Urteil des VG Köln vom 07.04.2006

VG Köln: arzneimittel, anwendungsbereich, behandlung, begriff, medizin, form, therapie, anpassung, patient, zusammensetzung

Verwaltungsgericht Köln, 18 K 8334/03
Datum:
07.04.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 K 8334/03
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Verfahrens.
Tatbestand
1
Im Juni 1978 zeigte die Rechtsvorgängerin der Klägerin das Fertigarzneimittel „ ‚Q. „ bei
dem damals zuständigen Bundesgesundheitsamt an. Arzneilich wirksame Bestandteile
waren unter anderem Pfefferminzöl, Eukalyptusöl, Anisöl und Wacholderbeeröl. Das
Anwendungsgebiet lautete „Aromaticum; zum inneren und äußeren Gebrauch". Im April
1990 beantragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Verlängerung der fiktiven
Zulassung des Arzneimittels.
2
Im April 1996 beantragte der Rechtsvorgänger der Klägerin die Aufnahme des
Arzneimittels unter der Bezeichnung „X. „ in die so genannte Traditionsliste nach § 109a
Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes. Die beanspruchte Indikation lautete „Zur Besserung
des Befindens bei Unwohlsein, als Inhalation zur Unterstützung bei
Erkältungsbeschwerden". Mit Schreiben vom 10.04.2000 teilte das Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit, dass das Arzneimittel nicht mit der
vorgeschlagenen Indikationsformulierung in die Traditionsliste aufgenommen werde.
Unter anderem wies das BfArM darauf hin, dass es sich bei der Aufnahme in die
Traditionsliste nicht um ein eigenständiges Verwal- tungsverfahren handele. Ferner
hieß es:
3
„... Auf die Mitteilung der Gründe, weshalb ein Arzneimittel nicht oder nicht mit der
gewünschten Indikation in dieser Aufstellung aufgenommen wurde, besteht deshalb
außerhalb des Verfahrens nach § 105 AMG kein Rechtsanspruch. Durch den (die)
beigefügten Auszug (Auszüge) aus unserer internen Beurteilung informieren wir Sie
über wesentliche Gründe für die Nichtberücksichtigung Ihres(r) Präparat(e) in der
Aufstellung nach § 109a AMG. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich um
keine vollständige Mitteilung der Mängel und keine Anhörung im Verwaltungsverfahren
handelt. Die vollständigen Mängel werden dem pharmazeutischen Unternehmer im
Rahmen der im regulären Nachzulassungsverfahren erfolgenden fachlichen
Stellungnahme (Mängelbescheid) mitgeteilt."
4
Mit Schreiben vom 03.08.2000 beanspruchte der Rechtsvorgänger der Klägerin die
5
Aufnahme in das Zulassungsverfahren nach § 105 des Arzneimittelgesetzes. Mit
Schreiben vom 01.12.2000 wies das BfArM darauf hin, dass der Antrag auf
Verlängerung gemäß § 105 des Arzneimittelgesetzes unter Vorlage der so genannten
ex-ante-Unterlagen nach § 105 Abs. 4a des Arzneimittelgesetzes zu erfolgen habe.
Mit Schreiben von 26.01.2001 änderte die Klägerin die Bezeichnung des Arznei- mittels
in"X. K", die Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile sowie die
Anwendungsgebiete unter Anpassung an die Monographie der
Aufbereitungskommission vom 13.03.1986 zum Wirkstoff Pfefferminzöl. Die
Anwendungsgebiete lauteten „Äußerlich: Muskel- und Nervenschmerzen, Katarrhe der
oberen Luftwege. Innerlich: Krampfartige Beschwerden im oberen Magen-Darm- Trakt
und der Gallenwege (Koliken). Katarrhe der oberen Luftwege,
Mundschleimhautentzündungen."
6
Mit Schreiben vom 08.07.2003 teilte das BfArM der Klägerin die beabsichtigte
Ablehnung des Zulassungsantrages mit. Der Antrag sei unzulässig, weil die
Voraussetzungen für eine Änderungsanzeige nicht gegeben seien. Eine Änderung der
Anwendungsgebiete sei vorliegend gemäß § 105 Abs. 3a des Arzneimittelgesetzes nur
zulässig gewesen, sofern die Änderung zur Behebung der von der Behörde mitgeteilten
Mängel erforderlich gewesen sei. Ein entsprechendes Mängelschreiben sei nicht erstellt
worden. Außerdem sei mit der Änderungsanzeige der Anwendungsbereich verlassen
worden. Der Anwendungsbereich habe bislang im Bereich der Prophylaxe gelegen,
mithin im Bereich eines Nichtheilmittels, das zur Vorbeugung vor einer Erkrankung
vorgesehen sei. Mit den Anwendungsgebieten der Monographie Pfefferminzöl werde
der bisherige Anwendungsbereich verlassen. Der Anwendungsbereich betreffe eine
krankheitsbezogene Indikation; er liege im Bereich eines Heilmittels. Außerdem sei mit
der Änderungsanzeige die Zusammensetzung des Arzneimittels geändert worden. Es
seien sechs bis dahin als arzneilich wirksame Bestandteile als sonstige Bestandteile
umdeklariert worden. Hinsichtlich der Umdeklaration von Eukalyptusöl,
Wacholderbeeröl und Anisöl sei eine Zustimmung nicht möglich. Sie seien auf Grund
der enthaltenen Menge mit Bezug auf die jeweiligen Einzelstoffmonographien als
arzneilich wirksam einzustufen.
7
Unter dem 13.08.2003 machte die Klägerin geltend: Die Änderungsanzeige sei zur
Beseitigung der in dem Schreiben des BfArM vom 10.04.2000 genannten Mängel
erfolgt. Deshalb habe die Klägerin das Arzneimittel an die Monographie für
Pfefferminzöl angepasst. Der Anwendungsbereich sei nicht verlassen worden. Das
neue Anwendungsgebiet enthalte im Vergleich zu dem bisherigen erhebliche
Einschränkungen. Die Bestandteile Eukalyptusöl, Wacholderbeeröl und Anisöl seien
nicht arzneilich wirksam.
8
Mit Bescheid vom 22.10.2003 lehnte das BfArM den Antrag auf Verlängerung der
Zulassung für das Arzneimittel ab. Der Antrag sei unzulässig. Die fiktive Zulassung des
Arzneimittels sei mit Ablauf des 01.02.2001 erloschen. Zu diesem Zeitpunkt hätten nicht
die in § 105 Abs. 4a Satz 1 des Arzneimittelgesetzes verlangten
Untersuchungsergebnisse und Gutachten vorgelegen. Die eingereichten Unterlagen
hätten sich nicht auf das Arzneimittel in einer verkehrsfähigen Form bezogen. Die
Änderungsanzeige vom 26.01.2000 hinsichtlich der Änderung der arzneilich wirksamen
Bestandteile und der Anwendungsgebiete sei unzulässig gewesen, so dass für das
Inverkehrbringen des Arzneimittels in der geänderten Form gemäß § 29 Abs. 3 des
Arzneimittelgesetzes eine neue Zulassung zu beantragen gewesen sei.
9
Die Klägerin hat am 21.11.2003 hiergegen Klage erhoben und trägt unter Wiederholung
und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens zur Begründung vor: Die Beklagte sei von
einem unzutreffenden Sachverhalt bei Ablehnung des Verlängerungsantrages
ausgegangen. Die Änderungsanzeige sei nicht unter dem 26.01.2000, sondern unter
dem 26.01.2001 erfolgt. Die Änderungsanzeige sei gemäß § 136 Abs. 2 des
Arzneimittelgesetzes zulässig gewesen. Das Schreiben der Beklagten vom 20.04.2000
sei ein Mängelschreiben, das die Anwendung der Übergangsvorschrift eröffne. Die
neuen Anwendungsgebiete seien Teile der bisherigen Anwendungsgebiete. Die hier in
Rede stehende Aromatherapie diene der Behandlung von Erkrankungen. Die
Berechnungen des BfArM zu der Frage, ob es sich bei Eukalyptusöl und
Wacholderbeeröl um arzneilich wirksame Bestandteile handele, seien unzutreffend.
10
Die Klägerin beantragt,
11
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2003 zu verpflichten, über
den Antrag auf Zulassungsverlängerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts erneut zu entscheiden.
12
Die Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens macht sie geltend:
Dem Begriff „Aromaticum" liege nicht die Vorstellung einer Grunderkrankung zugrunde.
Deshalb könnten die Anwendungsgebiete der Monographie für Pfefferminzöl nicht als
Teilausschnitt des ursprünglichen Anwendungsgebietes angesehen werden. Es
handele sich um einen nichtheilenden Indikationsanspruch, während sich die
Indikationen auf Grund der Änderungsanzeige eindeutig auf krankhafte Beschwerden
bezögen.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
16
Entscheidungsgründe
17
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der versagende Bescheid vom
22.10.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin
hat keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Zulassungsverlänge- rungsantrages für
das Fertigarzneimittel „X. K" (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18
Eine Verlängerung der fiktiven Zulassung des streitbefangenen Arzneimittels ist nicht
möglich, weil das Arzneimittel mit der Änderungsanzeige vom 26.01.2001 unzulässig
geändert worden ist. Die fiktive Zulassung umfasst nur das Arzneimittel in seiner 1978
angezeigten Form (vgl. § 105 Abs. 1 AMG) oder in einer später zulässig geänderten
Form. Da die Klägerin das Arzneimittel unzulässig geändert hat, bedarf es einer
Neuzulassung.
19
Unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel geändert werden kann, bestimmt sich
nach den einschlägigen, im Zeitpunkt des Eingangs der Änderungsanzeige beim BfArM
geltenden Vorschriften des Arzneimittelrechts.
20
Vgl. OVG Berlin, Urteil vom 31.10.2002 - 5 B 24.00 - und - 5 B 25.00 -; VG Köln, Urteil
vom 20.01.2006 - 18 K 6340/03 -.
21
Die Zulässigkeit der Änderungsanzeige vom 26.01.2001 beurteilt sich daher nach dem
Arzneimittelgesetz in der Fassung des 10. Gesetzes zur Änderung des
Arzneimittelgesetzes vom 04.07.2000. Mit der 10. AMG-Novelle wurden die
Änderungsmöglichkeiten bei den fiktiv zugelassenen Arzneimitteln eingeschränkt.
Lediglich für homöopathische Arzneimittel wurden die Änderungsmöglichkeiten gemäß
§ 105 Abs. 3 a Satz 2 AMG aufrechterhalten; ferner wurde Satz 2 Nr. 3 gestrichen. Nach
der Übergangsvorschrift des § 136 Abs. 2 AMG findet aber für Arzneimittel, bei denen
dem Antragsteller vor dem 01.10.2000 Mängel bei der Wirk- samkeit oder
Unbedenklichkeit mitgeteilt worden sind, § 105 Abs. 3a in der bis zum 12.07.2000
geltenden Fassung Anwendung.
22
Die Zulässigkeit der Änderungsanzeige vom 26.01.2001 scheitert hier bereits daran,
dass dem Rechtsvorgänger der Klägerin nicht Mängel bei der Wirksamkeit oder
Unbedenklichkeit im Sinne von § 136 Abs. 2 AMG mitgeteilt worden sind. In der
Änderungsanzeige wurde zwar auf das Schreiben des BfArM vom 10.04.2000 Bezug
genommen, mit dem das BfArM die Ablehnung der Aufnahme in die so genannte
Traditionsliste nach § 109a Abs. 3 AMG mitgeteilt hat. Dieses Schreiben ist indessen
kein Mängelschreiben. Mängelschreiben sind Beanstandungen des BfArM im Sinne von
§ 105 Abs. 5 Satz 1 AMG. Wird den Mängeln nicht innerhalb einer Frist von höchstens
12 Monaten abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen (vgl. § 105 Abs. 5 Satz 2
AMG).
23
Das Schreiben des BfArM vom 10.04.2000 bezog sich allein auf die Ablehnung der
Aufnahme in die so genannte Traditionsliste. Das BfArM gab die wesentlichen Kriterien
für die Ablehnung der Aufnahme an und wies darauf hin, dass es sich bei diesem
Verfahren nicht um ein eigenständiges Verwaltungsverfahren handele.
24
Vgl. aber BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 3 C 29/02 -, NVwZ 2004, S. 349: Die
Aufnahme der Anwendungsgebiete für Stoffe und Stoffkombinationen in die Aufstellung
nach § 109a Abs. 3 AMG ist ebenso wie die Streichung aus dieser Aufstellung ein
selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt.
25
Des Weiteren teilte das BfArM mit, mit diesem Schreiben erfolge keine vollständige
Mitteilung der Mängel. Vielmehr würden die vollständigen Mängel im Rahmen der im
regulären Nachzulassungsverfahren erfolgenden fachlichen Stellungnahme
(Mängelbescheid) mitgeteilt. Hiermit hat das BfArM aber einen erst noch zu erteilenden
so genannten Mängelbescheid angekündigt und deutlich zu verstehen gegeben, dass
das in Rede stehende Schreiben noch kein Mängelschreiben nach § 105 Abs. 5 Satz 1
AMG sei. Es sind daher auch keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines
Mängelschreibens aus der Sicht eines verständigen Dritten gegeben. Es bestand auch
kein Anlass, ein Mängelschreiben des BfArM zu erwarten. Der Rechtsvorgänger der
Klägerin hatte für das fragliche Arzneimittel das Verfahren zur Verlängerung der
Zulassung für traditionelle Arzneimittel nach § 109a Abs. 3 AMG in Anspruch
genommen und zum fraglichen Zeitpunkt nicht das reguläre Nachzulassungsverfahren.
26
Im Übrigen hat die Klägerin mit der Änderungsanzeige vom 26.01.2001 den bisherigen
Anwendungsbereich verlassen. Die Klägerin hatte nicht nur Änderungen hinsichtlich der
27
arzneilich wirksamen Bestandteile angezeigt, sondern auch hinsichtlich der
Anwendungsgebiete. Zugleich erfolgte eine Anpassung an die Monographie gemäß §
25 Abs. 7 AMG für den Wirkstoff Pfefferminzöl vom 13.03.1986. Für diese Art der
Änderung kam § 105 Abs. 3a Satz 2 Nr. 3 AMG a.F. in Betracht. Nach dieser
Bestimmung durfte ein Fertigarzneimittel nach Absatz 1 bis zur erstmaligen
Verlängerung der Zulassung abweichend von § 29 Abs. 3 mit geänderter Menge der
arzneilich wirksamen Bestandteile in den Verkehr gebracht werden, soweit es Stoffe im
Sinne des § 3 Nr. 2 oder deren Zubereitungen und mehr als einen arzneilich wirksamen
Bestandteil enthält, wenn sich die Änderung im Rahmen eines nach § 25 Abs. 7 Satz 1
in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnisses
hält und erforderlich ist, um die Wirksamkeit im bisherigen Anwendungsbereich zu
erhalten.
Dem Gesetz ist eine ausdrückliche Definition des Begriffs des gleichen
Anwendungsbereichs nicht zu entnehmen. Auch wenn es nahe liegt, ihn als nicht
identisch mit dem des gleichen Anwendungsgebietes zu verstehen, ist zu
berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Begriff in einer Vorschrift verwendet, die
ausnahmsweise von einer nach § 29 Abs. 3 AMG und nach Gemeinschaftsrecht,
28
vgl. Anhang II. der Verordnung (EG) Nr. 541/95 der Kommission vom 10.03.1995 über
die Prüfung von Änderung einer Zulassung (ABl. Nr. L 55/7),
29
erforderlichen neuen Zulassung absehen lässt. Dies gebietet ein enges Verständnis
dieses Begriffs in der Weise, dass er zwar auch, aber eben nur diejenigen Fälle
miterfasst, in denen die Anwendungsgebiete des ursprünglichen und des geänderten
Arzneimittels sich nicht wesentlich unterscheiden, zumindest aber nah verwandt sind.
Das Bundesgesundheitsamt hat dies in der 6. Bekanntmachung über die Verlängerung
von Zulassungen vom 23. Oktober 1990 (BAnz Nr. 206, S. 5827) zutreffend so
beschrieben, dass der Begriff "Anwendungsbereiche" sich am Indikationsbegriff
orientiere, aber auch nahe verwandte Anwendungsgebiete umfasse, so dass darauf
abzustellen sei, "ob die gewählten Indikationsangaben mit den bisherigen
Indikationsangaben nahe verwandt sind und ob das Arzneimittel weiterhin im
wesentlichen der Behandlung der gleichen Grunderkrankung dient", also
gewissermaßen der gleiche Patient behandelt wird.
30
Vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 06.08.1999 - 5 N 3.99 -; Urteil vom 20.09.2001- 5 B
15.99 -, mit weiteren Nachweisen; vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 05.11.1998 - 14 A
520.95 - und vom 22.10.1998 - 14 A 369.95 -; VG Köln, Urteil vom 20.01.2006 - 7023/03
-.
31
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
32
Dies ist bereits deshalb nicht der Fall, weil das ursprüngliche Anwendungsgebiet
„Aromaticum zum inneren und äußeren Gebrauch" mangels Bestimmbarkeit einer
Grunderkrankung eine Abgrenzung der potentiellen Anwender nicht zuließ. Bei dem
bisherigen Anwendungsgebiet des Arzneimittels handelte es sich um einen
nichtheilenden Indikationsanspruch. Die Indikationen gemäß der Änderungsanzeige
betreffen demgegenüber krankheitswertige Indikationen. Sie lauten nämlich: „Äußerlich:
Muskel- und Nervenschmerzen, Katarrhe der oberen Luftwege. Innerlich: Krampfartige
Beschwerden im oberen Magen-Darm-Trakt und der Gallenwege (Koliken). Katarrhe der
oberen Luftwege, Mundschleimhautentzündungen.". Diese Indikationen stehen daher
33
für eine bestimmte Therapie. Der Begriff „Aromaticum" meint aber bestimmte Stoffe. In
der Pharmazie war dieser Ausdruck für Würzmittel und Gewürz gebräuchlich (vgl.
Handwörterbuch der Pharmacie, 1893, Stichwort: Aromaticum). In dem „Roche Lexikon
Medizin" (5. Auflage, 2003) werden unter dem Stichwort „aromatisch" unter anderem
„wohlriechende ätherische Öle als Aromastoffe enthaltend (z. B. - „als Aromatika" - auch
Tinkturen, Wässer oder Drogen)" angegeben. Die Auffassung die Klägerin, der Begriff
des Aromaticums meine die Aromatherapie, die der Behandlung von Erkrankungen
durch pflanzliche Duftstoffe diene, ist deswegen nicht zutreffend. Dies gilt erst recht für
ihre Ansicht, die derzeitigen Anwendungsgebiete seien Teile des bisherigen
Anwendungsgebietes. Die Klägerin bezieht sich hierfür unter anderem auf die Definition
in dem „Roche Lexikon Medizin". Sie lautet: „Behandlung von Erkrankungen durch
pflanzliche Duftstoffe". Die Klägerin legt aber nicht schlüssig dar, dass der Wortsinn der
Begriffe Aromaticum und Aromatherapie identisch oder zumindest teilidentisch ist.
Vielmehr betrifft der erstgenannte Begriff allein bestimmte Stoffe, die keinen Bezug zu
Erkrankungen haben. Die Therapie bezeichnet in der Medizin demgegenüber die
Maßnahmen zur Behandlung von Krankheiten (vgl. Pschyrembel, Klinisches
Wörterbuch, 260. Auflage, 2004, Stichwort: Therapie). Ausgehend von diesem
Begriffsverständnis, das sich maßgeblich an dem üblichen Sprachgebrauch in der
Arzneimittelkunde und in der Medizin orientiert, ist die Lesart der Klägerin fernliegend.
Ein rein subjektives Verständnis des pharmazeutischen Unternehmers scheidet für die
Deutung dieser Begriffe aus.
Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass auch bei einer Deutung des Begriffs
„Aromaticum" im Sinne der Aromatherapie der Anwendungsbereich auf Grund der
Änderungsanzeige verlassen wäre. Im Vordergrund steht bei der Aromatherapie das
Wohlbefinden des Anwenders. Die ätherischen Öle sollen nach ihrer Aufnahme in der
Nase auf die Stimmungslage wirken (vgl. „Roche Lexikon Medizin", Stichwort:
Aromatherapie). Grundlage der Aromatherapie im engeren Sinn ist die Annahme von
olfaktorischen Einflüssen auf das limbische System bei schon niedriger Dosierung (vgl.
Pschyrembel, Stichwort: Aromatherapie). Angesichts der derzeitigen krankheitswertigen
Indikationen soll das Arzneimittel aber nicht allein der Steigerung des Wohlbefindens
dienen, sondern die Anwendung des Arzneimittels soll eine konkrete Maßnahme zur
Behandlung von bestimmten konkreten Krankheiten sein. Es ist also nicht feststellbar,
dass die Anwendung des Arzneimittels weiterhin im wesentlichen der Behandlung der
gleichen Grunderkrankung dient, also gewissermaßen der gleiche Patient behandelt
wird. Die weiteren im Verfahren von den Beteiligten angesprochenen Punkte können
unerörtert bleiben, weil sich die Klageabweisung bereits aus den vorstehenden
Erwägungen ergibt.
34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35