Urteil des VG Köln vom 02.02.2010

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Verwaltungsgericht Köln, 6 Nc 870/09
Datum:
02.02.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 Nc 870/09
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1
Satz 2 VwGO liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann das Verwaltungsgericht eine
einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig
erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass
der Antragsteller einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv öffentliches Recht auf das
begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (die besondere
Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Ist der Antrag - wie vorliegend - auf eine
Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von
Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der
Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen
des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer
einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei
einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
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Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.08.1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258 = juris (Rn.
24), und vom 14.12.1989 - 2 ER 301.89 -, juris (Rn. 3); Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl.
2009, § 123 Rn. 14, m. w. N.
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Gemessen hieran kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der
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vorläufigen Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb, hilfsweise innerhalb der
festgesetzten Kapazität vorliegend nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung der
Kammer sowie des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen besteht
für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Hinblick auf ein
Studienzulassungsbegehren kein Bedürfnis mehr, wenn der Antrag bei Gericht erst zu
einem Zeitpunkt nach Semesterbeginn rechtshängig wird, zu dem ein sinnvoller
Einstieg in dieses Semester nicht mehr möglich ist.
Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 15.05.2008 - 13 C 165/08 -, NWVBl. 2008, 400; VG
Köln, Beschlüsse vom 30.08.2007 - 6 Nc 128/07 und 129/07 -.
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Ob der Aspekt einer noch sinnvollen Aufnahme des Studiums während des laufenden
Semesters dabei die Frage der Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung,
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so die zitierten Beschlüsse der Kammer sowie OVG NRW, Beschluss vom 19.10.2007 -
13 C 144/07 -, abrufbar unter www.nrwe.de,
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oder das (Fort-)Bestehen des Teilhaberechts nach Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1
GG zum Zeitpunkt der Antragstellung betrifft,
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so OVG NRW, Beschluss vom 15.05.2008 - 13 C 165/08 -, NWVBl. 2008, 400,
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kann dahinstehen. Denn jedenfalls war der Antragstellerin im vorliegenden Fall ein
sinnvoller Einstieg in das Wintersemester 2009/2010 am 26.11.2009, als sie ihren
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt hat, nicht mehr möglich. Zu
diesem Zeitpunkt waren bereits über acht Wochen des Wintersemesters absolviert mit
der Folge, dass eine ordnungsgemäße Eingliederung in den Studienbetrieb sowie eine
erfolgreiche Teilnahme an den Lehrveranstaltungen dieses Semesters nicht mehr
möglich waren.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Sie entspricht
der geänderten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen (Beschluss vom 02.03.2009 - 13 C 278/08 -, juris). Zwar hält die Kammer die
Gründe, die in Rechtsprechung und Literatur für die Festsetzung eines niedrigeren
Streitwertes angeführt werden, weiterhin für bedenkenswert. Namentlich die
Besonderheiten des Kapazitätsrechts, die es den Studienbewerbern gebieten, Anträge
nach § 123 Abs. 1 VwGO sowie ggfs. Klagen mit dem letztlich einheitlichen Ziel der
Erlangung eines Studienplatzes gegen eine Vielzahl von Universitäten zu richten (vgl.
Sächsisches OVG, Beschluss vom 13.07.2005 - 2 E 86/05.NC -, juris), sowie der
Umstand, dass die mit einem Antrag auf vorläufige Zulassung zum Studium verbundene
Vorwegnahme der Hauptsache lediglich eine vorläufige und keine endgültige ist, da sie
unter dem Vorbehalt der Entscheidung in der Hauptsache steht (vgl. zu diesem
Unterschied etwa BVerfG, Beschluss vom 31.03.2003 - 2 BvR 1779/02 -, NVwZ 2003, S.
1112), können es angemessen erscheinen lassen, von einer Anhebung des in
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel auf die Hälfte reduzierten
Streitwertes auf den vollen Streitwert des Hauptsacheverfahrens abzusehen. Aus
Gründen der Rechtseinheitlichkeit und Rechtssicherheit schließt sich die Kammer
jedoch der geänderten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts an.
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