Urteil des VG Köln vom 10.03.2003

VG Köln: avg, stadt, verbrennung, satzung, abfallentsorgung, rücktritt vom vertrag, ausschreibung des auftrags, firma, deponie, daten

Verwaltungsgericht Köln, 14 K 3507/00
Datum:
10.03.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 3507/00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks S. straße 000 in Köln. Das
Grund- stück ist an die öffentliche Abfallentsorgung der Stadt Köln angeschlossen. Mit
Grundbesitzabgabenbescheid vom 25.01.1999 zog der Funktionsvorgänger des
Beklagten die Kläger unter anderem zu Abfallgebühren in Höhe von 528,00 DM für
einen im Vollservice geleerten 80-Liter-Restabfallbehälter heran.
1
Am 13.02.1999 legten die Kläger gegen den Bescheid vom 25.01.1999 insoweit
Widerspruch ein, als in ihm Abfallgebühren festgesetzt wurden. Zur Begründung
verwiesen sie auf die Widersprüche, die sie und weitere Mitglieder der "Kölner
Interessengemeinschaft Müllvermeidung statt Müllverbrennung" im Jahre 1998
eingelegt hatten. Dort hatten sie sich gegen die ihrer Ansicht nach rechtswidrige
Gebührenkalkulation gewandt und insbesondere das in die Kalkulation eingestellte
Verbrennungsentgelt als aus mehreren Gründen überhöht gerügt. Außerdem hatten sie
kritisiert, der gewählte Gebührenmaßstab biete keine finanziellen Anreize für
Abfallvermeidung und Abfallverwertung. Ergänzend führten die Kläger in ihrem
Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.01.1999 aus, bei der Neuorganisation der
Abfallentsorgung in Köln sowie bei Planung und Bau der Kölner
Restmüllverbrennungsanlage seien keine bzw. keine ordnungsgemäßen
Ausschreibungen erfolgt.
2
Mit Bescheid vom 06.04.2000 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen
seinen Bescheid über Abfallgebühren vom 25.01.1999 zurück. Die Abfallgebühren
seien nach den satzungsrechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß
festgesetzt worden. Insbesondere sei der gewählte Gebührenmaßstab nicht zu
beanstanden. Auch die von der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft Köln
mbH (AVG) erhobenen Verbrennungsentgelte hätten als betriebsnotwendige Kosten
eines zulässigerweise eingeschalteten Privatunternehmens in die Gebührenkalkulation
eingestellt werden dürfen.
3
Am 25.04.2000 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr
Anfechtungsbegehren weiter verfolgen. Der Beklagte hat, nachdem sich seine
Abfallgebührensatzungen für die Jahre 1994 bis 1996 als rechtswidrig erwiesen hatten,
auch eine Gebührennachberechnung für das Gebührenjahr 1999 durchgeführt. Der Rat
der Stadt Köln hat am 11.09.2001 auf Grundlage dieser Nachberechnung rückwirkend
eine neue Abfallgebührensatzung für das Jahr 1999 beschlossen.
4
Zur Begründung ihrer Klage wiederholen und vertiefen die Kläger ihr Vorbringen gegen
die der Gebührensatzung zugrundeliegende Berechnung. Die von ihnen gerügten
Fehler seien auch durch die von dem Beklagten durchgeführte Nachberechnung nicht
beseitigt worden. Ergänzend führen sie aus, der inzwischen bekanntgewordene "Kölner
Spendenskandal" zeige, dass dem Gebührenzahler Kosten in Rechnung gestellt
worden seien, die gebührenrechtlich nicht ansatzfähig seien.
5
Die Kläger beantragen,
6
den Bescheid vom 25.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
06.04.2000 hinsichtlich der Abfallgebühren aufzuheben. Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
8
Zur Begründung führt er aus, die Gebührensatzung der Stadt Köln sei jedenfalls nach
der durchgeführten Nachberechnung und dem Erlass der neugefassten
Gebührensatzung nicht mehr zu beanstanden.
9
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Verfahrensakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene
Abgabenbescheid vom 25.01.1999, in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
06.04.2000 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
11
Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger zu den angefochtenen
Abfallgebühren sind § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1 S. 1 der Satzung über die
Abfallgebühren in der Stadt Köln für 1998 vom 30.10.2001 in der Fassung der 1.
Satzung zur Änderung der Satzung über die Abfallgebühren in der Stadt Köln für 1999
vom 30.10.2001 (Abfallgebührensatzung - AbfGebS). Gegen die formelle Wirksamkeit
der Satzung bestehen keine Bedenken.
12
Die Satzung ist auch materiell wirksam.
13
I.
14
Die Regelungen über den Gebührenmaßstab sind nicht zu beanstanden. Der in der § 1
Abs. 1 S. 2 AbfGebS festgelegte, durch das Kriterium der Raumdichte modifizierte
Volumenmaßstab ist ein geeigneter Wahrscheinlichkeitsmaßstab. 1. Volumenmaßstäbe
sind grundsätzlich geeignete Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe. Der
Wahrscheinlichkeitsmaßstab der Stadt Köln ist für das Jahr 1999 nicht zu beanstan-
den. Dies gilt auch hinsichtlich der 70/80 Liter Tonne, soweit sie für einen
Einpersonenhaushalt als kleinste Maßstabseinheit gilt,
15
insoweit wird auf die ständige Rechtsprechung der Kammer zur Kölner AbfGS vgl. Urteil
vom 18.2.1992 -14 K 1945/92 und die sie bestätigenden Entscheidungen des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) Urteil vom
16.6.1994 - 9 A 1331/92 - sowie des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), Beschluss
vom 28.10.1994 - 8 B 177/94 - für die Jahre 1987 bis 1990 mit einer 120 l Tonne als
Mindestgröße verwiesen; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 18.3.1996 - 9 A 274/93 -
betreffend eine andere Gemeinde.
16
Die Satzungsregelung verstößt auch nicht gegen § 9 Abs. 1 S. 3 Halbsatz 2
Landesabfallgesetz Nordrhein Westfalen (LAbfG NRW). Nach dieser Vorschrift darf
durch die Zuteilung eines bestimmten Mindestbehältervolumens die Anreizfunktion der
Gebührenbemessung (§ 9 Abs. 2 S. 3 LAbfG) nicht unterlaufen werden. Insoweit ist
vorliegend zu berücksichtigen, dass von der Regelung des § 8 Abs. 2 S. 1 der Satzung
über die Abfallentsorgung in der Stadt Köln vom 16.12.1996 (Abfallsatzung - AbfS), der
zufolge pro Einwohner und Woche 35 l erforderlich sind, auf Antrag nach unten
abgewichen werden kann. Durch diese Möglichkeit können Bürger, die sich besonders
um Vermeidung, Getrennthaltung und Verwertung ihrer Abfälle bemühen, im Rahmen
der gegebenen Möglichkeiten die Beschränkung auf ein kleineres Abfallgefäß erreichen
und damit Gebühren einsparen. Die Ausnahmeregelung schafft somit einen
zusätzlichen (organisatorischen) Anreiz, der sich unmittelbar in den Gebühren
niederschlägt. Dass durch die Organisation der Abfallentsorgung der größtmögliche
Anreiz geschaffen wird, verlangt § 9 Abs. 1 S. 3 Halbsatz 2 LAbfG NRW nicht, wie sich
schon aus der Formulierung ableiten lässt, nach der die Anreizfunktion der
Gebührenbemessung "nicht unterlaufen" werden darf. Insoweit ist es unproblematisch,
dass der Beklagte nicht jede denkbare Behältergröße anbietet, sondern sich aus
Gründen der Praktikabilität auf bestimmte Größen beschränkt. Dass im übrigen bei der
Gebührenbemessung die Anreizwirkung häufig nur in eingeschränktem Maße
Berücksichtigung finden kann, hat auch der Gesetzgeber erkannt. Dies lässt sich daran
ersehen, dass er in § 9 Abs. 2 Satz 6 LAbfG NRW die Erhebung von Grundgebühren für
zulässig erklärt hat, von Gebühren also, die unabhängig vom konkreten Ausmaß der
Inanspruchnahme der Abfall- entsorgungseinrichtung erhoben werden.
17
Vgl. das Urteil der Kammer vom 27.08.2002 - 14 K 7130/00.
18
Der Tonnenmaßstab mit mehreren Tonnengrößen ist für Köln gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3
LAbfG hinreichend differenziert. 70/110/660/770/1.100/3.000 und 5.000 bzw.
80/120/240/etc. Liter-Tonnen ergeben differenzierte Möglichkeiten der Entsorgung.
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Soweit die Mindestgröße von 70 bzw. 80 Litern für einen Ein-Personenhaushalt auf
einem selbständigen Grundstück problematisch bleiben kann, ist zu berücksichtigen,
dass die Gebührensatzung an die Organisation der konkreten Einrichtung anknüpfen
muss. Sie kann mit der Gebühr nur Leistungen erfassen, die die Einrichtung anbietet.
Wenn keine kleineren Leistungseinheiten vorhanden sind, kann die Gebührensatzung
grundsätzlich keine kleinere Leistungseinheit als Maßstab formulieren. Der
Gebührenmaßstab kann sich nur nach der vorhandenen Einrichtung ausrichten und
keine fiktiven Tonnen oder Mindestmengen berechnen. Insoweit handelt es sich um
Probleme der Ausgestaltung des Anschluss- und Benutzungszwanges,
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vgl. OVG NRW, Urteile vom 28.11.1994 - 22 A 3036/93- , vom 13.12.1995 - 22 A
5377/94 - und vom 08.09.1987 - 22 A 2281/85 -, NVwZ 1988, 561.
21
Dies gilt auch für die Frage, inwieweit das in § 8 Abs. 2 S. 2 AbfS geregelte
Mindestvolumen und die Reduktionsmöglichkeiten ( § 8 Abs. 2 S. 3 AbfS) zutreffend
sind. Allerdings entschärft sich das Problem für den Fall des Einpersonenhaushalts auf
einem selbständigen Grundstück, weil die Satzung die gemeinsame Nutzung einer
Tonne durch zwei Grundstücke ermöglicht (§ 8 Abs. 4 AbfS).
22
2. Der gewählte Gebührenmaßstab ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die
Abfallgebührensatzung den Volumenmaßstab durch das Kriterium der Raumdichte
modifiziert. Nach der Neufassung der Abfallgebührensatzung vom 30.10.2001 steht der
Anwendung des Kriteriums der Raumdichte der Wortlaut der Satzung nicht mehr
entgegen. § 1 Abs. 1 S. 2 und S. 3 AbfGebS lässt sich nunmehr entnehmen, dass neben
dem Volumen der in Anspruch genommenen Restabfallgefäße auch das auf
Erfahrungswerten beruhende Verhältnis von Gewicht und Volumen für die jeweilige
Behältergröße Bemessungsgrundlage für die Höhe der Abfallgebühren ist.
23
Durch die so definierte Raumdichte wird, wenn sie zutreffend ermittelt wurde, die
durchschnittliche Inanspruchnahme der Abfallentsorgung genauer erfasst als durch den
reinen Volumenmaßstab. Ihre Einbeziehung in den Gebührenmaßstab ist daher
grundsätzlich nicht zu beanstanden.
24
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 06.06.2000 - 9 A 2443/98 -, VG Köln, Urteil vom
20.03.1998 - 14 K 8278/95.
25
Die in der Nachberechnung verwandten Werte der Raumdichte wurden ordnungsgemäß
ermittelt. Sie beruhen auf einer in den Jahren 1998 und 1999 von dem Labor für
Abfallwirtschaft, Siedlungswasserwirtschaft und Umweltchemie (LASU) der
Fachhochschule Münster durchgeführten, repräsentativen Untersuchung der in Köln zur
Abfuhr bereitgestellten Abfallbehälter. Diese Analyse hat das Ergebnis früherer
Untersuchungen insoweit bestätigt, als sie für die kleineren Abfallbehälter eine größere
Raumdichte ermittelt hat als für die großen. Im einzelnen weichen die Ergebnisse der
LASU-Untersuchung aber deutlich von denen der vorherigen Untersuchungen ab. Aus
diesen Abweichungen ergeben sich jedoch keine Bedenken dagegen, die Ergebnisse
der LASU-Untersuchung der Nachberechnung der Gebührensätze zugrundezulegen.
Die Abweichungen erklären sich zum Teil durch die seit den früheren Untersuchungen
vergangene Zeit, in der sich das Entsorgungsverhalten der Bevölkerung geändert hat.
Hinzu kommt, dass die Untersuchung der Ingenieurgemeinschaft Technischer
Umweltschutz (ITU) aus dem Jahre 1993, durch die die zuvor letzten Zahlen zur
Raumdichte ermittelt wurden, nicht mit dem Ziel durchgeführt wurde, Aussagen über die
Raumdichte zu treffen. Das andere Ziel der Untersuchung hat - zumindest für die 70 l-
Tonne - zur Folge gehabt, dass die ermittelte Raumdichte nicht repräsentativ war.
26
Dagegen, die Ergebnisse der LASU-Untersuchung der Nachberechnung
zugrundezulegen, spricht auch nicht, dass die aus der Zahl der vorhandenen
Abfallgefäße und den von dem LASU ermittelten Raumdichten errechnete
Hausmüllmenge für das Jahr 1998 etwa 8 % größer war als die tatsächlich angefallene
Abfallmenge (vgl. die von dem Beklagten vorgelegte Aufstellung "Liter und
Jahresleistung 1998", Bl. 76 der Gerichtsakte in dem Verfahren 14 K 20042/99). Für das
Jahr 1999 dürfte eine ähnliche Differenz zwischen errechneter und tatsächlich über die
Restmülltonnen entsorgter Abfallmenge bestanden haben. Genau lässt sich dies jedoch
nicht feststellen, weil die Abfälle aus den Kleinanliefererstellen 1999 erstmals
27
gemeinsam mit dem Hausmüll erfasst wurden (vgl. die von dem Beklagten vorgelegten
Aufstellungen "Liter und Jahresleistung 1999" und "Mengenermittlung und Verteilung
der Entsorgungskosten für das Ist 1999", Bl. 45 f. der Gerichtsakte in dem Verfahren 14
K 3706/00). Diese Differenz zwischen auf Grundlage der LASU-Untersuchung
prognostizierter und tatsächlich angefallener Abfallmenge musste für den Beklagten
nicht Anlass sein, die Untersuchung als falsch zu verwerfen. Zwar gehen die
festgestellten Abweichungen möglicherweise über die für empirische Untersuchungen
typischen Schwankungen hinaus, es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass dies auf
methodische Fehler der LASU-Untersuchung bzw. ihrer Auswertung durch den
Beklagten zurückzuführen ist, die das Verhältnis der Raumdichte der verschiedenen
Tonnen zueinander betreffen. Vielmehr ist zu vermuten, dass Grund für die unerwartet
niedrige Abfallmenge ist, dass bei der Prognose der zu erwartenden Jahresleistung
nicht berücksichtigt wurde, dass eine nicht unerhebliche Zahl der Kölner Bürger
mindestens einmal im Jahr in Urlaub fährt. Während der urlaubsbedingten Abwesenheit
fällt in ihren Kölner Wohnungen kein Müll an. Diese ungleichmäßige Verteilung bzw.
Verringerung des Abfallaufkommens über das Jahr wird von der LASU-Untersuchung
nur unzureichend wiedergegeben. Zwar wurde das Ab- fallaufkommen in vier über das
Jahr verteilten Untersuchungszeiträumen ermittelt, alle diese Zeiträume lagen aber
außerhalb der Schulferien und damit außerhalb der Hauptreisezeiten. Unter diesen
Umständen spricht nichts dagegen, dass der Beklagte davon ausgegangen ist, dass
sich durch das geringere Abfallaufkommen keine Verschiebungen zwischen den
einzelnen Größen von Abfallgefäßen ergeben haben. Es ist nicht erkennbar, dass die
Dauer der urlaubsbedingten Abwesenheit sich bei den Benutzern der verschiedenen
Tonnengrößen so erheblich unterscheidet, dass sich hierdurch nennenswerte
Verschiebungen in der Verteilung des anfallenden Abfalls auf die Gefäßgrößen ergeben
könnten.
II.
28
Auch die in der Abfallgebührensatzung geregelten Gebührensätze sind rechtmäßig. Sie
stehen im Einklang mit § 6 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW).
29
Zwar ist die der neugefassten Gebührensatzung zugrundeliegende
Gebührennachberechnung insofern fehlerhaft, als der Beklagte die der Stadt Köln von
der AVG in Rechnung gestellten Verbrennungsentgelte nicht ordnungsgemäß geprüft
hat. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der Gebührensatzung.
30
Der Beklagte darf nicht jeden seitens des Fremdleisters (hier: der AVG) geforderten
Preis unbesehen in seine Kostenberechnung einstellen. Er hat vielmehr zu prüfen, ob
der geforderte Preis aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen gerechtfertigt ist. Es
muss sich insbesondere um betriebsnotwendige Kosten handeln, deren Bemessung
nicht dem Äquivalenzprinzip widerspricht. Ist - wie im vorliegenden Fall (siehe § 12 Abs.
1 S. 1, Abs. 3 des Entsorgungsvertrages) - kein Marktpreis, sondern ein
Selbstkostenpreis aufgrund einer Voraus-Preiskalkulation nach den jeweils geltenden
preisrechtlichen Vorschriften (hier die VOPR 30/53 sowie die Leitsätze für die
Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten - LSP) vereinbart, bezieht sich die
Prüfungspflicht des öffentlichen Auftraggebers auch darauf, dass die Entgeltkalkulation
des Fremdleisters den Anforderungen der VOPr 30/53 und der LSP genügt.
31
OVG NRW, Teilurteil vom 15.12.1994 - 9 A 2251/93 -, DVBl. 1995, 1147; Urteil vom
32
30.09.1996 - 9 A 3978/93 -; VG Köln, Urteil vom 26.02.1999 - 14 K 6972/96 -.
Der Beklagte ist seiner Pflicht zur Prüfung des von der AVG in Rechnung gestellten
Verbrennungsentgeltes weder vor Vereinbarung des Verbrennungsentgeltes mit der
AVG für das Jahr 1999 Ende 1998 noch bei der Aufstellung der Nachberechnung, die
Grundlage der neugefassten Gebührensatzung war, im Jahre 2001 ausreichend
nachgekommen. Die AVG hat dem Beklagten mit Schreiben vom 11.09.1998 (Beiakte 4
im Verfahren 14 K 3358/00) lediglich eine sehr knappe Darstellung des ihrer Kalkulation
des Verbrennungsentgeltes für das Jahr 1999 zugrundeliegenden Zahlenmaterials
vorgelegt. Anders als im Vorjahr hat der Beklagte diese Angaben für ausreichend
gehalten und weder eine weitere Aufschlüsselung der Betriebskosten der RMVA
erbeten noch - soweit ersichtlich - konkrete Fragen zu der Aufstellung der Kalkulation an
die AVG gerichtet. Die dem Beklagten demnach allein mögliche Prüfung der kurzen
Zusammenfassung der mit Schreiben vom 11.09.1998 übersandten Vorauskalkulation
der AVG reichte nicht aus, um beurteilen zu können, ob der geforderte Preis aufgrund
der vertraglichen Vereinbarungen gerechtfertigt ist. Zwar entsprach der für 1999
geforderte Verbrennungspreis fast genau dem im Jahre 1998 berechneten, allein
hieraus durfte der Beklagte jedoch nicht schließen, dass es sich bei den angesetzten
Kosten um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung nicht dem
Äquivalenzprinzip widerspricht. Der gebotene Prüfungsumfang lässt sich nicht
allgemein festlegen. Er hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls und
insbesondere von den Erfahrungen der Vorjahre ab. Daher kann eine weniger intensive
Kontrolle der Kalkulation des Fremdleisters ausreichen, wenn aus den Vorjahren
gesicherte Erkenntnisse über die Mengen- und Kostenstruktur des von dem
Fremdleister betriebenen Unternehmens vorliegen und keine oder nur eine geringfügige
Änderung des von diesem verlangten Entgelts eingetreten ist. Solche Umstände, aus
denen der Beklagte auf die Richtigkeit der Kostenansätze der AVG schließen konnte,
lagen für das Gebührenjahr 1999 aber noch nicht vor. Die RMVA war erst 1998 in
Betrieb genommen worden. Die für das Gebührenjahr 1998 angesetzten
Kostenpositionen beruhten daher überwiegend auf bloßen Schätzungen aufgrund der
Erfahrungen mit vergleichbaren Anlagen. Der Beklagte hätte unter diesen Umständen
bei der Vorlage der Kalkulation der Verbrennungspreise für das Jahr 1999 durch die
AVG überprüfen müssen, inwieweit sich die theoretischen Annahmen über die durch
den Betrieb der RMVA entstehenden Kosten in der Praxis bestätigt haben. Hierzu wäre
es nicht nur erforderlich gewesen, eine detaillierte Aufstellung der für 1999 erwarteten
Kosten anzufordern. Der Beklagte hätte sich auch die vorhandenen Ist-Zahlen aus dem
ersten Betriebsjahr der Anlage vorlegen lassen und überprüfen müssen, ob die AVG die
tatsächliche Kostenentwicklung in ihrer Kalkulation angemessen berücksichtigt hat.
33
Diese nicht ausreichende Kontrolle der Kalkulation der AVG durch den Beklagten hat
jedoch nicht die Nichtigkeit der Gebührensatzung zur Folge. Fehler in der
Gebührenberechnung, die der Festsetzung des Gebührensatzes in einer Satzung
zugrundeliegen, können jedoch nicht als solche, sondern nur im Hinblick auf das
Kostenüberschreitungsverbot zur Unwirksamkeit der Satzung führen. Trotz fehlerhafter
Gebührenberechnung liegt eine rechtmäßige Gebührensatzung vor, wenn der
Nachweis, dass der Gebührensatz für die Leistungsperiode gerechtfertigt war, durch die
ordnungsgemäß nach der Leistungsperiode erstellte Betriebsabrechnung erbracht wird.
34
OVG NRW, Urteile vom 21.10.1991 - 9 A 280/90 -; vom 05.08.1994 - 9 A 1248/92 -,
NWVBl. 1994, 434 und vom 24.07.1995 - 9 A 2251/93 - NWVBl. 1995, 470. Zur Geltung
dieser Grundsätze auch für das Beitragsrecht vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.06.1995 -
35
15 A 3123/93 -, NVwZ-RR 1996, 697.
Diesen Nachweis hat der Beklagte hier erbracht. Aus dem vorgelegten "Ist-
Betriebsabrechnungsbogen 1999 Abfallsammlung und -verwertung" der Abfallwirt-
schaftbetriebe der Stadt Köln (AWB) und den Anlagen zur Beschlussvorlage zur
Neufassung der Abfallgebührensatzung für 1999 ergibt sich, dass kein Verstoß gegen
das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 S. 3 KAG vorliegt. Vielmehr sind in
allen Leistungsbereichen der AWB Kostenunterdeckungen entstanden.
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Die in die Gebührennachberechnung eingestellten, die Einnahmen übersteigenden
Kosten sind im Ergebnis nach § 6 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1, S. 4 und S. 5 KAG NRW
ansatzfähig.
37
1. Das gilt zunächst für die der Stadt Köln von der AVG in Rechnung gestellten
Verbrennungsentgelte, die als Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen
nach § 6 Abs. 2 S. 4 KAG NRW ansatzfähig sind. Sie sind für den Betrieb der
öffentlichen Abfallentsorgung notwendig und lassen keinen Verstoß gegen das
Äquivalenzprinzip erkennen.
38
a) Die Kläger können dem Ansatz der Verbrennungsentgelte nicht entgegenhalten, der
Bau oder die Inbetriebnahme der Restmüllverbrennungsanlage (RMVA) seien zumin-
dest für das Gebührenjahr 1999 nicht erforderlich gewesen, weil sowohl die zuvor
genutzten Deponien Vereinigte Ville und Mechernich als auch andere
Müllverbrennungsanlagen in der Umgebung von Köln in der Lage gewesen wären, den
in Köln anfallenden Abfall zu verbrennen. Die Entscheidung, die Abfälle künftig in einer
zu diesem Zweck neu errichteten RMVA zu verbrennen, war von dem weiten
Organisationsermessen des Beklagten gedeckt. Unter diesen Umständen können die
Kläger in dem vorliegenden, gegen die Abfallgebühren gerichteten Verfahren nicht mit
dem Vorbringen durchdringen, eine andere Organisation der Abfallentsorgung wäre mit
geringeren Kosten verbunden oder aus anderen Gründen sinnvoller gewesen. Vielmehr
sind von den Benutzern der öffentlichen Einrichtung die Kosten zu tragen, die durch den
Betrieb der vorhandenen, in nicht zu beanstandender Weise organisierten öffentlichen
Abfallentsorgung entstehen.
39
Der Gemeinde steht ein grundsätzlich weites Organisationsermessen zu, wie sie die
von ihr betriebenen öffentlichen Einrichtungen ausgestaltet. Den ihr zustehenden
Ermessensspielraum hat die Stadt Köln durch die Entscheidung zum Bau der RMVA
nicht überschritten. Weil die Deponierung von Hausmüll nach der Technischen
Anleitung Siedlungsabfall vom 14.05.1993 (BAnz. Nr. 99 a vom 29.05.1993 - TASi) nur
noch bis zum 31.12.2004 zulässig ist, ist es nicht zu beanstanden, dass sich der
Beklagte entschieden hat, die in Köln anfallenden Abfälle künftig durch Verbrennung zu
entsorgen.
40
Auch die Entscheidung, hierzu eine eigene RMVA zu errichten und nicht in der näheren
Umgebung vorhandene oder geplante Anlagen zu nutzen, hielt sich innerhalb des dem
Beklagten zustehenden Ermessensspielraums. Weil keine der Anlagen in der
Umgebung in der Lage war, den in Köln anfallenden Abfall allein zu verbrennen, hätte
eine andere Entscheidung den Abschluss von Verträgen mit mehreren
Anlagenbetreibern über die Verbrennung von Teilmengen des in der Stadt anfallenden
Abfalls erforderlich gemacht. Ein solches Vorgehen wäre mit großem
Verwaltungsaufwand verbunden gewesen, weil nicht nur mehrere Vertragspartner mit
41
mehreren unterschiedlichen Verträgen bestanden hätten, sondern es auch eines
erheblichen logistischen Aufwandes bedurft hätte, um die täglich in der Stadt
eingesammelten Abfälle entsprechend den in den jeweiligen Verträgen vereinbarten
Mengen auf die unterschiedlichen Anlagen zu verteilen. Hinzu kommt, dass die Stadt
auf den Betrieb der Anlage einen größeren Einfluss besitzt, wenn sie einziger oder
zumindest größter Vertragspartner ist, als wenn sie nur ein verhältnismäßig kleines
Kontingent anliefert. Weiterhin wäre es auch zu den von den Klägern erwarteten
erheblichen Einsparungen nicht gekommen, wenn sich der Beklagte für die Nutzung
vorhandener Anlagen entschieden hätte. In ihrem Angebot vom 09.10.1995 (Beiakte 2)
an die Stadt Köln hat z.B. die Betreiberin der Müllverbrennungsanlage Leverkusen, die
AWL, einen Verbrennungspreis von ca. 350,- DM pro Tonne zuzüglich Mehrwertsteuer
in Aussicht gestellt, der fast genau dem der Stadt Köln von der AVG in Rechnung
gestellten Verbrennungspreis entspricht.
Auch die Entscheidung, so frühzeitig mit Planung und Bau der RMVA zu beginnen, dass
diese bereits 1998 ihren Betrieb aufnehmen konnte, ist nicht zu beanstanden. Es war
nicht absehbar, wieviel Zeit bis zur Inbetriebnahme der Anlage vergehen würde.
Insbesondere war nicht auszuschließen, dass es zu erheblichem Widerstand in der
Bevölkerung gegen die Errichtung der RMVA und jahrelangen Rechtsstreitigkeiten
kommen würde. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Anlage erst Anfang 2005,
nach dem Verbot der Deponierung von Hausmüll durch die TASi, in Betrieb zu nehmen.
Der Abfallentsorgungsplan der Bezirksregierung Köln, sieht eine möglichst frühzeitige
thermische Behandlung der Abfälle vor und fordert sie nach Erlass der Verordnung vom
15.09.1997 (Sonderbeilage zum Amtsblatt Nr. 39 für den Regierungsbezirk Köln vom
29.09.1997) ab dem 01.07.2000 verbind- lich.
42
b) Der Ansatzfähigkeit der von der AVG verlangten Verbrennungsentgelte in der
Gebührennachberechnung steht nicht entgegen, dass es sich um Selbstkostenpreise
handelt. Die Verbrennung der in Köln anfallenden Abfälle stellt keine marktgängige
Leistung im Sinne von § 4 der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen
Aufträgen (VOPr 30/53) dar, für die die im Verkehr üblichen preisrechtlich zulässigen
Preise nicht überschritten werden durften.
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Das Vorhandensein einer marktgängigen Leistung setzt voraus, dass für die
angebotene oder nachgefragte Leistung ein Markt besteht. Dies setzt weiter voraus,
dass entweder mehrere Anbieter oder mehrere Nachfrager am Markt agieren. Ein Markt
im Sinne der Preisvorschriften existiert nicht, wenn einem Anbieter nur ein Nachfrager
gegenübersteht. Maßgeblich ist dabei, ob für den konkret zu vergebenden Auftrag ein
Markt in diesem Sinne existiert.
44
OVG NRW, Urteil vom 05.04.2001 - 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37.
45
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien war weder bei Abschluss des
Entsorgungsvertrages zwischen der Stadt Köln und der AVG am 27.05.1992 noch im
Jahre 1999 ein Markt für den von der Stadt Köln zu vergebenen Verbrennungsauftrag
vorhanden. Zu keinem Zeitpunkt stand auf dem Markt neben der AVG ein weiterer
Anbieter zur Verfügung, der bereit und in der Lage gewesen wäre, die gesamte in Köln
anfallende Abfallmenge zu verbrennen. Die Kölner RMVA wurde auf Grundlage einer
erwarteten Abfallmenge von 421.400 Tonnen pro Jahr geplant. Bei Vertragsabschluss
mit der AVG im Mai 1992 waren in der näheren Umgebung von Köln nur die
Müllverbrennungsanlagen in Bonn und Düsseldorf in Betrieb, die über keine
46
ausreichenden freien Kapazitäten verfügten, um die Kölner Abfälle verbrennen zu
können. Bis 1995 hatten zwar auch die Müllverbrennungsanlagen in Leverkusen und
Weisweiler ihren Betrieb aufgenom- men, keine der genannten Anlagen wäre aber in
der Lage gewesen, auch nur die Hälfte des Kölner Bedarfs zu decken.
Dementsprechend haben die Betreiber dieser Anlagen auch nur Angebote über die
Verbrennung von Teilmengen abgegeben. Zu- sammen wären die Anlagen zwar in der
Lage gewesen, die gesamte in Köln anfallende Abfallmenge zu verbrennen, ein solches
Angebot wurde - obwohl es entsprechende Überlegungen gab - aber offenbar nicht
abgegeben.
Hinzu kommt, dass ein eventuell zwischenzeitlich entstandener Markt mit der
Ordnungsbehördlichen Verordnung vom 15.09.1997, mit der der Abfallentsorgungsplan
für den Regierungsbezirk Köln teilweise für verbindlich erklärt wurde, entfallen wäre.
Der für verbindlich erklärte Teil des Abfallentsorgungsplanes schreibt vor, dass sich die
Stadt Köln zur Entsorgung ihrer Abfälle der RMVA Köln zu bedienen hat (§ 4 Abs. 1 der
Verordnung). Spätestens mit dieser Verbindlicherklärung standen sich also wieder nur
ein Anbieter und ein Nachfrager gegenüber.
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c) Ein Verstoß gegen das öffentliche Preisrecht ergibt sich auch nicht aus der Größe der
RMVA. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Nr. 4 Abs. 2 LSP vor, wonach nur
diejenigen Kosten zu berücksichtigen sind, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur
Erstellung der Leistung entstehen. Dass die Anlage in relevantem Ausmaß größer
geplant und errichtet wurde, als für eine wirtschaftliche Betriebsführung aufgrund des zur
Zeit ihrer Planung absehbaren Bedarfs der Stadt Köln erforderlich war, kann die
Kammer nicht feststellen.
48
Entgegen der Ansicht der Kläger ergibt sich eine Überdimensionierung der Anlage nicht
bereits daraus, dass die AVG den Auftrag hatte, eine RMVA mit einer Kapazität von
421.000 t zu bauen, tatsächlich aber eine Anlage gebaut hat, die im Jahre 2001 über
600.000 t Abfälle verbrannt hat und theoretisch in der Lage ist, über 800.000 t jährlich zu
verbrennen. Diesem Vorbringen liegt das Fehlverständnis zugrunde, dass die AVG eine
RMVA errichten sollte, die jährlich höchstens die erwartete Abfallmenge von 421.000 t
verbrennen kann. Tatsächlich benötigt und errichtet wurde aber eine Anlage, mit der
gewährleistet ist, dass diese Menge trotz aller Betriebsrisiken sicher verbrannt werden
kann. Bei der Dimensionierung der RMVA war zu berücksichtigen, dass nur begrenzte
Kapazitäten zur Zwischenlagerung von Abfällen bestehen, sich die anfallende
Abfallmenge nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt, sondern Spitzen hohen
Abfallaufkommens bestehen, und nicht ständig alle vier Verbrennungslinien zur
Verfügung stehen, weil regelmäßig einzelne Anlagenteile zu Wartungszwecken
abgeschaltet werden müssen und auch mit Ausfällen aufgrund technischer Störungen
zu rechnen ist. Diese Risiken machen es auch bei wirtschaftlicher Betriebsführung
erforderlich, Reserven einzukalkulieren, auch wenn eine so konzipierte Anlage bei
günstigen Bedingungen in der Lage ist, mehr als die erwartete Abfallmenge von
421.000 t pro Jahr zu verbrennen.
49
Es ist nicht erkennbar, dass die AVG bei der Erstellung der Anlage die Grenzen der
unternehmerischen Entscheidungsfreiheit,
50
vgl. hierzu Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 7.
Auflage, Nr. 4 LSP, Rn. 16.
51
überschritten hat. Zur Ermittlung der unter Berücksichtigung dieser Umstände
erforderlichen Anlagengröße wurde für die AVG die sogenannte Vorprojektstudie
erstellt, in der die voraussichtlich erforderliche thermische Leistung der RMVA berechnet
wurde. Diese Berechnung begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken.
Zunächst bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die jährlich in Köln zu erwartende
Abfallmenge zu hoch geschätzt wurde. Der tatsächliche Anfall von Haus- und Sperrmüll
liegt deutlich über den erwarteten Mengen. Dass die prognostizierte Anliefermenge aus
Köln von 421.000 t dennoch bislang nicht erreicht wurde, sondern 1998 lediglich
379.283 t und 1999 397.903 t Abfall verbrannt wurden, ist weder der Stadt Köln, die die
Vorgabe der Entsorgungsmenge gemacht hat, noch der AVG als Fehler zuzurechnen.
Dies ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass prognostizierte 151.700 t Gewerbeabfälle
pro Jahr nicht in die RMVA gelangt sind. Grund hierfür war die zur Zeit der Erstellung
der Vorprojektstudie nicht absehbare Änderung des Kreislaufwirtschafts- und
Abfallgesetzes, die es Gewerbetreibenden ermöglichte, in ihren Betrieben anfallende
Abfälle zur Verwertung anderweitig zu entsorgen. Da der Vorrang der Verwertung vor
der Beseitigung gesetzlich in § 5 Abs. 2 S. 2 KrW-/AbfG begründet ist, kann der AVG
nicht entgegengehalten werden, dass sie selbst diese Verwertung zum Teil betrieben
und damit die Verminderung der Abfallmenge selbst verursacht hat.
52
Auch dafür, dass der durchschnittliche Heizwert des Abfalls mit 11.300 kJ/kg im Jahre
1993 voraussehbar zu hoch angesetzt wurde, liegen keine Anhaltspunkte vor. Zur
Ermittlung des Heizwertes hat das Amt für Abfallwirtschaft, Stadtreinigung und
Fuhrwesen der Stadt Köln im Jahre 1993 ein Gutachten der ITU eingeholt, das einen
durchschnittlichen Heizwert von 11.500 kJ/kg errechnete. Das ITU-Gutachten wurde im
Rahmen der Vorprojektstudie einer kritischen Überprüfung unterzogen, die dazu führte,
dass nur ein durchschnittlicher Heizwert von 11.300 kJ/kg angenommen wurde.
Hinweise darauf, dass seinerzeit absehbar war, dass der tatsächliche Heizwert noch
niedriger liegen würde, sind nicht erkennbar. Vielmehr hat sich erst nach Abschluss der
Planungen für die RMVA durch das Inkrafttreten der Verpackungsverordnung, die
deutliche Verringerung der Zahl der genutzten Biotonnen und den Rückgang der über
die öffentliche Abfallentsorgung des Beklagten entsorgten Gewerbeabfälle die
Zusammensetzung der Abfälle, die zur Verbrennung gelangen, wesentlich verändert.
Dies kann den tatsächlich niedrigeren Heizwert erklären.
53
Die Anlage ist auch nicht deshalb in relevantem Ausmaß überdimensioniert, weil die
Ausfallzeiten zu hoch angesetzt worden sind. In der Vorprojektstudie wurde nach den
Angaben des Geschäftsführers der AVG in der mündlichen Verhandlung von einer
Verfügbarkeit der Anlage von 85 % ausgegangen, wobei 30 Tage, die für die Revision
der Anlage benötigt werden, und 24 ungeplante Ausfalltage angenommen wurden.
Damit wurde die Verfügbarkeit der Anlage genauso hoch angesetzt wie bei der Planung
der Anlage in Weisweiler und um 5 % höher als in der Kapazitätsberechnung im
Abfallentsorgungsplan der Bezirksregierung. In der der Kammer vorgelegten und aus
der Vorprojektstudie entwickelten "Kapazitätsdiskussion/Dimensionierung der RMVA"
wurde die Berechnung zur Dimensionierung der Anlage demgegenüber auf Grundlage
von 34 Revisionstagen und 20 ungeplanten Ausfalltagen durchgeführt. Worauf diese
Abweichung beruht, konnten die Vertreter des Beklagten in der mündlichen
Verhandlung nicht aufklären. Selbst wenn es sich jedoch um einen Übertragungsfehler
innerhalb der Vorprojektstudie handeln sollte, hätte dieser Fehler lediglich zu einer um
ca. 1,6 % zu großen Kapazität der Anlage geführt. Eine derart geringfügige
Überdimensionierung ist ohne Bedeutung.
54
d) Entgegen der Ansicht der Kläger steht der Ansatzfähigkeit der Verbrennungsentgelte
auch nicht entgegen, dass die privaten Anteile an der AVG sowie die Neuordnung der
Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) gar nicht und der Auftrag zum Bau der RMVA
möglicherweise nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben wurden.
55
Dabei kann dahinstehen, ob überhaupt eine Ausschreibung der Anteile an der AVG und
den AWB erforderlich war, weil sich die Stadt Köln an den Gesellschaften selbst
beteiligt hat. Selbst wenn man dies jedoch unterstellt, haben die unterbliebenen
Ausschreibungen nicht die Rechtswidrigkeit der Gebührensatzung zur Folge. Inwieweit
die Person des privaten Mitgesellschafters Auswirkungen auf die Höhe der
Abfallgebühren haben kann, ist weder dargetan noch ersichtlich, weil in die Kalkulation
der Entgelte für bezogene Fremdleistungen und damit mittelbar in die Gebühren nur die
Kosten einfließen dürfen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der
Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Sofern der ausgewählte Mitgesellschafter sich
unwirtschaftlich verhalten sollte, wofür hier allerdings keine Anhaltspunkte vorliegen,
dürfte der Gebührenzahler mit den hierdurch verursachten Mehrkosten also nicht
belastet werden.
56
Auch eine nicht ordnungsgemäße Ausschreibung des Auftrags zur Errichtung der
RMVA hätte keine Auswirkungen auf die Ansatzfähigkeit des Verbrennungsentgelts. Im
Gebührenrecht führt eine unterbliebene Ausschreibung grundsätzlich nicht dazu, dass
die durch die Auftragsvergabe entstandenen Kosten nicht in die Gebührenberechnung
eingestellt werden dürfen. Etwas anderes gilt nur, wenn die dem Gebührenzahler in
Rechnung gestellten Kosten außer Verhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen und
damit mit den Grundsätzen des Äquivalenzprinzips unvereinbar sind oder sich die
Auftragsvergabe als rein willkürliche, ausschließlich die Gesamtkosten erhöhende
Maßnahme darstellt, die mit dem weiten Organisationsermessen des Beklagten nicht
mehr in Einklang zu bringen ist.
57
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.09.1999 - 9 A 3342/98 - m.w.N.
58
Diese Grundsätze sind nach Auffassung der Kammer aufgrund der vergleichbaren
Interessenlage auf die Überprüfung von nach LSP ermittelten Selbstkostenpreisen
entsprechend anzuwenden. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien bestehen gegen die
Ansatzfähigkeit der in die Kalkulation des Verbrennungsentgeltes durch die AVG
eingeflossenen Kosten keine Bedenken. Diese Kosten stehen nicht außer Verhältnis zu
den erbrachten Leistungen. Für das von der AVG erhobene Verbrennungsentgelt und
damit auch mittelbar für die Baukosten der RMVA ergibt sich das bereits daraus, dass
das erhobene Verbrennungsentgelt fast genau der Summe entspricht, die die AWL in
ihrem Angebot an die Stadt Köln zur Nutzung der in ihrer Verbrennungsanlage vorhan-
denen freien Kapazitäten als voraussichtliche Verbrennungskosten genannt hat. Auch
stellt die umfassende Neuorganisation der Abfallentsorgung, der alle Geschäfte
zuzuordnen sind, bei denen die Kläger eine fehlende bzw. fehlerhafte Ausschreibung
rügen, keine rein willkürliche, ausschließlich die Gesamtkosten erhöhende Maßnahme
dar. Diese Neuorganisation und der in diesem Zusammenhang erfolgende Übergang
von der Deponierung der Abfälle zu ihrer Verbrennung sind - wie bereits ausgeführt -
von dem weiten Organisationsermessen des Beklagten ge- deckt.
59
e) Der Ansatzfähigkeit des Verbrennungsentgeltes steht auch nicht entgegen, dass der
Vertrag zwischen der AVG und der Firma T. dem Rat nicht zur Genehmigung vorgelegt
worden ist. Selbst wenn dies einen Verstoß gegen § 41 Abs. 1 S. 2 lit. p der
60
Gemeindeordnung (GO NRW) darstellen sollte, hätte dieser Verstoß allenfalls zur Folge,
dass die Stadt Köln an die für den Auftrag abgegebene Bürgschaftserklärung nicht
gebunden wäre. Dies hätte jedoch keine Auswirkungen auf die Bindung der Stadt Köln
an den mit der AVG abgeschlossenen Entsorgungsvertrag, der die Grundlage für die
Erhebung von Verbrennungsentgelten bildet, oder die Bindung der AVG an ihren
Vertrag mit der Firma T. , der die Höhe der der Stadt Köln durch die AVG in Rechnung
zu stellenden Verbrennungsentgelte wesentlich beeinflusst.
f) Der Ansatzfähigkeit der Verbrennungsentgelte steht auch nicht entgegen, dass die
AVG im August 1998 erklärt hat, aufgrund festgestellter Mängel der Anlage den
Probebetrieb der RMVA über den 17.08.1998 hinaus zu verlängern und die Anlage
zunächst nicht von der Firma T. zu übernehmen. Für die Ansatzfähigkeit des
Verbrennungsentgeltes ist die Bezeichnung der Tätigkeit der AVG als Probebetrieb
ohne Bedeutung. Maßgeblich ist allein, ob die AVG als Fremdleister gegenüber der
Stadt Köln ihre nach dem Entsorgungsvertrag geschuldete Leistung erbracht hat und die
Stadt zur Vergütung dieser Leistung verpflichtet ist.
61
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.03.1998 - 9 B 144/98 - gegen VG Aachen,
Beschluss vom 18.12.1997 - 7 L 291/97 -.
62
Das ist hier der Fall. Der Zweck des Betriebs der RMVA war bereits ab Anfang 1998 die
Beseitigung der angelieferten Abfälle und nicht die Erprobung der Anlage. Damit war
die Stadt Köln verpflichtet, an die AVG die für die Betriebsphase vereinbarten Entgelte
(§ 2 Abs. 1 lit. b, § 12 des Entsorgungsvertrages) zu zahlen. Die Bezeichnung des
Betriebes als Probebetrieb war allein für die zivilrechtliche Beziehung zwischen der
AVG und der Firma T. als Erbauerin der Anlage von Bedeutung. Die Beendigung des
Probebetriebes hätte zur Folge gehabt, dass die AVG die Anlage als vertragsgemäß
hergestellt anerkennt und damit die letzte Rate auf die Baukosten fällig wird und die
Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt.
63
g) Gegen die in die Kalkulation des Verbrennungsentgeltes eingeflossenen kalkulatori-
schen Kosten für Abschreibungen bestehen keine Bedenken. Soweit gegen diese
Kostenansätze vorgetragen wird, die Abschreibungsdauer sei zu gering, ist dieses
Vorbringen zu pauschal. Es ist nicht erkennbar, welche Positionen im einzelnen
angegriffen werden und warum die Abschreibungsdauer insoweit zu gering angesetzt
worden sein soll.
64
Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine unzulässige Abschreibung nach
Wiederbeschaffungszeitwerten erfolgt ist. Nach Nr. 38 S. 2 LSP ist der
Abschreibungsbetrag durch Teilung des Anschaffungspreises bzw. der
Herstellungskosten durch die Gesamtnutzungsdauer zu ermitteln. In ihrem Schreiben an
die Stadt Köln vom 17.12.1997 (Beiakte 5 in dem Verfahren 14 K 20008/99) hat die AVG
angegeben, ihre Abschreibungsbeträge auf die dargelegte Weise zu ermitteln. Dafür,
dass dennoch Wiederbeschaffungszeitwerte angesetzt wurden, gibt es keine
Anhaltspunkte. Auch ist nicht erkennbar, dass über einen zu frühen Beginn der
Abschreibungen in unzulässiger Weise Vorlaufkosten der Anlage in die Kalkulation
eingeflossen sind. Die AVG hat in ihrem Schreiben an die Stadt Köln vom 17.12.1997
erklärt, Abschreibungen erfolgten monatsweise ab Indienststellung der Anlagengüter.
Hinweise darauf, dass gegen diesen Grundsatz verstoßen wurde, liegen nicht vor. Für
die Richtigkeit der angesetzten kalkulatorischen Kosten für Abschreibungen spricht
auch, dass die PWC Deutsche Revision AG (PWC) im Rahmen ihrer Prüfung der
65
vertraglichen und preisrechtlichen Zulässigkeit der Kalkulation der AVG für das Jahr
1998 die Abschreibungssätze überprüft und keine Fehler festgestellt hat.
h) Das der Stadt Köln in Rechnung gestellte Verbrennungsentgelt ist auch nicht deshalb
überhöht, weil die AVG einen höheren Gewinnzuschlag als zulässig erhoben hat. Von
ihrer Befugnis zur Erhebung eines Gewinnzuschlags aus § 10 S. 2 des
Entsorgungsvertrages hat die AVG für das streitgegenständliche Gebührenjahr keinen
Gebrauch gemacht.
66
i) Die Kalkulation des Verbrennungsentgeltes ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die
Einnahmen aus der Vermarktung von in der Anlage erzeugtem Strom und anfallender
Fernwärme nicht in die Kalkulation des Verbrennungsentgelts eingeflossen sind. Die
AVG hat in der Kalkulation Energieerlöse kostenmindernd berücksichtigt. Diese Position
umfasst die Einnahmen aus der Strom- und Fernwärmeerzeugung.
67
j) Die Kosten der Rostascheaufbereitung (letzte Position der variablen Kosten in der
Aufstellung "Ist-Daten für das Wirtschaftsjahr 1999") durften ebenfalls als
betriebsnotwendige Kosten für die Entsorgung der Verbrennungsrückstände in die
Berechnung der Verbrennungsentgelte eingestellt werden. Nach den unbestrittenen
Angaben des Beklagten handelt es sich bei dieser Kostenposition um einen Zuschuss,
den die AVG an einen Drittunternehmer zahlen muss, damit dieser die bei der
Verbrennung zurückbleibende Rostasche abnimmt und so aufbereitet, dass sie im
Straßenbau genutzt werden kann.
68
k) Das Vorbringen, in der RMVA würden Sonderabfälle oder Verpackungsabfälle ver-
brannt, ist gebührenrechtlich ohne Bedeutung. In die Kalkulation der Verbrennungs-
preise wurden keine besonderen Kosten für die Verbrennung solcher Abfälle einge-
stellt. Dies gilt insbesondere für die von den Klägern als Sonderabfallentsorgung
angesehene Verbrennung der in den Filtern der Anlage benötigten Aktivkohle. Soweit
durch die Verbrennung bestimmter Abfälle gegen die für die Anlage erteilte
Genehmigung, das Abfall- oder Immissionsschutzrecht verstoßen worden sein sollte,
wäre dies unabhängig vom Gebührenrecht in Straf- oder Bußgeldverfahren zu verfolgen.
69
l) Das Vorbringen, die Personalkosten der RMVA seien überhöht, ist zu pauschal, um
überhöhte Kostenansätze erkennen zu lassen, weil nicht dargelegt wird, in welchem
Betriebsteil der RMVA angeblich zu viele Mitarbeiter eingesetzt werden. Die
Beschäftigung von 96 Mitarbeitern für "Annahme, Kontrolle, Verarbeitung und
Steuerung" ist nicht offensichtlich unangemessen, da die Anlage an 365 Tagen im Jahr
24 Stunden in einem drei Arbeitsschichten umfassenden Betrieb ist. Auch dafür, dass
weniger als die von einem beauftragten Unternehmen und dessen Subunternehmen für
Wartung und Instandhaltung der Anlage eingesetzten 107 Mitarbeiter benötigt werden,
ist nichts ersichtlich.
70
m) Das angesetzte Verbrennungsentgelt ist auch nicht deshalb überhöht, weil beim Bau
der RMVA keine Rücklagen kostenmindernd eingesetzt wurden. Dabei kann
dahinstehen, ob es möglich gewesen wäre, aus den in der Vergangenheit erzielten
Gebühreneinnahmen Rücklagen zu bilden. Der Beklagte hat ausgeführt, dass keine
Rücklagen zur Finanzierung des Baus der RMVA eingesetzt wurden, sondern der Bau
der RMVA allein aus Mitteln der AVG finanziert wurde. Anhaltspunkte dafür, dass diese
Darstellung des Beklagten nicht zutreffend ist, sind weder von den Klägern dargelegt
noch sonst ersichtlich. Entgegen der Ansicht der Kläger bestand in der Vergangenheit
71
auch keine Pflicht zur Bildung von Rücklagen zur Senkung der durch den Bau der
RMVA entstehenden finanziellen Belastungen.
n) Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Verbrennungsentgelt durch faktische
Schadenersatzzahlungen an den Kreis Euskirchen überhöht ist. Dass ein Vertrag mit
dem Kreis Euskirchen existiert, in dem dem Kreis zum Ausgleich für die Einstellung der
Deponierung von in Köln anfallendem Hausmüll auf der Deponie Mechernich das Recht
eingeräumt wurde, den in dem Kreis anfallenden Abfall ab 2002 über einen längeren
Zeitraum zu einem besonders günstigen Preis in der RMVA zu verbrennen, haben der
Beklagte und die AVG bestritten. Sofern ein solcher Vertrag dennoch existieren sollte,
wofür die Kammer zur Zeit jedoch keine Anhaltspunkte hat, hätte er jedenfalls für das
streitgegenständige Gebührenjahr noch keine Erhöhung des Verbrennungsentgeltes zur
Folge gehabt. Eine mögliche Belastung des Gebührenzahlers durch einen solchen
Vertrag aufgrund zusätzlicher Kosten der AVG oder eines Verzichts auf ansonsten zu
erzielende höhere Verbrennungsentgelte bereits vor dem behaupteten Vertragsbeginn
ist nicht erkennbar.
72
o) Auch das Ergebnis der von der AVG in ihrer Kalkulation vorgenommenen
Berechnung des pro Tonne angelieferten Abfalls erhobenen Verbrennungsentgelts aus
den insgesamt erwarteten Verbrennungskosten ist nicht zu beanstanden. Ein Verstoß
gegen Nr. 4 Abs. 1 LSP ist insoweit nicht erkennbar. Dabei kann dahinstehen, ob die
AVG bei der Preiskalkulation zuungunsten der Stadt Köln mit einer zu niedrigen
Auslastungsquote kalkuliert,
73
vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 05.04.2001 - 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37,
74
und eine nicht ausreichende Auslastung zur Kalkulationsgrundlage gemacht hat. In der
der Stadt Köln übersandten Vorauskalkulation hat die AVG das Verbrennungsentgelt
auf Grundlage der Kapazität von 421.000 t kalkuliert, für die die RMVA konstruiert
wurde. Sie hat die erwarteten Kosten durch diese Mengen und nicht nur durch die für
1999 erwartete Anliefermenge von 393.500 t Kölner Abfälle dividiert. Hätte die AVG
allein auf Grundlage des Kölner Mülls kalkuliert, hätten die Kosten entweder durch die
erwartete Menge Kölner Abfälle dividiert werden müssen, was zu einem höheren
Verbrennungsentgelt geführt hätte, oder die Stadt Köln hätte an die AVG Schadenersatz
in Höhe des Verbrennungsentgeltes für die nicht gelieferte Tonnage zahlen müssen,
weil die Dimensionierung der Anlage maßgeblich auf den Vorgaben der Stadt Köln
beruhte. Die gewählte Berechnungsmethode war für die Kölner Gebührenzahler
günstiger, solange nicht zu erwarten war, dass die AVG von Fremdanlieferern
Einnahmen von mehr als 9.845.000,- DM netto (353,54 DM/t Verbrennungspreis x
27.500 t) erzielt oder in der Kalkulation Kosten, die durch die Verbrennung von
Fremdabfällen verursacht wurden, in einer Höhe enthalten waren, die den Vorteil durch
den höheren Divisor übersteigen. Tatsächlich hat die AVG, wie sich aus den
vorgelegten Ist-Daten für das Wirtschaftsjahr 1999 ergibt, 1999 Einnahmen durch die
Verbrennung von Fremdabfällen in Höhe von 17.232.870,- DM erzielt. Ob diese
Einnahmen voraussehbar waren und damit die der Stadt Köln übersandte knappe
Vorauskalkulation der AVG auf Grundlage einer zu niedrigen Auslastungsquote erstellt
wurde, bedarf keiner Entscheidung. Dafür spricht, dass in die ausführliche
Vorauskalkulation der AVG (Beiakte 4 in dem Verfahren 14 K 3706/00) bereits
Einnahmen aus der Verbrennung von Fremdabfällen in exakt der Höhe eingestellt
wurden, die sich aus den Ist-Daten ergibt. Dagegen spricht, dass nach den Angaben
des Geschäftsführers der AVG der Vertrag über Zusatzmengen, durch deren
75
Verbrennung die über 9.845.000,- DM hinausgehenden Einnahmen für die Verbrennung
von Fremdabfällen erzielt wurden, erst am 30.12.1998 abgeschlossen wurde. Selbst
wenn das Verbrennungsentgelt auf Grundlage einer zu niedrigen Auslastungsquote
kalkuliert worden wäre, hätte dies im Ergebnis nicht dazu geführt, dass der Stadt Köln
überhöhte Verbrennungskosten in Rechnung gestellt wurden. Wie sich aus den
vorliegenden Ist-Daten ergibt, reichte das von der Stadt erhobene Verbrennungsentgelt
auch unter Berücksichtigung aller Einnahmen durch die Verbrennung von
Fremdabfällen nicht aus, um die durch den Betrieb der RMVA entstandenen Kosten zu
decken. Vielmehr ist der AVG ein Verlust von 18.195.284,- DM entstanden.
p) Das den Gebührenzahlern in Rechnung gestellte Verbrennungsentgelt ist auch nicht
deshalb überhöht, weil in der der Stadt Köln übersandten Vorauskalkulation der AVG
die Einnahmen aus der Vermarktung von Wertstoffen, die mit Hilfe einer Sortieranlage
aus dem bei der RMVA angelieferten Abfall aussortiert wurden, nicht kostenmindernd
berücksichtigt wurden. Zwar wären diese Einnahmen nach Nr. 21 Abs. 2 LSP als Erlöse
aus der Veräußerung von Reststoffen kostenmindernd zu berücksichtigen gewesen,
dieser Fehler hat jedoch nicht zu einer Überhöhung des Verbrennungsentgeltes geführt.
Die Einnahmen aus der Vermarktung von Wertstoffen wurden in der Ist-Abrechnung der
AVG berücksichtigt, die unter Zugrundelegung des von der Stadt Köln gezahlten
Verbrennungsentgeltes einen Verlust von über 18 Mio. DM auswies.
76
q) Auch dadurch, dass beim Bau der RMVA bzw. im Zusammenhang mit der
Auftragsvergabe Bestechungsgelder geflossen sind, ist das dem Gebührenzahler in
Rechnung gestellte Verbrennungsentgelt im Ergebnis nicht überhöht. Zwar sind nach
Nr. 4 Abs. 2 LSP in Preisermittlungen auf Grund von Selbstkosten nach Art und Höhe
nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur
Erstellung der Leistungen entstehen. Hierzu gehören Bestechungsgelder im Vorfeld der
Auftragsvergabe nicht, so dass diese dem Gebührenzahler nicht in Rechnung gestellt
werden dürfen, soweit sie auf die Höhe der angesetzten Kosten Einfluss gehabt haben.
Die Ermittlung des auf die Zahlung von Schmiergeldern zurückzuführenden Anteils der
Kosten kann aber mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, weil die genaue
Höhe der gezahlten Bestechungsgelder und ihre Auswirkungen auf die Preisgestaltung
nicht ohne weiteres erkennbar sind. Weil nicht anzunehmen ist, dass ein wirtschaftlich
denkender Unternehmer Bestechungsgelder an Politiker oder Amtsträger zahlt, wenn er
nicht mindestens in derselben Höhe nach dem Erhalt des Auftrags durch überhöhten
Werklohn zusätzliche Einnahmen erzielt, stellt die Höhe der Bestechungsgelder aber
ein wesentliches Indiz für den Schaden dar, der aufgrund der Schmiergeldzahlungen
zunächst für die AVG und - über die Weitergabe der Verbrennungsentgelte - mittelbar für
den Gebührenzahler mindestens entstanden ist.
77
Vgl. zu dieser Überlegung die Rechtsprechung der Strafgerichte, etwa
Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11.07.2001 - 1 StR 576/00 -, BGHSt 47, 83 m.w.N.
78
Zwar bestand für den Rat im September 2001 kein Anlass, ein niedrigeres als das Ende
1997 vereinbarte Verbrennungsentgelt in die Nachberechnung einzustellen. Bei
Verabschiedung der neugefassten Abfallgebührensatzung für das Jahr 1999 am
11.09.2001 war für den Rat nicht erkennbar, dass und in welchem Ausmaß im
Zusammenhang mit dem Bau der RMVA Schmiergelder geflossen sind, die
möglicherweise Auswirkungen auf die Ansatzfähigkeit einzelner Kostenpositionen der
Kalkulation der AVG haben; denn der Rat in seiner Gesamtheit hat erst Ende
Februar/Anfang März 2002 aus der Presse von dem Spendenskandal erfahren. Dass
79
einzelne Ratsmitglieder schon zuvor aufgrund ihrer Verstrickung in die Affäre oder
erhaltener, fingierter Spendenquittungen von Teilaspekten des Skandals wussten, kann
keine Kenntnis des Rates insgesamt begründen. Maßgeblich für die Beurteilung der
Berechtigung des Ansatzes des Verbrennungsentgeltes für das Gebührenjahr 1999 ist
jedoch nicht die Kenntnis des Rates zur Zeit des Beschlusses über die neugefasste
Gebührensatzung im September 2001, sondern die Kenntnis der Kammer zur Zeit ihrer
Entscheidung in dem vorliegenden Verfahren. Aufgrund der nicht ordnungsgemäß
erfolgten Überprüfung der von der AVG vorgelegten Kalkulation des
Verbrennungsentgeltes hat die Kammer - wie oben dargelegt - anders als für das
Gebührenjahr 1998 nicht zu prüfen, ob der Rat bei seinem Beschluss über die
neugefasste Satzung im September 2001 aus damaliger Sicht von zutreffenden
Kostenansätzen ausgegangen ist. Vielmehr hat die Kammer zu überprüfen, ob die
Kostenansätze aus heutiger Sicht - und damit in Kenntnis der erfolgten
Schmiergeldzahlungen - im Ergebnis zutreffend sind.
Das ist der Fall. Als Indiz für den Einfluss der gezahlten Bestechungsgelder auf die
Höhe des der Stadt Köln in Rechnung gestellten Verbrennungsentgeltes steht der
Kammer nur die Höhe der bekanntgewordenen Schmiergeldzahlungen zur Verfügung.
Sonstige Anhaltspunkte, die sich etwa aus einem Vergleich des von der Firma T.
abgegebenen Angebots mit im Rahmen der Ausschreibung abgegebenen
Konkurrenzangeboten ergeben könnten, lassen sich den der Kammer vorliegenden
Unterlagen nicht entnehmen. Insoweit war jedoch keine weitere Sachaufklärung durch
die Kammer erforderlich, weil die Ist-Daten der AVG für das Wirtschaftsjahr 1999 einen
Verlust in einer Höhe ausweisen, der den möglichen Schaden durch die
bekanntgewordenen Zahlungen von Bestechungsgeldern bei weitem übersteigt. Da die
Bestechungsgelder im Zusammenhang mit dem Bau der RMVA gezahlt wurden, dürften
diese Zahlungen jedenfalls überwiegend Einfluss auf die Investitionskosten, die über
Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen in die Berechnung des
Verbrennungsentgeltes einfließen, gehabt haben. Deshalb sind bei der - der Kammer
allein möglichen - überschlägigen Ermittlung des durch die Schmiergeldzahlungen
entstandenen Schadens die Bestechungsgelder nicht als einheitlicher Betrag in einem
Gebührenjahr abziehen. Vielmehr sind die Bestechungsgelder ebenfalls
"abzuschreiben", indem die Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen für die RMVA
um den Prozentsatz gekürzt werden, den die Schmiergelder an den gesamten
Baukosten der RMVA ausgemacht haben.
80
Eine nach diesen Kriterien durchgeführte Berechnung ergibt, dass das in die
Nachberechnung eingestellte Verbrennungsentgelt nicht überhöht ist, weil der durch die
bekanntgewordenen Zahlungen von Bestechungsgeldern eingetretene Schaden
deutlich niedriger ist als die von der AVG im Jahre 1999 erwirtschafteten Verluste in
Höhe von 18.195.284,- DM. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die
Größenordnung der von der AVG für 1999 genannten Verluste unrichtig sein könnte.
Daher besteht auch keine Veranlassung, von Amts wegen die Richtigkeit der
Betriebsabrechnung zu überprüfen. Dies würde zu einer von der Amtsermittlung nicht
mehr gedeckten ungefragten Fehlersuche führen.
81
vgl. BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 - 9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188,
82
Auch wenn nach der Erfahrung der Rechtsprechung die Kostenkalkulationen nach LSP-
Grundsätzen von privaten Entsorgungsträgern, denen Aufgaben im Rahmen der
öffentlichen Abfallentsorgung übertragen worden waren, wiederholt erhebliche Mängel
83
aufwiesen, kann dies nicht ohne konkreten Anhalt zu einer Untersuchung aller Ansätze
führen.
Vielmehr ist auch zu dem heutigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass das zwischen
der AVG und der Stadt Köln für 1999 vereinbarte Verbrennungsentgelt trotz der
Schmiergeldzahlungen wegen der Verluste der AVG im Ergebnis nicht zu beanstanden
ist. In der Öffentlichkeit werden im Zusammenhang mit dem Bau der RMVA
Schmiergeldzahlungen zwischen 21 (Kölner Stadtanzeiger vom 14.06.2002) und 29
Millionen DM (Focus vom 11.03.2002) diskutiert. Angesichts von Baukosten in Höhe
von ca. 800 Millionen DM und in den Ist-Daten der AVG angesetzter Abschreibungen
und kalkulatorischer Zinsen von 127.236.592,- DM betragen die unberechtigten
Kostenansätze unter Zugrundelegung des höchsten genannten Betrages an
Bestechungsgeldern für das Gebührenjahr 1999 etwa 4,6 Millionen DM. Um einen
Schaden in Höhe der von der AVG ausgewiesenen Verluste annehmen zu können,
müssten Bestechungsgelder von mehr als 114 Millionen DM geflossen sein. Hierfür gibt
es keine Anhaltspunkte.
84
Für die nach dem Bekanntwerden des Spendenskandals erfolgenden
Gebührenkalkulationen weist die Kammer jedoch darauf hin, dass der Rat zu erwägen
haben wird, die gezahlten Bestechungsgelder zwar nicht als solche, aber als
Anhaltspunkt für nicht im einzelnen erkennbar überhöhte Kostenansätze an anderer
Stelle wie beschrieben aus den von der AVG kalkulierten Verbrennungsentgelten
herauszurechnen, sofern sich nicht auf andere Weise, etwa aus einem Vergleich des
von der Firma T. abgegebenen Angebots mit im Rahmen der Ausschreibung
abgegebenen Konkurrenzangeboten, Anhaltspunkte für die Höhe der überhöhten
Kostenansätze ergeben. Zur möglichst genauen Ermittlung der Auswirkungen der
geflossenen Bestechungsgelder auf die Höhe des Verbrennungspreises kann es sich
für den Beklagten möglicherweise auch anbieten, eine preisrechtliche Prüfung der von
der AVG in Rechnung gestellten Verbren- nungsentgelte durch die Bezirksregierung
anzuregen.
85
r) Die auf Grundlage des im Jahre 1997 vereinbarten Verbrennungsentgeltes in die Ge-
bührennachberechnung eingestellten Verbrennungskosten sind auch nicht im Hinblick
auf ein eventuelles Recht der AVG, von dem mit der Firma T. geschlossenen Vertrag
zurückzutreten, zu beanstanden. Ein Rücktrittsrecht der AVG kann sich aus 3.2.4.3 der
Vertragsbedingungen ergeben, wonach die AVG berechtigt ist, den Vertrag
insbesondere dann zu kündigen oder von ihm zurückzutreten, wenn der Auftragnehmer
i.S.d. Vorteilsbegriffs gemäß §§ 331 ff. StGB bzw. § 12 UWG versucht, auf den
Abschluss des Vertrages Einfluss zu nehmen bzw. Einfluss genommen hat. Selbst
wenn die AVG im Hinblick auf die bekanntgewordenen Zahlungen von
Bestechungsgeldern gegenüber der Firma T. zum Rücktritt nach dieser Vertragsklausel
oder zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen berechtigt sein sollte, hätte
dies nicht dazu geführt, dass die in die Gebührennachberechnung eingestellten
Verbrennungsentgelte im Ergebnis überhöht sind. Ein Rücktritt vom Vertrag durch die
AVG gegenüber der Firma T. mit der Folge einer Pflicht zur gegenseitigen Rückgabe
der empfangenen Leistungen scheidet aus praktischen Gründen aus. Die Stadt Köln
und die AVG sind auf die RMVA angewiesen, um die in Köln anfallenden Abfälle
entsorgen zu können. Die Höhe des durch die Zahlung von Bestechungsgeldern
entstandenen Schadens und damit des möglichen Schadenersatzanspruchs der AVG
gegen die Firma T. reicht nach dem oben Gesagten nicht aus, die der AVG
entstandenen Ver- luste auszugleichen.
86
2. Auch die neben dem Verbrennungsentgelt in die Nachberechnung eingestellten
Kosten sind nicht zu beanstanden.
87
a) Der Beklagte war zunächst berechtigt, anders als in die Vorauskalkulation für das
Gebührenjahr 1999 in die Nachberechnung keine Zuschüsse aus der Rücklage
gebührenmindernd einzustellen. Dem Beklagte stand es bei der Durchführung der
Nachberechnung grundsätzlich frei, Veränderungen gegenüber den Ansätzen in der
Vorauskalkulation vorzunehmen. Unzulässig sind im Rahmen einer Nachberechnung
jedoch Korrekturen, die lediglich Folge einer nachträglich anderen Einschätzung einer
über das Gebührenjahr hinausgehenden zukünftigen Entwicklung
(Prognoseentscheidung) sind und demgemäß auf Ansätzen beruhen, die sich einer
exakten Ergebnisfeststellung für die Kalkulationsperiode im maßgeblichen Zeitpunkt
entziehen.
88
OVG NRW, Urteil vom 24.07.1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl 1995, 470; Urteil vom
01.07.1997 - 9 A 3556/96 -, NWVBl. 1998, 118.
89
Die Streichung der Zuführungen aus der Rücklage ist keine nachträgliche Änderung
einer Prognoseentscheidung. Die Frage, ob Zuführungen aus der Rücklage erfolgen, ist
nicht von unsicheren zukünftigen Entwicklungen, sondern allein vom Willen des Rates
abhängig. Hinzu kommt, dass in den vom OVG NRW entschiedenen Fällen kein neuer
Ratsbeschluss über die Nachberechnung erfolgt war. Vielmehr hatte die Verwaltung,
nachdem Fehler in den ursprünglichen Kalkulationen bekanntgeworden waren,
Nachberechnungen durchgeführt und - da sie die bisherigen Ergebnisse bestätigt sah -
keinen Beschluss des Rates herbeigeführt. Dementsprechend hat das OVG NRW die
oben dargelegten Grundsätze zur nachträglichen Änderung von
Prognoseentscheidungen auch maßgeblich mit der Vermutung begründet, der
Satzungsgeber wolle die Ge- bührensätze in der beschlossenen Höhe auch unter
Berücksichtigung veränderter Berechnungsansätze (nicht aber
Prognoseentscheidungen) aufrechterhalten. Eine entsprechende Vermutung, der Rat
habe an der von ihm beschlossenen Höhe der Zuführungen aus der Rücklage festhalten
wollen, besteht hier nicht, weil der Rat die neugefassten Satzungen in dem Wissen
beschlossen hat, dass bei der Nachberechnung keine Zuführungen aus der Rücklage
mehr berücksichtigt wurden.
90
Der Nichtansatz von Rücklagen stellt auch keine Nichtberücksichtigung tatsächlich an
den Gebührenhaushalt geleisteter Zahlungen dar. Die ursprünglich vorgesehenen
Zuführungen aus der Rücklage sollten nicht durch Überweisungen von einem
Rechtsträger an einen anderen erfolgen. Vielmehr hätte es sich um bloße
Verschiebungen innerhalb der Bilanz der zum 01.01.1998 gegründeten
eigenbetriebsähnlichen Einrichtung AWB gehandelt.
91
b) Soweit in die Nachberechnung Kosten für das Bringsystem zu getrennten Sammlung
und Entsorgung bestimmter Abfallarten eingeflossen sind, stellt dies nicht deshalb eine
unzulässige Subventionierung von Kleingewerbetreibenden dar, weil die Möglichkeit
besteht, dass Kleingewerbetreibende - auch aus den umliegenden Gemeinden - die in
Köln aufgestellten Sammelbehälter nutzen, um die in ihren Betrieben anfallenden
Verpackungsabfälle kostenlos zu entsorgen.
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Für das Bringsystem zur Entsorgung von mit dem grünen Punkt versehenen
93
Verpackungsabfällen sind keine Kosten in der Nachberechnung enthalten. Das
Bringsystem wird insoweit nicht über die Abfallgebühren, sondern vollständig durch das
Duale System Deutschland (DSD) finanziert. Die Kosten für Aufstellung und Entleerung
der Altpapiercontainer werden demgegenüber zu 75 % über den Gebührenhaushalt
erwirtschaftet. Dass vereinzelt Kleingewerbetreibende oder sonstige Personen, die in
Köln keine Restabfallgebühren zahlen, die Altpapiercontainer benutzen, obwohl sie zur
Finanzierung der Altpapierentsorgung nichts beitragen, ist nicht auszuschließen. Ein
Fehler der Gebührenberechnung ist hierin jedoch nicht zu sehen, weil nicht erkennbar
ist, dass diese Fehlwürfe in einem Ausmaß erfolgen, das zu spürbaren Auswirkungen
auf die Höhe der Abfallgebühren führt.
c) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass den Gebührenzahlern die Kosten, die durch
Sammlung, Transport und Entsorgung von DSD-Verpackungen entstehen, die über die
Restabfalltonnen entsorgt werden, in voller Höhe in Rechnung gestellt wurden. Das
DSD ist nicht verpflichtet, diese Kosten zu tragen, weil das von ihm bereitgestellte
Entsorgungssystem nicht in Anspruch genommen wurde. Die Bürger können und sollen
ihre Verpackungsabfälle nach § 6 Abs. 2 AbfS getrennt sammeln und zu den
Sammelcontainern des DSD bringen. Wenn sie das nicht tun, sondern die
Verpackungsabfälle mit dem übrigen Hausmüll entsorgen, nehmen sie die öffentliche
Abfallentsorgung in Anspruch und müssen die hierfür anfallenden Gebühren entrichten.
94
3. Die Verteilung der in die Nachberechnung eingestellten Kosten ist im Ergebnis eben-
falls nicht zu beanstanden.
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a) Die Gebührenverteilung ist zunächst nicht unter dem Aspekt der sogenannten Quer-
subventionierung der Biotonne zu beanstanden. Der Beklagte hat in der Nachberech-
nung keine Kosten, die durch Sammlung, Transport oder Entsorgung von Bioabfällen
anfallen, auf die Nutzer von Restabfallbehältern umgelegt. Für die Nutzung von
Biotonnen werden vielmehr kostendeckende Gebühren erhoben.
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b) Die vorgenommene Verteilung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte
die gegenwärtigen Nutzer der Deponie Vereinigte Ville nicht an den Verbrennungsko-
sten beteiligt hat. Die Deponie Vereinigte Ville wurde bis einschließlich 1997 zur Ent-
sorgung des Kölner Restabfalls benutzt und wird seit Inbetriebnahme der RMVA von der
AVG betrieben, die sie zur Deponierung von Gewerbeabfällen nutzt. Eine Beteili- gung
dieser Nutzer der Deponie Vereinigte Ville an den Verbrennungskosten ist nicht unter
dem Gesichtspunkt der Deponieraumschonung geboten. Zwar hat die Rechtsprechung
eine solche Beteiligung der Nutzer einer Deponie an Verbrennungskosten, die nicht
durch den von ihnen in Anspruch genommenen Leistungsbereich der öffentlichen
Abfallentsorgung entstehen, als zulässig angesehen, weil sie von der Verbrennung
dadurch profitieren, dass weniger Abfälle deponiert werden und der vorhandene
Deponieraum länger ausreicht,
97
OVG NRW, Urteil vom 01.07.1997 - 9 A 3556/96 -,
98
eine Beteiligung der Nutzer der Deponie Vereinigte Ville an den Verbrennungskosten
scheidet hier aber bereits deshalb aus, weil diese Personen nicht die öffentliche
Abfallentsorgung nutzen und deshalb nicht gebührenpflichtig sind. Hinzu kommt, das
die Errichtung der RMVA weder aus der Sicht eines objektiven Beobachters noch nach
der Planung der Stadt Köln zu dem Zweck erfolgte, den auf der Deponie Vereinigte Ville
vorhandenen Raum zur Ablagerung anderer Abfälle freizuhalten. Es ging vielmehr
99
darum, vor dem Hintergrund, dass Hausmüll nach der TASi nur noch bis Ende 2004
bzw. nach dem Abfallentsorgungsplan für den Regierungsbezirk Köln nur bis Mitte 2000
deponiert werden darf, so rechtzeitig anderweitige Entsorgungsmöglichkeiten zu
schaffen, dass jederzeit eine zehnjährige Entsorgungssicherheit gewährleistet war.
Dass nach Aufnahme der Verbrennung weniger Abfall auf der Deponie Vereinigte Ville
abgelagert wird und der vorhandene Deponieraum deshalb länger ausreicht, ist ein
ungewollter und unvermeidlicher Nebeneffekt der Neuorganisation der Abfallent-
sorgung.
c) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Nutzer von 3 bis 5 m³-Behältern und von
Presscontainern nicht an den Betriebsabteilungsgemeinkosten beteiligt wurden (vgl. die
Umlage der Vorkostenstelle 3190 "Betriebsabteilungsgemeinkosten" in Anlage 1, S. 1
zur Ratsvorlage vom 22.08.2001). Die Nutzer dieser Leistungsbereiche nehmen die
unter der Vorkostenstelle Betriebsabteilungsgemeinkosten abgerechneten Leistungen
nicht in Anspruch, weil der Beklagte die Abholung dieser Behälter auf einen
Fremdleister übertragen hat.
100
d) Zu einem Fehler ist es jedoch bei der Berechnung der Gebühr für die 660-, 770- und
1.100-Liter-Gefäße gekommen. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung
eingeräumt hat, wurde für diese Gefäßgrößen bei der Division der auf die jeweilige
Serviceart entfallenden Kosten durch die Anzahl der vorhandenen Gefäße (Anlage 1 S.
2 der Ratsvorlage) die Zahl der Gefäße zu niedrig angesetzt. Unter Zugrundelegung der
tatsächlichen Zahlen hätte die exakte Gebühr für das 660-Liter- Gefäß statt 2.903,08 DM
lediglich 2.899,91 DM, für das 770-Liter-Gefäß statt 3.089,44 DM 3.088,44 DM und für
das 1.100-Liter-Gefäß statt 4.023,60 DM 4.013,54 DM betragen. Auswirkungen auf die
festgesetzte Gebührenhöhe hatte dieser Fehler aber nicht, weil die Nachberechnung für
die betroffenen Behältergrößen höhere Gebührensätze ergeben hat als in der
Vorauskalkulation und aus Gründen des Vertrauensschutzes in der neuen Satzung nur
die ursprünglichen, niedrigeren Gebühren festgesetzt wurden. Diese Mehrkosten
werden durch den geschilderten Fehler auch nicht annähernd ausgeglichen.
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4. Die neugefasste Satzung bildet nach wie vor eine wirksame Grundlage für die Heran-
ziehung der Kläger zu Abfallgebühren für das Jahr 1999. Die Regelung in II Abs. 1 der
neugefassten Satzung, wonach sie rückwirkend zum 01.01.1999 in Kraft und am
31.12.1999 außer Kraft tritt, ist nicht so zu verstehen, dass die neugefasste Satzung
nach diesem Datum keine Rechtswirkung mehr entfalten soll. Wie sich auch aus der
Überschrift der Satzung ("für 1999") ergibt, wollte der Satzungsgeber mit der Regelung
in II Abs. 1 zum Ausdruck bringen, dass die in der Satzung festgesetzten Gebührensätze
für die Nutzung der öffentlichen Abfallentsorgung des Beklagten im Jahre 1999 gelten.
102
5. Auch bei der Anwendung der Satzung auf den vorliegenden Fall sind keine Fehler
erkennbar. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Kläger zu Gebühren für die
Serviceart "Vollservice" und nicht für den preiswerteren Teilservice herangezogen
wurden. Sie haben diese Leistung in Anspruch genommen, weil in dem
streitgegenständlichen Gebührenjahr ihr Restabfallbehälter tatsächlich im Vollservice
geleert wurde. Einwendungen gegen Art und Umfang der erbrachten Leistung können
nicht nachträglich im gegen die Festsetzung der Gebühren gerichteten Verfahren
geltend gemacht werden, sondern hätten in einem gesonderten Verfahren über die
Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses vorgebracht werden müs- sen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO.
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