Urteil des VG Köln vom 11.12.2001
VG Köln: firma, vergabe von aufträgen, widerruf, öffentliche ausschreibung, auflage, auftragsvergabe, sporthalle, zuwendung, anbau, behörde
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Köln, 7 K 4333/98
11.12.2001
Verwaltungsgericht Köln
7. Kammer
Urteil
7 K 4333/98
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Voll- streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen den teilweisen Widerruf zweier Zuwendungsbe- scheide
der Beklagten für den Neubau einer Einfachsporthalle mit angeschlossenem Jugendraum
in M. -G. .
Im Oktober 1990 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer
Zuwendung für die Errichtung einer Sport- und Mehrzweckhalle in M. -G. im Rahmen der
Sportstättenbauförderung. Darüber hinaus beantragte sie die Ge- währung einer
Zuwendung für den Anbau eines Jugendraumes einschließlich der notwendigen sanitären
Einrichtungen an die zu errichtende Sporthalle. Mit Bescheid vom 03.12.1990 bewilligte die
Beklagte der Klägerin zunächst eine Landeszuwen- dung für die Errichtung einer
Einfachsporthalle einschließlich Geräteausstattung in Höhe von 886.600,- DM. Mit
Änderungsbescheid vom 05.12.1991 wurde diese Lan- deszuwendung auf Antrag der
Klägerin auf 993.850,- DM erhöht. Mit Bescheid vom 18.12.1991 bewilligte die Beklagte
eine weitere Landeszuwendung in Höhe von 36.400,- DM für den Anbau des
Jugendraumes an die Sporthalle. Bestandteil dieser Bescheide waren jeweils die
"Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden
(ANBest-G)". Die bewilligten Beträge wurden in mehreren Teilbeträgen an die Klägerin
ausgezahlt.
In der Folgezeit vergab die Klägerin die Aufträge für die durchzuführenden Bau- arbeiten.
Mit der Durchführung von Erdarbeiten wurde im Juli 1992 aufgrund einer öffentlichen
Vergabe die Firma T. aus M. beauftragt. Die Firma T. rechnete die ihr in Auftrag gegebenen
Leistungen mit Schlussrechnung vom 30.03.1993 über 101.369,62 DM ab. Über
Zusatzangebote wurden der Firma T. weitere Leistungen wie Grundleitung und
Kanalanschluss, Gas- und Stromanschluss und Parkplätze in Auftrag gegeben. Die
insgesamt abgerechnete Summe betrug 151.290,20 DM. Für die Außenanlagen wurde im
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insgesamt abgerechnete Summe betrug 151.290,20 DM. Für die Außenanlagen wurde im
Februar 1994 lediglich ein Angebot über rund 24.000,- DM von derselben Firma eingeholt.
In der Schlussrechnung vom 22.04.1994 wurde über etwa 51.829,45 DM abgerechnet.
Zusätzlich wurden über weitere Rechnungen für Drainage- und Erdarbeiten circa 40.000,-
DM abgerechnet. Hinsichtlich der Dachdecker- und Klempnerarbeiten fand eine öffentliche
Ausschrei- bung statt. Mindestbieter war die Firma I. aus X. mit 142.790,86 DM, Zweit-
bieter die Firma I1. aus M. mit 143.099,68 DM. Im Februar 1993 entschied der
Vergabeausschuss der Klägerin, den Auftrag nicht der mindestbietenden Firma I. , sondern
der Firma I1. zu erteilen. Der Vergabeausschuss begründete seine Entscheidung damit,
dass § 25 Abs. 2 der Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil A (VOB/A) ausdrücklich
festschreibe, dass der niedrigste Angebotspreis alleine nicht für die Vergabe entscheidend
sei. Vielmehr solle der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden, das unter
Berücksichtigung aller wirtschaftlichen und funktionsbeding- ten Gesichtspunkte als das
annehmbarste erscheine. Weiter meinte der Vergabe- ausschuss, dies begründe sich
daraus, dass es sich um eine ortsansässige Firma handele, die bei späteren
Reparaturarbeiten, die gerade immer wieder bei Dächern notwendig würden, wegen der
Ortsnähe schneller, besser und auch kostengünstiger für die Gemeinde arbeiten könne.
Im Bericht des Gemeindeprüfungsamtes des Oberbergischen Kreises über die Prüfung der
bestimmungsgemäßen Verwendung zweckgebundener Staatszuweisungen bei der
Gemeinde M. in den Haushaltsjahren 1994 und 1995 vom 26.11.1996, der am 03.12.1996
bei der Beklagten einging, wurden unter anderem die im Zusammenhang mit dem Bau der
Sporthalle erteilten Aufträge geprüft. Das Gemeindeprüfungsamt bezeichnete die
Begründung des Vergabeausschusses der Klägerin für die Vergabe der Dachdecker- und
Klempnerarbeiten an die Firma I1. aus M. als unzutreffend. Zwischen den Angeboten der
beiden Bieter habe nur eine Differenz von rund 300 DM bestanden. Im nachhinein habe die
Firma I1. mit den Preisen der mindestbietenden Firma I. abgerechnet. Die Firma I. sei circa
3.776,- DM in der Abrechnung billiger gewesen. Zudem sei - soweit es habe festgestellt
werden können - für die Außenarbeiten lediglich ein Angebot vom 25.02.1994 über rund
24.000,- DM von der Firma T. eingeholt worden. Mit Schlussrechnung vom 22.04.1994 sei
jedoch über 51.829,45 DM abgerechnet worden.
Mit Schreiben vom 17.04.1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass im Rahmen der
Prüfung der Verwendungsnachweise schwerwiegende Verstöße gegen die
Verdingungsordnung für Bauleistungen festgestellt worden seien, welche sie im einzelnen
bezeichnete. Unter anderem hinsichtlich der Auftragsvergabe für Dachdecker- und
Klempnerarbeiten liege gemäß eines Erlasses des Finanzministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen von Dezember 1987 ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften der
VOB vor, der in aller Regel mit förderrechtlichen Konsequenzen zu ahnden sei. Vor einer
möglichen Rückforderung der bereits ausgezahlten Landesmittel wegen Nichterfüllung von
Auflagen in ihrem Bewilligungsbescheid wolle die Beklagte der Klägerin die Gelegenheit
geben, sich zu äußern, was die Klägerin in der Folge auch tat.
Mit Bescheid vom 18.04.1997 widerrief die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom
03.12.1990 in der Form des Änderungsbescheides vom 05.12.1991 teilweise und setzte
den Förderbetrag auf 953.917,- DM neu fest. Die Beklagte bat die Klägerin um
Rückzahlung des zuviel erhaltenen Betrages in Höhe von 39.933,- DM. Die Klägerin
überwies diesen Betrag an die Beklagte.
Mit Bescheid vom 06.10.1997 widerrief die Beklagte ihren Zuwendungsbescheid vom
03.12.1990 in der Fassung ihres Änderungsbescheides vom 18.04.1997 sowie ihren
Zuwendungsbescheid vom 18.12.1991 teilweise für die Vergangenheit. Gleichzeitig setzte
sie die Landeszuwendungen für den Neubau einer Einfachsporthalle in M. -G.
einschließlich der Erstausstattung dieser Sporthalle mit Sportgeräten auf 850.828,- DM und
für den Anbau eines Jugendraumes an die Sporthalle auf 32.760,- DM neu fest. Sie bat die
Klägerin, ihr die zuviel erhaltenen Beträge in Höhe von 103.089,- DM für den Neubau der
Sporthalle und 4.153,- DM für den Anbau des Jugendraumes, also insgesamt 107.242,-
DM, zu überweisen. Den sich ergebenden Zinsanspruch werde sie nach Erhalt des
angegebenen Betrages gesondert geltend machen. Zur Begründung ihres Bescheides
führte die Beklagte aus, die den Zuwendungsbescheiden zugrunde liegenden
förderungsfähigen Kosten für die Errichtung der Einfachsporthalle ohne Kosten für die
Erstausstattung der Halle mit Sportgeräten in Höhe von 1.878.093,26 DM und den Anbau
eines Jugendraumes an die Sporthalle in Höhe von 195.126,29 DM, also insgesamt von
2.073.219,45 DM, verringerten sich um den Kostenaufwand für die Dachdecker- und
Klempnerarbeiten der Firma I1. in Höhe von insgesamt 144.772,- DM sowie um die Kosten
der Außenanlagen einschließlich Drainage und Erdarbeiten in Höhe von 91.829,45 DM
insgesamt um 236.601,45 DM. Dies entspreche einem Abzug bei den tatsächlichen
förderungsfähigen Baukosten um 11,41 %. Dementsprechend sei auch die
Landeszuwendung für den Hallenbau ohne Erstausstattung der Halle mit Sportgeräten und
für den Anbau eines Jugendraumes um diesen prozentualen Anteil zu kürzen. Daraus
ergebe sich ein neuer Förderbetrag für die Sporthalle von insgesamt 850.828,- DM und für
den Anbau des Jugendraumes von 32.247,- DM. Bestandteil des Zuwendungsbescheides
der Beklagten seien die "Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur
Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G)" gewesen. Nach Ziffer 3 ANBest-G seien bei
Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks die nach dem
Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze zu beachten. Die
Anwendung dieser Vergabegrundsätze werde im wesentlichen durch die
Verdingungsordnung für Bauleistungen bestimmt. Sowohl bei der überörtlichen Prüfung der
zweckgebundenen Staatszuweisungen für das Haushaltsjahr 1994 und 1995 bei der
Gemeinde M. durch das Gemeindeprüfungsamt des Oberbergischen Kreises im November
1996 als auch im Rahmen der Prüfung der Verwendungsnachweise durch das
Baudezernat der Beklagten - ebenfalls im November 1996 - seien schwerwiegende
Verstöße gegen die Verdingungsordnung für Bauleistungen festgestellt worden, die zu
förderrechtlichen Konsequenzen führten. Dies betreffe zum einen die Dachdecker- und
Klempnerarbeiten. Diesbezüglich seien nach öffentlicher Ausschreibung sechs verwertbare
Angebote eingegangen. Mindestbieter sei die Firma I. aus X. gewesen (142.796,36 DM).
An zweiter Stelle habe die Firma I1. aus M. gelegen (143.099,68 DM). Beauftragt worden
sei die an zweiter Stelle liegende ortsansässige Firma I1. . Obwohl das Hochbauamt der
Gemeinde M. bei der Auftragsvergabe die Diskriminierung der mindestfordernden Firma I.
aus X. beanstandet habe, habe der Vergabeausschuss entschieden, die an zweiter Stelle
liegende ortsansässige Firma I1. mit den Arbeiten zu beauftragen. Gemäß § 8 Nr. 1 VOB/A
seien alle Bewerber gleichzubehandeln. Die Bestimmung, dass der Wettbewerb nicht
regional oder lokal beschränkt werden dürfe, bedeute ein Verbot der Bevorzugung
ortsansässiger Unternehmer. Zum anderen seien die Außenanlagen einschließlich
Drainage- und Erdarbeiten betroffen. Nach den Feststellungen des
Gemeindeprüfungsamtes und des Baudezernats der Beklagten sei für die Außenanlagen
lediglich ein Angebot vom 25.02.1994 über rund 24.000,- DM von der Firma T. eingeholt
worden. Die Einholung nur eines Angebotes bei einem veranschlagten Kostenrahmen von
24.000,- DM entspreche einer freihändigen Vergabe nach der Verdingungsordnung für
Bauleistungen, Teil A. Hier hätte zumindest eine beschränkte Ausschreibung erfolgen
müssen. Die von der Klägerin im Rahmen der durchgeführten Anhörung abgegebenen
Begründungen zu den Feststellungen bei der Vergabe der Dachdecker- und
Klempnerarbeiten sowie der Außenanlagen seien nicht VOB-konform und hätten die
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festgestellten Verstöße nicht entkräften können. Sowohl die Missachtung des Verbots der
Bevorzugung ortsansässiger Unternehmer im Sinne des § 8 Nr. 1 VOB/A sowie der
Verzicht auf eine zumindest beschränkte Ausschreibung nach § 3 VOB/A bei der
Auftragsvergabe der Arbeiten für die Herrichtung der Außenanlagen einschließlich der
Drainage- und Erdarbeiten stellten schwere Verstöße gegen die Vergabegrundsätze dar,
die zu förderrechtlichen Konsequenzen insoweit führten, als dass die Kosten für die
beanstandeten Auftragseinheiten von einer Landesförderung ausgeschlossen würden.
Angesichts der Tatsache, dass die Verstöße gegen die Bestimmungen der
Verdingungsordnung für Bauleistungen und die Nichteinhaltung der Auflagen in den
Bewilligungsbescheiden der Beklagten einerseits als schwerwiegend einzustufen seien
und andererseits im Interesse der Allgemeinheit eine ordnungsgemäße Verwendung
öffentlicher Mittel - auch im Hinblick auf die Gewährleistung einer wettbewerbskonformen
Auftragsvergabe - sichergestellt werden müsse, könne nach pflichtgemäßem Ermessen auf
eine anteilige Reduzierung der Förderbeträge für den Neubau der Einfachsporthalle in G.
und für den Anbau eines Jugendraumes an die Sporthalle nicht verzichtet werden.
Die Klägerin erhob unter dem 10.11.1997 Widerspruch, den sie wie folgt begründete. Bei
der Ausübung des Rücknahme- bzw. Widerrufsermessens habe die Beklagte folgende
Umstände nicht außer Betracht lassen dürfen. Bei der Auftragsvergabe für Dachdecker-
und Klempnerarbeiten an die Firma I1. aus M. anstelle des Mindestbieters, der Firma I. aus
X. , habe sich der Vergabeausschuss der Klägerin auf § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A gestützt.
Nach der gesetzgeberischen Wertung komme es nicht auf den niedrigsten Angebotspreis,
sondern auf das dem Auftraggeber annehmbarste Angebot an. Bei der umfassenden
Gesamtabwägung seien alle technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte im weitesten
Sinne einzubeziehen. Insbesondere die Ortsnähe der Firma I1. zum Bauobjekt habe für
den Vergabeausschuss einen entscheidenden wirtschaftlichen Vorteil dargestellt. Die
kurzen Anfahrtszeiten der Firma I1. zur Baustelle und die hiermit verbundene schnelle
Durchführung der Arbeiten vor Ort seien für den Vergabeausschuss ein entscheidender
wirtschaftlicher Aspekt gewesen. Gerade im Hinblick auf die Witterung sei es von
besonderer Bedeutung, dass die Arbeiten kurzfristig und schnell durchgeführt würden.
Auch unter Berücksichtigung einer möglichen Schadensbegrenzung bei Unwettern bzw.
Gewittern mit starken Regen- fällen sei es von entscheidender Bedeutung gewesen, dass
eine Firma aus der unmittelbaren Nähe sofort erreichbar sei, um zum Beispiel auch an
Wochenenden oder Feiertagen schnellstmöglich entsprechende Abhilfe zu schaffen und
weitere Schäden bzw. Folgeschäden zu verhindern. Zwar könne grundsätzlich jeder
Fachbetrieb entsprechende Dachreparaturen ausführen. Es sei jedoch nicht unwesentlich,
wo dieser Reparaturbetrieb seinen Sitz habe. Gerade im Hinblick auf eine mögliche
Schadensbegrenzung bei Unwettern sei es von entscheidender Bedeutung, dass ein
Fachbetrieb aus der unmittelbaren Umgebung gewählt worden sei. Während die Firma I1.
aus M. eine maximale Anfahrtszeit von 5 bis 10 Minuten zum Objekt habe, müsse bei der
Firma I. aus X. eine Anfahrtszeit von mindestens 30 Minuten in Rechnung gestellt werden.
Im Hinblick auf die geringfügige Differenz der beiden Anbieter (Differenzbetrag 303,32 DM
bzw. 0,21 % bezogen auf die beiden Angebotsbeträge) habe sich der Vergabeausschuss
der Klägerin letztlich für das Angebot der objektnäheren Firma I1. aus M. entschieden. Ein
schwerer Verstoß gegen Vergabegrundsätze könne darin nicht gesehen werden. Selbst
wenn man einen Verstoß gegen die Vergabegrundsätze der VOB/A annehmen wolle, so
sei eine Kürzung der gesamten Bemessungsgrundlage um den Kostenaufwand für die
Dachdecker- und Klempnerarbeiten der Firma I1. in Höhe von insgesamt 144.772,- DM
nicht nachvollziehbar. Insofern erhebe die Klägerin hilfsweise den Einwand des
rechtmäßigen Alternativverhaltens. Unterstellt, der Vergabeausschuss der Klägerin hätte
den Auftrag der Firma I. aus X. in Höhe von 142.796,36 DM erteilt, so wäre dieser
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Kostenaufwand unstreitig in die Bemessungsgrundlage für die Zuwendung eingeflossen.
Ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage hätte die Bewilligungsbehörde die Höhe
des Zuschusses be- rechnet. Insofern sei es nunmehr nicht sachgerecht, dass die Beklagte
den gesamten Kostenaufwand für die Dachdecker- und Klempnerarbeiten der Firma I1. aus
der Berechnungsgrundlage für die Berechnung des Zuschusses eliminiere. Nach dem
Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens könne allenfalls der Differenzbetrag der
beiden Angebote in Höhe von 303,32 DM aus der Berechnungsgrundlage für den
Zuschuss herausgezogen werden. Bezüglich der Fertigstellung der Außenanlagen stehe
die Klägerin auf dem Standpunkt, dass eine öffentliche bzw. beschränkte Ausschreibung
gemäß § 3 Nr. 4 lit. d) VOB/A wegen besonderer Dringlichkeit dieser Maßnahmen
ausnahmsweise entbehrlich gewesen sei. Die Erdarbeiten zum Bau der Mehrzweckhalle in
G. seien nach einer öffentlichen Ausschreibung an die billigstbietende Firma K. T. aus M.
vergeben worden. Weil davon auszugehen gewesen sei, dass bei einer öffentlichen bzw.
beschränkten Ausschreibung für die Außenanlagen zusätzlicher Zeitverzug eintreten
würde und zudem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen
gewesen sei, dass keine günstigeren Einheitspreise zu erzielen gewesen seien, sei die
Firma T. auch mit der Herstellung der Außenanlagen beauftragt worden. Die Firma T. habe
sofort nach Auftragserteilung mit den Arbeiten an den Außenanlagen beginnen können.
Die Arbeiten hätten dadurch kurzfristig abgeschlossen werden können. Zudem hätten mit
der Beauftragung der Firma T. die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche betreffend
die Erdarbeiten sowie die Außenanlagen in einer Hand kumuliert werden können. Auch
dieser gewährleistungsrechtliche Aspekt habe bei der freihändigen Vergabe des wei-
tergehenden Auftrags an die Firma T. eine wesentliche Rolle gespielt. Im übrigen nehme
die Klägerin diesbezüglich auf ihre Stellungnahme anlässlich ihrer Anhörung durch die
Beklagte Bezug. Selbst wenn man von einem Verstoß gegen die Vergabegrundsätze nach
der VOB/A ausgehen wolle, so berufe sich die Klägerin wiederum auf den Einwand des
rechtmäßigen Alternativverhaltens. Hätte sich die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt
rechtmäßig verhalten und insofern eine öffentliche bzw. beschränkte Ausschreibung
durchgeführt, so wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Firma K. T.
aus M. das preiswerteste Angebot unterbreitet worden. Aber selbst wenn die Firma K. T.
nicht das geringste Angebot bezüglich der Herrichtung der Außenanlagen einschließlich
der Drainage abgegeben hätte, so wären die entsprechenden Arbeiten an die
mindestbietende Firma vergeben worden. Die Aufwendungen für die Herrichtung der
Außenanlagen durch die mindestbietende Firma wären unstreitig in die
Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Zuschusses eingeflossen. Somit sei es
ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig, die gesamten Kosten der Außenanlagen
einschließlich Drainage- und Erdarbeiten in Höhe von 91.829,45 DM aus der
Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Zuschusses herauszuziehen. Im Hinblick
auf die Tatsache, dass auch die angefallenen Aufwendungen für eine preiswertere Firma in
die Bemessungsgrundlage eingeflossen wären, dürfe nur die Differenz zu einem
möglicherweise billigeren Anbieter aus der Bemessungsgrund- lage für die Berechnung
des Zuschusses herausgezogen werden. Höchst vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass
hinsichtlich der Vergabe der Erdarbeiten eine öffentliche Ausschreibung erfolgt sei, die zu
einer Auftragsvergabe an die Firma K. T. geführt habe. Von daher dürften die anteiligen
Aufwendungen für die ausgeführten Erdarbeiten mangels Verstoßes gegen die
Vergabegrundsätze ohnehin nicht zu einer Kürzung der Bemessungsgrundlage für die
Berechnung des Zu- schusses führen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.1998, der Klägerin zugestellt am 28.04.1998, wies
die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte sie zur
Begründung hinsichtlich der Dachdecker- und Klempnerarbeiten aus, dass die
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zweitbietende Firma anders als von der Klägerin dargestellt nicht von dieser aus
wirtschaftlichen Erwägungen heraus beauftragt worden sei. Anfahrtszeiten zur Baustelle
seien von allen Bietern terminlich, organisatorisch und finanziell im Rahmen der
Angebotserteilung zu kalkulieren. Anfahrtszeiten seien bei allen Bietern
betriebswirtschaftlicher Bestandteil eines jeden Angebotes. Für den Auftraggeber seien
diese Zeiten und Kosten ohne Bedeutung. Insbesondere könnten um 20 Minuten längere
Anfahrtszeiten nicht für eine Beauftragung von Dachdeckerarbeiten ausschlaggebend sein.
Die von der Klägerin befürchteten Schäden durch Gewitter und Regenfälle seien durch
geeignete Schutzmaßnahmen auf der Baustelle ohne weiteres zu verhindern. Würde die
von der Klägerin vorgetragene Argumentation greifen, dürften Dachdeckerarbeiten grund-
sätzlich nur mit einer Beschränkung auf ortsansässige Firmen ausgeschrieben werden. Der
in § 2 Nr. 1 VOB/A geforderte Wettbewerb fände nicht mehr statt. In § 8 Nr. 1 VOB/A werde
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Wettbewerb nicht auf Bewerber beschränkt
werden dürfe, die in bestimmten Regionen oder Orten ansässig seien. Dort werde die
Gleichbehandlung aller Bieter verlangt. In einem Erlass des Finanzministeriums des
Landes Nordrhein-Westfalen vom Dezember 1987 werde das Ausscheiden des
annehmbarsten Angebots aus vergabefremden Erwägungen sowie die Beschränkung des
Wettbewerbs auf ortsansässige Firmen als schwerer VOB-Verstoß eingestuft. Nach diesem
Erlass sei bei schweren VOB- Verstößen grundsätzlich ein Widerruf des
Zuwendungsbescheides und die Kürzung der Zuwendung angezeigt. Die relativ geringe
Preisdifferenz der beauftragten ortsansässigen Firma zur mindestbietenden nicht
ortsansässigen Firma sei bei der Angebotswertung ohne Bedeutung und dürfe nicht zur
Bevorzugung des Zweitbietenden führen. Nach dem Erlass des Finanzministeriums sei bei
schweren Verstößen gegen die VOB der gesamte Auftragswert (hier: Gewerk
Dachdeckerarbeiten) von der Förderung auszuschließen. Bei erheblicher Härte für den
Zuwendungsempfänger könne der Kürzungsbetrag auf 20 bis 25 % der Gesamtzuwendung
beschränkt werden. Eine Rückforderung lediglich des Differenzbetrags zwischen dem
Mindestgebot und dem beauftragten Angebot sei danach nicht zulässig. Hinsichtlich der
Außenanlagen gelte, dass bei Beginn jeder Baumaßnahme bekannt sei, dass Arbeiten an
den Außenanlagen erforderlich würden. Außenanlagen würden in der Regel nach
Beendigung aller anderen Arbeiten ausgeführt. Für kein anderes Gewerk stehe somit soviel
Zeit für Planung und Ausschreibung zur Verfügung. Sofern - wie die Klägerin ausführe - die
Erdarbeiten und Arbeiten an den Außenanlagen aus Gewährleistungsgründen vom
gleichen Auftragnehmer ausgeführt werden sollten, seien diese Arbeiten auch in einer
Ausschreibung zusammenzufassen und dem Wettbewerb zu unterstellen. Inwieweit eine
erneute Ausschreibung keine günstigeren Angebotspreise erbracht hätte, sei rein
spekulativ und als Begründung für eine Abweichung von elementaren Vergabegrundsätzen
ungeeignet. Nach dem Erlass des Finanzministeriums würden Zuwendungsmittel nur dann
wirtschaftlich und sparsam verwendet, wenn die mit diesen Mitteln finanzierten
Baumaßnahmen ausgeschrieben und damit dem Wettbewerb unterstellt würden. Der
Finanzminister stufe einen Verstoß gegen die Vergabeart ohne die im Regelwerk
zugelassenen Sachgründe als schweren VOB- Verstoß ein. Damit sei grundsätzlich ein
Widerruf des Zuwendungsbescheides und eine Kürzung der Zuwendung angezeigt. Der
von der Klägerin jetzt angeführte Zeitdruck sei aufgrund mangelhafter Terminplanung
entstanden und somit eigenproduziert.
Die Klägerin hat am 27.05.1998 Klage erhoben.
Zur Klagebegründung nimmt sie auf ihr Widerspruchsschreiben Bezug. Ergänzend trägt sie
vor, die mit der Klage angegriffenen Verwaltungsakte seien bereits formell rechtswidrig. Die
von der Beklagten erteilte Begründung lasse die der Entscheidung zugrunde liegenden
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Ermessensgesichtspunkte nicht hinreichend erkennen. Die Begründung reduziere sich
mehr oder weniger auf die Feststellung, dass schwere Verstöße gegen Vergabegrundsätze
vorlägen und diese Verstöße förderrechtliche Konsequenzen zwingend nach sich ziehen
müssten. Außerdem habe die Beklagte von dem ihr eingeräumten Widerrufsermessen
rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht. Die Behauptung der Beklagten, dass Gewitter- und
Regenfälle durch geeignete Schutzmaßnahmen auf der Baustelle ohne weiteres zu
verhindern seien, werde ausdrücklich bestritten. Gerade Unwetter seien nicht vorhersehbar.
Auch ließen sie sich durch noch so gute und geeignete Schutzmaßnahmen auf der
Baustelle nicht ohne weiteres verhindern. Im übrigen habe die Klägerin entgegen der
Rechtsauffassung der Beklagten im Widerspruchsbescheid nicht gegen § 8 Nr. 1 Satz 2
VOB/A verstoßen. Der Wettbewerb sei gerade nicht auf einzelne Bewerber beschränkt
worden. Es sei vielmehr eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt worden, wodurch
jedes Fachunternehmen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit gehabt
habe, uneingeschränkt am Wettbewerb teilzunehmen. Der Widerspruchsbescheid der
Beklagten lasse jegliche Begründung dafür vermissen, aus welchen Gründen heraus bei
Verstößen gegen die VOB/A der gesamte Auftragswert von der Förderung ausgeschlossen
sein soll. Der bloße Verweis auf einen nicht näher zitierten Erlass des Finanzministeriums
bilde hierfür keine ausreichende Ermessensabwägungs- und Begründungsgrundlage. Die
Arbei- ten an den Außenanlagen der Mehrzweckhalle hätten nach der ursprünglichen
Planung in der eigenen Regie des gemeindeeigenen Bauhofes ausgeführt werden sollen.
Von daher sei das Gewerk "Außenanlagen" zunächst nicht in die Planung und
Ausschreibung miteinbezogen worden. Erst nachträglich habe sich herausgestellt, dass für
dieses Gewerk umfangreichere Arbeiten notwendig würden als zunächst geplant. Aus
diesem Grunde seien diese Arbeiten an die bereits mit anderen Erdarbeiten an dieser
Baustelle betraute Firma K. T. vergeben worden. Aus den genannten Erwägungen heraus
sei eine zusammengefasste Ausschreibung der beiden Gewerke nicht möglich gewesen.
Äußerst hilfsweise bittet die Klägerin darum, den Kürzungsbetrag wegen einer erheblichen
Härte für sie auf 20 bis 25 % der Gesamtzuwendung zu beschränken.
Die Klägerin beantragt,
die Widerrufsverfügung der Beklagten vom 06. Oktober 1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 17. April 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie auf die von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 06.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbe- scheids
vom 17.04.1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs.
1 Satz 1 VwGO). Sowohl der teilweise Widerruf der Zuwendungsbescheide in Höhe von
107.242,- DM als auch die entsprechende Erstattungsaufforderung sind formell und
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materiell rechtmäßig.
Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf ist zunächst § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Dass die
Beklagte in dem Bescheid vom 06.10.1997 unrichtigerweise § 48 VwVfG NRW als
Ermächtigungsgrundlage nennt, ist ohne Belang, da das Gericht nicht an die rechtliche
Bewertung der Beklagten gebunden ist. Gemeint ist außerdem wohl ohnehin § 49 VwVfG
NRW. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW ist gemäß Art. 10 Abs. 2 1. Halbsatz des 3.
Gesetzes zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen und zur Änderung anderer verwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 24.11.1992
(GVBl. NRW S. 446) auch auf Bescheide über Zuwendungen (§ 23 der
Landeshaushaltsordnung (LHO)) anwendbar, die vor Inkrafttreten des Gesetzes erlassen
worden sind. Mittels des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG können daher auch in den Jahren
1990 und 1991 erlassene Zuwendungsbescheide widerrufen werden.
Der Widerruf ist formell rechtmäßig erfolgt. Er enthält insbesondere eine den
Anforderungen des § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW genügende Begründung. Die
Begründung der Ermessensentscheidung lässt die Gesichtspunkte erkennen, von denen
die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Bei
Ermessensentscheidungen sind nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW die für die
Abwägung maßgeblichen Erwägungen sowie die Gründe, die dazu geführt haben, dass
bestimmte Gesichtspunkte der Vorrang gegeben wurde, anzugeben. Die Gründe, die für die
Entscheidung maßgebend waren, müssen zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch
jedenfalls, soweit sie für das Ergebnis ausschlaggebend waren, benannt werden.
Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 39 Rn. 25.
Die Beklagte hat ihre wesentlichen Ermessenserwägungen in dem Widerrufsbescheid
dargelegt. Sie führte aus, dass die Verstöße gegen die Verdingungsordnung für
Bauleistungen und die Nichteinhaltung der Auflagen in dem Bewilligungsbescheid als
schwerwiegend einzustufen seien und dass eine ordnungsgemäße Verwendung
öffentlicher Mittel - auch im Hinblick auf die Gewährleistung einer wettbewerbskonformen
Auftragsvergabe - im Interesse der Allgemeinheit liege. Daher habe sie nach
pflichtgemäßem Ermessen auf eine anteilige Reduzierung der Förderbeträge nicht
verzichten können. Die Ermessenserwägungen wurden im Widerspruchsbescheid durch
den Hinweis auf einen Erlass des Finanzministeriums vom Dezember 1987, der bei
schweren VOB- Verstößen grundsätzlich einen Widerruf des Zuwendungsbescheides und
die Kürzung der Zuwendung verlange, noch näher erläutert. Ob diese Begründung
zutreffend ist und den Widerruf - auch in dem erfolgten Umfang - rechtfertigt, ist keine Frage
der formellen, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit.
Der Widerruf ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 VwVfG NRW liegen vor, die Widerrufsfrist der § 49 Abs. 3 Satz 2, § 48 Abs. 4 Satz 1
VwVfG NRW ist eingehalten worden und der Beklagten ist bei ihrer Widerrufsentscheidung
kein Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO unterlaufen.
Gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW darf ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der
eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines
bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit nur widerrufen
werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte
diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
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Davon, dass die Zuwendungsbescheide - gemessen an § 44 Abs. 1 Satz 1, § 23 LHO
NRW - rechtmäßig sind, kann ausgegangen werden. Sie gewährten der Klägerin eine
einmalige Geldleistung für den Bau einer Sporthalle und den Anbau eines Jugendraumes
an die Sporthalle. Mit den Zuwendungsbescheiden ist des weiteren eine Auflage
verbunden. Diese Auflage ergibt sich aus den "Allgemeinen Nebenbestimmungen für
Zuwendungen zur Projektförderung für Gemeinden (ANBest-G)", die Bestandteil der
Zuwendungsbescheide wurden. Ziffer 3 ANBest-G stellt eine Auflage im Sinne des § 49
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW dar. Auflagen im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
VwVfG NRW sind solche im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW. Gemäß § 36 Abs. 2
Nr. 4 VwVfG NRW sind Auflagen Bestimmungen, durch die dem Begünstigten eines
Verwaltungsaktes ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Laut ihrer
Präambel enthalten die ANBest-G "Nebenbestimmungen (Bedingungen und Auflagen) im
Sinne des § 36 VwVfG NRW". Ziffer 3 ANBest-G betrifft die Vergabe von Aufträgen. Sie
lautet:
"Bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks sind die nach dem
Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze zu beachten."
Ziffer 3 ANBest-G statuiert also für den Zuwendungsempfänger eine Beachtenspflicht
hinsichtlich bestimmter Vergabegrundsätze bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung
des Zuwendungszwecks. Damit schreibt sie dem Zuwendungsempfänger ein bestimmtes
Tun vor und ist eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW und daher auch
im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW.
Vgl. dazu auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW),
Urteil vom 09.08.1996 - 21 A 6342/95 - , S. 8 des amtlichen Umdrucks; Schäfer, in:
Obermayer, VwVfG, 3. Auflage 1999, § 49 Rn. 88.
Die Klägerin hat die Auflage der Ziffer 3 ANBest-G nicht erfüllt, da sie bei der Vergabe von
Aufträgen zur Errichtung der Sporthalle und zur Errichtung des Jugendraumes die nach
dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze sowohl hinsichtlich der
Vergabe der Dachdecker- und Klempnerarbeiten als auch hinsichtlich der Vergabe der
Arbeiten an den Außenanlagen einschließlich Drainage- und Erdarbeiten nicht beachtete.
Die nach dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze sind für den
Bereich der Vergabe öffentlicher Bauaufträge die von dem Innenministerium des Landes
Nordrhein-Westfalen erstmals durch Runderlass vom 27.11.1973 (MBl. NW S. 2090) als im
Sinne von § 31 Abs. 2 Gemeindehaushaltsverordnung verbindliche Vergabegrundsätze
eingeführten Teile A und B der Verdingungsordnung für Bauleistungen. Durch Runderlass
vom 31.08.1991 (MBl. NW S. 1590) hat das Innenministerium die verbindlichen
Vergabegrundsätze nach § 31 Gemeindehaushaltsverordnung festgelegt; verbindliche
Vergabegrundsätze sind danach unter anderem die Teile A und B der Verdingungsordnung
für Bauleistungen.
Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage der
Loseblatt-Ausgabe, Band II, Stand Mai 2000, § 103 Anm. II 6.
Die Klägerin hat die nach dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendende
Vergabegrundsätze nicht beachtet und damit die Auflage der Ziffer 3 ANBest-G nicht erfüllt,
weil sie bei der Vergabe der Bauaufträge für den Bau der Sporthalle und den Anbau des
Jugendraumes gegen Vorschriften der VOB/A verstieß.
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Anzuwenden ist die VOB/A in der Fassung vom 12.11.1992. Die Fassung der VOB/A vom
12.11.1992 (BAnz. Nr. 223a vom 27.11.1992) galt bis zur Bekanntmachung der
Neufassung der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teile A und B vom 30.05.2000
(BAnz. Nr. 120a vom 30.06.2000) und damit sowohl im Zeitpunkt der von der Beklagten
gerügten VOB-Verstöße durch die Klägerin im Februar 1993 (Entscheidung des
Vergabeausschusses für die Firma I1. bezüglich der Dachdecker- und Klempnerarbeiten)
und im Februar 1994 (Einholung nur eines Angebots von der Firma T. für die
Außenanlagen) als auch im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids, also der
letzten behördlichen Entscheidung, am 17.04.1998.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 8 Nr. 1 VOB/A
besteht zunächst darin, dass die Klägerin nicht die mindestbietende Firma I. aus X. ,
sondern die zweitbietende Firma I1. aus M. mit der Durchführung der Dachdecker- und
Klempnerarbeiten beauftragte. § 8 VOB/A trifft eine Regelung hinsichtlich der Teilnehmer
am Wettbewerb. Gemäß § 8 Nr. 1 Satz 1 VOB/A sind alle Bewerber oder Bieter
gleichzubehandeln. § 8 Nr. 1 Satz 2 VOB/A sieht vor, dass der Wettbewerb insbesondere
nicht auf Bewerber beschränkt werden darf, die in bestimmten Regionen oder Orten
ansässig sind.
Maßgebliches Entscheidungskriterium für die Klägerin war die Ortsansässigkeit der Firma
I1. . Die Klägerin bevorzugte einen an einem bestimmten Ort ansässigen Wettbewerber
gerade aufgrund seiner Ortsansässigkeit und verwendete damit ein nach § 8 Nr. 1 Satz 2
VOB/A grundsätzlich unzulässiges Differenzierungskriterium. Der Vergabeausschuss der
Klägerin begründete die Auftragsvergabe an die Firma I1. aus M. im wesentlichen damit,
dass diese bei späteren Reparaturarbeiten, die gerade bei Dächern immer wieder
erforderlich würden, aufgrund der Ortsnähe schneller, besser und auch kostengünstiger für
die Gemeinde arbeiten könne. Die Klägerin führte des weiteren an, es sei im Hinblick auf
die Witterung von besonderer Bedeutung, dass die Arbeiten kurzfristig und schnell
durchgeführt würden. Die Erreichbarkeit der Firma I1. in unmittelbarer Nähe diene der
Schadensbegrenzung bei Unwettern bzw. Gewittern mit starken Regenfällen auch an
Wochenenden oder Feiertagen. Die Anfahrtszeit der Firma I1. zum Bauobjekt betrage nur 5
bis 10 Minuten, während die Firma I. aus X. eine Anfahrtszeit von mindestens 30 Minuten
benötige.
Die Bevorzugung der Firma I. aus X. gegenüber der in M. ansässigen Firma I1. ist nicht
durch einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 8 Nr. 1
VOB/A ausschließenden sachlichen Grund gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung der
Vergabeentscheidung zugunsten der Firma I1. aus sachlichem Grund scheidet aus, weil
das Angebot der Firma I1. nicht das als annehmbarstes erscheinende im Sinne des § 25
Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A darstellte. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A in seiner im vorliegenden
Fall anzuwendenden Fassung bestimmt:
"In die engere Wahl kommen nur solche Angebote, die unter Berücksichtigung rationellen
Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine einwandfreie Ausführung
einschließlich Gewährleistung erwarten lassen. Unter diesen Angeboten soll der Zuschlag
auf das Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller technischen und
wirtschaftlichen, gegebenenfalls auch gestalterischen und funktionsbedingten
Gesichtspunkte als das annehmbarste erscheint. Der niedrigste Angebotspreis ist nicht
entscheidend."
Bei der Wertung der Angebote gilt, dass der Ausschreibende - wie sich aus § 25 Nr. 3 Abs.
3 Satz 3 VOB/A ergibt - nicht verpflichtet ist, dem Angebot mit dem niedrigsten Preis in
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jedem Fall den Vorzug zu geben. Allerdings gewinnt der Preis bei inhaltlicher
Übereinstimmung der eingereichten Gebote unter technischen, wirtschaftlichen und
gegebenenfalls auch gestalterischen und funktionsbedingten Gesichtspunkten als
Entscheidungskriterium ausschlaggebende Bedeutung. Das gilt insbesondere dann, wenn
bei der Durchführung des Vorhabens auch öffentliche Mittel Verwendung finden, bei deren
Einsatz der Ausschreibende die haushaltsrechtliche Pflicht zu höchstmöglicher sparsamer
und effektiver Verwendung der Gelder zu beachten hat.
Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.10.1999 - X ZR 30/98 - , NJW 2000, 661, 662.
Darüber hinaus darf bei der Vergabeentscheidung nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A
nach der Bejahung der generellen Eignung der in die engere Wahl gekomme- nen Bieter
ein "Mehr an Eignung" eines Bieters nicht als entscheidendes Kriterium für den Zuschlag
zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Die Prüfung der generellen Eignung eines
Bieters gemäß § 25 Nr. 2 VOB/A darf nicht in die spätere Prüfungs- und Wertungsphase
erneut einfließen. Dies ergibt sich aus dem Aufbau des § 25 VOB/A. Nach dem
zwingenden Ausschluss von Angeboten nach § 25 Nr. 1 VOB/A ist in einem weiteren
Prüfungsschritt gemäß § 25 Nr. 2 VOB/A zunächst die Eignung der Bieter zu prüfen. In die
engere Wahl kommen gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A nur solche Angebote, die unter
Berücksichtigung rationellen Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine
einwandfreie Ausführung einschließlich Gewährleistung erwarten lassen. Eine besondere
Eignung des Bieters oder seine Erfahrung in Bezug auf das ausgeschriebene Vorhaben ist
hingegen nicht angesprochen. Auch die Regelung des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A, die
die Zuschlagskriterien beschreibt, enthält das Kriterium der Eignung nicht. Der Bieter wäre
der Willkür der Vergabestelle ausgeliefert, wenn diese nach Abgabe der Angebote im
Wertungsverfahren die Zuschlagskriterien beliebig wählen könnte.
BGH, Urteil vom 08.09.1998 - X ZR 109/96 - , NJW 1998, 3644, 3645 f.
Bei der Anwendung des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A muss beachtet werden, dass diese
Regelung nach Auffassung des zivil- und vergaberechtlichen Schrifttums sowie der
Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte einen angemessenen Beurteilungsspielraum für
den Auftraggeber beinhalten soll.
So Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Auflage 1996, § 25
VOB/A Rn. 43 m.w.N.; Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 16.12.1997 - 23 U
118/94 - , Baurecht 1998, 540, 542.
Unter Anlegung der dargelegten Maßstäbe erscheint das Angebot der Firma I1. aus M.
nicht als das "annehmbarste" im Sinne des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A. Dass die Firma
I. ein preislich günstigeres Angebot abgab als die Firma I1. , verpflichtete die Klägerin nach
dem oben Gesagten für sich allein genommen noch nicht, den Auftrag an die Firma I. zu
vergeben. Allerdings kam dem Preis als Entscheidungskriterium ausschlaggebende
Bedeutung zu, da die Angebote der Firma I. und der Firma I1. unter Berücksichtigung aller
technischen, wirtschaftlichen und gegebenenfalls auch gestalterischen und
funktionsbedingten Gesichtspunkte inhaltlich übereinstimmten. Die bloße Tatsache der
Ortsansässigkeit eines Wettbewerbers als solche ist kein wirtschaftlicher oder überhaupt im
Rahmen des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A zulässiger Entscheidungsgesichtspunkt. Die
Wertung des § 8 Nr. 1 Satz 2 VOB/A zeigt, dass derartige Erwägungen bei der
Vergabeentscheidung keinerlei Rolle spielen dürfen. Ansonsten machte es keinen Sinn,
nicht ortsansässigen Bietern die Teilnahme an der Ausschreibung zunächst zu gestatten,
sie aber aufgrund ihrer Nichtortsansässigkeit im Rahmen des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2
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VOB/A wieder ausscheiden zu können. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass Arbeiten -
auch Reparaturarbeiten - lediglich aufgrund der Nähe eines Firmensitzes zum Bauobjekt
technisch besser oder kostengünstiger ausgeführt werden können. Der Umstand, dass die
Firma I. trotz der im Vergleich zum Sitz der Firma I1. größeren Entfernung zum Bauobjekt
ein günstigeres Angebot abgeben konnte, belegt das Gegenteil. Ferner ist nicht ersichtlich,
dass die Firma I. eventuell erforderlich werdende Dachreparaturen nicht mit der gleichen
Qualität wie die Firma I1. durchführen könnte. Was die von der Klägerin ins Feld geführten
Notfälle bei Unwettern oder starken Regenfällen angeht, so gilt zum einen, dass damit eher
atypische Situationen angesprochen werden, die keinen Einfluss auf das Verständnis der
typisierenden Entscheidungskriterien des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A haben. Zum
anderen ist auch nicht gewährleistet, dass die Firma I. aufgrund ihrer Ortsansässigkeit auf
Schadensereignisse an Sonn- und Feiertagen stets schnell reagieren kann. Das
Notfallargument der Klägerin, das sich auf viele - wenn nicht sogar auf alle - Bautätigkeiten
übertragen ließe, würde zudem das Verbot der Benachteiligung nicht ortsansässiger Bieter
unterlaufen. Schließlich zeigt der Umstand, dass die Firma I1. erst auf der Prüfungsebene
des § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A bei der Auftragsvergabe keine Berücksichtigung fand, dass
sie die Prüfungsstufe des § 25 Nr. 2 VOB/A, also die Eignungsprüfung, bereits
überschritten hatte. Mit der Reaktionsschnelligkeit bei Reparatur- und Schadensfällen
aufgrund der Ortsansässigkeit führte die Klägerin aber unzulässigerweise eine über die
generelle Eignung ("Leistungsfähigkeit", § 25 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 VOB/A) hinausgehende
Anforderung der besonderen Eignung in Bezug auf das zu errichtende Objekt ein.
Aus diesen Gründen hat die Klägerin des weiteren bei der Vergabeentscheidung
zugunsten der Firma I1. einen ihr womöglich zustehenden Beurteilungsspielraum
überschritten. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem dem Auftraggeber im Rahmen des
§ 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A zuerkannten Beurteilungsspielraum um einen
Beurteilungsspielraum im verwaltungsrechtlichen Sinne mit der Folge nur eingeschränkter
gerichtlicher Überprüfbarkeit des Begriffs des annehmbarsten Angebots handelt. Selbst
wenn dies der Fall wäre, hat die Klägerin beurteilungsfehlerhaft gehandelt. Dies folgt zum
einen daraus, dass unter Anwendung der oben aufgeführten Entscheidungskriterien sich
der grundsätzlich unter Umständen bestehende Beurteilungsspielraum in Richtung auf eine
Entscheidung zugunsten der mindestbietenden Firma I. verdichtete. Zum anderen liegt ein
dem Zweck des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A zuwiderlaufender
Beurteilungsfehlgebrauch in der Verwendung des verbotenen Unterscheidungs- kriteriums
der Ortsansässigkeit eines Bieters. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der von der
Klägerin ins Feld geführten Entscheidung des Landgerichts Gera,
Urteil vom 07.11.2000 - 8 S 401/00 - , Baurecht 2001, 957 f.
da der dort zugrunde liegende Sachverhalt sich von dem hier zu beurteilenden wesentlich
dadurch unterschied, dass der übergegangene Bieter, dessen Angebot gegenüber einem
ortsansässigen Bieter um circa 2 % der Auftragssumme niedriger lag, seinen Firmensitz
über 400 Kilometer entfernt hatte, so dass es aufgrund dieses Umstandes bei
Gewährleistungsarbeiten zu erheblichen Verzögerungen und Erschwernissen kommen
konnte.
Die Firma I. gab nicht das unter Berücksichtigung der in § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A
genannten Gesichtspunkte inhaltlich vorzugswürdige Angebot ab. Vielmehr waren die
Angebote der Firma I. und der Firma I1. inhaltlich gleichwertig. Es greift die oben
aufgestellte Regel, dass in einem solchen Fall dem Preis als Entscheidungskriterium
ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Dies gilt um so mehr, als bei der Ausschreibung
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von der Beklagten zur Verfügung gestellte öffentliche Mittel zur Verwendung kamen. Das
Angebot der mindestbietenden Firma I. aus X. war somit das am annehmbarsten
erscheinende im Sinne des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A. Dem steht nicht entgegen,
dass der Unterschied zwischen dem Mindestgebot und dem Zweitgebot prozentual
gesehen recht gering war. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A räumt dem Ausschreibenden im Falle
der inhaltlichen Gleichwertigkeit der Angebote gerade keinen Spielraum ein, sich für das
nur geringfügig höhere Zweitgebot zu entscheiden.
Ein Abweichen von der Soll-Vorschrift des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A war nicht
gerechtfertigt. Gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A "soll" der Zuschlag dem am
annehmbarsten erscheinenden Angebot erteilt werden. Die Regelung in einer
Rechtsvorschrift, dass sich eine Behörde in bestimmter Weise verhalten soll, bedeutet in
der Regel eine strikte Bindung für den Regelfall, gestattet Abweichungen nur in atypischen
Fällen, in denen besondere, angebbare, nicht von der Behörde selbst zu vertretende
Gründe für das Abgehen von der Norm sprechen.
Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 40 Rn. 44.
Im vorliegenden Fall deutet bereits viel darauf hin, dass aufgrund der Tatsache, dass dem
Preis bei der Vergabeentscheidung ausschlaggebende Bedeutung zukam, der Zuschlag
an die Firma I. hätte erfolgen müssen. Jedenfalls aber sind Umstände, die die Annahme
eines atypischen Falles rechtfertigten, nicht ersichtlich. Das Auftreten von Schadensfällen
und die Notwendigkeit von Reparaturarbeiten vermögen ein Abweichen von den
Entscheidungskriterien des § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A aus den oben genannten
Gründen nicht zu tragen.
Eine weitere Nichterfüllung der Auflage der Ziffer 3 ANBest-G liegt darin, dass die Klägerin
hinsichtlich durchzuführender Arbeiten an den Außenanlagen lediglich ein Angebot der
Firma T. über 24.000,- DM einholte. Diesbezüglich fand weder eine öffentliche noch eine
beschränkte Ausschreibung statt. Die Klägerin wählte hinsichtlich der Außenanlagen den
Weg der freihändigen Vergabe im Sinne von § 3 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A. Nach § 3 Nr. 1 Abs. 3
VOB/A werden im Falle einer freihändigen Vergabe Bauleistungen ohne ein förmliches
Verfahren vergeben. Gemäß § 3 Nr. 4 VOB/A ist eine freihändige Vergabe zulässig, wenn
die öffentliche Ausschreibung oder die beschränkte Ausschreibung unzweckmäßig ist.
Fälle der Unzweckmäßigkeit einer öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung werden
beispielhaft ("besonders") in § 3 Nr. 4 lit. a) bis lit. f) VOB/A genannt. Der vorliegend allein
in Betracht kommende Zulässigkeitsgrund des § 3 Nr. 4 lit. d) VOB/A ist nicht gegeben.
Eine freihändige Vergabe ist gemäß § 3 Nr. 4 lit. d) VOB/A zulässig , wenn die Leistung
besonders dringlich war. Die Durchführung der Arbeiten an den Außenanlagen war keine
besonders dringliche Leistung im Sinne des § 3 Nr. 4 lit. d) VOB/A. Für das Vorliegen einer
besonderen Dringlichkeit sind nur echte Ausnahmefälle zur Behebung einer besonderen,
nicht vorhersehbaren Situation in Betracht zu ziehen. Das gilt nicht nur, wenn es sich zum
Beispiel um die Behebung von Katastrophenschäden handelt, sondern auch, wenn es
darum geht, Bauarbeiten durchzuführen, deren Notwendigkeit sich aus einer unvermutet
aufgetretenen Situation ergeben hat, insbesondere um Schäden und weitere Schäden zu
verhindern. Grundlegende Voraussetzung für eine besondere Dringlichkeit ist es, dass die
jeweils gegebene Situation nicht dem Auftraggeber zur Last gelegt werden kann.
Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Auflage 1996, § 3 VOB/A
Rn. 44.
Bei der Durchführung von Arbeiten an den Außenanlagen handelt es sich nicht um die
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Behebung von Katastrophenschäden. Ihre Notwendigkeit ergibt sich auch nicht aus einer
unvermutet aufgetretenen Situation. Denn dass Arbeiten an den Außenanlagen im Verlauf
der Errichtung eines Bauobjektes vorgenommen werden müssen, ist nicht unvorhersehbar
und daher auch nicht die Folge einer unvermutet auftretenden Situation. Eine besondere
Dringlichkeit kann der Auftraggeber auch nicht dadurch selbst herbeiführen, dass er mit der
Vergabe von Aufträgen solange zuwartet, bis ein planungsimmanenter Zeitdruck in Bezug
auf die Fertigstellung des Objektes entsteht. Dass die Klägerin also - wie sie in ihrem
Widerspruchsschreiben vortrug - bei einer Durchführung einer öffentlichen oder
beschränkten Ausschreibung in zusätzlichen Zeitverzug geraten wäre, ist ihr selbst zur Last
zur legen. Eine derart zeitlich beengte Situation hätte sie bei vorausschauender Planung
vermeiden können. Die Klägerin führt in der Klagebegründung so auch selbst aus, dass sie
das Gewerk "Außenanlagen" zunächst nicht in die Planung und Ausschreibung
miteinbezogen habe, weil dieses durch den gemeindeeigenen Bauhof ausgeführt werden
sollte. Erst nachträglich habe sich herausgestellt, dass für dieses Gewerk umfangreichere
Arbeiten, die der gemeindeeigene Bauhof nicht bewältigen konnte, notwendig würden als
zunächst geplant. Gründe dafür, warum eine einheitliche Ausschreibung der Arbeiten an
den Außenanlagen nicht erfolgte, konnte die Klägerin nicht nennen.
Der Widerruf durfte sich auch auf den für Drainage- und Erdarbeiten aufgewendeten Betrag
erstrecken, da die Klägerin auch bei der Vergabe von Aufträgen für diese Arbeiten gegen
Ziffer 3 ANBest-G verstieß. Die Beklagte widerrief die Zuwendungsbescheide nicht nur im
Umfang des letzten Endes für die Außenarbeiten mit Schlussrechnung vom 22.04.1994
abgerechneten Betrages von 51.829,45 DM. Der Widerrufsposten lautete vielmehr
"Außenanlagen einschließlich Drainage- und Erdarbeiten". Die Beklagte begründete den
Widerruf bezüglich der Drainage- und Erdarbeiten damit, dass zusätzlich zur
Schlussrechnung vom 22.04.1994 über weitere Rechnungen für Drainage- und Erdarbeiten
circa 40.000,- DM abgerechnet wurden, so dass sich der Widerruf auf insgesamt 91.829,45
DM erstrecken dürfe. Bereits am 28.07.1992 erhielt die Firma T. von der Klägerin einen
Auftrag für die Durchführung von Erdarbeiten. Dieser Auftrag wurde aufgrund einer
öffentlichen Ausschreibung vergeben. Die Firma T. rechnete die ihr in Auftrag gegebenen
Leistungen mit Schlussrechnung vom 30.03.1993 über 101.369,62 DM ab. Über
Zusatzangebote wurden der Firma T. weitere Leistungen wie Grundleitung und
Kanalanschluss, Gas- und Stromanschluss und Parkplätze in Auftrag gegeben. Die
insgesamt abgerechnete Summe betrug dann 151.290,20 DM. Diese Auftragsvergabe
wurde von der Klägerin in ihrem Widerrufsbescheid nicht beanstandet. Beanstandet wurde
die Abrechnung von Drainage- und Erdarbeiten im Zusammenhang mit der
Schlussrechnung über die Arbeiten an den Außenanlagen vom 22.04.1994. Die
Auftragsvergabe hinsichtlich der durch die weiteren Rechnungen abgerechneten Drainage-
und Erdarbeiten war nicht VOB/A-konform. Sie wurde nicht von der VOB/A-konformen
Vergabe der Aufträge vom 28.07.1992 gedeckt, da es sich bei der Vergabe der Erdarbeiten
nicht um einen einheitlichen Auftrag handelte, der jegliche in der Zeit von Juli 1992 bis
April 1994 durch die Firma T. erbrachte Leistungen erfasste. Dies ist bereits ausweislich
des Vorbringens in der Klagebegründung nicht der Fall. Demzufolge hat sich bei der Arbeit
an dem Gewerk "Außenanlagen" erst nachträglich herausgestellt, dass für dieses Gewerk
umfangreichere Arbeiten notwendig geworden sind als zunächst geplant. Aus diesem
Grunde seien diese Arbeiten an die bereits mit anderen Erdarbeiten an dieser Baustelle
betraute Firma K. T. vergeben worden. Aus den genannten Erwägungen sei eine
zusammengefasste Ausschreibung der beiden Gewerke nicht möglich gewesen. Die im
Zusammenhang mit der Schlussrechnung vom 22.04.1994 abgerechneten Drainage- und
Erdarbeiten fanden also aufgrund einer neuerlichen, eigenständigen Vergabe statt. Diese
stellte eine freihändige Vergabe im Sinne des § 3 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A dar. Aus den obigen
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Ausführungen ergibt sich, dass diese nicht gemäß § 3 Nr. 4 VOB/A zulässig war.
Der Widerruf erfolgte innerhalb der Frist der § 49 Abs. 3 Satz 2 VwVfG NRW, § 48 Abs. 4
Satz 1 VwVfG NRW und damit rechtzeitig. Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis,
welche die Rücknahme eines rechtswidrigen bzw. den Widerruf eines rechtmäßigen
Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist gemäß § 49 Abs. 3 Satz 2, § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG
NRW der Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme
zulässig. Wird eine mit einem begünstigenden Verwaltungsakt verbundene Auflage nicht
erfüllt, beginnt die Frist für dessen Widerruf erst zu laufen, wenn die Behörde den
Auflagenverstoß erkannt hat und ihr die weiteren für die Widerrufsentscheidung
erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Maßgebend ist die Kenntnis des für die
Entscheidung über die Rücknahme oder den Widerruf zuständigen Amtswalters.
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 24.01.2001 - 8 C 8/00 - , Leitsätze 1 und 3;
juris.
Der Prüfungsbericht des Gemeindeprüfungsamtes des Oberbergischen Kreises, in dem die
Vergabeentscheidungen der Klägerin beanstandet wurden, datiert vom 25.11.1996 und
ging am 03.12.1996 bei der Beklagten ein. Frühestens ab dem Zeitpunkt des Eingangs des
Prüfungsberichts erhielt die Beklagte Kenntnis von Tatsachen, die einen Widerruf der
Zuwendungsbescheide rechtfertigten. Der Widerruf vom 06.10.1997 erfolgte also auf jeden
Fall innerhalb der Jahresfrist der § 49 Abs. 3 Satz 2, § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW.
Die Beklagte sprach den Widerruf frei von Ermessensfehlern im Sinne des § 114 Satz 1
VwGO aus. Gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW "darf" bei Vorliegen der sonstigen
Voraussetzungen ein Widerruf erfolgen. Der Widerruf steht also im Ermessen der Behörde.
Die Behörde muss sich im Rahmen der Zwecksetzung der gesetzlichen Ermächtigung zum
Erlass des in Frage stehenden Verwaltungsaktes und der Ermächtigung zum Widerruf
gemäß § 49 VwVfG NRW halten und auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das
Vertrauensschutzinteresse des Betroffenen berücksichtigen.
Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 49 Rn. 28.
Ein Ermessensnichtgebrauch in dem Sinne, dass die Beklagte das ihr zustehende
Ermessen nicht gesehen oder von vornherein nicht ausgeübt hätte, liegt ausweislich der
Begründung des Widerrufsbescheides zunächst nicht vor. Eine Ermessensausübung durch
die Beklagte hat stattgefunden. Sie hat die Verstöße gegen die VOB/A und die
Nichterfüllung von Auflagen zu den Zuwendungsbescheiden als schwerwiegend eingestuft
und ferner das Interesse der Allgemeinheit an einer ordnungsgemäßen Verwendung
öffentlicher Mittel - auch im Hinblick auf die Gewährleistung einer wettbewerbskonformen
Auftragsvergabe - in ihre Ermessensüberlegungen eingestellt. Aus diesen Gründen könne
sie nicht auf eine anteilige Reduzierung der Förderbeträge verzichten.
Ein Ermessensfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass sich die Beklagte aufgrund des im
Widerspruchsbescheid erwähnten Erlasses des Finanzministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen von Dezember 1987 zu einem Widerruf verpflichtet sah. Gemeint war
augenscheinlich der Runderlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen
vom 23.12.1987 betreffend die Rückforderung von Zuwendungen wegen Nichtbeachtung
der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und der Verdingungsordnung für
Leistungen - ausgenommen Bauleistungen (VOL/A) (Vgl. S. 3 oben des
Anhörungsschreibens der Beklagten an die Klägerin vom 17.04.1997). Ein
Ermessensfehler liegt auch dann vor, wenn sich eine Behörde an eine rechtswidrige
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Richtlinie oder Verwaltungspraxis gebunden erachtet. Allerdings sind - soweit das Gesetz
nicht entgegensteht - bei der Beurteilung, ob die Behörde ermessensgerecht handelt und
insbesondere das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt, ermessenslenkende
Verwaltungsvorschriften grundsätzlich zu berücksichtigen. Solche Verwaltungsvorschriften
sind grundsätzlich zulässig, soweit sie sich ihrerseits am Zweck der Ermächtigung
orientieren und sachgerecht sind. Verwaltungsvorschriften entheben die Behörde jedoch
nicht der Verpflichtung zu einer eigenverantwortlichen Ermessensentscheidung unter
sachlicher Abwägung aller einschlägigen Gesichtspunkte des konkretes Falles, sondern
geben ihr nur Anhaltspunkte für die gegenüber dem Bürger zu treffende Entscheidung.
Weist ein Fall wesentliche Besonderheiten im Vergleich zum "Re- gelfall" auf, auf den die
Verwaltungsvorschriften zugeschnitten sind, so muss die Be- hörde dies bei ihrer
Ermessensanwendung berücksichtigen und gegebenenfalls von der Verwaltungsvorschrift
abweichend entscheiden.
Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 40 Rn. 51.
Der genannte Erlass des Finanzministeriums ist unter Anlegung der aufgeführten
Maßstäben ermessensfehlerfrei. Die Beklagte wendete ihn auch in ermessensfehlerfreier
Weise an.
Ziffer 2 des Erlasses bestimmt:
"Liegt ein schwerer Verstoß gegen die VOB/VOL vor, ist grundsätzlich ein Widerruf des
Zuwendungsbescheides und die Neufestsetzung (Kürzung) der Zuwendung angezeigt.
Dabei ist davon auszugehen, dass - regelmäßig nach vorheriger Anhörung des
Zuwendungsempfängers (§ 28 VwVfG NW) - im Rahmen der vorzunehmenden
Interessenabwägung das öffentliche Interesse an einer Rückforderung überwiegt. Im
Interesse eines möglichst einheitlichen Verwaltungsvollzugs und zur gebotenen
Gleichbehandlung der Zuwendungsempfänger sind bei schweren Verstößen gegen die
VOB/VOL im Regelfall (vgl. nachstehende Ziffer 3) förderrechtliche Konsequenzen
dergestalt zu ziehen, dass die Kosten für die jeweilige Auftragseinheit, bei der der Verstoß
ermittelt wurde, von der Förderung ausgeschlossen werden. Würde die Anwendung dieses
Grundsatzes, etwa weil VOB/VOL-widrig nicht in Teillosen bzw. nur in großen Teillosen
vergeben wurde, zu einem völligen oder sehr weitgehenden Förderausschluss für die
Gesamtmaßnahme führen, kann der Kürzungsbetrag auf 20 bis 25 v. H. der
Gesamtzuwendung zuzüglich des Zuwendungsanteils der durch den Verstoß bedingten
Verteuerung beschränkt werden. Es handelt sich hierbei um einen Rahmen, der bei
Vorliegen besonderer Gründe sowohl über- als auch unterschritten werden kann."
Ziffer 3 des Erlasses zählt auf, welche Tatbestände insbesondere als schwere Verstöße
gegen die VOB/VOL in Betracht kommen. Zu den "schweren Verstößen" werden unter
anderem gerechnet:
"3.3 Bevorzugung des Angebots eines ortsansässigen Bieters gegenüber dem
annehmbarsten Angebot."
"3.5 Ausscheiden des annehmbarsten Angebots
- aus sonstigen vergabefremden Erwägungen"
"3.7 Freihändige Vergabe von Anschlussaufträgen ohne Vorliegen der Voraussetzungen
nach § 3 Nr. 5 VOB/A oder § 3 Nr. 4 VOL/A."
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"3.8 Beschränkung des Wettbewerbs entgegen § 8 Nr. 1 VOB/A oder § 7 Nr. 1 VOL/A."
Ziffer 3 des Erlasses schließt mit der Bemerkung:
"Bei Vorliegen dieser Sachverhalte ist im Regelfall, soweit nicht die Umstände des
Einzelfalles eine mildere Beurteilung erfordern (alle Umstände und Gesichtspunkte, auch
etwaige Entlastungsmomente, sind in die Beurteilung einzubeziehen), förderrechtlich nach
Maßgabe der vorstehenden Ziffer 2 zu verfahren."
Der Erlass ist mit diesem Inhalt zulässig. Er orientiert sich am Zweck der Ermächtigung und
ist sachgerecht. Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf eines Zuwendungsbescheides
ist § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW. Der Erlass von Zuwendungsbescheiden steht unter
einem haushaltsrechtlichen Regime. § 44 Abs. 1 Satz 1 LHO NRW bestimmt, dass
Zuwendungen nur unter den Voraussetzungen des § 23 LHO NRW gewährt werden dürfen.
Gemäß § 23 LHO NRW dürfen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für
Leistungen außerhalb der Landesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke
(Zuwendungen) nur veranschlagt werden, wenn das Land an der Erfüllung durch solche
Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendung nicht oder nicht in
notwendigem Umfang befriedigt werden kann. Das Instrument des Widerrufs gibt dem Land
ein Steuerungs- und Sanktionsinstrument in die Hand, mit dem sichergestellt werden kann,
dass gewährte Zuschüsse nicht den haushaltsrechtlichen Vorgaben zuwiderlaufend
verwendet werden. Bezogen auf den Widerruf von Zuwendungen ist der Zweck des § 49
Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW also darin zu sehen, die wirtschaftliche und haushaltsgerechte
Verwendung von Landesmitteln, die § 7 Abs. 1 LHO NRW verlangt, zu gewährleisten und
Verstöße gegen Auflagen zu sanktionieren. Überdies wohnt dem Widerruf ein
Präventionsmoment inne, da sowohl der speziell von einem Widerruf betroffene
Zuwendungsempfänger als auch generell potentielle Zuwendungsempfänger von
Verstößen insbesondere gegen die nach dem Gemeindehaushaltsrecht zu beachtenden
Vergabegrundsätze der VOB/A abgehalten werden sollen. Nur so er- scheint die Effektivität
der Durchsetzung der letzteren abgesichert zu sein. An den so zu beschreibenden
Zwecken orientiert sich der Erlass des Finanzministeriums, der unter Ziffer 1 auf das "in
den zuwendungsrechtlichen Vorschriften enthaltene Gebot der wirtschaftlichen und
sparsamen Verwendung von Zuwendungen" verweist.
Ziffer 2 des Erlasses intendiert das Ermessen des § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in
Richtung auf einen Widerruf des Zuwendungsbescheides, wenn ein schwerer Verstoß
gegen die VOB/VOL vorliegt. In solchen Fällen soll regelmäßig ein Widerruf erfolgen. Die
Kann-Vorschrift des § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW wird damit in den angesprochenen
Fallkonstellationen in eine Soll-Vorschrift umgewandelt. Dies soll jedoch nur bei
"schweren" Verstößen gegen die VOB/VOL- Vorschriften der Fall sein, also nicht bei
jeglichem Verstoß. Mit dieser Verknüpfung von Schweregrad des Rechtsverstoßes und zu
erfolgender Regelwiderrufssanktion wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge
getan. Der Begriff des "schweren Verstoßes" ist allerdings zur Beachtung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes noch dahingehend zu präzisieren, dass ein solcher nur
dann vorliegt, wenn der Zuwendungsempfänger eine Vorschrift der VOB/A in nicht mehr
vertretbarer Weise interpretiert und anwendet. Ein "schwerer Verstoß" scheidet danach
insbesondere aus, wenn der Zuwendungsempfänger sich zur Unterstützung seiner Sicht
des Verständnisses einer VOB/A-Vorschrift auf die gleichlautende Auffassung eines
Kollegialgerichts in einem vergleichbaren Fall berufen kann. Ziffer 2 spricht im weiteren
ausdrücklich von der "vorzunehmenden Interessenabwägung" und gibt damit zu erkennen,
dass sich der Erlassgeber des Erfordernisses einer Verhältnismäßigkeitsprüfung,
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insbesondere auf der Ebene der Angemessenheit, bewusst war. Dass das öffentliche
Interesse an einer Rückforderung typischerweise das Interesse des
Zuwendungsempfänger an einem Behaltendürfen der Zuwendung trotz eines schweren
VOB/VOL-Verstoßes überwiegen soll, ist nicht zu beanstanden, da nicht nachvollziehbar
ist, warum der Zuwendungsempfänger trotz schweren Rechtsverstoßes in Kenntnis der
Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides ohne weiteres im Genuss der
Zuwendung verbleiben soll.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16.06.1997 - 3 C 22.96 - , DÖV 1997,
1006 f.; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 01.02.1983 - 10 S 1346/82
- , NVwZ 1983, 552, 555; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Auflage 1999, § 49 Rn. 89 f.
Förderrechtlich konsequent und sachgerecht ist es daher, wenn die Kosten für die jeweilige
Auftragseinheit, bei der der Verstoß ermittelt wurde, von der Förderung ausgeschlossen
werden. Dass die Kosten für die jeweilige tatsächlich vergebene Auftragseinheit
zurückgefordert werden dürfen und nicht bloß die Differenz zwischen diesen Kosten und
den hypothetischen Kosten für einen VOB/A-konform vergebenen Auftrag, ist nicht zu
beanstanden, da diese Rechtsfolge dem Sanktions- und Präventionselement des Widerrufs
entspricht. Anderenfalls würden VOB-Verstöße weitgehend folgenlos bleiben. Der
Zuwendungsempfänger könnte sich bei der Auftragsvergabe in dem Wissen VOB-widrig
verhalten, dass ihm selbst im Falle der Feststellung eines VOB-Verstoßes ein gewisser
Teil der Fördersumme verbliebe. Letztlich würde man das Argument anerkennen, eine
bestimmte Begünstigung gebühre auch demjenigen, der sich zwar nicht rechtmäßig, d. h.
den Voraussetzungen für den Erhalt und das Behaltendürfen der Begünstigung
entsprechend, verhalten hat, der sich aber durchaus rechtmäßig hätte verhalten können.
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird ferner dadurch beachtet, dass Ziffer 2 des
Erlasses den von ihr aufgestellten Grundsatz des Widerrufs bei schweren VOB/VOL-
Verstößen in Fällen einer erheblichen Härte für den Zuwendungs- empfänger für eine
Möglichkeit der Begrenzung der Widerrufssumme öffnet. Der Erlass erreicht so einen
Ausgleich zwischen der Sanktionierung von VOB-Verstößen einerseits und Vermeidung
von unbilligen Härten auf Seiten des Zuwendungsempfängers andererseits. In diesem
Sinne lässt auch der Schlusssatz der Ziffer 3 eine mildere Beurteilung unter
Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles zu. Die Handhabung der
Ziffer 2 des Erlasses wird dadurch transparent, dass Ziffer 3 des Erlasses eine Reihe von
als schwer einzustufenden VOB/VOL-Verstößen bezeichnet. Dadurch wird einer
gleichmäßigen Anwendung des Erlasses Vorschub geleistet, da der Verwaltung bestimmte
Anhaltspunkte für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "schweren
VOB/VOL-Verstoßes" gegeben werden. Die in Ziffer 3 aufgezählten VOB/VOL- Verstöße
sind auch - unter Berücksichtigung der Einschränkung der vertretbaren Auslegung der
VOB-Vorschrift durch den Zuwendungsempfänger - zurecht als "schwer" eingeordnet
worden, da sie die Zuwiderhandlung gegen grundsätzliche Re- geln der Auftragsvergabe
betreffen.
Die Beklagte wendete den Erlass ermessensfehlerfrei an. Sie hat nicht dadurch
ermessensfehlerhaft gehandelt, dass sie vor dem Hintergrund des Erlasses des
Finanzministeriums davon ausging, nicht auf den Widerruf der Zuwendungsbescheide
verzichten zu können. Hinsichtlich der Dachdecker- und Klempnerarbeiten hat die Klägerin
das Angebot eines ortsansässigen Bieters gegenüber dem annehmbarsten Angebot
bevorzugt. Damit hat sie den Wettbewerb entgegen § 8 Nr. 1 VOB/A beschränkt. Es liegen
diesbezüglich gemäß Ziffer 3.3 und 3.8 des Erlasses schwere VOB-Verstöße vor, die einen
Widerruf des Zuwendungsbescheides gemäß Ziffer 2 des Erlasses angezeigt sein lassen.
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Hinsichtlich der Außenarbeiten einschließlich der Drainage- und Erdarbeiten liegt ein
schwerer VOB-Verstoß gemäß Ziffer 3.7 des Erlasses vor, weshalb die Beklagte auch
bezogen auf diese Auftragsvergabe den Zuwendungsbescheid ermes- sensfehlerfrei
widerrief. Die Auslegung der VOB/A-Vorschriften durch die Klägerin kann nach den obigen
Ausführungen zu der Nichterfüllung der Auflage der Ziffer 3 ANBest-G nicht mehr als
vertretbar bezeichnet werden. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Landgerichts
Gera stützt ihre Sichtweise nicht, da sie eine andersliegende tatsächliche Situation betrifft.
Auch sind - zumindest was den Widerruf dem Grunde nach angeht - keine Umstände des
Einzelfalles ersichtlich, die eine mildere Beurteilung erfordern. Allein die geringe Differenz
zwischen dem Mindesgebot der Firma I. und dem Zweitgebot der Firma I1. stellt nach den
obigen Ausführungen keinen Gesichtspunkt dar, der ausnahmsweise eine mildere
Beurteilung erfordert hätte.
Der Widerruf war auch der Höhe nach ermessensgerecht. Die Beklagte war nach Ziffer 2
des Erlasses zu einem Widerruf im vorgenommenen Umfang berechtigt. Gemäß Ziffer 2
des Erlasses sind bei schweren Verstößen gegen die VOB/VOL im Regelfall
förderrechtliche Konsequenzen dergestalt zu ziehen, dass die Kosten für die jeweilige
Auftragseinheit, bei der der Verstoß ermittelt wurde, von der Förderung ausgeschlossen
werden. Eine Auftragseinheit, für die ein VOB/A-Verstoß ermittelt wurde, sind zunächst die
Dachdecker- und Klempnerarbeiten, da sie zusammen ausgeschrieben und vergeben
wurden. Die Kosten für die Dachdecker- und Klempnerarbeiten in Höhe von 144.772,- DM
konnten daher von der Förderung ausgeschlossen werden. Eine weitere Auftragseinheit,
bei der ein Verstoß ermittelt wurde, stellen die Arbeiten an den Außenanlagen, sowie die
Erd- und Drainagearbeiten dar. Eine Auftragseinheit kann nur angenommen werde, wenn
verschiedene rechtlich selbständig zu beurteilende Aufträge in einem sachlichen und
zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen. Erdarbeiten wurden aufgrund einer
öffentlichen Ausschreibung durch Auftrag vom 12.07.1992 an die Firma T. vergeben. Die
Firma T. rechnete die ihr in Auftrag gegebenen Leistungen mit Schlussrechnung vom
30.03.1993 über 101.369,62 DM ab. Das Angebot über die Außenanlagen datierte vom
25.02.1994. Mit der Schlussrechnung vom 22.04.1994 wurde über 51.829,45 DM
abgerechnet. Zusätzlich wurden über weitere Rechnungen für Drainage und Erdarbeiten
circa 40.000 DM abgerechnet. Zwischen den zunächst ausgeführten Erdarbeiten und den
Arbeiten an den Außenanlagen bestand keine Auftragseinheit. Jedoch kam es
augenscheinlich nach Abschluss der zunächst in Auftrag gegebenen Erdarbeiten im
Zusammenhang mit den Arbeiten an den Außenanlagen erneut zu Erdarbeiten und
Drainagearbeiten. Sonst wäre es nicht erklärlich, dass im Zusammenhang mit der
Schlussrechnung bezüglich der Arbeiten an den Außenanlagen mit weiteren Rechnungen
für Drainage und Erdarbeiten abgerechnet wurde. Daher besteht zwischen den Arbeiten an
den Außanlagen und den zusätzlich abgerechneten Erd- und Drainagearbeiten eine
Auftragseinheit. Bei dieser Auftragseinheit wurde ein Verstoß gegen die VOB/A ermittelt.
Daher sind auch die 91.829,45 DM für die Auftragseinheit der Außenanlagen einschließlich
Erdarbeiten und Drainage von der Förderung ausgeschlossen.
Eine Beschränkung des Widerrufs gemäß Ziffer 2 des Erlasses auf 20 bis 25 vom Hundert
der Gesamtzuwendung zuzüglich des Zuwendungsanteils der durch den Verstoß
bedingten Verteuerung scheidet bereits deshalb aus, weil sich der Förderausschluss
letztlich nur auf 11,41 % der Gesamtzuwendung beläuft, also ohnehin bereits unterhalb der
vorgesehenen Beschränkungsschwelle liegt. Schließlich hat die Beklagte den
Widerrufsbetrag auch zutreffend errechnet.
Auch die in den Bescheiden der Beklagten enthaltene Erstattungsaufforderung ist formell
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und materiell rechtmäßig.
Ermächtigungsgrundlage für die Erstattungsaufforderung ist § 49 a Abs. 1 Satz 1 VwVfG
NRW. § 49 a VwVfG NRW ist durch Art. 1 Nr. 7 des 3. Gesetzes zur Änderung des
Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und zur Änderung
anderer verwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 24.11.1992 (GVBl. NRW. S. 446) in das
VwVfG NRW eingefügt worden. Auch er findet gemäß Art. 10 Abs. 2 1. Halbsatz des 3.
Änderungsgesetzes auf Bescheide über Zuwendungen gemäß § 23 LHO NRW
Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen worden sind. Nur für
Zinsansprüche, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltend gemacht worden sind, gilt der
in § 49 a Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW bezeichnete Zinssatz gemäß Art. 10 Abs. 2 2.
Halbsatz des 3. Änderungsgesetzes erst vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an.
Die formelle Rechtmäßigkeit der Erstattungsaufforderung begegnet keinen Bedenken. Die
Erstattungsaufforderung ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 49 a
Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW liegen vor. Gemäß § 49 a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW sind
bereits erbrachte Leistungen zuerstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die
Vergangenheit oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist.
Die Beklagte hat die Zuwendungsbescheide wegen eines Betrages von 107.242,- DM
widerrufen. In dieser Höhe sind die von der Beklagten an die Klägerin erbrachten
Leistungen zu erstatten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708
Nr. 11, § 711 ZPO.