Urteil des VG Köln vom 25.03.1999

VG Köln (kläger, höhe, abzug, teilzeitbeschäftigung, verwaltungsgericht, zuschlag, einkommen, vorschrift, hinzurechnung, umfang)

Verwaltungsgericht Köln, 16 K 9354/94
Datum:
25.03.1999
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
16. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 K 9354/94
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
T a t b e s t a n d
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Der Sohn der Kläger besuchte ab dem 01.08.1993 den Kindergarten "I. " in Kerpen. Die
Kläger sind Beamte; die Klägerin hatte seinerzeit eine halbe Stelle, der Kläger eine
Zwei-Drittel-Stelle inne.
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Mit Bescheid vom 23.07.1993 zog der Beklagte die Kläger für den Zeitraum vom
01.08.1993 bis 31.12.1993, mit einem weiteren Bescheid vom 14.01.1994 für den
Zeitraum vom 01.01.1994 bis 31.12.1994 zu einem Elternbeitrag in Höhe von jeweils
monatlich 140,- DM heran.
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Nachdem die Kläger den Aufforderungen des Beklagten zum Nachweis des
Elterneinkommens durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides 1993
nachgekommen waren, erließ der Beklagte unter dem 25.10.1994 einen
Änderungsbescheid bezogen auf den Beitragszeitraum vom 01.01.1994 bis 31.12.1994,
in dem er den Elternbeitrag von 140,- DM auf 220,- DM erhöhte.
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Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründeten die Kläger im wesentlichen
damit, daß im Hinblick auf die Teilzeitbeschäftigung der volle Ansatz des Zuschlags für
Beamte in Höhe von 10 % ungerechtfertigt sei, da sie auch nicht die volle
Altersversorgung erhielten. Im übrigen sei die Berechnung des Elternbeitrages durch
den Beklagten auch insoweit unrichtig, als er den Zuschlag in Höhe von 10 % vor dem
Abzug der Kinderfreibeträge hinzugerechnet habe. Schließlich wandten sich die Kläger
gegen die Höhe der in Abzug gebrachten Kinderfreibeträge. Diese seien nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu niedrig.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.1994 wies der Beklagte den Widerspruch der
Kläger als unbegründet zurück.
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Am 08.12.1994 haben die Kläger Klage erhoben. Sie vertiefen ihre im
Widerspruchsverfahren geäußerte Auffassung.
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Sie beantragen,
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den Änderungsbescheid des Beklagten vom 25.10.1994 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 14.11.1994 aufzuhe- ben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet die Kammer ohne mündliche
Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage ist unbegründet.
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Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren
Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kläger sind rechtsfehlerfrei rückwirkend zu
einem erhöhten Elternbeitrag von nunmehr monatlich 220,00 DM für das Jahr 1994
herangezogen worden.
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Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist § 17 des Gesetzes über
Tageseinrichtungen für Kinder in Gestalt des Änderungsgesetzes vom 30.11.1993 (GV
NW S. 984) - GTK NW -. Die vom Beklagten vorgenommene Neuberechnung des
Elternbeitrags entspricht den Vorgaben der Absätze 4 und 5 dieser Vorschrift.
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Zutreffend hat der Beklagte der Beitragsberechnung zunächst das (aktuelle)
Bruttojahreseinkommen der Kläger abzüglich der Werbungskosten zugrundegelegt.
Dies wird von den Klägern auch weder dem Grunde noch der Höhe nach beanstandet.
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Die Hinzurechnung eines Zuschlages in Höhe von 10 % des danach errechneten
Einkommens gemäß § 17 Abs. 4 Satz 5 GTK NW begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
Die Regelung als solche steht mit höherrangigem Recht in Einklang.
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Vgl. OVG NW, Urteil vom 25.09.1997 - 16 A 308/96 - , NWVBl. 1998, 188, bestätigt
durch BVerwG, Beschluß vom 22.01.1998 - 8 B 4.98 - , Buchholz 401.84
Benutzungsgebühren Nr. 87.
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Beide Kläger sind Beamte und erfüllen damit die Voraussetzungen für die Erhebung des
Zuschlages. Der Umstand, daß sie nur teilzeitbeschäftigt sind, gibt keinen Anlaß,
lediglich einen verringerten Zuschlag anzusetzen oder von der Hinzurechnung des
Zuschlages sogar völlig abzusehen. Die Differenzierung in § 17 Abs. 4 Satz 5 GTK NW
knüpft an das wirtschaftlich nicht gleichwertige Bruttoeinkommen von Beamten
einerseits und sonstigen Arbeitnehmern andererseits an, nicht etwa - wie die Kläger
meinen - an den Umfang der zu erwartenden Altersversorgung. Denn während der
Beamte von seinem Bruttoeinkommen keine Sozialabgaben abführen muß, haben
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sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer hierfür durchschnittlich ca. 10 % ihres
Bruttoeinkommens aufzubringen.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 25.09.1997 a.a.O.
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Daran ändert auch die Teilzeitbeschäftigung nichts. Diese Besonderheit wirkt sich bei
der Beitragsberechnung insofern aus, als das zugrundegelegte Einkommen bei
Teilzeitbeschäftigung geringer ist als bei Vollzeitbeschäftigung. Damit sinkt zugleich die
absolute Höhe des anzusetzenden Zuschlags. Einer weitergehenden Berücksichtigung
der Teilzeitbeschäftigung bedarf es nicht.
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Der Beklagte hat ferner zu Recht den Zuschlag in Höhe von 10 % des
Elterneinkommens gemäß § 17 Abs. 4 Satz 5 GTK NW vor dem Abzug der
Kinderfreibeträge dem Einkommen hinzugerechnet. Diese Reihenfolge ergibt sich aus
der Systematik des § 17 Abs. 4 GTK NW. Sie sieht den Abzug der Freibeträge als
letzten Berechnungsschritt vor.
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Schließlich ist der von dem Beklagten gem. § 17 Abs. 4 Satz 6 GTK NW vorgenommene
Abzug auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Es kommt insoweit nicht darauf an,
ob die im vorliegenden Fall maßgeblichen, seinerzeit geltenden Kinderfreibeträge in
jeder Hinsicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur gebotenen
steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern,
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vgl. dazu zuletzt BVerfG, Beschluß vom 10.11.1998, - 2 BvL 42/93 u. a. - , NJW 1999,
561,
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entsprachen. Denn das Kindergartenrecht trifft mit § 17 Abs. 4 Satz 6 GTK NW eine
eigenständige, von der Zielrichtung des Einkommensteuerrechts unabhängige
Regelung zugunsten kinderreicher Familien. Wenn diese Regelung gesetzestechnisch
im Wege einer dynamischen Verweisung an das jeweils geltende
Einkommensteuerrecht anknüpft, folgt daraus nicht, daß auch im Rahmen der Bei-
tragsfestsetzung nach dem GTK stets und mindestens die verfassungsrechtlich
möglicherweise gebotenen Kinderfreibeträge zu berücksichtigen sind. § 90 Abs. 1
KJHG (= SGB VIII), der die bundesrechtliche Ermächtigung für die landesrechtliche
Vorschrift bietet, eröffnet dem Landesgesetzgeber bei der Gestaltung der Elternbeiträge
einen weiten Spielraum. Dies begegnet auch im Blick auf Art. 3 und 6 GG keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken.
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Vgl. OVG NW, Urteil vom 13.06.1994 - 16 A 2645/93 - , NVwZ 1995, 191.
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Anders als das Einkommensteuerrecht, das die Besteuerung von Einkommen zur
Erzielung von Einnahmen für das Gemeinwohl ohne unmittelbare Ansprüche auf
Gegenleistung zum Gegenstand hat, dient die Heranziehung zu Kindergartenbeiträgen
der Kostenbeteiligung im Rahmen der Gewährung einer konkreten sozialen Leistung.
Ebensowenig wie der Landesgesetzgeber wegen des ihm damit eröffneten
Gestaltungsspielraums gehalten ist, sich bei der Be- rücksichtigung von
Kinderfreibeträgen in vollem Umfang an den Regelungen des Einkommensteuerrechts
zu orientieren, könnte aus einer etwaigen zu niedrigen Bemessung der
einkommensteuerrechtlich relevanten Freibeträge die Verfassungswidrigkeit des den
vorgegeben Wert des § 32 Abs. 6 EStG lediglich rechnerisch übernehmenden § 17 Abs.
4 Satz 6 GTK NW hergeleitet werden.
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Ungeachtet dessen sei ergänzend darauf hingewiesen, daß der Beklagte den Klägern
im Widerspruchsbescheid vom 14.11.1994 zugesichert hat, im Falle einer
rückwirkenden Erhöhung der Kinderfreibeträge durch den Gesetzgeber die
Elternbeiträge entsprechend neu zu berechnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 188 VwGO.
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