Urteil des VG Köln vom 22.06.2006

VG Köln: gleichbehandlung im unrecht, bedürfnis, erwerb, erlass, vollstreckung, besitz, sport, munition, rechtssicherheit, ausstellung

Verwaltungsgericht Köln, 20 K 7914/04
Datum:
22.06.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
20. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 K 7914/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht
der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin ist Inhaberin der Waffenbesitzkarten für Sportschützen Nr. 000/00 und
000/00-0 („gelbe Waffenbesitzkarte"). Unter dem 17.02.2004 beantragte sie formlos die
Erweiterung ihrer Waffenbesitzkar- te gemäß § 14 Abs. 4 WaffG (neu).
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Mit Schreiben vom 02.03.2004 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er auf Grund
eines entsprechenden Erlasses des Innenministeriums des Landes Nordrhein-
Westfalen vom 07.10.2003 (Az: 44.3-2600 (neu) § 14) gehalten sei, den Antrag ab-
zulehnen, da eine Erweiterung der gelben Waffenbesitzkarte für Sportschützen nicht
möglich sei. Die Klägerin könne aber eine neue Waffenbesitzkarte gem. § 14 Abs. 4
WaffG beantragen und zum Bedürfnisnachweis nach § 14 Abs. 2 WaffG eine Be-
scheinigung des zuständigen Schießsportverbandes einreichen. Gleichzeitig wies der
Beklagte zur Frage der Anwendung des § 14 WaffG auf einen weiteren Runder- lass
des Innenministeriums NRW vom 19.11.2003 hin. Mit Schreiben vom 19.03.2004
erklärte die Klägerin, dass sie ihren auf Erweiterung gerichteten Antrag aufrecht erhalte,
und wies auf eine unterschiedliche Genehmi- gungspraxis im Regierungsbezirk Köln
hin. Der bezeichnete Erlass des Innenministe- riums NRW entfalte keine Gesetzeskraft
und stehe im Gegensatz zum Willen des Gesetzgebers. Danach seien bestehende
gelbe Waffenbesitzkarten (alt) dem neuen Recht ohne erneute Bedürfnisprüfung
anzupassen.
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Mit Bescheid vom 25.03.2004 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab und wies
erneut darauf hin, dass er bei der Sachbehandlung an den bezeichneten Erlass des
Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 07.10.2003 (Az: 44.3-2600
(neu) § 14) gebunden sei. Danach komme eine Erweiterung der alten „gelben"
Waffenbesitzkarte nicht in Betracht. Mit ihrem Antrag begehre die Klägerin eine
Erlaubnis, die sie zum Erwerb der in § 14 Abs. 4 WaffG aufgeführten Waffen berechtige,
insoweit habe sie sich aber geweigert, das Bedürfnis gemäß § 14 Abs. 2 WaffG
nachzuweisen. Auf das vor vielen Jahren nachgewiesene Bedürfnis nach § 32 Abs. 1
Ziff. 2 WaffG a.F. könne sie sich nicht berufen.
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Gegen den ablehnenden Bescheid legte die Klägerin am 26.04.2004 Wider- spruch ein
und führte zur Begründung aus, dass von einer erneuten Antragstellung bei bereits
bestehenden gelben Waffenbesitzkarten im neuen Waffengesetz nicht die Rede sei. Es
gehe ihr in der Hauptsache darum, dass im gleichen Bundesland und Regierungsbezirk
die Betroffenen rechtsstaatlich gleich behandelt würden.
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Die Bezirksregierung Köln wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom
30.09.2004, zugestellt am 06.10.2004, als unbegründet zurück. Zur Frage der
Anwendung des § 14 WaffG verwies sie ebenfalls auf die Runderlasse des Innenmi-
nisteriums NRW und führte des Weiteren aus, die pauschale Behauptung der Kläge- rin,
im Regierungsbezirk Köln werde diesbezüglich eine unterschiedliche Praxis ge-
handhabt, sei bislang nicht bestätigt worden. Die hiesigen Waffenbehörden seien aber
nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen worden, stets im Sinne der Erlass- lage zu
handeln. Sollte dies in der Vergangenheit in Einzelfällen nicht geschehen sein, habe die
Klägerin jedenfalls keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht.
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Die Klägerin hat am 08.11.2004, einem Montag, Klage erhoben. Zur Begründung trägt
sie vor: Ob ihr Antrag als ein solcher auf eine Erweiterung ihrer alten Waffenbesitzkarte
gerichteter Antrag oder als ein Neuantrag angesehen werde, bilde letztlich keinen
Unterschied, da das bereits früher dargelegte Bedürfnis sich nicht von dem nunmehr
verlangten Bedürfnisnachweis unterscheide. Bereits bei der seinerzeitigen Ausstellung
ihrer Waffenbesitzkarte für Sportschützen sei das Bedürfnis seitens des Beklagten
überprüft worden; dieses bestehe auch wei- terhin, einer erneuten Überprüfung des
Bedürfnisses und der Sachkunde bedürfe es nicht. Entsprechende Ausführungen
enthalte auch die Kommentierung zu § 14 Abs. 4 WaffG. Es sei auch im Verlauf des
Gesetzgebungsverfahrens der Wortlaut des heutigen § 14 Abs. 4 des neuen
Waffengesetzes zu Gunsten der Sportschützen ent- gegen der Beschlussempfehlung
des Innenausschusses abgeändert worden, die Begründung hierfür sei eindeutig.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung seines Bescheides vom 25.03.2004 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 30.09.2004 die
Erweiterung der alten Waffenbesitzkarte für Sport- schützen (gelbe Waffenbesitzkarte)
auf die in § 14 Abs. 4 WaffG genannten Waffenarten vorzunehmen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht geltend, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erweiterung ihrer nach § 28
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Abs. 2 Satz 1 WaffG a.F. erteilten Waffenbesitzkarte auf die in § 14 Abs. 4 WaffG n.F.
aufgeführten Waffen habe. Die alte Waffenbesitzkarte gelte gem. § 58 Abs. 1 WaffG n.F.
als Erlaubnis im Sinne des WaffG a.F. fort; ein Recht auf eine Erweiterung der Erlaubnis
bestehe nicht. Der Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition durch
Sportschützen sei neu geregelt worden. Für den Erwerb der der neu in den § 14 Abs. 4
WaffG eingeführten Waffen müsse die Klägerin ein Bedürfnis nach § 14 Abs. 2 WaffG
nachweisen. Dies habe sie bislang nicht getan, vielmehr weigere sie sich, die
entsprechenden Bescheinigungen vorzulegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der vom Beklagten und der Bezirksregierung Köln vorgelegten
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die - von ihr ausdrücklich begehrte - Erweiterung
ihrer im Jahre 1987 erteilten waffenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1
i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 2 WaffG a.F. auf die in der neuen Vorschrift des § 14 Abs. 4 WaffG
(zusätzlich) genannten Waffenarten.
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Für eine dahingehende Verpflichtung des Beklagten fehlt es an einer entsprechenden
gesetzlichen Grundlage. Zur Begründung wird zwecks Vermeidung von
Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des Urteils in dem gleichgelagerten
Verfahren des Ehemannes der Klägerin (VG Köln - 20 K 6147/04) vom heutigen Tage
Bezug genommen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §
708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung folgt aus §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124
Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da die Rechtsfrage
nach der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 4 WaffG im Zusammenhang mit Erlaubnissen
nach § 28 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 2 WaffG a.F. Auswirkungen über den
Einzelfall hinaus hat und in der Verwaltungspraxis im Bundesgebiet eine
unterschiedliche Handhabung besteht; aus Gründen der Rechtssicherheit liegt sie im
allgemeinen Interesse.
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