Urteil des VG Köln vom 30.08.2002

VG Köln: weiterbildung, leitende tätigkeit, öffentliches interesse, öffentliches recht, innere medizin, hauptsache, poliklinik, facharzt, höchstdauer, jugend

Verwaltungsgericht Köln, 9 L 1704/02
Datum:
30.08.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 L 1704/02
Tenor:
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abge- lehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 20.451,68 EUR festgesetzt.
Gründe
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I.
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Der am 29. Juli 1967 in K. /Jemen geborene Antragsteller ist jemenitischer
Staatsangehöriger. Von Oktober 1988 bis 1996 absolvierte er in Würzburg ein Studi- um
der Humanmedizin, das er mit Bestehen der Ärztlichen Prüfung am 29. Novem- ber
1996 abschloss. In dem Zeitraum von März 1997 bis August 1998 übte er eine Tätigkeit
als Arzt im Praktikum am Krankenhaus N. aus. Seinen Antrag auf Erteilung einer
Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs zum Zwecke der
Weiterbildung auf dem Gebiet der Inneren Medizin/Kardiologie lehn- ten die Regierung
von Unterfranken, das Landesamt für Soziales, Jugend und Ver- sorgung des Landes
Rheinland-Pfalz und die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 12. August 1998, 21.
September 1998 bzw. 16. Oktober 1998 mit der Begründung ab, dass hierfür der
Nachweis einer mindestens dreijährigen ärztlichen Berufspraxis im Heimatland des
Antragstellers erforderlich sei.
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Der Antragsteller verließ darauf die Bundesrepublik Deutschland und war vom 01.
Oktober 1998 bis zum 31. März 2000 im B. Hospital in K. /Jemen ärzt- lich tätig.
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Am 01. April 2000 beantragte der Antragsteller bei der Bezirksregierung Freiburg die
Erteilung der vorübergehenden Berufserlaubnis zur Weiterbildung als Facharzt auf dem
Gebiet der Inneren Medizin/Kardiologie. Durch Urkunde vom 20. April 2000 erteilte das
Regierungspräsidium Stuttgart ihm für den Zeitraum vom 01. Mai 2000 bis zum 30. April
2002 eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs gemäß § 10
BÄ0, beschränkt auf eine nicht selbständige und nicht leitende Tätigkeit als Gastarzt in
der Medizinischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklini- kums I. im Rahmen eines
Stipendiumaufenthalts. In dem der Erlaubnisurkunde beigefügten Begleitschreiben
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gleichen Datums wurde durch Ankreuzen der entspre- chenden Rubrik des Vordrucks
darauf hingewiesen, dass die Erlaubnis aufgrund ei- nes Stipendiums erteilt worden sei.
Es enthielt u.a. unter Ziffer 2) und 9) den folgen- den Zusatz:
"2. (..) Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis. Sie kann auf
bestimmte Tätigkeiten beschränkt werden und wird (..) nur befristet erteilt."
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"9. Die Erteilung dieser Berufserlaubnis erfolgt im öffentlichen Gesundheitsin- teresse
Ihres Heimatlandes auf der Grundlage eines jemenitischen Regie- rungsstipendiums. (..)
Eine Verlängerung dieser Erlaubnis kommt nur bei gleichbleibender Sach- und
Rechtslage in Betracht. Hierzu behalten wir uns auch künftig das Recht zu
weitergehenderen Prüfungen vor."
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In der Folgezeit war der Antragsteller an der Medizinischen Klinik und Poliklinik des
Universitätsklinikums I. tätig und begann dort eine Weiterbildung zum Facharzt auf dem
Gebiet der Inneren Medizin.
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Mit Schreiben vom 13. Januar 2001 beantragte der Antragsteller bei der An-
tragsgegnerin die Erteilung einer Berufserlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs
an der Universitätsklinik C. mit dem Ziel der Facharztausbildung auf dem Gebiet der
Inneren Medizin/Kardiologie.
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Mit Bescheid vom 21. Mai 2001 schrieb die Antragsgegnerin die mit Urkunde vom 20.
April 2000 durch das Regierungspräsidium Stuttgart erteilte vorübergehende
Berufserlaubnis in eine auf den 30. April 2002 befristete Berufserlaubnis gemäß § 10
Abs. 1, 2 BÄO für die Medizinische Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums C.
um. In dem Schreiben wies sie darauf hin, dass die Berufserlaubnis nur für die
Fortbildung im Bereich der Inneren Medizin gelte. Im Übrigen gelte der Inhalt des
Schreibens des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20. April 2000 unverändert wei-
ter, werde jedoch dahingehend ergänzt, dass die Erlaubnis nur für das in ihr genau
bezeichnete Krankenhaus und nur dort zum ärztlichen Tätigwerden berechtige.
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Darauf nahm der Antragsteller eine Tätigkeit als außerplanmäßiger Assistent an der
Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums C. auf und setz- te die
Weiterbildung auf dem Gebiet der Inneren Medizin/Kardiologie fort.
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Mit Schreiben vom 12. März 2002 beantragte der Antragsteller die Verlängerung der
vorübergehenden Berufserlaubnis; am 17. Mai 2002 beantragte er hilfsweise ei- ne
Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs nach § 10 Abs. 2 Satz
3 BÄO zum Abschluss der Weiterbildung zum Facharzt.
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Mit Bescheid vom 21. Juni 2002 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf
Verlängerung der umgeschriebenen Berufserlaubnis und den hilfsweisen Antrag auf
Erteilung einer Berufserlaubnis zum Abschluss der begonnen Facharztausbildung ab.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Eine Berufserlaubnis auf der
Grundlage eines Stipendiums wie auch eine Berufserlaubnis zum Zwecke der
Fortbildung dürften nur für einen Zeitraum von längstens zwei Jahren erteilt werden und
könnten darüber hinaus nicht verlängert werden. Der an sich erforderliche Hinweis in
dem Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20. April 2000 auf die nicht
mögliche Verlängerung der Berufserlaubnis sei vermutlich versehentlich unterblieben,
begründe jedoch keinen Anspruch auf eine weitere Verlängerung, da der Bescheid
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keine Zusicherung oder dergleichen für die Zeit nach dem 30. April 2002 enthalte. Auch
sei darauf hingewiesen worden, dass jede Berufserlaubnis nur befristet erteilt werde und
dass einer Verlängerung rechtliche Prüfungen vorausgingen. Die Erteilung einer
vorübergehenden Berufserlaubnis zum Abschluss der begonnen Weiterbildung zum
Facharzt setze den Nachweis einer mindestens dreijährigen ärztlichen Praxis im
Heimatland voraus. Der Antragsteller sei indes lediglich ein Jahr und 6 Monate in
seinem Heimatland tätig gewesen. Er habe auch nicht aufgrund der erteilten
Berufserlaubnis davon ausgehen können, dass er die Facharztausbildung in
Deutschland absolvieren könne. Denn in dem Begleitschreiben zur Erlaubnisurkunde
des Regierungspräsidiums Stuttgart sei nicht die Rubrik "um Ihnen aus entwicklungs-
und bildungshilfepolitischen Gründen eine Weiterbildung zu ermöglichen" angekreuzt.
Im Übrigen sei er aufgrund der drei ablehnenden Bescheide vom 12. September 1998,
21. September 1998 und vom 16. Oktober 1998 sehr wohl darüber informiert gewesen,
dass er keine Weiterbildung durchführen könne, ohne zuvor die dreijährige Praxis im
Heimatland nachzuweisen. Überdies sei bei der erforderlichen Abwägung des
öffentlichen Interesses mit den privaten Belangen des Antragstellers zu berücksichtigen,
dass der Antragsteller trotz Kenntnis des Erfordernisses der dreijährigen ärztlichen
Praxis im Heimatland bereits nach eineinhalbjähriger Tätigkeit nach Deutschland
zurückgekehrt sei und eine Wei- terbildung aufgenommen habe.
Am 25. Juni 2002 ging bei der Antragstellerin ein Schreiben des Direktors und des
Personaloberarztes der Medizinischen Klinik und Poliklinik II Innere Medizin des
Universitätsklinikums C. ein. Beide wiesen darauf hin, dass wegen der Vielzahl von
Patienten aus dem arabisch-sprachigen Raum ein dringendes Bedürfnis für die
Weiterbeschäftigung des Antragstellers bestehe.
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Am 02. Juli 2002 erhob der Antragsteller gegen den ablehnenden Bescheid
Widerspruch.
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Der Antragsteller hat am 17. Juli 2002 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes gestellt.
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Zur Begründung des Antrages trägt er vor: Bei der erteilten Erlaubnis handele es sich
um eine Regelbefristung bei Ersterteilungen im Sinne von Abschnitt D Ziffer 2.11 des
Runderlasses des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit vom 28.
Februar 2002. Aus dem fehlenden Hinweis, dass mit dem Erlass einer weiteren
Erlaubnis nicht mehr zu rechnen sei, könne der Schluss gezogen werden, dass die
Erlaubnis nicht auf eine Gesamtdauer von 2 Jahren befristet werden sollte. Da die
Erlaubnis aufgrund eines 6-jährigen Stipendiums erteilt und überdies darauf
hingewiesen worden sei, dass eine Verlängerung nur bei gleichbleibender Sach- und
Rechtslage in Betracht komme, habe der Antragsteller auch davon ausgehen können,
dass seine Erlaubnis auf Antrag verlängert werde. Das Ermessen der Antragsgegnerin
sei daher auf Null reduziert, zumal die Umschreibung der Berufserlaubnis unter Hinweis
auf den Fortbestand des Inhalts des Begleitschreibens des Regierungspräsidiums
Stuttgart vom 20. April 2000 erfolgt sei. Aus den Gesamtumständen des
Erteilungsverfahrens könne gefolgert werden, dass die Erlaubnis zum Zwecke der
Weiterbildung im Rahmen eines Stipendiums erteilt werden sollte. Die dreijährige
Berufstätigkeit im Heimatland sei hierfür nicht zwingend vorgeschrieben. Im Übrigen
habe dieses Erfordernis bei der Erlaubniserteilung offensichtlich keine Rolle gespielt.
Dann dürfe dies für die Frage der Verlängerung der Berufserlaubnis ebenfalls nicht
ausschlaggebend sein, zumal die Antragsgegnerin bei der Umschreibung der Erlaubnis
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keine Bedenken hinsichtlich einer künftigen Verlängerung geäußert habe. Auch habe
die Antragsgegnerin den Antragsteller nicht über divergierende Verwaltungsvorschriften
informiert und könne sich nunmehr nicht darauf berufen.
Das Abwarten eines eventuellen gerichtlichen Hauptsacheverfahrens sei dem
Antragsteller auch nicht zumutbar: Zum einen hänge die Bereitstellung und Auszahlung
seines Stipendiums von der praktischen Tätigkeit des Antragstellers im Bereich der
Kardiologie ab. Zum anderen würde ein Zuwarten den Abschluss der
Facharztausbildung innerhalb der von § 10 BÄO und der Weiterbildungsordnung
vorgeschriebenen Zeit gefährden. Überdies hänge die Verlängerung seiner
Aufenthaltsgenehmigung von der Tätigkeit am Universitätsklinikum ab. Der Antragsteller
habe sich wegen seiner schulpflichtigen Kinder nach C. begeben, da sich dort - neben
Berlin - die einzige Einrichtung befinde, an der der für Saudi Arabien erforderliche
Abschluss für eine Hochschullaufbahn erworben werden könne.
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Der Antragsteller beantragt,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem
Antragsteller die von dem Regierungspräsidium Stuttgart erteilte und von der
Antragsgegnerin umgeschriebene Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung eines
ärztlichen Berufs nach § 10 BÄO für weitere 2 Jahre widerruflich zu verlängern,
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hilfsweise,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem
Antragsteller die von dem Regierungspräsidium Stuttgart erteilte und von der
Antragsgegnerin umgeschriebene Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung eines
ärztlichen Berufs nach § 10 BÄO bis zur Entscheidung in der Hauptsache widerruflich
zu verlängern.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Antragsgegnerin trägt vor: Der Antrag stelle eine unzulässige Vorwegnahme der
Hauptsache dar. Da die erste Berufserlaubnis in einem anderen Bundesland erteilt
worden sei, bestehe kein Anspruch auf Verlängerung der Berufserlaubnis wegen eines
unterlassenen Hinweises auf die letztmalige Verlängerung. Die Berufserlaubnis sei
ausweislich des Begleitschreibens des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20. April
2000 nicht zur Weiterbildung, sondern wegen eines Stipendiums erteilt worden. Dies
gehe auch aus der Umschreibung hervor, da dort von Fortbildung und nicht von
Weiterbildung die Rede sei. Die zuständigen Sachbearbeiter seien wegen des
ständigen Umgangs mit der Materie mit den Begrifflichkeiten vertraut. Im Übrigen lege
die Bundesärzteordnung nur die Höchstdauer für die Erteilung einer vorübergehenden
Berufserlaubnis fest. Demnach könnten durch Verwaltungsvorschriften und im Einzelfall
auch kürzere Zeiten festgelegt werden. In Nordrhein-Westfalen sei für Fortbildungen
aufgrund von Stipendien eine Höchstdauer von zwei Jahren festgelegt worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht eine
einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig
erscheint. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung
(ZPO) sind Anordnungsgrund, mithin die Eilbedürftigkeit, und Anordnungsanspruch, d.h.
ein subjektives öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln, glaubhaft zu
machen.
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Vorliegend begehrt der Antragsteller eine Vorwegnahme der Hauptsache, weil sein
Rechtsschutzziel in diesem Anordnungsverfahren mit dem eines etwaigen
Klageverfahrens übereinstimmt. Eine derartige Regelung ist nur möglich, wenn dies zur
Gewährung eines effektiven Rechtschutzes schlechterdings notwendig ist. Eine
Vorwegnahme der Hauptsache ist demnach nur zulässig, wenn ein hoher Grad an
Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht und wenn die sonst
zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (vgl. Kopp/Schenke,
Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Auflage 2000, § 123 Rdnr. 14).
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Ein solch hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache läßt sich
derzeit aber nicht feststellen.
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Die Erteilung bzw. Verlängerung der Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des
ärztlichen Berufs beurteilt sich nach § 10 der Bundesärzteordnung in der Fassung der
Bekanntmachung vom 16. April 1987, BGBl I S. 1218 (BÄO). Gemäß § 10 Abs. 1 BÄO
steht die Entscheidung über die Erteilung einer Berufserlaubnis an Bewerber mit einer
abgeschlossenen ärztlichen Berufsausbildung grundsätzlich im Ermessen der
zuständigen Gesundheitsbehörde. Bei der Ausübung dieses weitgefaßten
Ermessensspielraums hat die Behörde alle von der Berufserlaubnis berührten
öffentlichen Belange und Privatinteressen des Bewerbers zu berücksichtigen, soweit
diese nicht den mit der Bundesärzteordnung verfolgten gesetzgeberischen Intentionen
zuwiderlaufen. Hiervon ausgehend kommt ein Anspruch des Antragstellers auf
Verlängerung der von ihm begehrten Berufserlaubnis nur dann in Betracht, wenn das
bestehende Ermessen der An- tragsgegnerin derart reduziert ist, dass sich lediglich eine
im Sinne des Antragstellers positive Entscheidung als die einzig ermessensgerechte
erweist. Das ist nach der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen
Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht der Fall.
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Bei der Ausübung ihres Ermessens ist die Antragsgegnerin an die im Runderlass des
Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit vom 28. Februar 2002 - III B 3
- 0400.3.0 - (nachfolgend: Runderlass) verlautbarte Verwaltungspraxis gebunden. Nach
Abschnitt D Ziffer 2.4.2 ist die Erteilung der Berufserlaubnis an sonstige Perso- nen -
hierzu gehört auch der aus einem Entwicklungsland stammende Antragsteller - möglich,
wenn an deren Tätigkeit in Deutschland unter Anlegung eines strengen Maßstabes ein
öffentliches Interesse besteht.
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Hiervon ausgehend kann zunächst nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller ein
Anspruch auf Verlängerung der Berufserlaubnis zum Zwecke der Weiterbildung zusteht.
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Nach Abschnitt D Ziffer 2.4.5 des Runderlasses soll Ärzten aus Entwicklungs- und
Übergangsländern im Sinne der OECD, die wie der Antragsteller ihr Medizinstudium in
der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen haben, eine Weiterbildung zum
Erwerb von Gebietsbezeichnungen auf medizinischen Weiterbildungsgebieten im
Geltungsbereich der BÄO nur ermöglicht werden, wenn sie eine mindestens dreijährige
ärztliche Praxis in ihrem Heimatland nachweisen. Die Berücksichtigung derartiger
entwicklungspolitischer Ziele im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 10 BÄO
begegnet nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keinen rechtlichen
Bedenken.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 02. Juni 1986 - 3 B 79/85 - Buchholz, Ziffer 418.00 Nr. 68.
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Im vorliegenden Falle hat die Antragsgegnerin die einschlägige Regelung des
Runderlasses nicht ermessensfehlerhaft angewendet. Denn der Antragsteller war
lediglich vom 01. Oktober 1998 bis zum 31. März 2000 im Jemen ärztlich tätig. Eine
Zurückstellung der entwicklungspolitischen Ziele ist auch nicht wegen eines
besonderen öffentlichen Interesses an einer Tätigkeit des Antragstellers in Deutschland
möglich, vgl. Abschnitt D Ziffer 2.4.5. a.E.. Das von dem derzeitigen Arbeitgeber des
Antragstellers insoweit geltend gemachte dringende Bedürfnis an der
Weiterbeschäftigung des Antragstellers insbesondere wegen dessen sprachlicher
Fähigkeiten reicht hierfür ersichtlich nicht aus. Denn etwaige Verständigungsprobleme
mit ausländischen Patienten können ggf. durch einen Dolmetscher behoben werden.
Hierfür bedarf es jedenfalls nicht zwingend der ärztli- chen Fähigkeiten des
Antragstellers.
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Eine Abweichung von der ermessensbindenden Verwaltungsvorschrift des Abschnitts D
Ziffer 2.4.5 ist vorliegend auch nicht aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles,
etwa aufgrund eines durch vorangegangenes Verwaltungshandeln der Antragsgegnerin
begründeten Vertrauenstatbestandes, geboten. Insbesondere vermag die bereits erteilte
Erlaubnis vom 20. April 2000 kein schutzwürdiges Vertrauen des Antragstellers auf
Gewährung einer weiteren Berufserlaubnis zur Fortführung der Weiterbildung zu
begründen.
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Der Antragsteller durfte die Erlaubniserteilung durch das Regierungspräsidium Stuttgart
und die Umschreibung dieser Erlaubnis durch die Antragsgegnerin nicht dahin
verstehen, dass ihm damit eine Weiterbildung ermöglicht werden sollte. Zwar hatte er
zuvor ausdrücklich die Erteilung einer Berufserlaubnis zur Weiterbildung als Facharzt
auf dem Gebiet der Inneren Medizin/Kardiologie beantragt und die erforderlichen
Nachweise eingereicht. Gleichwohl hat das Regierungspräsidium Stuttgart ihm
ersichtlich keine Berufserlaubnis zum Zwecke der Weiterbildung erteilt. Denn die
Erlaubnis wurde ihm ausweislich des Begleitschreibens vom 20. April 2000 aufgrund
eines Stipendiums erteilt. Die in dem Begleitschreiben vorgesehene Rubrik für eine
Erlaubniserteilung zum Zwecke der Weiterbildung wurde gerade nicht angekreuzt. Auch
nach Umschreibung der Berufserlaubnis durch die Antragsgegnerin konnte der
Antragsteller nicht davon ausgehen, dass ihm - unter Verzicht auf das Erfordernis der
dreijährigen ärztlichen Tätigkeit im Heimatland - eine Berufserlaubnis zur Weiterbildung
im Sinne der Weiterbildungsordnung erteilt worden ist. Denn die Antragsgegnerin hat
bei Umschreibung der Berufserlaubnis sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die
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Berufserlaubnis nur für die Fortbildung im Bereich der Inneren Medizin gelte.
Ergänzend wird darauf verwiesen, dass dem Antragsteller aufgrund der ablehnenden
Bescheide vom 12. August 1998, 21. September 1998 bzw. 16 Oktober 1998 auch sehr
wohl bewußt sein musste, dass er wegen der fehlenden dreijährigen ärztlichen Praxis
im Heimatland die Voraussetzungen für eine Berufserlaubnis zum Zwecke der
Weiterbildung nicht erfüllt. Gleichwohl kehrte er nach lediglich anderthalbjähriger
Tätigkeit im Heimatland in die Bundesrepublik Deutschland zurück und nahm eine
Weiterbildung auf. Musste dem Antragsteller demnach bewusst sein, dass für die
Erteilung der Berufserlaubnis vom 20. April 2000 die beabsichtigte Weiterbildung nicht
entscheidend war, so kann er sich auch für die Frage der Verlängerung der Erlaubnis
nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen wegen insoweit gleichbleibender Sach- und
Rechtslage berufen.
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Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf eine Verlängerung der Berufserlaubnis
zum Zwecke der Fortbildung.
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Nach Abschnitt D Ziffer 2.4.3 des Runderlasses können Ärzte zur Fortbildung, zur
Gewinnung von Auslandserfahrungen oder zum wissenschaftlichen
Erfahrungsaustausch auf medizinischem Gebiet eine befristete Berufserlaubnis
erhalten. Nach Abschnitt D Ziffer 2.4.3.1 des Runderlasses ist die Erlaubnis auf ein Jahr
zu befristen, in begründeten Fällen kann sie um ein weiteres Jahr verlängert werden.
Vorliegend hat der Antragsteller bereits die Höchstdauer von zwei Jahren ausgeschöpft.
Denn die ihm erteilte Berufserlaubnis für den Zeitraum vom 01. Mai 2000 bis zum 31.
April 2002 ist als Erlaubnis im Sinne dieser Vorschrift auszulegen. Das
Regierungspräsidium Stuttgart erteilte dem Antragsteller eine auf eine Tätigkeit als
Gastarzt im Rahmen eines Stipendiumaufenthalts beschränkte Berufserlaubnis. Die
Erlaubnis zielte damit dem Inhalt nach auf Zwecke der Fortbildung ab. Auch die
Antragsgegnerin hat dies so gesehen. Denn sie wies bei der Umschreibung darauf hin,
dass die Berufserlaubnis nur für die Fortbildung im Bereich der Inneren Medizin gelte.
Dass eine Tätigkeit als Gastarzt und als Stipendiat dem Bereich der Fortbildung
zugeordnet werden kann, folgt auch aus den ursprünglichen Verwaltungsvorschriften
der Antragsgegnerin: In Ziffer 2.4.3 des mittlerweile aufgehobenen Runderlasses des
Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 21. Juni 1994 war dieser
Tatbestand sogar ausdrücklich geregelt.
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Schließlich kommt eine Verlängerung der dem Antragsteller erteilten Berufserlaubnis
ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt der Vertrauensschutzes wegen eines
unterlassenen Hinweises in Betracht.
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Hierbei kann es allenfalls auf ein Unterlassen der Antragsgegnerin bei Umschreibung
der Berufserlaubnis ankommen, da ein etwaiges Unterlassen des
Regierungspräsidiums Stuttgart kein Vertrauen auf eine bestimmte Entscheidung der
Antragsgegnerin begründen kann. Nach Abschnitt D Ziffer 2.11 des Runderlasses ist bei
der voraussichtlich letztmaligen Erteilung oder Verlängerung einer Erlaubnis in die
Erlaubnisurkunde ein Hinweis aufzunehmen, dass nach Ablauf der erteilten
Berufserlaubnis mit einer weiteren Erlaubnis nicht mehr gerechnet werden kann.
Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die Antragsgegnerin einen derartigen
Hinweis auch bei der Umschreibung einer bereits in einem anderen Bundesland
erteilten Erlaubnis erteilen musste. Denn der Antragsteller konnte trotz des nicht
erfolgten Hinweises nicht davon ausgehen, dass er in jedem Falle eine weitere
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Erlaubnis erhalte. In dem von der Antragsgegnerin ausdrücklich in Bezug genommenen
Begleitschreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20. April 2000 ist nämlich
unter Ziffer 2 und Ziffer 9 u.a. darauf hingewiesen worden, dass kein Rechtsanspruch
auf Erteilung einer Berufserlaubnis bestehe, jede Erlaubnis nur befristet erteilt werde
und einer Verlängerung rechtliche Prüfungen vorausgehen würden.
Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Denn hat der Antragsteller den obigen
Ausführungen zufolge grundsätzlich keinen Anspruch auf Verlängerung der
Berufserlaubnis, so scheidet auch ein zeitlich befristeter Anspruch bis zur Entscheidung
in der Hauptsache aus.
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Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen,
da er unterliegt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1
des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei ist die Kammer von einem für das
Hauptsacheverfahren nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers an der
begehrten Berufserlaubnis anzusetzenden Streitwert von 40.903,35 EUR (80.000,00
DM) ausgegangen, der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren
ist.
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Vgl. hierzu OVG NW, Beschluss vom 02. Februar 2000, 13 B 934/99.
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