Urteil des VG Köln vom 30.01.2001

VG Köln: stand der technik, kläranlage, vertrag mit schutzwirkung zugunsten dritter, schutz der gewässer, amalgam, rechtshängigkeit, einbau, grenzwert, belastung, satzung

Verwaltungsgericht Köln, 14 K 7566/95
Datum:
30.01.2001
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 7566/95
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.899,20 DM nebst 4 %
Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen und die Klägerin von dem mit
Schreiben vom 18. September 1995 geltend gemachten
Schadensersatzanspruch in Höhe von 175.788,77 DM freizustellen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/5 und der Beklagte
zu 4/5.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages
abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin ist eine kreisangehörige Gemeinde, die in ihrem Gebiet die
Abwasserbeseitigung betreibt. Die Abwässer werden dabei u.a. der Kläranlage V.
zugeführt, die im Eigentum des B. steht und von diesem betrieben wird. Der Beklagte ist
Zahnarzt. Er betreibt seine Praxis seit 1983 im Haus T. Str. 00 in S. . Die Abwässer leitet
er über den Hausanschluss des genannten Hauses in die Kanalisation der Klägerin ein.
Seit dem 22.07.1994 ist der Kläger Eigentümer des Hausgrundstückes.
2
Am 28.08.1992 ließ der Beklagte durch die Firma O. GmbH & Co. KG, T. , zwei
Amalgamabscheider der Firma N. , Modell , Seriennrn. 00-00000 und 00-00000, in
seiner Praxis installieren.
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Im Januar 1994 stellte der B. fest, dass eine Faulschlammprobe der Kläranlage V. vom
20.12.1993 eine Quecksilberbelastung von 13,0 mg/kg TS aufwies. Demgegenüber
hatten die zuvor entnommenen Proben zwischen 1988 und 1993 niemals mehr als 4,9
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mg/kg TS enthalten. Nach Feststellung des erhöhten Wertes im Januar 1994 wurde die
landwirtschaftliche Verwertung des Klärschlamms unterbrochen. Weitere
Klärschlammproben in der Folgezeit ergaben Belastungen zwischen 10,0 und 41,0
mg/kg TS. Erst eine Probe vom 28.02.1994 wies einen Wert von weniger als 10 mg/kg
TS, nämlich 9,4 mg/kg TS, auf. Von Oktober 1994 an bewegten sich die Werte wieder im
Bereich von 2 mg/kg TS.
Wegen des Überschreitens des nach der Klärschlammverordnung zulässigen
Quecksilberwertes von 8 mg/kg TS wurde der komplette Inhalt des Faulturms der
Kläranlage V. bis zum 30.05.1994 entleert, in der Kammerfilterpresse der Kläranlage L.
entwässert und sodann auf der Zentraldeponie M. des Bergischen
Abfallwirtschaftsverbandes in F. deponiert. Dabei wurde eine Menge von insgesamt
361,12 t entsorgt. Der Bergische Abfallwirtschaftsverband stellte für die Deponierung
insgesamt 186.252,08 DM in Rechnung.
5
Den Schaden bezifferte der B. der Klägerin gegenüber auf insgesamt 175.788,77 DM.
Dabei zog der Verband von der durch den Bergischen Abfallwirtschaftsverband in
Rechnung gestellten Summe den Betrag ab, der durch die landwirtschaftliche
Verwertung des Faulschlammes ohnehin entstanden wäre. Zugleich addierte der
Verband Kosten für den Transport des Faulschlammes sowie die chemischen Analysen
hinzu. Den Gesamtbetrag machte der B. der Klägerin gegenüber, u.a. mit Schreiben
vom 18.09.1995, als Schadensersatzforderung geltend.
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Da der Faulturm der Kläranlage V. mit Rohschlämmen der Kläranlagen V. , M. und C.
beschickt wird, wurden am 27. und 31.01.1994 die Rohschlämme der genannten
Kläranlagen untersucht. Dabei ergaben sich Quecksil- bergehalte zwischen 0,5 und 1,1
mg/kg TS. Der Rohschlamm der Kläranlage V. wies am 31.01.1994 eine
Quecksilberkonzentration von 4,9 mg/kg TS auf.
7
Zwischen dem 31.01.1994 und dem 18.04.1994 führte die Klägerin im Einzugsbereich
der Kläranlage V. Sielhautuntersuchungen zur Klärung der Ursache der erhöhten
Quecksilberbelastung durch. Dabei ergaben sich für den Kanal in der T. Straße Werte
von 890 mg/kg TS auf Höhe der Hausnummer 0, 350 mg/kg auf Höhe der Hausnummer
00, 940 mg/kg TS auf Höhe der Hausnummer 00, 2.500 mg/kg TS, auf Höhe der
Hausnummer 00, 2.300 mg/kg TS auf Höhe der Hausnummer 00, 1.100 mg/kg TS
unterhalb der Hausnummer 00 und 1,5 mg/kg TS oberhalb der Hausnummer 00.
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Als die Klägerin sich wegen des Schadens an den Beklagten wandte, gab dessen
Haftpflichtversicherung ein Gutachten beim J. (J. ) in Auftrag. Das Gutachten kam zu
dem Ergebnis, dass die Quecksilberbelastung der Sielhaut möglicherweise aus der Zeit
vor der Inbetriebnahme des Amalgamabscheiders herrühre. Dafür spreche, dass nach
Beprobung des Kanals T. Straße im Bereich des Hauses Nr. 00 die Räder des
Kamerawagens eine Quecksilberbelastung von 10.000 mg/kg TS aufgewiesen hätten.
Die Räder hätten also offensichtlich Quecksilber aus tieferen Siel- hautbereichen
aufgenommen, was dafür spreche, dass hier Altrückstände vorhanden seien. Die
Quecksilberbelastung des Faulschlamms der Kläranlage V. gehe voraussichtlich auf die
umfangreichen Kanalspülungen in der Zeit zwischen dem 22.11.1993 und dem
20.12.1993 zurück. Bei diesen Spülungen seien offensichtlich oberflächennahe
Quecksilberrückstände aus der Sielhaut gespült und der Kläranlage zugeführt worden.
Die von dem Beklagten eingesetzten Amalgamabscheider besäßen eine elektronische
Vorrichtung, aufgrund derer eine Behandlung nicht mehr möglich sei, wenn die
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Amalgamabscheider einen Amalgamfüllstand von 100 % er- reicht hätten. In diesem
Falle werde die elektrische Versorgung des Behandlungsstuhles unterbrochen. Die
Amalgambehälter könnten gemäß Herstellervorgabe verschlossen solange gelagert
werden, bis mehrere Behälter vorhanden seien, die dann zusammen dem Hersteller zur
Aufbereitung geschickt würden. Ein einmal verschlossener Behälter könne durch den
Betreiber nicht mehr geöffnet werden, weil ein Spezialverschluss einraste, der vom
Betreiber nicht geöffnet werden könne. Der Beklagte habe Entsorgungsnachweise über
insgesamt 5.910 g vorgelegt. Bei einer mittleren Amalgammenge von 600 mg pro
Zahnfüllung entspreche dies dem Inhalt von 6.993 Füllungen. Bei der Annahme von 25
Füllungen pro Tag, 280 Arbeitstagen und einer Wochenarbeitszeit von 4,5 Tagen
entspreche dies einem Zeitraum von ca. 1,4 Jahren. Dies entspreche dem Zeitraum, in
dem die Amalgamabscheider bei dem Beklagten installiert seien. Im übrigen gelangten
bei einem Abscheiderwirkungsgrad von 98,6 % und den zuvor genannten Mengen eine
Menge von 105 mg pro Tag in das Abwassernetz. Damit könne der unterhalb der
Zahnarztpraxis gemessene Wert von 2.300 mg/kg TS in der Sielhaut theoretisch in 22
Tagen erreicht werden.
Die Klägerin schaltete daraufhin ihrerseits die Gutachterin Frau Dr. B. H. ein, die unter
dem 21.07.1995 ein Gutachten fertigte. Die Gutachterin weist darauf hin, dass die
Sielhautuntersuchung ein wirksames Instrument zur Einkreisung schwermetallhaltiger
Einleitungen sei, weil die Schwermetallakumulation schnell, nahezu vollständig und
überwiegend irreversibel verlaufe. Es sei allerdings nicht möglich, quantitative
Aussagen über eingeleitete und abgeflossene Schwermetallfrachten zu treffen, so dass
nicht beurteilt werden könne, ob ein Betrieb seine Einleitbedingungen einhalte oder
nicht. Für den vorliegenden Fall kommt die Gutachterin zu dem Ergebnis, es lasse sich
ein Einleiter quecksilberhaltigen Abwassers eindeutig nachweisen. Entgegen der
Fließrichtung des Abwassers steige die Quecksilberkonzentration der Sielhautproben
von der Kläranlage bis zu dem Einleiter in der T. Str. 00 an. Angesichts der Tatsache,
dass im März/April 1994 Kanalspülungen in der T. Straße stattgefunden hätten, sei die
im April 1994 noch vorgefundene Quecksilberbelastung der Sielhaut von 1.200 mg/kg
TS erstaunlich. Man müsse jedoch bedenken, dass die Kanalspülung nur im
öffentlichen Kanal erfolgt sei. Wenn sich ein Teil des Amalgams in der Haus-installation
abgesetzt habe, werde es im Laufe der Zeit ausgetragen. Die Belastung der Sielhaut
unterhalb der Einleitung nehme deshalb nicht schlagartig ab. Für einen solchen Verlauf
spreche auch der Quecksilbergehalt einer weiteren Probe der selben Messstelle vom
April 1995 mit 350 mg/kg TS. Die Gutachterin nennt neben den auf dem Weg zwischen
der Kläranlage und der Praxis des Beklagten liegenden Messpunkten weitere
Probeentnahmestellen, deren Ergebnis bei den Beprobungen vom 08. und 11.02.1994
auffällig gewesen sei. Die oberhalb liegenden Einzugsgebiete - so die Gutachterin
weiter - hätten parallel zu den Untersuchungen in der T. Straße im Detail beprobt
werden müssen, um die Ursachen festzustellen. Es könne somit nicht mit Sicherheit
ausgeschlossen werden, dass auch dort Einleitungen stattgefunden hätten. Allerdings
sei im Einzugsgebiet der Kläranlage V. außer dem Beklagten kein weiterer Zahnarzt
ansässig. Auch sei kein Gewerbebetrieb bekannt, der quecksilberhaltige Produkte
herstelle oder verarbeite. Geogene Ursachen schieden als Belastungsursache ebenfalls
aus. Die Quecksilberbelastung des Kanals unterhalb der Praxis des Beklagten liege in
einer Größenordnung, wie man sie unterhalb von Zahnarztpraxen ohne
Amalgamabscheider finde. Die hohe Quecksilberkonzentration im Kanal unterhalb der
Praxis des Beklagten könne auch nicht auf alte Rückstände aus der Zeit vor Einbau des
Amalgamabscheiders zurückgeführt werden. Der Kanal T. Straße sei nämlich am
26.11.1992, also nach Einbau des Abscheiders, gespült worden. Nach einer
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Kanalspülung sei keine Sielhaut mehr im Kanal vorhanden. Hinsichtlich der durch den
Beklagten vorgelegten Entsorgungsnachweise falle auf, dass die zwischen dem
14.02.1994 und dem 09.12.1994 entsorgte Gesamtmenge von 4.666 g
Amalgamschlamm deutlich höher liege, als die Menge, die nach den Herstellerangaben
durchschnittlich pro Jahr und Behandlungseinheit anfalle. Auch sei nicht
nachvollziehbar, weshalb der Beklagte im Februar und im März 1994 jeweils eine kleine
Menge (110 g bzw. 74 g) A- malgamschlamm entsorgt habe, obwohl mit diesen Mengen
der Amalgamabscheider noch nicht voll gewesen sein könne. Die Quecksilbermenge,
durch die die Kontamination des Faulschlammes hervorgerufen worden sei, entspreche
im übrigen genau der Menge Quecksilber, die unter Zugrundelegung der
Herstellerangaben bei zwei Behandlungseinheiten in 1,4 Jahren anfalle. Das sei genau
der Zeitraum, in dem der Beklagte seinen Amalgamabscheider betreibe. Die Rechnung
des J. - Gutachtens, der zufolge auch bei einem Betrieb des Amalgamabscheiders nach
den Regeln der Technik die Quecksilberkonzentration von 2.300 mg/kg TS im Kanal
innerhalb von 22 Tagen erreicht werden könne, sei nicht nachvollziehbar, da das
Quecksilber nicht vollständig und nicht an nur einer Stelle im Kanal abgelagert werde.
Nach alledem sei die durch den B. getroffene Feststellung, dass die Kontamination des
Faulschlammes der Kläranlage V. durch die Einleitung von Amalgamschlamm aus der
Praxis des Beklagten verursacht worden sei, folgerichtig und schlüssig.
Die Klägerin hat am 17.10.1995 die vorliegende Klage erhoben.
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Sie macht geltend, ihr stehe ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der
Pflichten aus einem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis zu. Nach den
Einleitungsbedingungen des B. dürften dessen Kläranlagen nur unschädliche Abwässer
zugeführt werden. Insbesondere dürfte Abwasser nicht eingeleitet werden, bei dem der
Quecksilbergehalt einen Wert von 0,03 mg/l übersteige. Nach der
Entwässerungssatzung der Klägerin vom 12.08.1981 dürften schädliche und giftige
Abwässer, insbesondere solche, die Quecksilber [...] in vermeidbarer Konzentration
enthalten und solche, die [...] den Betrieb der Entwässerungs- und
Abwasserreinigungsanlagen stören oder erschweren könnten, nicht in die Kanalisation
eingeleitet werden. Auch hier sei der Grenzwert von 0,03 mg/l für Quecksilber geregelt.
Eine vergleichbare Regelung finde sich auch in der zum 01.01.1994 in Kraft getretenen
neuen Entwässerungssatzung vom 14.12.1993. In- dem der Beklagte Amalgam habe in
die Kanalisation gelangen lassen, und zwar in Form eines punktuellen
Eintragungsereignisses, habe er die Vorgaben der Entwässerungssatzung und damit
die Pflichten aus dem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis verletzt. Die Klägerin
sei infolge der Pflichtverletzung einem Anspruch des B. in Höhe von 175.788,77 DM
ausgesetzt und habe überdies Gutachterkosten in Höhe von 9.899,20 DM aufgewendet.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 185.687,97 DM nebst 4 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu bezahlen,
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hilfsweise,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 9.899,20 DM nebst 4% Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen und sie von dem mit Schreiben vom 18.09.1995 geltend
gemachten Schadensersatzanspruch des B. in Höhe von 175.788,77 DM nebst 4%
Zinsen seit Rechtshängigkeit freizustellen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, der geltend gemachte Schaden sei nicht der Klägerin sondern dem B.
entstanden. Der Beklagte habe im August 1992 zwei Amalgamabscheider in der Praxis
installiert. Dies sei aus eigener Initiative und ohne rechtliche Verpflich- tung geschehen.
Erst die neue Entwässerungssatzung von Dezember 1993 lege fest, welche
Quecksilbermengen maximal eingeleitet werden dürften. Die seit Inbetriebnahme der
Amalgamabscheider durch den Beklagten gesammelten Amalgamschlamm-Mengen
entsprächen denen vergleichbarer Zahnarztpraxen. Da die Sielhautuntersuchungen der
Klägerin auch an anderen Stellen des Kanalnetzes erhöhte Quecksilberwerte ergeben
hätten, sei davon auszugehen, dass auch an anderen Stellen des Kanalnetzes
Quecksilbereinleitungen erfolgt seien.
19
Der Beklagte hat ein ergänzendes Gutachten der H. mbH ( ) vom 14.02.1996 vorgelegt.
Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, die Schlussfolgerung, die Faulschlämme der
Kläranlage M. und C. seien für die Kontamination des Faulturmes nicht verantwortlich,
sei nicht schlüssig, da es insoweit an hinreichenden Rohschlammproben fehle. Da die
Sielhautuntersuchungen auch an Stellen des Kanalnetzes, die mit der Praxis des
Beklagten in keinem Zusammenhang stünden, erhöhte Quecksilbergehalte festge- stellt
hätten, sei davon auszugehen, dass auch an anderen Stellen des Kanalnetzes
Quecksilbereinleitungen erfolgt seien. Der Hausanschluss in dem Haus T. Str. 00 sei
seit 1984 nicht gereinigt worden. Es sei daher möglich, dass sich Amalgam hier
abgelagert habe und durch äußere Einflüsse in den Kanal gelangt sei. Die Summe der
durch die Entsorgungsnachweise belegten Amalgammenge sei plausibel. Das der
Beklagte den Quecksilbergrenzwert der Ortssatzung überschreite, sei nicht zu
verhindern. Auch bei ordnungsgemäßem Betrieb des Amalgamabscheiders und einem
Wirkungsgrad von 98,6 % gelangten 0,84 m/l Quecksilber in den Kanal.
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Die Klägerin hat einen Nachtrag vom 14.06.1996 zu dem Gutachten von Frau Dr. H.
vorgelegt. Die Gutachterin hält im wesentlichen an ihren Schlussfolgerungen fest. Auch
sie ist der Ansicht, dass der Quecksilber-Grenzwert der Entwässerungssatzung von 0,03
mg/l selbst bei ordnungsgemäß betriebenem Abscheider nicht einhaltbar ist.
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Die Klägerin hat darüber hinaus eine Vereinbarung zwischen dem B. und ihr vom
17.06.1996 vorgelegt. Darin tritt der B. ihr seine Schadensersatzansprüche gegen den
Beklagten ab.
22
Das Gericht hat mit Beschluss vom 20.12.1996 den Verwaltungsrechtsweg für zulässig
erklärt. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung ist durch das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom
18.02.1997 zurückgewiesen worden.
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Mit Schriftsatz vom 19.12.2000 hat der Beklagte vorgetragen, er habe den
Amalgamschlamm zunächst gesammelt, um ihn später en bloc zu entsorgen. Er könne
sich nicht erklären, warum im Februar und im März 1994 jeweils kleinere Mengen
Amalgamschlamm entsorgt worden seien. Der Fühler, der den Füllstand des
Amalgamabscheiders überwache, schlage mal bei mehr, mal bei weniger Inhalt an. Er
könne nicht erklären, wieviele Behälter er hinzugekauft oder -geliehen habe.
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Mit Schriftsatz vom 23.01.2001 hat der Beklagte erklärt, er habe während der Zeit, in
welcher der Abscheider defekt gewesen sei, den Amalgamschlamm in einem Eimer
gesammelt. Auch sammele er größere Stücke Amalgam zunächst separat, um sie später
in den Auffangbehälter umzufüllen. In dem Einzugsbereich der Kläranlage V. habe 1994
noch ein Unternehmen existiert, das mit Kopierern gehandelt habe; auch hierbei falle
Quecksilber an.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
26
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die
Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 9.899,20 DM nebst
4% Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie auf Freistellung von der
Schadensersatzforderung des B. in Höhe von 175.788,77 DM.
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Dieser Anspruch ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus der Entwässerungssatzung
der Klägerin. Für den vorliegenden Fall ist, da die Ursache für die bereits mit der Probe
vom 20.12.1993 festgestellte Kontamination des Klärschlamms vor dem Inkrafttreten der
neuen Satzung zum 01.01.1994 gesetzt worden ist, die Entwässerungssatzung vom
12.08.1981 in der Fassung des III. Nachtrages vom 19.12.1986 - EntwS a.F. -
maßgeblich. Zwar hat nach § 4 Abs. 9 der EntwS a.F. derjenige, der unter
Nichtbeachtung der Einleitungsbedingungen besondere Kosten bei der Abwasser- und
Schlammbehandlung verursacht, der Gemeinde die entsprechenden Mehrkosten zu
erstatten. Für die Normierung einer derartigen verschuldensunabhängigen Haftung des
Anschlussnehmers in der Satzung fehlt es jedoch an der wegen des damit verbundenen
weitreichenden Eingriffs in die Vermögensrechte des Benutzers erforderlichen
gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die in § 9 GO enthaltene Ermächtigung zur
Regelung des Anschluss- und Benutzungsrechts gibt für eine derartige Haftung nichts
her,
29
vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 01.03.1995 - 8 V 36/92 -, NJW 1995, 2303;
Oberverwaltungsgericht NW, Beschl. v. 16.06.1994 - 22 B 867/94 -; Urt. v. 23.05.1997 -
22 A 302/96 -, NVwZ 1998, 1212.
30
Der Anspruch ergibt sich jedoch aus den Grundsätzen der Haftung wegen positiver
Forderungsverletzung des zwischen den Beteiligten bestehenden öffentlich- rechtlichen
Kanalbenutzungsverhältnisses.
31
Zwischen den Parteien bestand im Jahre 1993 ein öffentlich-rechtliches
Kanalbenutzungsverhältnis. Ein Kanalbenutzungsverhältnis besteht zwischen der
Gemeinde und denjenigen Personen, die als Benutzer des Kanals der
Entwässerungssatzung unterworfen sind. Zwar ist der Beklagte erst am 22.07.1994
Eigentümer des Grundstücks T. Straße 00 geworden, so dass er zum fraglichen
Zeitpunkt nicht als Grundstückseigentümer gemäß §§ 2 Abs. 1, 17 Abs. 1 EntwS a.F. der
Satzung unterworfen war. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EntwS a.F. gelten die aus der
Satzung erwachsenden Pflichten jedoch auch für Inhaber eines auf dem Grundstück
befindlichen Betriebes. Einen "Betrieb" im Sinne dieser Vorschrift stellt jede auf Dauer
angelegte und zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübte Tätigkeit dar. Eine
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Beschränkung etwa auf gewerbliche Betriebe ist dem Wortlaut der Satzung nicht zu
entnehmen, und sie entspräche auch nicht dem Normzweck, der darauf abzielt, jede
Tätigkeit, die für die Benutzung des Kanals bedeutsam ist, zu erfassen, ohne dass ein
Grund ersichtlich wäre, warum freie Berufe insoweit ausgenommen bleiben sollten.
Nach alledem ist der Beklagte als Inhaber eines Betriebes im Bereich der
Entwässerungssatzung Partei des Kanalbenutzungsverhältnisses.
Auf das Kanalbenutzungsverhältnis finden die bürgerlich-rechtlichen
Vertragshaftungsnormen als Ausdruck allgemein gültiger Rechtsprinzipien Anwendung;
es kann daher auch Grundlage eines Schadensersatzanspruches sein,
33
vgl. Oberverwaltungsgericht NW, Urt. v. 23.03.1997 - 22 A 302/96 -, NVwZ 1998, 1212 ff.
mit weiteren Nachweisen.
34
Das Kanalbenutzungsverhältnis verpflichtet die hieran Beteiligten, alle aus ihrer Sphäre
herrührenden Störungen, durch die Rechtsgüter des jeweils anderen gefährdet oder
geschädigt werden können, zu unterlassen. So hat der Benutzer insbesondere die zum
Schutz der öffentlichen Einrichtung erlassenen Benutzungsregelungen einzuhalten und
Handlungen zu unterlassen, die ihren Be- trieb bedrohen,
35
vgl. Oberverwaltungsgericht NW a.a.O.
36
Vorliegend hat der Beklagte nach Überzeugung des Gerichts gegen die
Benutzungsregelungen der Klägerin für ihre Entwässerungseinrichtungen verstoßen.
37
Ein solcher Verstoß liegt allerdings nicht darin, dass die Abwässer des Beklagten den in
§ 4 Abs. 3 EntwS a.F. festgelegten Einleitungsgrenzwert für Quecksilbereinleitungen
von 0,03 mg/l überschritten haben. Dieser Grenzwert kann jedenfalls auf Abwasser aus
Zahnarztpraxen nicht angewandt werden, weil er insoweit unverhältnismäßig ist. Dies
ergibt sich bereits aus einem Vergleich mit den wasserrechtlichen Regelungen für
entsprechende Einleitungen. § 59 Abs. 1 S. 1 Landeswassergesetz NW statuiert in
Verbindung mit der Indirekteinleiterverordnung vom 25.09.1989 (GVBl. S. 564) eine
Genehmigungspflicht für die Einleitung von Abwasser mit gefährlichen Stoffen. Die zur
Ausführung dieser Vorschriften erlassene Verwaltungsvorschrift über die Genehmigung
von Abwassereinleitungen aus Zahnarztpraxen in öffentliche Abwasseranlagen vom
05.03.1990 (MBl. NW S. 400) bestimmt, dass die Amalgamfracht des Rohwassers aus
den Behandlungsplätzen vor der Vermischung mit sonstigem Schmutzwasser um 95%
zu verringern ist. Diese Regelung soll, wie aus § 59 Abs. 2 Satz 1 Landeswassergesetz
NW zu ersehen ist, den Stand der Technik widerspiegeln. Eine kommunale
Satzungsregelung, deren Grenzwert um ein Vielfaches strenger ist, geht somit weit über
das nach dem Stand der Technik Machbare hinaus und ist unverhältnismäßig,
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vgl. zu dieser Problematik Lübbe-Wolff, Wasserrecht und kommunale
Entwässerungsatzung, NVwZ 1989, 205, 210.
39
Nach Auffassung beider Gutachter kann bei einem Amalgamabscheider mit einem
Wirkungsgrad von 95% der Grenzwert von 0,03 mg/l Hg bei weitem nicht eingehalten
werden. Der Grenzwert ist daher außer Betracht zu lassen.
40
Neben der Grenzwertregelung enthält die EntwS a.F. indes noch weitere
Benutzungsregelungen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EntwS a.F. dürfen u.a. Abwässer, durch
41
die die Klärschlammbehandlung, -beseitigung und -verwertung beeinträchtigt werden
kann, nicht in die Abwasseranlagen eingeleitet werden. Nach § 4 Abs. 2 lit. c EntwS a.F.
dürfen insbesondere nicht in das Abwassernetz eingeleitet werden: schädliche oder
giftige Abwässer, insbesondere solche, die Quecksilber in vermeidbarer Konzentration
enthalten. Gegen die Wirksamkeit dieser Regelungen bestehen auch unter
Berücksichtigung der genannten wasserrechtlichen Regelungen keine Bedenken.
Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzung beider Regelwerke (Schutz der Gewässer
einerseits/Schutz der gemeindlichen Einrichtung andererseits) ist der gemeindliche
Satzungsgeber nicht gehindert, neben den durch die Indirekteinleiterverordnung
geregelten Vorgaben seinerseits weitere Einleitungsbe- dingungen zu regeln,
vgl. Lübbe-Wolff, NVwZ 1989, 205, 209.
42
Gegen die vorgenannten Regelungen hat der Beklagte nach Überzeugung des Gerichts
verstoßen, indem er eine vermeidbare Menge quecksilberhaltigen Abwassers in Form
eines punktuellen Eintragungsereignisses in den Kanal hat gelangen lassen.
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Dass aus der Praxis des Beklagten quecksilberhaltiges Abwasser in den gemeindlichen
Kanal gelangt ist, hält die Kammer für erwiesen. Die im Januar und Februar 1994
durchgeführten Sielhautuntersuchungen ergeben einen kontinuierlichen Anstieg der
Quecksilberkonzentration in der Sielhaut von der Kläranlage V. zu dem Hausanschluss
T. Straße 00. Der Unterschied zwi- schen der Quecksilberbelastung der Sielhaut
oberhalb (1,5 mg/kg TS) und der Belastung unterhalb dieses Hausanschlusses (1100 -
2500 mg/kg TS) lässt keinen Zweifel daran, dass hier ein Quecksilbereintrag
stattgefunden hat.
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Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass die Quecksilberbelastung der Sielhaut im
Kanal T. Straße nicht Folge eines kontinuierlichen Eintrags von Quecksilber, sondern
Folge eines punktuellen Eintragungsereignisses gewesen ist.
45
Gegen einen kontinuierlichen Eintrag, der die Kontamination des Klärschlamms
sukzessive bewirkt hat, in der Zeit zwischen dem Einbau des Amalgamabscheiders und
dem Schadenseintritt spricht schon die Tatsache, dass die Sielhautbelastung des
Kanals sich in einer Größenordnung bewegt, wie sie sonst bei Zahnarztpraxen ohne
Amalgamabscheider vorzufinden ist. Dies belegt der Vergleich mit der Praxis Dr. W. in
P. , aber auch der Vergleich mit den von der Gutachterin Frau Dr. H. in Süddeutschland
bzw. der Schweiz untersuchten Praxen. Gegen einen solchen kontinuierlichen Eintrag
trotz Amalgamabscheiders spricht aber vor allem, dass die Quecksilberbelastung der
Sielhaut in dem Kanal T. Straße von 1100- 2500 mg/kg TS im Februar 1994 auf 1200
mg/kg TS im April 1994 und sodann auf 350 mg/kg TS im Juni 1995 zurückgegangen
ist. Auch in der Kläranlage V. sind weder vor, noch nach der Phase Ende 1993/Anfang
1994 jemals auffällige Quecksilberwerte festgestellt worden, obwohl der Faulschlamm
regelmäßig, ab August 1993 sogar in monatlichen Abständen beprobt worden ist.
Angesichts dieser Entwicklung ist die Annahme eines punktuellen
Eintragungsereignisses Ende 1993 plausibel. Dass er in der genannten Zeitspanne
etwas an seiner Praxiseinrichtung oder den Betriebsabläufen geändert hätte, das den
Rückgang erklären könnte, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Gegen einen
kontinuierlichen Eintrag trotz einge- bauten Amalgamabscheiders spricht schließlich,
dass nach der Beprobung des Kanals T. Straße an den Rädern des Kamerawagens
eine Belastung von 10000 mg/kg TS nachzuweisen war. Das deutet - wie beide
Gutachter ausgeführt haben - auf quecksilberhaltige Sedimentablagerungen hin. Das
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Quecksilber, welches durch den Abscheider nicht abgefangen wird und dessen nicht
ganz bei 100% liegenden Wirkungsgrad verursacht, ist jedoch im wesentlichen gelöstes
Quecksilber, welches nicht als Sedimentablagerung auf dem Boden des Kanals ausfällt.
Dass die Belastung der Sielhaut in der T. Straße das Ergebnis eines kontinuierlichen
Eintrags in der Zeit vor dem Einbau des Amalgamabscheiders ist, ist nach Auffassung
der Kammer ebenfalls ausgeschlossen. Dagegen spricht, dass der Kanal T. Straße im
November 1992, also nach Einbau des Abscheiders gespült worden ist. Bei einer
derartigen Spülung wird die Sielhaut vollständig entfernt. Sielhaut aus der Zeit vor
November 1992 war demnach im Kanal nicht mehr vorhanden. Zudem wäre auch hier
weder der starke Rückgang der Sielhautbelastung zwischen Februar 1994 und Juni
1995 erklärbar, noch die Tatsache, dass es weder vor, noch nach dem in Rede
stehenden Schadensfall zu größeren Quecksilbereinträgen in die Kläranlage V.
gekommen ist. Gerade zwischen August und Dezember 1993 ist trotz monatlicher
Proben keine erhöhte Quecksilberbelastung des Faulschlamms festgestellt worden. Bei
dem punktuellen Ereignis, das demnach die Kontamination der Sielhaut in der T. Straße
hervorgerufen hat, handelt es sich nach der Überzeugung der Kammer nicht um ein
plötzliches Lösen von Altablagerungen, die sich im Hausanschluss des Hauses T.
Straße 00 festgesetzt hatten. Die Parteigutachterin Frau Dr. H. hat nachvollziehbar
geschildert, dass sich derartige Altablagerungen zementartig in der Hausinstallation
festsetzen und nur mit besonderen Anstrengungen gelöst werden können. Insoweit sind
die Altablagerungen in der Leitung von anderer Konsistenz als die bei einem
punktuellen Einleitungsereignis vorübergehend in den Leitungsrohren verbleibenden
Reste, die ohne weiteres ausgespült werden können. Dies erklärt, warum die
Quecksilberbelastung im Kanal T. Straße trotz der Kanal- spülung im Frühjahr 1994 nur
allmählich wieder zurückging. Offenbar hatten sich nach dem punktuellen
Eintragungsereignis lockere Rückstände im Hausanschluss angesammelt, die in der
Folgezeit ausgespült wurden. Die Ereignisse, die der Beklagte als mögliche Ursachen
für ein Ablösen von Altablagerungen in der Hausinstallation anführt, wie
Erschütterungen durch vorbeifahrende LKW oder Sprengungen im Steinbruch, hätten
dies nicht bewirken können, ohne zugleich Rohrbrüche in der Gegend hervorzurufen.
Vor allem aber handelt es sich bei diesen Ereignissen nicht um solche, die allein in der
fraglichen Zeit Ende 1993 aufgetreten sind. Warum sich die Altrückstände gerade in
dieser Zeit in der Hausinstallation gelöst haben sollten, ist nicht erklärlich. Dass in der
fraglichen Zeit ein besonderes Ereignis stattgefunden hat, etwa eine Rohrspülung im
Haus T. Straße 00, ist nicht ersichtlich.
47
Steht somit für die Kammer fest, dass die Kontamination der Sielhaut im Kanal T. Straße
durch ein punktuelles Ereignis in der Praxis des Beklagten hervorgerufen worden ist, so
stellt sich die Frage, ob eine Pflichtverletzung des Beklagten vorliegt und der Beklagte
diese zu vertreten hat. Beides ist nach Auffassung der Kammer der Fall. Dass es sich
um einen Eintrag von Dentalamalgam handelt, steht außer Zweifel. Dafür spricht nicht
nur die Tatsache, dass das Verhältnis von Quecksilber und Silber in dem kontaminierten
Faulschlamm der Kläranlage V. in etwa demjenigen des Dentalamalgams entspricht,
sondern vor allem die Tatsache, dass eine andere Erklärung für den massiven
Quecksilbereintrag aus der Praxis des Beklagten nicht denkbar ist. Allerdings konnte
nicht aufgeklärt werden, auf welche Weise das Amalgam in den Kanal gelangt ist. Hier
sind verschiedene Erklärungen denkbar. Denkbar wäre ein bewusster Eintrag des
Amalgamschlamms in den Kanal. Insoweit ist allerdings festzustellen, dass sich dafür
kein Motiv erkennen lässt, zumal die Entsorgung des Amalgamschlamms für den
Beklagten kaum mit Kosten verbunden ist. Denkbar ist aber, dass der Amalgamschlamm
48
versehentlich in den Kanal geraten ist. Der ursprüngliche Vortrag, dass der
Amalgamabscheiderbehälter nach Entfernung aus dem Gerät fest verschlossen und
durch den Anwender nicht mehr zu öffnen ist, wird von dem Beklagten offenbar nicht
mehr aufrecht erhalten, nachdem er inzwischen vorgetragen hat, dass er eine Zeit lang
das Amalgam in einem Eimer gesammelt und später in den N. -Behälter umgefüllt hat.
Gerade dieses Vorgehen birgt mannigfaltige Mög- lichkeiten, wie das Amalgam in den
Kanal gelangen konnte. Dass der Eimer oder ein Abscheiderbehälter umgefallen, etwa
durch das Praxispersonal umgestoßen worden ist und der Inhalt sodann aufgenommen
und in die Kanalisation entsorgt worden ist, z.B. durch Reinigungspersonal, das über
den Inhalt der Behälter nicht informiert war, ist insoweit vorstellbar. Bei einem solchen
Verlauf müsste der Beklagte sich das Verhalten seiner Mitarbeiter zurechnen lassen, §
278 BGB. Dass der konkrete Geschehensablauf letztlich nicht aufgeklärt werden kann,
wirkt sich vorliegend zulasten des Beklagten aus. Bei einer Schadensursache im
Verantwortungsbereich des potenziellen Schadensersatzschuldners obliegt es nämlich
diesem, darzulegen und zu beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten
hat,
ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. Palandt- Heinrichs, BGB,
Kommentar, 58. Aufl. 1999, § 282 Rn. 8 mit weiteren Nachweisen.
49
Auch für den Verwaltungsprozess gilt insoweit nichts anderes, wenn sich der
Sachverhalt - wie vorliegend - nicht weiter aufklären lässt.
50
Der Beklagte hat sich im wesentlichen darauf berufen, er habe bereits im August 1992
einen Amalgamabscheider installiert, ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein. Diese
Rechtsansicht ist unzutreffend, da der Beklagte bereits im Jahre 1990 eine
Einleitungsgenehmigung nach der Indirekteinleiterverordnung hätte beantragen müssen
und diese ihm nur bei Betrieb oder Bestellung eines Amalgamabscheiders erteilt
worden wäre. Diese Umstände mussten dem Beklagten auch bekannt sein, nachdem in
den Mitteilungen seiner Kammer, dem Rheinischen Zahnärzteblatt, wiederholt und
eindringlich auf das Erfordernis der Genehmigung und des Ab- scheiders hingewiesen
worden war (z.B. Ausgabe 12/1990, S. 11). Die Frage, ob der Beklagte den Abscheider
freiwillig eingebaut hat oder nicht, ist aber letztlich irrelevant. Der Einbau des
Abscheiders allein ist nämlich nicht geeignet, die Möglichkeit einer schuldhaften
Pflichtverletzung auszuschließen, weil - wie oben gesehen - Möglichkeiten denkbar
sind, wie der abgeschiedene Amalgamschlamm in die Kanalisation gelangt ist. Insoweit
hat der Beklagte mehrere Entsorgungsnachweise der Firma N. vorgelegt. Hinsichtlich
dieser Nachweise sind aber trotz intensiver Aufklärungsbemühungen der Kammer
etliche Fragen offen geblieben. Insbesondere lässt sich vor dem Hintergrund des
Vortrags des Beklagten, er habe den abgeschiedenen Amalgamschlamm zunächst
gesammelt, um ihn später en bloc zu entsorgen, nicht erklären, warum der Beklagte im
Februar und März 1994 minimale Mengen und erst im April 1994 größere Mengen
Amalgamschlamm entsorgt hat. Die Vermutung des Klägers, der Fühler des
Abscheiderbehälters schlage offensichtlich manchmal bereits bei einem geringen
Füllstand des Behälters an, erklärt nicht die geringe entsorgte Menge. Wenn der
Beklagte nämlich - wie von ihm vorgetragen - während der Reparaturphasen Amalgam
in einem Eimer gesammelt hat, um ihn später in den Abscheiderbehälter umzufüllen, so
hätte es nahe gelegen, die im Februar und März 1994 entsorgten fast leeren Behälter
mit Amalgamschlamm aus diesem Eimer aufzufüllen. Hinsichtlich des Eimers muss sich
der Beklagte auch fragen lassen, warum er dessen Existenz erst mit Schriftsatz vom
23.01.2001 offenbart hat. Auch die von dem Beklagten selbst vorgelegten
51
Geräteunterlagen zu den beiden von ihm betriebenen Abscheidern sind nicht geeignet,
den Vortrag einer ordnungsgemäßen Entsorgung lückenlos zu belegen. Hinsichtlich des
einen Abscheiders ist auf der Seite "Dokumentation von Austausch und Versand der
Sammelbehälter" nur ein einziger Austausch eingetragen, nämlich ein
Behälteraustausch am 06.02.1994. Diese Eintragung ist zudem nicht unterschrieben.
Hinsichtlich des zweiten Gerätes ist die entsprechende Seite gar nicht vorgelegt
worden. Angesichts des Vortrags des Beklagten, er habe den von August 1992 bis zum
Frühjahr 1994 angefallenen Amalgamschlamm zunächst aufbewahrt und des Vortrags,
manchmal habe der Abscheider den Behälter schon bei geringem Füllstand als "voll"
angesehen, hätte der Beklagte im übrigen über eine größere Zahl von
Abscheiderbehältern verfügen müssen. Der Vortrag, während der Reparaturzeiten habe
er den Amalgamschlamm in einem Eimer gesammelt, ändert an dieser Tatsache nichts,
da sich die Reparaturzeiten ausweislich der Ge- rätedokumente auf wenige Wochen im
Dezember 1992 und im Herbst 1993 beschränkten und der Amalgamschlamm
schließlich auch in die Metasysbehälter umgefüllt wurde. Auf die Frage des Gerichts mit
Schreiben vom 30.11.2000, wieviele Behälter er seinerzeit hinzugekauft oder -geliehen
habe, hat der Beklagte erklärt, sich nicht erinnern zu können. Nach alledem hat der
Beklagte den ihm obliegenden Nachweis, dass der festgestellte Quecksilbereintrag aus
seiner Praxis nicht durch eine schuldhafte Pflichtverletzung hervorgerufen worden ist,
nicht erbracht. Da sich die vorgenannten Fragen allein auf die Praxisorganisation und
das Verhalten des Beklagten beziehen, bestand für das Gericht insoweit keine
Veranlassung, dem Parteigutachter des Beklagten noch einmal Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben.
Die festgestellte Pflichtverletzung war nach Überzeugung der Kammer auch ursächlich
für die Kontamination des Faulschlamms in der Kläranlage V. . Die hohe Belastung der
Sielhaut in dem Kanal T. Straße fällt zeitlich genau mit dem Auftreten der
Quecksilberkontamination des Faulschlamms zusammen. Allerdings ist nicht
auszuschließen, dass es neben dem Beklagten noch andere Einleiter von
quecksilberhaltigem Abwasser im Einzugsbereich der Kläranlagen V. , C. und M.
gegeben hat. Auch die Parteigutachterin der Klägerin hat insoweit ausgeführt, es habe
bei den Sielhautuntersuchungen einige auffällige Quecksilberwerte gegeben, die nicht
mit der Praxis des Beklagten zusammenhängen könnten. Indes stünde die Existenz
weiterer Einleiter dem Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten nicht entgegen.
Der Schaden, den die Klägerin aufgrund des kontaminierten Klärschlamms erlitten hat,
lässt sich nicht aufteilen, da nach Überschreiten des Grenzwertes der
Klärschlammverordnung der gesamte Klärschlamm deponiert werden musste. Mehrere
Verursacher desselben Schadens haften nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner,
d.h. der Geschädigte kann gegen jeden von ihnen den vollen Schadensersatzanspruch
geltend machen. Der Rechtsgedanke des § 840 Abs. 1 BGB findet auch bei anderen als
deliktischen Schadensersatzansprüchen Anwendung, weil der dahinterstehende
Rechtsgedanke, dass eine Unsicherheit über die Verursachungsbeiträge mehrerer
Schädiger nicht dem Geschädigten zur Last fallen soll, für jeden
Schadensersatzanspruch zutrifft,
52
vgl. Soergel-Stein, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, § 421 Rn. 43; Palandt-
Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, § 421 Rn. 9.
53
Dafür, dass es eine andere Quelle gegeben haben könnte, die alleine, also anstelle des
Beklagten für die Kontamination des Klärschlamms verantwortlich gewesen wäre,
bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht insbesondere, dass die
54
Quecksilberwerte hinsichtlich des Rohschlamms der Kläranlage V. um ein Fünf- bis
Zehnfaches höher waren als die der beiden anderen Kläranlagen und dass die
Quecksilberwerte in der Sielhaut des Kanals T. Straße um ein Vielfaches höher waren
als diejenigen aller anderen Messstellen im Zulauf der Kläranlage V. - einschließlich der
von beiden Gutachtern noch als auffällig bezeichneten Stellen. Indiz dafür, dass der
Beklagte jedenfalls zu einem erheblichen Teil zu der Kontamination des Faulschlamms
beigetragen hat, ist auch die Tatsache, dass das Quecksilber/Silber-Verhältnis des
Faulschlamms in etwa demjenigen des Dentalamalgams entsprach und der Beklagte
der einzige ortsansässige Zahnarzt ist.
Die Gemeinde muss sich auch nicht einen eigenen Verursachungsbeitrag als
Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB anrechnen lassen. Insoweit kämen nämlich
allenfalls die Kanalspülungen in Betracht, welche die Gemeinde im fraglichen Zeitraum
in anderen Bereichen des Kanalnetzes als der T. Straße hat durchfüh- ren lassen. Nach
Auffassung der Kammer haben diese Kanalspülungen nicht zu der Kontamination des
Faulschlamms beigetragen. Dies ergibt sich daraus, dass trotz regelmäßig
durchgeführter Kanalspülungen niemals eine nennenswerte Erhöhung der
Quecksilberbelastung des Faulschlamms aufgetreten ist. Warum gerade bei den
Kanalspülungen im Winter 1993/1994 eine Quecksilberkontamination Folge der
Kanalspülungen gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Im übrigen kommt auch hier
wieder hinzu, dass das Verhältnis Quecksilber/Silber in dem kontaminierten
Faulschlamm in etwa demjenigen des Dentalamalgams entsprach, der Beklagte aber
der einzige Zahnarzt im Einzugsbereich ist.
55
Der Klägerin ist infolge der festgestellten Pflichtverletzung ein Schaden in Höhe von
9.899,20 DM entstanden, da sie diesen Betrag für das Gutachten der Frau Dr. H. bezahlt
hat. Hinsichtlich dieser Forderung hat die Klägerin auch einen An- spruch auf Zahlung
von Prozesszinsen in Höhe von 4% nach §§ 288, 291 BGB.
56
Der darüber hinaus von der Klägerin geltend gemachte Schaden von 175.788,77 DM ist
nicht ihr, sondern dem B. entstanden, der die erforderlichen Analysen durchgeführt und
den Faulschlamm über den Bergischen Abfallwirtschaftsverband entsorgt hat. Diesen
Schaden des B. kann die Klägerin auch nicht nach den Grundsätzen der
Drittschadensliquidation geltend machen. Das Institut der Drittschadensliquidation ist
als Ausnahme von der Regel, dass der Gläubiger nur seinen eigenen Schaden geltend
machen kann, eng auszulegen. Es wird ausschließlich in solchen Fallgruppen
angewandt, in denen der Geschädigte selbst keinen Anspruch hat, so dass er ohne die
Drittschadensliquidation auf seinem Schaden sitzen bliebe,
57
vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, Kommentar, 58. Aufl. 1999, Vorbem. § 249 Rn. 112 ff.
m.w.N.
58
Vorliegend gelten jedoch zugunsten des geschädigten B. die Einleitungsbedingungen
für Abwasser und Schlamm in die Kläranlagen des B. vom 01.07.1986 - EB -. Nach Ziff.
1.1 der EB dürfen Mitglieder des Verbandes den Kläranlagen kein schädliches
Abwasser zuführen. Als schädlich gilt Abwasser u.a., wenn die Klärschlammbeseitigung
durch Verwendung im Landbau verhindert oder erheblich erschwert wird (Ziff. 1.1 Satz 2
EB). Ein dieser Regelung zuwiderhandelndes Mitglied ist dem Verband gemäß Ziff.
1.3.1 EB zum Ersatz der hierdurch bedingten Mehrkosten verpflichtet. Dies bezieht sich
ausdrücklich auch auf zusätzliche Kosten durch eine weitergehende
Schlammbehandlung (Ziff. 1.3.1 Satz 2 EB). Entsprechend den vorgenannten
59
Bedingungen hat der B. sich wegen seines Schadens zu Recht an sein Mitglied, die
Klägerin, gewandt (Schreiben vom 18.09.1995). Hat der B. somit einen eigenen
Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin, so kommt eine Anwendung der
Grundsätze über die Drittschadensliquidation nicht in Betracht. Die Klägerin kann
vielmehr nur ihren eigenen Schaden geltend machen, der darin besteht, dass sie einem
Anspruch des B. in Höhe von 175.788,77 DM ausgesetzt ist. Der Beklagte hat sie von
die- sem Anspruch freizustellen.
Ein Anspruch auf Zinsen hinsichtlich der 175.788,77 DM steht der Klägerin hingegen
nicht zu. Ein originär bei der Klägerin entstandener Anspruch auf Prozesszinsen liegt
schon deshalb nicht vor, weil es sich - wie vorstehend ausgeführt - um einen
Freistellungsanspruch, nicht aber um einen Zahlungsanspruch handelt, der allein das
Entstehen von Prozesszinsen auslöst. Einen Anspruch auf Zinsen hätte die Klägerin
folglich nur dann, wenn sie ihrerseits einem Zinsanspruch des B. ausgesetzt wäre; auch
von diesem Zinsanspruch hätte der Beklagte sie dann freizustellen. Ein Zinsanspruch
gegenüber der Klägerin steht dem B. indes nicht zu. Der B. hat die Klägerin zwar mit
Schreiben vom 18.09.1995 aufgefordert, 175.788,77 DM zu zahlen. Er hat der Klägerin
aber insoweit keine Frist zur Zahlung gesetzt. Auch eine Mahnung ist nicht ersichtlich,
so dass die Klägerin dem B. gegenüber nicht im Zahlungsverzug ist. Der Verband wollte
die Klägerin offensichtlich gerade nicht unter Druck setzen, sondern den Ausgang des
vorliegenden Rechtsstreits abwarten. Soweit die Klägerin in der mündlichen
Verhandlung vorgetragen hat, zwischen dem B. und der Klägerin sei vereinbart worden,
dass die Klägerin an den Verband 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zahlt, vermag die
Kammer dem nicht zu folgen. Aus der Abtretungsvereinbarung ergibt sich unzweifelhaft,
dass der B. und die Klägerin davon ausgingen, dass die Klägerin den Schaden des B.
im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen kann. Eine Inanspruchnahme der
Klägerin durch den B. stand zwischen beiden also niemals zur Debatte, so dass auch
eine Zahlung von Zinsen durch die Klägerin an den Verband nicht im Raum stand.
Dieser Umstand muss dem Beklagten, der ausschließlich die Pflicht hat, die Klägerin
von dem Anspruch des B. freizustellen, zugute kommen. Die Klägerin kann im Wege der
Freistellung nicht mehr verlangen, als sie selbst an den B. zahlen müsste.
60
Neben dem Anspruch aus positiver Forderungsverletzung in Verbindung mit dem
Kanalbenutzungsverhältnis steht der Klägerin auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB
in Verbindung mit der EntwS a.F. zu, da diese als Schutzgesetz im Sinne von § 823
Abs. 2 BGB anzusehen ist. Auch insoweit geht der Anspruch aber nicht über den
vorstehend beschrieben Schaden der Klägerin hinaus.
61
Ein Zahlungsanspruch in Höhe der mit dem Hauptantrag geltend gemachten Forderung
stünde der Klägerin allerdings zu, wenn sie eine Forderung aus abgetretenem Recht
des B. geltend machen könnte, wie von ihr hilfsweise vorgebracht. Ein Anspruch des B.
gegen den Beklagten, den der B. der Klägerin hätte abtreten können, ist indes nicht
ersichtlich. Ziff. 1.3.1 der Einleitungsbedingungen für Abwasser und Schlamm in die
Kläranlagen des B. räumt dem B. zwar einen Anspruch wegen der Einleitung
schädlicher Abwässer ein. Dieser Anspruch richtet sich jedoch nur gegen die Mitglie-
der des B. als unmittelbare Einleiter, da nur diese den Einleitungsbedingungen
unterworfen sind. Aus demselben Grunde scheidet auch ein Anspruch aus positiver
Forderungsverletzung in Verbindung mit dem "Kläranlagenbenutzungsverhältnis" aus.
Partei eines solchen Benutzungsverhält- nisses ist allein die Klägerin, nicht aber der
Beklagte. Auch ein Anspruch des B. gegen den Beklagten aus dem oben
angenommenen Kanalbenut- zungsverhältnis in Verbindung mit den Grundsätzen über
62
den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter scheidet aus. Auch dieses
zivilrechtliche Institut findet nämlich nur ausnahmsweise Anwendung, und zwar dann,
wenn der Ge- schädigte schutzbedürftig ist. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall,
wenn der Geschädigte einen eigenen Anspruch gegen den Gläubiger des in Rede
stehenden Vertragsverhältnisses hat,
vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 02.07.1996 - X ZR 104/94 -, BGHZ 133, 168 ff.
63
Da der B. vorliegend einen Anspruch gegen die Klägerin hat, bedarf es der Erstreckung
der Schutzwirkung des Kanalbenutzungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem
Beklagten auf den B. als "Dritten" nicht.
64
Schließlich kommt auch ein deliktischer Anspruch des B. , den dieser hätte abtreten
können, nicht in Betracht. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB liegt nicht vor, weil
keines der in der Vorschrift genannten Rechtsgüter verletzt ist. Insbesondere ist eine
Eigentumsverletzung nicht ersichtlich, weil die Anlagen des B. nicht beschädigt worden
sind und der Klärschlamm selbst bereits kontaminiert entstanden ist, also nicht
"beschädigt" werden konnte. Denkbar wäre ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m
der Indirekteinleiterverordnung, gegen deren Vorgaben der Beklagte verstoßen haben
könnte. Ein solcher Anspruch bestünde aber nur, wenn die Indirekteinleiterverordnung
einschließlich der zugehörigen Verwaltungsvorschrift vom 05.03.1990 (s.o.)
Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB wäre. Dies ist indes nach Auffassung der
Kammer deshalb nicht der Fall, weil sich die in der Verwaltungsvorschrift
niedergelegten Anforderungen unmittelbar nur an die Genehmigungsbehörde richten,
welche sie bei der Erteilung der Indirekt- einleitergenehmigung zu berücksichtigen hat.
Erst wenn eine solche Genehmigung vorliegt, haben sich die Pflichten so weit
konkretisiert, dass ein Verstoß Schadensersatzansprüche auslösen kann.
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Es bestand keine Veranlassung, dem Beklagten Gelegenheit zu geben, zu den
Äußerungen der Gutachterin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung noch einmal
Rücksprache mit seinem Gutachter Stellung zu nehmen. Die Gutachterin hat sich bei
ihren mündlichen Erklärungen auf ihre bisherigen Ausarbeitungen bezogen, die dem J. -
Gutachter bekannt waren. Den Einwänden des J. -Nachtrags vom 14.02.1996 war die
Gutachterin in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.1996 überzeugend
entgegengetreten, ohne dass die Gutachter des Beklagten hierzu noch einem erwidert
hätten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Dabei war zu berücksichtigen,
dass die Klägerin in Höhe von 175.788,77 DM Zahlung beantragt, aber nur Freistellung
zugesprochen bekommen hat. Auch der hinsichtlich der 175.788,77 DM geltend
gemachte Zinsanspruch war zu berücksichtigen. Er konnte nicht etwa als
Nebenforderung außer Betracht bleiben, da er als Teil des Frei- stellunganspruchs
Hauptforderung wäre.
67
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nur hinsichtlich der Kosten
erfolgt, § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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