Urteil des VG Köln vom 09.10.2009

VG Köln (mitbestimmung, antragsteller, verwaltungsgericht, bemessung, einreihung, arbeitnehmer, land, mitbestimmungsrecht, bundesverwaltungsgericht, begriff)

Verwaltungsgericht Köln, 33 K 2746/09.PVB
Datum:
09.10.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
33. Bundespersonalvertretungskammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
33 K 2746/09.PVB
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Zustimmungsverweigerung des
Personalrates zur Stufenzuordnung innerhalb des
Eingruppierungsvorgangs der einzustellenden Mitarbeiterin K.
beachtlich ist.
G r ü n d e
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I.
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Anlässlich der Einstellung und Eingruppierung der Beschäftigten K. entstand zwischen
den Verfahrensbeteiligten Streit darüber, ob die Stufenzuordnung zur Entgeltgruppe Teil
der Eingruppierung ist und damit gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG der Mitbestimmung
des Antragstellers unterliegt. Mit Schreiben vom 5. März 2009 stimmte der Antragsteller
zwar der Eingruppierung der Beschäftigten K. in die Entgeltgruppe 8 zu, lehnte aber die
Zuordnung zur Stufe 1 ab, weil die einzustellende Beschäftigte über eine langjährige,
einschlägige Berufserfahrung verfüge. Er vertrat die Auffassung, dass die Zuordnung zur
Stufe 3 zwingend sei.
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Der Beteiligte hielt die Ablehnung der vorgesehenen Stufenzuordnung wegen fehlender
Mitbestimmungspflichtigkeit für unbeachtlich und nahm die Zuordnung ohne weitere
Beteiligung des Antragstellers vor, wobei er nach weiterer Prüfung schließlich der
Beschäftigten K. die Stufe 3 zuerkannte.
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Da der Beteiligte unter Bezugnahme auf einen rechtlichen Hinweis des
Bundesministeriums des Innern vom 05. Februar 2009 weiterhin die
Mitbestimmungspflichtigkeit der Stufenzuordnung verneinte, hat der Antragsteller am 29.
April 2009 zur Klärung dieser Rechtsfrage das Beschlussverfahren eingeleitet. Er trägt
unter Hinweis auf die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. August 2008
- 6 P 11.07 - und 27. Mai 2009 - 6 P 9.08 - vor, die Stufenzuordnung falle unter den
Begriff „Eingruppierung" und sei daher gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG
mitbestimmungspflichtig. Seine Zustimmungsverweigerung vom 05. März 2009, mit der
er die Nichtbeachtung des § 16 Abs. 3 TVöD gerügt habe, sei beachtlich gewesen und
habe vom Beteiligten nicht übergangen werden dürfen.
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Der Antragsteller beantragt,
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festzustellen, dass die Zustimmungsverweigerung des Personalrates zur Stufen-
zuordnung innerhalb des Eingruppierungsvorgangs der einzustellenden Mitarbeiterin K.
beachtlich ist.
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Der Beteiligte beantragt,
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den Antrag abzulehnen. Er trägt im Wesentlichen vor: Die Zustimmungsverweigerung
sei unbeachtlich, weil dem Antragsteller hinsichtlich der Stufenzuordnung kein
Mitbestimmungsrecht zustehe. Die Stufenzuordnung sei nicht Teil der Eingruppierung.
Die anderslautenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts seien nicht
einschlägig, weil sie zu § 16 Abs. 3 TVöD-L bzw. § 20 TV-BA ergangen seien. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die
Gerichtsakte Bezug genommen. II. Der Antrag ist begründet. Die
Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zur Stufenzuordnung innerhalb des
Eingruppierungsvorgangs der einzustellenden Mitarbeiterin K. ist beachtlich. Dem
Antragsteller steht das dahingehende Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 1 Nr. 2
BPersVG zu und er hat die Zustimmungsverweigerung auf den gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1
BPersVG zulässigen Versagungsgrund gestützt, dass die beabsichtigte Zuordnung zur
Stufe 1 gegen § 16 Abs. 3 TVöD verstoße. Dass diese Zustimmungsverweigerung dann
beachtlich ist, wenn sich das - vom Beteiligten allerdings geleugnete -
Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG auch auf die
Stufenzuordnung erstreckt, stellt auch der Beteiligte nicht in Abrede.
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Entgegen der Auffassung des Beteiligten hat der Antragsteller aufgrund seines
Mitbestimmungsrechts aus § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG auch bei der Stufenzuordnung
nach § 16 Abs. 3 TVöD mitzubestimmen.
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Gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG hat der Personalrat u.a. bei der Eingruppierung von
Arbeitnehmern mitzubestimmen. Unter Eingruppierung im Sinne der
Mitbestimmungstatbestände ist die Einreihung des Arbeitnehmers in ein kollektives
Entgeltschema zu verstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. August 2008 - 6 P 11.07
-, juris, Rn. 9 m.w.N.). Gemäß § 15 TVöD erhält der Beschäftigte ein Tabellenentgelt,
dessen Höhe sich nach der Entgeltgruppe, in die er eingruppiert ist und nach der für ihn
geltenden Stufe richtet. Die Eingruppierung umfasst nicht nur die Einreihung in die
Entgeltgruppen, sondern auch die Zuordnung der nach § 16 TVöD zu ermittelnden
Stufen. Zu der nahezu inhaltsgleichen Regelung des § 16 Abs. 2 TVöD (Land) hat das
Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 27. August 2008, a.a.O., Rn. 16 ff. im
Einzelnen dargelegt: Die anderslautende Begrifflichkeit des § 15 Abs. 1 Satz 2 TVöD,
der den Begriff „eingruppiert" ausschließlich der Entgeltgruppe, nicht jedoch auch der
Stufe zuordne, sei nicht maßgebend. Von der herkömmlich angenommenen
begrifflichen und inhaltlichen Deckungsgleichheit zwischen Tarifrecht und
Mitbestimmung könne nicht mehr ohne weiteres ausgegangen werden, soweit sich das
neue Tarifrecht - wie hier - von den entgeltrelevanten Grundsätzen des BAT wesentlich
entfernt habe, die für das Verständnis der korrespondierenden
Mitbestimmungstatbestände prägend gewesen seien. Sinn und Zweck der
Mitbestimmung bei Eingruppierung erforderten die Einbeziehung der Stufenzuordnung.
Die Mitbestimmung bei der Eingruppierung von Arbeitnehmern solle die
Personalvertretung in den Stand setzen, mitprüfend darauf zu achten, dass die
beabsichtigte Eingruppierung mit dem anzuwendenden Tarifvertrag oder dem sonst
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anzuwendenden Entgeltsystem im Einklang steht. Sie solle der Personalvertretung
Gelegenheit geben, auf die Wahrung des Tarifgefüges in der Dienststelle zu achten und
damit zur Verwirklichung des arbeitsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes innerhalb der
Dienststelle und innerhalb des dort angewendeten Entgeltsystems sowie zur Wahrung
des Friedens in der Dienststelle beizutragen. Im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer
solle verhindert werden, dass durch eine unsachliche Beurteilung im Rahmen
bestehender Auslegungsspielräume einzelne Arbeitnehmer bevorzugt, andere dagegen
benachteiligt würden. Die den Vergütungsgruppen zugeordneten Merkmale seien oft
sehr allgemein gehalten. Häufig würden unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, deren
Anwendung im Einzelfall schwierig sein könne und die einen erheblichen
Beurteilungsspielraum eröffneten. Hier biete die Mitbeurteilung des Personalrats eine
größere Gewähr für die Richtigkeit der Eingruppierung. Diese genannten
Gesichtspunkte sprächen dafür, die Mitbestimmung des Personalrats bei
Eingruppierung auf alle bedeutsamen Parameter zu erstrecken, die für den
Kernbestandteil des tariflichen Entgeltes maßgeblich seien. Die Richtigkeitskontrolle
bleibe unvollständig, wenn sie sich auf die Einreihung in die Entgeltgruppe beschränke,
andere für die Bemessung des Grundgehalts wesentliche Merkmale, bei denen
ebenfalls ein Kontrollbedürfnis bestehe, aber nicht erfasse. Sei daher bei der
Einstellung eines Arbeitnehmers neben der Einordnung in die Entgeltgruppe für die
Bemessung des tariflichen Grundgehalts die Zuordnung zu einer Stufe innerhalb der
Entgeltgruppe vorzunehmen, so ergäben beide Vorgänge zusammen die
mitbestimmungspflichtige Eingruppierung. Des Weiteren hat das
Bundesverwaltungsgericht dargelegt, dass für die Bemessung des Tabellenentgelts die
Einordnung des Arbeitnehmers in die Entgeltgruppe die strukturell wichtigste
Entscheidung sei, jedoch die Stufenzuordnung in ihrer Bedeutung dahinter nicht
wesentlich zurückstehe (a.a.O., Rn 28 - 33).
Diese Ausführungen sind auch hier einschlägig. Denn die Regelungen über die
Stufenzuordnung gem. § 16 TVöD (Land) und § 16 TVöD (Bund) stimmen strukturell
überein und sind auch im Wesentlichen inhaltsgleich. Das Bundesverwaltungsgericht
hat durch Beschluss vom 27. Mai 2009 - 6 P 9.08 -, ZfPR Online 8/2009, S. 2, 4ff., seine
oben genannten Grundsätze bekräftigt und entschieden, dass Eingruppierung auch die
nach § 20 des Tarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der
Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) zuzuordnenden Funktionsstufen umfasse und der
Mitbestimmung der Personalvertretung gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unterliege.
Dabei hat es erneut hervorgehoben, dass der Begriff „Eingruppierung" im
personalvertretungsrechtlichen Sinne aufgrund wesentlicher Änderungen von den
entgeltrelevanten Grundsätzen des BAT nicht mehr deckungsgleich mit der
Eingruppierung im tarifrechtlichen Sinne sei. Es hat sodann betont: „Diese anhand des
TV-L getroffene Aussage gilt in gleicher Weise für den im Bereich des Bundes
geltenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), mit welchem ebenfalls die
Lebensaltersstufen durch ein leistungs- und qualifikationsorierentiertes Stufensystem
abgelöst wurden." Aus dieser Kernaussage des Bundesverwaltungsgerichts folgt nach
Auffassung der Fachkammer, dass der Mitbestimmungstatbestand der Eingruppierung
gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG die Einbeziehung der Stufenzuordnung nach § 16
TVöD (Bund) ebenso umfasst, wie dies im landespersonalvertretungsrechtlichen
Bereich bei der Stufenzuordnung nach § 16 TVöD (Land) der Fall ist.
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Für eine Kostenentscheidung ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren
kein Raum.
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