeamtVG, Loseblattsammlung
Stand: August 2008, § 56 BeamtVG Erl. 1.
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Mit der im deutschen Beamtenverhältnis zurückgelegten Dienstzeit, auch soweit der
Beamte bei internationalen Einrichtungen verwendet worden ist, steigt damit der
Ruhegehaltsatz, im Falle des Klägers bis zum Höchstsatz von 75 %. Dementsprechend
ist es nur folgerichtig, auch die bei den internationalen Einrichtungen verbrachten
Dienstzeiten im Rahmen des Ruhegehaltsatzes zu berücksichtigen. Ansonsten käme es
bei der vom Kläger gewünschten Berechnungsmethode hinsichtlich der
Berücksichtigung der Verwendungszeiten im internationalen Dienst zur Besserstellung
der dort tätig gewesenen Beamten; dies soll aber gerade durch die Ruhensregelung des
§ 56 Abs. 1 BeamtVG ausgeschlossen werden. Deshalb müssen diese Zeiten bei
internationalen Einrichtungen auf der Stufe herausgerechnet werden, auf welcher für
den Beamten die Vorteile anfallen. Dies ist der Bereich der ruhegehaltsfähigen
Dienstbezüge, auf die sich der von den zurückgelegten Dienstzeiten abhängige
Ruhegehaltsatz unmittelbar niederschlägt. Dementsprechend ist es rechtlich geboten,
wenn die Beklagte den aus der Anwendung von § 56 Abs. 1 BeamtVG resultierenden
Abzug von 15 v. H. aus den verminderten ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen i. H. v.
7.192,97 Euro errechnet, was einen Ruhensbetrag von 1.078,95 Euro in den vom Kläger
vorgelegten Bezügemitteilungen für den Monat Januar 2006 ergibt.
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Die vom Kläger vorgetragene andere Berechnungspraxis im Bereich der
Wehrverwaltung ist unerheblich; diesbezüglich gilt der Satz: Keine Gleichheit im
Unrecht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Das Gericht sieht keine Veranlassung, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, da
es die Zulassungsgründe des § 124 a VwGO nicht für gegeben erachtet.
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