Urteil des VG Köln vom 17.03.2010

VG Köln (vergabe, verfügung, allgemeinverfügung, versteigerung, richtlinie, vergabeverfahren, markt, durchführung, anordnung, prognostische beurteilung)

Verwaltungsgericht Köln, 21 K 7769/09
Datum:
17.03.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
21. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
21 K 7769/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin, die Fa. F. GmbH & Co. KG (F. ), betreibt öffentliche Mobilfunknetze nach
dem GSM (Global System for Mobile Communications) und IMT-2000/UMTS (Universal
Mobile Telecommunications System) - Standard und bietet Mobilfunkdienstleistungen
für die Öffentlichkeit an. Auf der Basis selbst betriebener Mobilfunknetze sind in der
Bundesrepublik Deutschland neben der Klägerin drei weitere Netzbetreiber, die U.
GmbH (U. ), die W. GmbH (W. ) und die U1. GmbH & Co. OHG ( ) tätig. Die Klägerin
sowie die U1. werden als sog. E -Netzbetreiber, die U. und die W. als D- Netzbetreiber
bezeichnet.
2
Die genannten Netzbetreiber verfügen über unterschiedliche Frequenzausstattungen.
Im Bereich der Frequenzen unter 1 GHz verfügen die D- Netzbetreiber über jeweils 2 x
12,4 MHz (gepaart) im 900 MHz- Bereich, während den E - Netzbetreibern in diesem
Band nur 2 x 5 MHz (gepaart) zugeteilt sind. Im Bereich der Frequenzen über 1 GHz,
d.h. im 1800 MHz Spektrum und im 2000 MHz- Spektrum, verfügen demgegenüber die
E - Netzbetreiber über gepaartes Spektrum von jeweils 2 x 32,4 MHz, während den D-
Netzbetreibern hier nur 2 x 27,4 MHz zugeteilt sind.
3
Die Frequenzen oberhalb und unterhalb von 1 GHz unterscheiden sich hinsichtlich ihrer
physikalischen Ausbreitungseigenschaften. Frequenzen unterhalb von 1 GHz zeichnen
sich bei gleichen Sendeparametern durch größere Nutzreichweiten aus. Ferner
durchdringen die Funkwellen mit größerer Wellenlänge Gebäudemauern besser. Diese
Frequenzen eignen sich daher besonders für die Versorgung in der Fläche. Mit
Frequenzen oberhalb von 1 GHz können aufgrund der günstigeren
4
Kanalwiederholungsrate engmaschigere Netze betrieben werden. Dies ermöglicht,
insbesondere in dicht bebauten Gebieten, eine größere Übertragungskapazität. Diese
Frequenzen eignen sich daher besonders für die Versorgung kleiner Funkzellen mit
vielen Teilnehmern.
Die unterschiedliche Frequenzausstattung der im deutschen Markt tätigen
Mobilfunknetzbetreiber hat im Wesentlichen historische Gründe: Mit dem Markteintritt
der D- Netzbetreiber im Jahre 1990 wurde diesen zunächst das seinerzeit verfügbare
Spektrum aus dem 900 MHz- Bereich zugeteilt. Für die 1993 in den Markt getretene
Klägerin waren daher Frequenzen im Bereich unter 1 GHz zunächst nicht verfügbar, ihr
wurden daher zunächst 2 x 15 MHz (gepaart) im 1800 MHz- Bereich zugeteilt, die in der
Folgezeit bis 1997 schrittweise auf 2 x 22,4 MHz (gepaart) erweitert wurden. Die U1.
erhielt im Jahr 1997 als vierter Mobilfunknetzbetreiber ebenfalls ein Frequenzspektrum
von 2 x 22,4 MHz (gepaart) im Bereich von 1800 MHz. Im Jahr 1999 kam weiteres
Frequenzspektrum aus dem Bereich 1800 MHz im Wege einer Versteigerung zur
Vergabe. Dieses Spektrum wurde zu annähernd gleichen Teilen von den D-
Netzbetreibern erworben, die seither zusätzlich zu den zugeteilten Frequenzen aus dem
900 MHz- Bereich über 2 x 17,4 MHz (U. ) und 2 x 17,8 MHz (W. ) im Bereich von 1800
MHz verfügen.
5
Nachdem im Jahre 2005 das Bundesministerium der Verteidigung auf die militärische
Nutzung von Frequenzen im Bereich von 900 MHz verzichtet hatte, stand in den als E-
GSM- Bänder bezeichneten Bereichen (880 MHz bis 890 MHz und 925 MHz bis 935
MHz) ein Spektrum von 2 x 10 MHz (gepaart) zur Vergabe zur Verfügung. In dem von
der Beklagten entwickelten "Konzept zur Vergabe weiteren Spektrums für digitalen
öffentlichen zellularen Mobilfunk unterhalb von 1,9 GHz" (sog. GSM-Konzept -
Verfügung Nr. 88/2005, Amtsblatt BNetzA Nr. 23/2005) wurde als Ziel festgehalten, die
E-GSM- Frequenzen dem Mobilfunk zur Verfügung zu stellen und diese als Ausgleich
für die bestehenden ungleichen Frequenzausstattungen der vier GSM- Netze zu
benutzen. Die E-GSM- Frequenzen wurden dementsprechend im Februar 2006 im
Wege einer Frequenzverlagerung zu gleichen Teilen (2 x 5 MHz gepaart) den E-
Netzbetreibern zur Verfügung gestellt, die in gleichem Umfang auf Frequenzen aus dem
Bereich 1800 MHz verzichteten.
6
Als Folge dieses Verzichts, des Freiwerdens weiterer bislang militärisch genutzter
Frequenzen und des Übergangs von analogem auf digitalen Fernsehrundfunk stehen
derzeit insgesamt weitere ca. 360 MHz an Frequenzspektrum für eine Vergabe zur
Verfügung, von denen auf den Frequenzbereich 790-862 MHz 60 MHz entfallen. Die
Beklagte beabsichtigt, diese Frequenzen im Wege eines Versteigerungsverfahrens zu
vergeben. Zu diesem Zweck erließ sie die nachfolgend genannten
Allgemeinverfügungen:
7
- Entscheidungen der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas,
Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 19. Juni 2007 über die Anordnung und
die Wahl des Vergabeverfahrens zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 1,8
GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den digitalen zellularen Mobilfunk nach §§ 55 Abs. 9, 61
Abs. 1 und 2, 132 Abs. 1 und 3 TKG (Verfügung Nr. 34/2007, Az.: BK 1-07/003 - Abl.
BNetzA Nr. 14/2007 vom 18. Juli 2007),
8
- Entscheidungen der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas,
Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 7. April 2008 über die Anordnung und
9
die Wahl des Vergabeverfahrens sowie über die Festlegungen und Regeln im
Einzelnen zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz
für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten nach §§
55 Abs. 9, 61 Abs. 1 und 2, Abs. 4 und Abs. 5 Satz 2, 132 Abs. 1 und 3 TKG (Verfügung
Nr. 34/2008, Az. BK 1 - 07/003 - Abl. BNetzA 7/2008 vom 23. April 2008),
- Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas,
Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 12. Oktober 2009 über die Verbindung
der Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 790 bis 862 MHz sowie 1710 bis 1725
MHz und 1805 bis 1820 MHz mit dem Verfahren zur Vergabe von Frequenzen in den
Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Zugang zum Angebot von
Telekommunikationsdiensten sowie über die Festlegungen und Regelungen für die
Durchführung des Verfahrens zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 800 MHz,
1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von
Telekommunikationsdiensten; Entscheidung gemäß §§ 55 Abs. 9, 61 Abs. 1, Abs. 2,
Abs. 4 und 5, 132 Abs. 1 und 3 TKG (Verfügung Nr. 59/2009 - Az. BK 1a-09/002 - Abl.
BNetzA Nr. 20/2009 vom 21. Oktober 2009).
10
Die letztgenannte Allgemeinverfügung enthält unter Ziffer IV.3. eine Regelung über die
"Grundausstattung an Frequenzen und Beschränkung der Bietrechte, §§ 61 Abs. 4 Satz
2 Nr. 3 TKG, 61 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG". Darin heißt es:
11
1. Eine Grundausstattung an Frequenzen gemäß § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 TKG wird
nicht festgelegt.
12
2. Für den Frequenzbereich 790 bis 862 MHz werden die Bietrechte auf eine
Frequenzausstattung von höchsten 2 x 20 MHz (gepaart) beschränkt. Hierbei werden im
Ergebnis bestehende Frequenzausstattungen im Frequenzbereich 900 MHz (der sog.
GSM- Netzbetreiber) berücksichtigt. Daraus ergeben sich folgende Beschränkungen der
Bietrechte für die GSM-Netzbetreiber:
13
GSM-Netzbetreiber Beschränkungen der Bietrechte auf
14
D-Netzbetreiber 2 x 10 MHz (gepaart) im Bereich 800 MHz
15
E-Netzbetreiber 2 x 15 MHz (gepaart) im Bereich 800 MHz
16
Weiterhin werden unter Ziffer IV.4 "Frequenznutzungsbedingungen einschließlich des
Versorgungsgrades bei der Frequenznutzung, § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TKG" festgelegt.
In Ziffer IV.4.2 Abs. 1 Satz 2 wird hierzu hinsichtlich der Frequenznutzungen im
Frequenzbereich 800 MHz auf die in Anlage 2 enthaltenen vorläufigen
Frequenznutzungsbestimmungen hingewiesen, die technische Parameter enthalten.
Außerdem sind in der Ziffer IV.5 besondere Versorgungsverpflichtungen für die
Frequenzen im Bereich von 800 MHz vorgesehen. Danach ist ein Zuteilungsinhaber
verpflichtet, bei der Frequenznutzung in allen Bundesländern einen Versorgungsgrad
von mindestens 90 % der Bevölkerung der von den einzelnen Bundesländern
benannten Städte und Gemeinden ab dem 01. Januar 2016 zu erreichen. Die
benannten Städte und Gemeinden sind in anliegenden Listen dokumentiert. Sie
betreffen bislang mit Breitbanddiensten unterversorgte - vor allem ländliche - Gebiete.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Allgemeinverfügung
18
und ihre Begründung verwiesen.
Die Klägerin hat am 20. November 2009 gegen die Allgemeinverfügung vom 12.
Oktober 2009 Klage erhoben und am 07. Dezember 2009 einen Antrag auf Anordnung
der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (21 L 1861/09) gestellt.
19
Sie trägt vor, die Beklagte habe bei der Vergabeentscheidung hinsichtlich der
Frequenzen aus dem 800 MHz- Bereich ihr nach § 55 Abs. 9 TKG bei festgestellter
Frequenzknappheit eröffnetes Ermessen nicht ausgeübt. Insbesondere habe sie es
versäumt, als Alternative zu einem Vergabeverfahren die Möglichkeit von
Einzelzuweisungen in Erwägung zu ziehen. Das habe insbesondere vor dem
Hintergrund des GSM- Konzeptes, das insoweit eine bindende Verwaltungspraxis zu
Gunsten des weiteren Abbaus der bestehenden ungleichen Frequenzausstattungen von
D- Netzbetreibern auf der einen und E- Netzbetreibern auf der anderen Seite begründet
habe, nahe gelegen. Auch hätten die Vorgaben der "Richtlinie 2009/114/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Änderung der
Richtlinie 87/372/EWG des Rates über die Frequenzbänder, die für die koordinierte
Einführung eines europaweiten öffentlichen zellularen digitalen terrestrischen
Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft bereitzustellen sind" (geänderte GSM-
Richtlinie) in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Nach dieser
Richtlinie seien nicht nur die Nutzungsmöglichkeiten im 900 MHz- Band zu erweitern,
sondern auch die auf der Grundlage der bisherigen Zuteilungen entstandenen
Wettbewerbsverzerrungen zu überprüfen und zu beheben. Dem entziehe sich die
Beklagte aber dadurch, dass sie erklärtermaßen die Prüfung von
Wettbewerbsverzerrungen hinter die Vergabe der Frequenzen im 800 MHz- Band
zurückgestellt habe. Sie hätte demgegenüber erkennen müssen, dass die Umsetzung
der geänderten GSM- Richtlinie nicht ohne eine Beseitigung der
Wettbewerbsverzerrungen durch ausgleichende Einzelzuteilungen von Frequenzen im
800 MHz- Bereich an die E- Netzbetreiber möglich sei. Die Haltung der Beklagten führe
im Ergebnis dazu, dass die E- Netzbetreiber diesen Ausgleich - und damit letztlich die
Umsetzung der Richtlinie - durch Ersteigerung einer ausreichende Menge an Spektrum
selbst in die Hand nehmen müssten.
20
Die der Vergabeentscheidung zu Grunde liegende Prognose einer Frequenzknappheit
sei fehlerhaft. Die Beklagte habe es insbesondere versäumt zu untersuchen, ob die
frühere Prognose für die Frequenzen oberhalb von 1 GHz aufrecht erhalten werden
könne, ob auch für die Frequenzen im 800 MHz- Band ein Nachfrageüberhang zu
erwarten sei und welche Auswirkungen das hinzugekommene Spektrum im 800 MHz-
Band auf die Nachfrage nach Frequenzen oberhalb von 1 GHz habe. Eine förmliche
Bedarfsermittlung sei pflichtwidrig nicht durchgeführt worden; sie könne durch die
Berufung auf einen behördlichen Beurteilungsspielraum auch nicht ersetzt werden. Die
beiden von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten Gesichtspunkte -
ansteigender Bandbreitenbedarf und Interessenbekundungen bzw.
Bedarfsanmeldungen von Marktteilnehmern - seien zumindest zweifelhaft. Insbesondere
durch die Verfahrensverbindung sei ein neuer Verfahrensgegenstand geschaffen
worden, hinsichtlich dessen keine Ermittlungen stattgefunden hätten. Es könne nicht
ausgeschlossen werden, dass durch die Verbindung nunmehr ein so großes Spektrum
verfügbar sei, dass frühere Prognosen überholt seien und keine Knappheit mehr
bestehe. Da die Beklagte selbst anerkenne, dass durch die Verfahrensverbindung der
Bieterwettbewerb entschärft und der Zugang zum Frequenzspektrum erleichtert werde,
sei eine auf das gesamte Spektrum bezogene Knappheitsprognose zwingend gewesen.
21
Die Wahl des Versteigerungsverfahrens verletze sie - die Klägerin - in ihrem Recht auf
chancengleiche Teilnahme am Vergabeverfahren. Die Beklagte hätte erkennen
müssen, dass das Versteigerungsverfahren zur Sicherstellung chancengleichen
Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG), einer flächendeckenden Grundversorgung (§ 2
Abs. 2 Nr. 5 TKG) und der Wahrung der Verbraucherinteressen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG)
ungeeignet sei. Mit einem Versteigerungsverfahren werde nur das Höchstgebot und die
Finanzkraft des Meistbietenden honoriert. Es sei zum notwendigen Abbau der
bestehenden asymmetrischen Frequenzausstattungen der D- und E- Netzbetreiber nicht
geeignet, sondern berge im Gegenteil in sich die Gefahr der Verstärkung der
Asymmetrien auf dem neuen Markt für mobile Datendienste. Wegen der ungleichen
Frequenzausstattung hätten die D- Netzbetreiber einen Anreiz, den anderen Bietern so
viel Spektrum wie möglich wegzunehmen, wozu sie auf Grund ihrer Finanzstärke auch
in der Lage seien. Zwangsläufige Folge eines solchen Bietverhaltens wäre die
Verdrängung von zumindest einem der etablierten F. - Netzbetreiber. Diese
Auswirkungen, die in einer Verstärkung der bestehenden Marktungleichgewichte
bestünden, habe die Beklagte nicht untersucht und gewürdigt. Hierzu wäre sie aber
verpflichtet gewesen, weil eine solches Versteigerungsergebnis auf dem Hintergrund
der bisherigen Erfahrungen das Wahrscheinlichste der theoretisch denkbaren
Ergebnisse sei.
22
Auch vor dem Hintergrund des Europäischen Gemeinschaftsrechts verbiete sich die
Anordnung eines Versteigerungsverfahrens. Ein Mitgliedstaat dürfe nämlich keine
Maßnahmen treffen, mit denen eine Situation geschaffen werde, in der ein
Unternehmen, dem er besondere oder ausschließliche Rechte verliehen habe, zur
missbräuchlichen Ausnutzung seiner Stellung veranlasst werde. Dies geschehe durch
die Anordnung der Versteigerung, weil diese für die D- Netzbetreiber einen Anreiz zu
einem Verdrängungswettbewerb zu Lasten der E- Netzbetreiber schüfe.
23
Unberücksichtigt sei auch der Umstand geblieben, dass die Frequenzen im Bereich von
800 MHz durch die mit ihnen verbundenen umfangreichen Versorgungspflichten einen
Gemeinwohlbezug aufwiesen, der ihrer Versteigerung entgegen stehe. Insoweit dränge
sich eine Parallele zu Rundfunkfrequenzen auf, die nach § 61 Abs. 2 Satz 3 TKG nicht
versteigert werden dürften. Hier müsse vermieden werden, dass der Gemeinwohlzweck
durch zu hohe Aufwendungen für den Erwerb der Frequenznutzungsrechte
beeinträchtigt werde. Nicht ausreichend und unzutreffend gewürdigt worden sei
überdies der Umstand, dass Frequenzen im Bereich von 900 MHz zuvor ohne eine
Versteigerung vergeben worden seien und dass auch die bestehende ungleiche
Frequenzausstattung teilweise ohne Durchführung einer Versteigerung beseitigt worden
sei.
24
Auch bei den Festlegungen und Regeln der Versteigerung habe die Beklagte fehlerhaft
nicht sichergestellt, dass diese keinen Anreiz zu einem Verdrängungswettbewerb böten.
Zudem seien die Bietrechtsbegrenzungen einseitig zu Gunsten der D- Netzbetreiber
ausgestaltet worden und widersprächen damit dem Gebot der Objektivität, der
Nachvollziehbarkeit und der Diskriminierungsfreiheit. Die Beklagte hätte zwingend
untersuchen müssen, ob dem Wettbewerb bei bestimmten Ergebnissen des
Vergabeverfahrens Gefahren drohten. Sei dies der Fall, sei diesen Gefahren durch
geeignete Entscheidungen über einen teilweisen oder vollständigen Ausschluss von
Marktteilnehmern zu begegnen. Die angeordneten Spektrumskappen verfehlten dieses
Ziel. Schöpften die D- Netzbetreiber ihre Bietrechte im Bereich des 800 MHz- Bandes -
25
was ohne weiteres wahrscheinlich und zu erwarten sei - vollständig aus, blieben für die
E- Netzbetreiber nur zwei Blöcke á 2 x 5 MHz (gepaart) übrig - eine Ausstattung, die
nach Auffassung der Beklagten für einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb nicht
ausreiche. Die Beklagte nehme damit in Kauf, dass mindestens einer der vier etablierten
Netzbetreiber kein ausreichendes Spektrum bekommen könne. Eine weitere
Benachteiligung der F. - Netzbetreiber liege darin, dass unter Berücksichtigung der
vorhandenen Frequenzausstattungen diese bei einem vollständigen Erfolg in der
Versteigerung auf maximal 2 x 20 MHz (gepaart) kommen könnten, während die D-
Netzbetreiber 22,4 MHz (gepaart) erreichen könnten. Es sei in diesem Zusammenhang
auch nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass durch die Möglichkeiten der
Bandbreitenaggregation zusammenhängendes Spektrum im Bereich von 800 MHz und
900 MHz zusammengeführt werden könne, was zu weiteren Vorteilen der D-
Netzbetreiber führe. Die Bundesnetzagentur habe in diesem Zusammenhang verkannt,
dass diese Technologie weit früher verfügbar sei und mit geringerem Aufwand
eingeführt werden könne als von ihr angenommen. Wegen der deutlich besseren
Frequenzausstattung der D- Netzbetreiber im Bereich von 900 MHz sei es diesen -
anders als den E- Netzbetreibern - auch möglich, trotz des in diesem Band noch weiter
zu führenden GSM- Netzes ein Spektrum von 5 MHz für die Bandbreitenaggregation
freizuplanen. Die Beklagte hätte also entweder die Bietrechte der D- Netzbetreiber
weiter beschränken müssen oder sie dazu veranlassen müssen, vorhandenes Spektrum
im 900 MHz- Bereich abzugeben - dies spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem die
Bandbreitenaggregation technisch möglich sei. Die Absicht der Beklagten, im Rahmen
des GSM- Konzeptes zu einem späteren Zeitpunkt die wettbewerblichen
Rahmenbedingungen erneut zu überprüfen, sei zur Beseitigung der Ungleichheiten
nicht geeignet, denn man könne eine derzeit bestehende Ungleichbehandlung nicht
durch den Hinweis auf spätere Möglichkeiten beseitigen. Aus diesem Grunde seien
auch die Bedenken der EU- Kommission, ob die vorgesehene Frequenzvergabe mit
Europäischen Gemeinschaftsrecht, insbesondere den Vorschriften des
Wettbewerbsrechts, vereinbar sei, entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur
bislang nicht ausgeräumt.
Rechtswidrig sei auch die mit der Allgemeinverfügung erfolgte Verbindung der
Vergabeverfahren für die Frequenzen oberhalb und unterhalb von 1 GHz. Diese
Frequenzen seien hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften und auch hinsichtlich
der angeordneten Versorgungsverpflichtungen in technischer, ökonomischer und
rechtlicher Hinsicht so unterschiedlich, dass die Verfahren nicht hinreichend gleichartig
seien. Die Verbindung habe sich hier insbesondere dahingehend ausgewirkt, dass die
erforderliche eigenständige Prüfung der Voraussetzungen für die
Vergabeentscheidungen für die Frequenzen im 800 MHz- Band rechtswidrig
unterblieben sei.
26
Die Klägerin beantragt,
27
1. die Entscheidungen der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität,
Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 12.10.2009, veröffentlicht als
Verfügung Nr. 59/2009 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr. 20/2009 vom
21.10.2009, Az.: BK 1a-09/002, hinsichtlich der Teilentscheidungen (Ziffern) I., II. und III.
aufzuheben.
28
2. Hilfsweise zu 1.:
29
die Entscheidungen der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität,
Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 12.10.2009, veröffentlicht als
Verfügung Nr. 59/2009 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr. 20/2009 vom
21.10.2009, Az.: BK 1a-09/002, im Hinblick auf Ziffer IV.3.2., Satz 3 dahingehend
aufzuheben und abzuändern, dass die Bietrechte der D- Netzbetreiber auf "2 x 5 MHz
(gepaart) im Bereich von 800 MHz" sowie im Hinblick auf Ziffer V.1.5., Satz 4
dahingehend aufzuheben und abzuändern, dass für die D- Netzbetreiber die
"Maximalen Bietberechtigungen in Lot Ratings im Bereich von 800 MHz" auf "2"
festgesetzt werden.
30
3. Hilfsweise zu 2.:
31
die Entscheidungen der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität,
Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 12.10.2009, veröffentlicht als
Verfügung Nr. 59/2009 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr.- 20/2009 vom
21.10.2009, Az.: BK 1a-09/002 im Hinblick auf Ziffern IV.3.2., Satz 3, sowie V.1.5., Satz
4 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Ziffern IV.3.2 und V.1.5 der
angefochtenen Entscheidungen dahingehend zu ändern, dass die D- Netzbetreiber nur
dann Bietrechte im Umfang von 2 x 10 MHz und damit korrespondierende Lot Ratings
im Frequenzbereich 800 MHz ausüben dürfen, wenn sie auf je 2 x 2,4 MHz im
Frequenzbereich 900 MHz verzichten.
32
4. Hilfsweise zu 2. und 3.:
33
die Beklagte unter Aufhebung der Teilentscheidungen (Ziffern) IV und V der
Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation,
Post und Eisenbahnen vom 12.10.2009, veröffentlicht als Verfügung Nr. 59/2009 im
Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr. 20/2009 vom 21.10.2009, Az.: BK 1a-09/002, zu
verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die
Teilentscheidung/Ziffer IV (Festlegungen und Regeln des Vergabeverfahrens) und
Teilentscheidung/Ziffer V. (Versteigerungsregeln) neu zu entscheiden.
34
5. Hilfsweise zu 4.:
35
die Entscheidungen der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität,
Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 12.10.2009, veröffentlicht als
Verfügung Nr. 59/2009 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr. 20/2009 vom
21.10.2009, Az.: BK 1a-09/002, hinsichtlich der Teilentscheidungen (Ziffern) IV. und V.
aufzuheben.
36
Der Beklagte beantragt,
37
die Klage abzuweisen.
38
Sie trägt vor, das sog. "GSM- Konzept" beinhalte keine sie bindende
Verwaltungsvorschriften. Es fasse eine Reihe von anstehenden Entscheidungen auf
dem GSM- Markt zusammen, von denen die Zurverfügungstellung von Frequenzen im
900 MHz- Band an die F. - Netzbetreiber nur eine - im Übrigen einmalige - Maßnahme
darstelle. Grundlage sei die - inzwischen überholte - Annahme gewesen, dass in
absehbarer Zeit keine weiteren Frequenzen unterhalb von 1 GHz verfügbar seien. Eine
Selbstbindung könne aus einer solchen situativen Entscheidung nicht folgen - dies auch
39
deshalb, weil der GSM- Markt ein anderer sei als der nunmehr in Rede stehende Markt
für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten.
Entgegen der Annahme der Klägerin habe sie auch die geänderte GSM- Richtlinie
ausreichend in ihre Überlegungen einbezogen. Aus ihr könne die Klägerin schon
deswegen nichts für ihren Standpunkt herleiten, weil sie Geltung nur für Frequenzen im
900 MHz- Bereich habe. Zudem ziele sie primär auf eine Öffnung des 900 MHz- Bandes
für andere Technologien als GSM und auf die Vermeidung dadurch bedingter
Verzerrungen. Solange die Frequenzen im 900 MHz- Bereich ausschließlich für GSM-
Anwendungen genutzt würden - was derzeit der Fall sei - , könne es deshalb schon
begrifflich nicht zu Wettbewerbsverzerrungen im Sinne der geänderten GSM- Richtlinie
kommen.
Die der Vergabeentscheidung vorangehende Knappheitsprognose habe sie
rechtsfehlerfrei getroffen. Insbesondere sei sie nicht auf ein förmliches Verfahren der
Bedarfsermittlung festgelegt. Vielmehr komme ihr hier ein weiter Beurteilungsspielraum
zu, den sie im Sinne einer Prognoseentscheidung rechtsfehlerfrei ausgefüllt habe. Es
sei zu berücksichtigen, dass sie ab dem Jahr 2005 für die Frequenzen oberhalb von 1
GHz mehrere schriftliche und mündliche Anfragen der Marktteilnehmer durchgeführt
habe und dabei einen Nachfrageüberhang von mehr als 100 MHz über dem damals
verfügbaren Spektrum von 270 MHz festgestellt habe. Daraus ergebe sich, dass auch
das jetzt zur Vergabe stehende Spektrum von insgesamt 360 MHz zur Befriedigung
dieser Nachfrage nicht ausreiche. Allein von den Mobilfunknetzbetreibern sei daneben
ein mittel- bis längerfristiger Frequenzbedarf von 160 MHz unterhalb von 1 GHz geltend
gemacht worden, was durch eine von ihr - der Beklagten - in Auftrag gegebene Studie
auch bestätigt worden sei. Auch dieser Bedarf übersteige das derzeit zur Verfügung
stehende Spektrum bei Weitem. Berücksichtige man überdies das stetige Wachstum
des Mobilfunksektors und die massive Zunahme der Datendienste sei offenkundig, dass
eine Frequenzknappheit bestehe.
40
Auch die Wahl des Vergabeverfahrens unterliege einem gerichtlich nur eingeschränkt
überprüfbaren Beurteilungsspielraum, wobei jedoch der gesetzlich begründete Vorrang
des Versteigerungsverfahrens gegenüber einem Ausschreibungsverfahren als Vorgabe
zu berücksichtigen sei. Eine Marktbeherrschung hindere die Durchführung einer
Versteigerung nicht; sie rechtfertige grundsätzlich nicht einmal den Ausschluss des
marktbeherrschenden Unternehmens. Dass die Auswahl dabei allein von der Höhe der
Gebote abhängig sei, sei dem Versteigerungsverfahren inhärent und so beabsichtigt.
Dadurch könne eine effiziente Frequenznutzung sichergestellt werden, denn durch das
erfolgreiche (höchste) Gebot würden die Bereitschaft und Fähigkeit zum optimalen
Einsatz der Frequenzen belegt. Das sei hier von besonderer Bedeutung für die
Frequenzen im 800 MHz - Band, weil diese mit umfangreichen Versorgungspflichten
versehen seien, deren Erfüllung sichergestellt werden müsse.
41
Der Ausgang der Versteigerung sei keineswegs vorauszusehen. Selbst wenn nur die
derzeitigen vier Netzbetreiber bieten würden, gäbe es mehr als 20 denkbare
Konstellationen, die sich bei einer Teilnahme eines Neueinsteigers noch vervielfachen
würden. Die Klägerin verkenne in diesem Zusammenhang, dass die Bietstrategie der D-
Netzbetreiber nicht zwingend darauf angelegt sei, so viel Spektrum wie möglich im 800
MHz- Band zu ersteigern. Da zwischen den Frequenzen oberhalb und unterhalb von 1
GHz Substitutionsbeziehungen bestünden, könne es wirtschaftlich durchaus sinnvoll
sein, zunächst Frequenzen oberhalb von 1 GHz, die nicht mit Versorgungsauflagen
verbunden seien und ein schnelles Wachstum in Ballungsgebieten ermöglichten, zu
42
erwerben, um damit einen Flächenausbau zu finanzieren. Offen sei auch, ob dem
angeblichen Interesse der D- Netzbetreiber nicht mindestens ein ebenso großes
Interesse der E- Netzbetreiber an den Frequenzen gegenüberstehe. In einem solchen
Fall müssten die D- Netzbetreiber einen sehr hohen Preis für die unterstellte
Bietstrategie zahlen. Außerdem müsse gesehen werden, dass die Spektrumskappen
gerade verhinderten, dass die D- Netzbetreiber das gesamte Spektrum erwerben
könnten. Da dies den E- Netzbetreibern jedoch möglich sei, könnten letztere als
Ergebnis der Versteigerung über mehr Spektrum im Bereich unterhalb von 1 GHz
verfügen als die D- Netzbetreiber.
Es liege in der Natur der Sache, dass bei einem knappen Spektrum von 2 x 30 MHz
(gepaart) auch einer der vier etablierten Netzbetreiber leer ausgehen könne, wenn die
drei anderen jeweils 2 x 10 MHz ersteigerten. Dieser Umstand spreche aber gerade für
die Durchführung des Versteigerungsverfahren und wäre bei einem
Ausschreibungsverfahren auch nicht anders. Ein solches Auktionsergebnis sei nicht
Folge eines missbräuchlichen Bietverhaltens der D- Netzbetreiber, sondern Folge der
Frequenzknappheit.
43
Negative Auswirkungen auf die Endkundenmärkte seien nicht zu erwarten. Auch wenn
nur drei Betreiber Spektrum unterhalb von 1 GHz bekämen, müssten diese über den
Preis konkurrieren. Hinzukäme weiterer Wettbewerbsdruck durch andere technische
Lösungen. Der leer ausgegangene Netzbetreiber könnte dann vornehmlich Angebote in
den Ballungsgebieten machen und würde auch darüber auf die anderen einen
Preisdruck ausüben.
44
Der Umstand, dass die Frequenznutzungen im 800 MHz- Bereich im
Gemeinwohlinteresse mit umfangreichen Versorgungsauflagen verbunden würden,
stehe einer Versteigerung nicht entgegen. Insbesondere gehe die von der Klägerin
gezogene Parallele zu Rundfunkfrequenzen fehl, weil deren Versteigerung vor dem
Hintergrund von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ausscheide, eine solche Beschränkung für die
hier in Rede stehenden Frequenzen aber nicht gelte. Auch die anzunehmenden
Versteigerungskosten gefährdeten die Gemeinwohlinteressen nicht. Es wäre verfehlt,
das Gemeinwohlinteresse auf ein Interesse an möglichst niedrigen Endkundenpreisen
zu reduzieren. Die Verbraucherinteressen seien vielmehr mit Preisen gleichzusetzen,
die sich in einem wettbewerblichen Umfeld ergeben, in dem effiziente Anbieter
miteinander konkurrieren. Gerade dies werde durch eine Versteigerung erreicht.
45
Der Umstand, dass zuvor für GSM- Anwendungen bereits Frequenzen im Bereich von
900 MHz ohne eine Versteigerung vergeben worden seien, stehe der Anordnung einer
Versteigerung für die nunmehr zur Vergabe stehenden Frequenzen nicht entgegen,
denn bei dem GSM- Markt und dem - hier relevanten - Markt für den drahtlosen Zugang
zum Angebot von Telekommunikationsdiensten handele es sich um unterschiedliche
Märkte. Zudem sei das Versteigerungsverfahren erst seit dem Jahre 1996 möglich - ein
Zeitpunkt, zu dem die Frequenzzuteilungen an die D- Netzbetreiber bereits erfolgt
waren. Zu berücksichtigen sei weiter, dass im Jahre 1999 auch das GSM-
Erweiterungsspektrum (1800 MHz) und später die UMTS- Frequenzen im Wege einer
Versteigerung vergeben worden seien.
46
Einen Beurteilungsspielraum habe sie - die Beklagte - auch bei der Festlegung der
Regeln des Vergabeverfahrens. Insbesondere die von ihr festgelegten
Bietbeschränkungen für die Frequenzen im Bereich von 800 MHz, die sog.
47
"Spektrumskappen", seien nicht zu beanstanden. Sie habe nämlich zugleich
sicherstellen müssen, dass nicht ein einziger Betreiber alle Frequenzen in diesem
Bereich erwerben könne, dass auch ein Neueinsteiger zum Zuge kommen könne, dass -
vor dem Hintergrund der Versorgungsverpflichtung - jeder der etablierten Netzbetreiber
ein wirtschaftlich sinnvoll nutzbares Spektrum erhalten könne und dass überdies das
Versteigerungsverfahren auch noch praktikabel bleibe. Das werde durch die
Spektrumskappen in der bestmöglichen Weise erreicht. Da sie ein Spektrum von 2 x 10
MHz als Mindestausstattung für eine effiziente Nutzung erkannt habe, sei die
Festlegung auf ersteigerbare 5- MHz- Blöcke geeignet. Eine weitere Aufspaltung hätte
nicht nur zu einer Ausweitung der Versteigerung geführt, sondern auch die Gefahr
begründet, dass ineffiziente Blöcke ersteigert würden. Die Beschränkung der D-
Netzbetreiber auf das essentielle Minimum von 2 x 10 MHz gäbe diesen die Chance auf
einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Frequenzen. Eine weitere Beschränkung
hätte überdies zur Folge gehabt, dass der dem Auswahlverfahren innewohnende
Ausleseprozess verfälscht würde. Nähme nämlich neben den etablierten Netzbetreibern
kein Neueinsteiger an der Versteigerung teil, hätten die E- Netzbetreiber ihren Bedarf
von 2 x 10 MHz decken und die D- Netzbetreiber die übrigen 2 x 5 MHz erhalten
können. Die Beschränkung der E- Netzbetreiber auf 2 x 15 MHz sei so gewählt, dass
auch diese jeweils nicht das gesamte Spektrum erwerben könnten. Nur so habe
sichergestellt werden können, dass auch Neueinsteiger eine Chance erhielten und
zugleich die E- Netzbetreiber im Ergebnis mehr Frequenzen unterhalb von 1 GHz
erhalten könnten als die D- Netzbetreiber derzeit haben. Das theoretische Ergebnis,
dass - unter Berücksichtigung des bereits gehaltenen Bestandes - die D- Netzbetreiber
am Ende im Bereich der Frequenzen unterhalb von 1 GHz 22,4 MHz erhalten, während
die E- Netzbetreiber nur auf maximal 2 x 20 MHz kommen könnten, sei unvermeidbar.
Dem hätte man nur durch eine weitere Verkleinerung der Blöcke begegnen können, die
aus den genannten Gründen aber untunlich sei. In diesem Zusammenhang sei auch zu
berücksichtigen, dass dieser Nachteil für die E- Netzbetreiber durch das von ihnen
gehaltene Mehr an Frequenzen im 1,8 GHz- Spektrum ausgeglichen werde.
Auch mit Blick auf die Möglichkeiten der Bandbreitenaggregation seien keine
strengeren Spektrumskappen für die D- Netzbetreiber erforderlich gewesen. LTE-
Geräte, die die Bandbreitenaggregation unterstützten, seien derzeit nicht verfügbar.
Auch seien die notwendigen Standardisierungsarbeiten gegenwärtig noch nicht
abgeschlossen. Hersteller könnten in diesem Zusammenhang allenfalls Informationen
über ihre Planungen geben, die sich erfahrungsgemäß aber häufig in der Praxis nicht
realisieren würden. Es sei ungewiss, ob in der Praxis die Bandbreitenaggregation im
800- und 900- MHz- Band überhaupt unterstützt werde. Zu Recht habe sie - die
Bundesnetzagentur - der Bandbreitenaggregation im Rahmen ihres
Beurteilungsspielraums daher keine maßgebende Bedeutung beigemessen. Es sei zu
berücksichtigen, dass die Frequenznutzungsrechte für die 900 MHz- Frequenzen bereits
2016 endeten. Daher bezögen sich ihre Aussagen zur mangelnden Prognostizierbarkeit
der Bandbreitenaggregation auch nicht auf die gesamte 15jährige Laufzeit der hier zur
Vergabe stehenden Frequenzen, sondern nur auf die Möglichkeiten der derzeitigen
GSM- Lizenzbetreiber, diese Technik einzusetzen. Deren Aussagen, dass sie vorerst
kein Interesse an einer Flexibilisierung der Nutzungsrechte im 900 MHz- Band hätten,
sei vor dem Hintergrund der dafür erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen
plausibel. Wegen der derzeitigen und bis 2016 gewährten Nutzungsrechte im 900 MHz-
Band könnten die D- Netzbetreiber auch nicht dazu gezwungen werden, 2 x 5 MHz aus
diesem Spektrum für die Bandbreitenaggregation zu nutzen, weil dieses Spektrum dann
nicht mehr für GSM- Anwendungen nutzbar sei.
48
Durch die mit der Allgemeinverfügung vorgenommene Verbindung der Verfahren sei die
Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Verfahrensverbindung entspreche dem
Gebot eines einfachen, zweckmäßigen und zügigen Verwaltungsverfahrens. Sie sei
möglich, weil alle zur Vergabe stehenden Frequenzen zum gleichen Markt gehörten.
Wegen der bestehenden Substitutionsbeziehungen sei die Verbindung auch für
Marktteilnehmer vorteilhaft, weil sie es ermögliche, umfassende Bietstrategien unter
Einbeziehung von Alternativen zu entwickeln und zu verfolgen. Sie verringere überdies
das Risiko einer zu hohen Fehlbewertung der einzelnen Frequenzblöcke.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
gerichtlichen Verfahrensakte, der Akte 21 L 1861/09 und der in diesem Verfahren
beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
50
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
51
Die Klage ist teilweise unzulässig und teilweise unbegründet.
52
Sie ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Anordnung und die Wahl des
Vergabeverfahrens von Frequenzen in den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz
richtet. Sie ist ferner unzulässig, soweit sie sich gegen die auf diese Frequenzen
bezogenen Festlegungen und Regeln bezieht, die bereits mit der Verfügung Nr. 34/2008
(BK 1 - 07/003) getroffen und inhaltsgleich in die hier angefochtene Allgemeinverfügung
Nr. 59/2009 (BK 1 a-09/002) mit aufgenommen wurden. Das betrifft die Ziffern IV.1.1,
IV.1.2, IV.1.3. (soweit die Regelungen in der Anlage 5 zur Verfügung Nr. 59/2009 nicht
über die Regelungen in der Anlage 1 zur Verfügung 34/2008 hinausgehen), IV.2.1.,
IV.2.2., IV.3.1., IV.4.1., IV.4.2. (soweit die in den jeweiligen Anlagen 2 zu den
Verfügungen Nr. 34/2008 und 59/2009 enthaltenen Frequenznutzungsbestimmungen
übereinstimmen), IV.4.3., IV.4.4. (soweit der genannte Versorgungsgrad bis zum
1.1.2013 bzw. zum 1.1.2015 erreicht werden muss), IV.4.7, IV.4.8. und IV.5. Die
letztgenannten Regelungen sind Gegenstand der hilfsweise gestellten Anträge zu 4.
und zu 5.
53
Mit den genannten Regelungen hat die Bundesnetzagentur die in den Verfügungen Nr.
34/2007 und Nr. 34/2008 (jeweils unter dem Aktenzeichen BK 1 -07/003) für die
Frequenzen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHZ zuvor getroffenen Regelungen lediglich
wiederholt, ohne insoweit eine neue Sachentscheidung getroffen zu haben. Die früher
hierzu durch Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung getroffenen
Regelungen sind - da sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben
oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt sind - gem. § 43 Abs. 2 VwVfG
nach wie vor wirksam und gegenüber der Klägerin, die gegen die Verfügungen Nr.
34/2007 und Nr. 34/2008 Rechtsmittel nicht eingelegt hat, in Bestandskraft erwachsen,
54
vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 4.09 -, DVBl. 2009, 1520 =
NVwZ 2009, 1558 = MMR 2010, 56 Rdnr. 22 ff.,
55
Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, die Bundesnetzagentur habe
durch ihre Entscheidung, das Verfahren zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen
790 bis 862 MHz sowie 1710 bis 1725 MHz und 1805 bis 1820 MHz mit dem Verfahren
zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz insgesamt
einen neuen Verfahrensgegenstand geschaffen, der an die Stelle des insoweit dann
56
erledigten früheren Verfahrensgegenstandes getreten ist. Dagegen spricht nicht nur,
dass sich die den früheren Verfahrensgegenstand betreffenden Regelungen in der
Allgemeinverfügung weitestgehend unverändert und wortgleich wiederfinden. Darüber
hinaus hat die Bundesnetzagentur in der Begründung der angefochtenen Entscheidung
auch mehrfach zum Ausdruck gebracht, an ihren früheren Entscheidungen über die
Vergabe, die Wahl des Vergabeverfahrens und die Vergabebedingungen auch unter
Einbeziehung von Frequenzen aus den Bereichen 800 MHz und 1,8 GHz festhalten zu
wollen (S. 3651, 8. Absatz, S. 3667, 5. Absatz und S. 3669, 5. Absatz). Die insoweit
unverändert aufrecht erhaltenen und in den Verfügungen Nr. 34/2007 und Nr. 34/2008
getroffenen Regelungen bilden somit einen unveränderten Teil des durch die
Verfahrensverbindung geschaffenen neuen umfassenderen Verfahrensgegenstandes.
Hinsichtlich des unverändert aufrecht erhaltenen Teils kann angesichts der obigen
Formulierungen in der Begründung der Allgemeinverfügung nicht angenommen werden,
dass die Bundesnetzagentur sich des durch den mit dem Abschichtungseffekt
bestandskräftiger Zwischenentscheidungen in mehrstufigen Verwaltungsverfahren
verbundenen Vorteils begeben wollte. Da sie es in der Hand hat, durch die
zweckmäßige Zusammenfassung mehrerer Beschlusskammerentscheidungen in eine
bzw. deren Aufteilung auf mehrere Allgemeinverfügungen die Rahmenbedingungen,
unter denen Rechtsschutz in Anspruch genommen werden kann, gegenständlich und
zeitlich in gewissem Umfang selbst zu steuern,
vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 4.09 -, a.a.O., Rdnr.
27,
57
muss jedenfalls dann, wenn sich Gegenteiliges nicht zweifelsfrei aus der getroffenen
Regelung ergibt, in einem über einzelne Phasen abgestuften Verwaltungsverfahren,
dessen einzelne Abschnitte durch bestandskraftfähige Verwaltungsakte abgeschlossen
werden, angenommen werden, dass Regelungen auf einer späteren Stufe, die Wort-
und inhaltsgleich bestandskräftigen Regelungen auf einer früheren Stufe entsprechen,
nicht als (Neu-) Regelungen mit der Folge der Eröffnung nochmaliger
Rechtsschutzmöglichkeiten angesehen werden können.
58
Die Klage im Übrigen, d.h. bezogen auf die mit der Allgemeinverfügung vom 12. Oktober
2009 getroffenen Entscheidungen zu den Frequenzen im Bereich von 800 MHz sowie
die unter den Ziffern IV. und V. erstmals bzw. abweichend von den in der
Allgemeinverfügung vom 07. April 2008 getroffenen Regelungen ist zulässig.
Insbesondere besitzt die Klägerin die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche
Klagebefugnis, weil sie geltend machen kann, durch die angegriffene
Allgemeinverfügung BK 1 a-09/002 in ihren Rechten verletzt zu sein. Hinsichtlich der
Anordnung der Vergabe folgt dies daraus, dass nach § 55 Abs. 5 Satz 1 TKG
grundsätzlich ein subjektiv öffentliches Recht auf eine (Einzel-) Frequenzzuteilung
besteht, die durch die hier angegriffene Anordnung nach § 55 Abs. 9 TKG in einen
Anspruch auf chancengleiche Teilnahme am Vergabeverfahren umgestaltet wird.
Hinsichtlich der Auswahl des Versteigerungsverfahrens und der Festlegung der
Vergabebedingungen folgt dies für denjenigen, der sich - wie die Klägerin - an der
Frequenzvergabe beteiligt oder beteiligen will, aus der drittschützenden Wirkung des
Diskriminierungsverbots des § 55 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 61 Abs. 6 Satz 1TKG,
59
vgl. BVerwG, Urteil vom 01. September 2009 - 6 C 4.09 - a.a.O., Rdnr. 14 ff.
60
Es ist nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die angegriffenen
61
Entscheidungen über die Anordnung eines Vergabeverfahrens, die Durchführung eines
Versteigerungsverfahrens und die Festlegung der Vergabebedingungen und
Versteigerungsregeln subjektive Rechte der Klägerin verletzten könnten.
Die Klage ist aber nicht begründet. Dies gilt im Übrigen auch hinsichtlich derjenigen
Teile der Klage, die nach den vorstehend getroffenen Feststellungen unzulässig sind,
denn auch insoweit ist die Klage - bei unterstellter Zulässigkeit - unbegründet.
62
Durch die Entscheidung, die Vergabeverfahren BK 1a-09/002 und BK 1-07/003 zu
verbinden und die Frequenzen in einem gemeinsamen Verfahren zu vergeben, wird die
Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (1). Im Übrigen sind weder die Anordnung eines
Vergabeverfahrens (2) noch die Entscheidung, dieses als Versteigerungsverfahren
durchzuführen (3), noch die Festlegung und Regeln des Vergabeverfahrens noch die
Versteigerungsregeln - soweit sie mit der vorliegenden Klage der Sache nach
angegriffen werden - (4) rechtwidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
63
(1) Durch die in Ziffer I. der angegriffenen Allgemeinverfügung BK 1a-09/002 getroffene
Anordnung, die Vergabeverfahren BK 1a-09/002 (Frequenzbereiche 790 bis 862 MHz
sowie 1710 bis 1725 MHz und 1805 bis 1820 MHz) und BK 1-07/003
(Frequenzbereiche 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz) zu verbinden und die Frequenzen in
einem gemeinsamen Verfahren zu vergeben, wird die Klägerin nicht in ihren Rechten
verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In Anwendung ihres nach § 10 VwVfG
bestehenden Verfahrensermessens hat eine verfahrensleitende Behörde auch die
Möglichkeit, unterschiedliche Verwaltungsverfahren in ihrem Zuständigkeitsbereich zu
verbinden, insbesondere dann, wenn dies der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und
Zügigkeit des Verfahrens dient (§ 10 Satz 2 VwVfG). Auch wenn die
Verfahrensverbindung in der äußeren Form eines Verwaltungsaktes erfolgt, betrifft sie
die am Verfahren Beteiligten grundsätzlich nicht in eigenen subjektiven Rechten; das in
§ 10 VwVfG der Behörde eröffnete Verwaltungsermessen dient nämlich ausschließlich
dem öffentlichen Interesse an effizienten Verwaltungsverfahren. Die Norm bietet
keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie daneben auch dem Schutz der von einem
Verwaltungsverfahren betroffenen Bürger oder Unternehmen zu dienen bestimmt ist.
Soweit die Klägerin sich in diesem Zusammenhang in ihrem aus § 55 Abs. 5 Satz 1,
Abs. 3 Satz 1 TKG abgeleiteten Recht auf Zuteilung eines bestimmten
Frequenzspektrums bzw. in ihrem Recht auf chancengleiche Teilhabe am
Vergabeverfahren verletzt sieht, ist ihr entgegen zu halten, dass die behaupteten
Rechtsverletzungen nicht Folge der Verfahrensverbindung, sondern allenfalls Folgen
der nachfolgenden Entscheidungen über die Vergabe und die Wahl des
Vergabeverfahrens sein können. Unzutreffend ist auch die in diesem Zusammenhang
von der Klägerin vorgetragene Behauptung, die Bundesnetzagentur habe es
"unterlassen, für den Frequenzbereich um 800 MHz die Voraussetzungen einer
Vergabe zu prüfen" und dass dies schon bei der im Rahmen der
Verbindungsentscheidung erforderlichen "Ermittlung der Gleichartigkeit der zu
verbindenden Verfahren" erforderlich gewesen sei. Wie sich aus der angefochtenen
Allgemeinverfügung ergibt, hat die Bundesnetzagentur die Voraussetzungen für eine
Vergabe der Frequenzen im Bereich von 800 MHz durchaus geprüft - und dies
zutreffend im Zusammenhang mit ihrer Entscheidung über die Vergabe. Die
vorgelagerte Entscheidung, die unterschiedlichen Vergabeverfahren zu verbinden, hat
allein prozedurale Konsequenzen; im Hinblick auf die Entscheidung, ob und auf welche
Weise alle verfügbaren Frequenzen oder nur Teile davon vergeben werden sollen, ist
die Entscheidung über die Verfahrensverbindung rechtlich neutral.
64
Unabhängig davon lässt die Verfahrensverbindung aber auch in materieller Hinsicht
Rechtsfehler nicht erkennen. Dem Telekommunikationsgesetz lässt sich nicht
entnehmen, dass es der Bundesnetzagentur nicht möglich ist, Verfahren parallel zu
betreiben und die zu treffenden Entscheidungen zu bündeln, sofern sie ihre sachlichen
Zuständigkeiten nicht überschreitet, die geltenden formellen und materiellen
Voraussetzungen beachtet und die Betroffenen durch die Kombination der Verfahren
nicht schlechter gestellt werden als wenn die Verfahren getrennt und nacheinander
durchgeführt und abgeschlossen werden,
65
vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2005 - 10 C 6.04 -, DVBl 2006, 842-847,
843.
66
So liegt es hier. Die Bundesnetzagentur (hier: die Präsidentenkammer) ist für beide der
zusammengeführten Verwaltungsverfahren die zuständige Behörde, die formellen und
materiellen Voraussetzungen beider Verfahren sind im Wesentlichen die gleichen, und
die Verfahrensverbindung führt auch nicht zu Rechtsnachteilen der Betroffenen,
insbesondere bleibt sie ohne Auswirkungen auf deren Rechtsschutzmöglichkeiten.
Dass sich die Frequenzen oberhalb und unterhalb von 1 GHz in physikalisch-
technischer Hinsicht unterscheiden, hindert die Verbindung der Vergabeverfahren nicht,
denn diesen Unterschieden kann - soweit sie von rechtlicher Valenz sind - bei den
nachfolgenden materiellen Entscheidungen über die Vergabe und deren Bedingungen
Rechnung getragen werden. Demgegenüber streiten für die Verfahrensverbindung die
von der Bundesnetzagentur hierzu angeführten Synergie-, Beschleunigungs- und
Vereinfachungseffekte ebenso wie der Umstand, dass die gemeinsame Vergabe aller
Frequenzen in einem Verfahren es den interessierten Unternehmen erleichtert,
Gesamtstrategien zu entwickeln und ihr Bietverhalten entsprechend auszurichten. Dies
hat die Bundesnetzagentur unter Berücksichtigung der dagegen im
Verwaltungsverfahren vorgebrachten Gegenargumente ausführlich gewürdigt und
abgewogen (S. 3645 ff). Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar.
67
(2) Die mit der angegriffenen Allgemeinverfügung BK 1 a-09/002 unter Ziffer II.
getroffene Anordnung, dass der Zuteilung der Frequenzen für den drahtlosen
Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten in den Bereichen 790 bis
862 MHz sowie 1710 bis 1725 MHz und 1805 bis 1820 MHz und 1,8 GHz, 2 GHz und
2,6 GHz ein Vergabeverfahren nach § 61 TKG voranzugehen hat, ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
68
Nach § 55 Abs. 5 TKG werden Frequenzen u.a. dann zugeteilt, wenn sie verfügbar sind
(§ 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 TKG). Sind für Frequenzzuteilungen nicht in ausreichendem
Umfang verfügbare Frequenzen vorhanden oder sind für bestimmte Frequenzen
mehrere Anträge gestellt kann die Bundesnetzagentur nach § 55 Abs. 9 TKG anordnen,
dass der Zuteilung der Frequenzen ein Vergabeverfahren auf Grund der von der
Bundesnetzagentur festzulegenden Bedingungen nach § 61 voranzugehen hat.
69
Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 9 TKG liegen vor. Vorliegend sind nicht in
ausreichendem Umfang verfügbare Frequenzen vorhanden (a). Die Entscheidung, vor
diesem Hintergrund ein Vergabeverfahren anzuordnen, ist rechtlich nicht zu
beanstanden (b).
70
a) Bei der im Rahmen von § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG zu beurteilenden Frage, ob für
71
Frequenzzuteilungen in ausreichendem Umfang Frequenzen vorhanden sind, verfügt
die Bundesnetzagentur über einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren
Beurteilungsspielraum. Zwar ist die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe
regelmäßig Sache der Gerichte, die die Rechtsanwendung der Verwaltungsbehörden
grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen haben. Doch reicht die Pflicht zur
gerichtlichen Überprüfung nicht weiter als die materiell-rechtliche Bindung der
Exekutive. Sie endet dort, wo das materielle Recht der Verwaltungsbehörde in
verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür
hinreichend bestimmte Entscheidungsprogramme vorzugeben. Vor diesem Hintergrund
hat das Bundesverwaltungsgericht Gesetzen unter anderem dann eine
Beurteilungsermächtigung für die Verwaltung entnommen, wenn der von ihr zu
treffenden Entscheidung in hohem Maße wertende Elemente anhaften und das Gesetz
für sie deshalb ein besonderes Verwaltungsorgan für zuständig erklärt, das mit
besonderer fachlicher Legitimation in einem besonderen Verfahren entscheidet, zumal
wenn es sich um ein Kollegialorgan handelt, das mögliche Auffassungsunterschiede
bereits in sich zum Ausgleich bringt und die Entscheidung damit zugleich versachlicht,
BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1992 - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40 <56, 61>;
Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <156 f.>; BVerwG,
Urteil vom 16. Mai 2007 - BVerwG 3 C 8.06 -, BVerwGE 129, 27, Rn. 27 = Buchholz
418.72 WeinG Nr. 30 m.w.N.; Urteil vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06 -,
Buchholz 442.066 § 132 TKG Nr. 1, Rn. 29 f.; Urteil vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 C
38.07 -, Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 2, Rdnr. 16 ff.. Diese Voraussetzungen treffen
auf die Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG
innerhalb des in den §§ 132 ff. TKG geregelten förmlichen Verfahrens durch die
Bundesnetzagentur zu. Dass im Rahmen der ersten Alternative einer
Frequenzknappheit (Frequenzen nicht in ausreichendem Umfang verfügbar) eine
Prognose über den zukünftigen Frequenzbedarf zu treffen ist,
so auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 13 A 2395/07 -, Rdnr. 47 und 60,
MMR 2009, 425-428; Marwinski in Arndt/ Fetzer/ Scherer: Telekommunikationsgesetz,
2008, § 55 Rdnr. 44;
72
und im Rahmen des Tatbestandsmerkmals "in ausreichendem Umfang" auch
Wertungen im Hinblick auf die Erforderlichkeit eines bestimmten Frequenzumfangs zur
Erbringung von Leistungen und Diensten in einem wettbewerblichen Umfeld
unerlässlich sind, liegt auf der Hand und ist ohne weiteres einsichtig. Dies ergibt sich
letztlich auch aus der Gegenüberstellung mit der zweiten in § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG
genannten Alternative. Während sich in der zweiten Alternative die Frequenzknappheit
ohne weiteres aus einem Überhang von (gestellten) Anträgen für bestimmte Frequenzen
ergibt, fehlt es in der ersten Alternative an einem ähnlichen nach wertungsfreien
Maßstäben überprüfbaren Anknüpfungspunkt. Der Gesetzgeber hat damit ersichtlich
darauf verzichtet, der Regulierungsbehörde mit bindender Wirkung Maßstäbe oder
Kriterien vorzugeben, anhand derer sie eine Frequenzknappheit zu ermitteln und zu
beurteilen hat. Dementsprechend wird im Regierungsentwurf zum
Telekommunikationsgesetz auch ausdrücklich ausgeführt, dass eine
Frequenzknappheit vorliegt, wenn entweder für eine bestimmte Frequenz mehrere
Anträge gestellt wurden oder die Regulierungsbehörde "zu der Auffassung gelangt",
dass für Frequenzzuteilungen nicht in ausreichendem Umfang Frequenzen verfügbar
sind,
73
Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes - BT
74
Drs. 15/2316, S. 78.
Dies zeigt, dass auch der Gesetzgeber der Regulierungsbehörde bei der Beurteilung
der Frequenzknappheit offenkundig einen Raum zugestehen wollte, der es ihr
ermöglicht, unter Berücksichtigung prognostischer und wertender Elemente zu einer
"Auffassung" zu gelangen, die sie auch beim Bestehen etwaiger gegenläufiger
Auffassungen rechtsfehlerfrei zum Anknüpfungspunkt für regulatorische Maßnahmen
machen kann. Diesem Anliegen kann nur durch Einräumung eines nur beschränkt
gerichtlich überprüfbaren Beurteilungsspielraums genügt werden.
75
Gemeinschaftsrecht steht dieser Auslegung nicht nur nicht entgegen, sondern stützt
diese. Mit § 55 Abs. 9 TKG hat der Gesetzgeber Art. 7 der Richtlinie 2002/20/EG des
Europäischen Parlaments und Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung
elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie) umgesetzt.
Nach Art. 7 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie hat ein Mitgliedstaat, der erwägt, die zu
erteilenden Nutzungsrechte für Funkfrequenzen zu beschränken, u.a. zu beachten, dass
der Nutzen für die Nutzer maximiert und der Wettbewerb erleichtert wird, und dabei
bestimmten Vorgaben für die Transparenz und Öffentlichkeit des Verfahrens Rechnung
zu tragen. Die Genehmigungsrichtlinie enthält damit keine Vorgaben für etwaige
Bedarfsermittlungen und keine die dahingehenden Erwägungen des Mitgliedstaats
leitende Kriterien. Im Gegenteil sprechen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für
einen umfassenden - und damit die Prognose der Frequenzknappheit einschließenden -
behördlichen Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung über die Durchführung eines
der Frequenzzuteilung vorausgehenden Vergabeverfahrens und dessen Ausgestaltung.
Artikel 7 Abs. 3 der Genehmigungsrichtlinie bestimmt insoweit, dass bei der
Notwendigkeit einer Beschränkung von Nutzungsrechten für Funkfrequenzen der
Mitgliedstaat diese Rechte nach objektiven, transparenten, nichtdiskriminierenden und
verhältnismäßigen Auswahlkriterien erteilt und dass hierbei der Umsetzung der Ziele
nach Artikel 8 der Richtlinie 2002/21/EG vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen
Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie)
gebührend Rechnung zu tragen ist. Artikel 8 der Rahmenrichtlinie enthält ein
umfassendes Programm politischer Ziele und regulatorischer Grundsätze, die bei
Maßnahmen der nationalen Regulierungsbehörden zu berücksichtigen und in einen
Ausgleich zu bringen sind. Damit ist die Einräumung eines Beurteilungsspielraums
bereits bei der Entscheidung darüber, ob Frequenzen in ausreichendem Umfang
vorhanden sind, auch gemeinschaftsrechtlich geboten.
76
Die Knappheitsprognose ist demgemäß vom Gericht nur daraufhin zu überprüfen, ob die
Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen
Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen
Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen
Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das
Willkürverbot nicht verletzt hat,
77
vgl. BVerwG, Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07-, BVerwGE 131,41, Rdnr. 14
ff; Urteil vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 C 38.07 -, a.a.O., Rdnr. 18.
78
Das von der Bundesnetzagentur gefundene Ergebnis, dass die Nachfrage nach den hier
in Rede stehenden Frequenzen das zur Verfügung stehende Spektrum übersteigt und
die Frequenzen mithin knapp im Sinne von § 55 Abs. 9 Satz 1, 1. Alt. TKG sind, ist im
Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden.
79
Die Bundesnetzagentur hat insoweit ausdrücklich eine Prognoseentscheidung
getroffen. Sie hat sich dabei zunächst auf ihre früheren im Zusammenhang mit ihrer
Entscheidung Nr. 34/2007 vom 19. Juni 2007 getroffenen tatsächlichen Feststellungen
bezogen und ausgeführt, die von ihr im Jahre 2005 durchgeführten Anhörungen hätten
für die Frequenzen in den Bereichen 2 GHz und 2,6 GHz einen Nachfrageüberhang
ergeben. So hätten die UMTS- Betreiber einen Frequenzbedarf angemeldet, der das
verfügbare Spektrum bereits ausgeschöpft habe. Damit konkurrierten die Bedarfe
potentieller Neueinsteiger, die ihre Bewerbung um die Frequenzen ebenfalls
angekündigt hätten. Darüber hinaus hätten auch BWA- Netzbetreiber und Hersteller
entsprechender Systemtechnik Interesse an Frequenzen im Bereich von 2,6 GHz
bekundet. Dass später 2 Blöcke á 5 MHz (gepaart) im Bereich 1,8 GHz hinzugekommen
seien, habe die Knappheitslage nicht beseitigt. Insgesamt hätten dem seinerzeit zur
Verfügung stehenden Spektrum von 270 MHz Bedarfsanmeldungen und
Zuteilungsanträge gegenüber gestanden, die die Summe des verfügbaren Spektrums
um 100 MHz überstiegen hätten.
80
Ausgehend von diesem die Frequenzen in den Bereichen von 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6
GHz betreffenden Befund hat die Bundesnetzagentur prognostiziert, dass derzeit ein
noch größerer Bedarf bestehe, und dies insbesondere mit der steigenden Nachfrage
nach hohen Datenraten begründet. Sie hat weiter im Hinblick darauf, dass der seinerzeit
festgestellte Bedarf die Nachfrage um mehr als 100 MHz überstiegen habe,
geschlossen, dass auch unter Berücksichtigung der nunmehr weiter verfügbaren 90
MHz die Knappheit insgesamt fortbestehe. Eine neuerliche förmliche Bedarfsermittlung
hat die Bundesnetzagentur vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die damit
verbundene zeitliche Verzögerung für die Umsetzung der Breitbandstrategie der
Bundesregierung nicht für erforderlich gehalten (S. 3664 f) und ausgeführt, dass die von
ihr durchgeführte Anhörung zum Entwurf der hier angegriffenen Entscheidung die
Knappheitsprognose bestätigt habe. Insbesondere für die Frequenzen im 800 MHz-
Band seien nämlich neue konkrete Bedarfe von allen im Markt tätigen
Mobilfunknetzbetreibern angemeldet worden, die das vorhandene Spektrum unter
Annahme einer Flächenversorgung mit Bandbreiten von 2 bis 3 MBit/s überstiegen.
Ausgehend davon, dass mittel- bis langfristig Bandbreiten von 6 MBit/s angestrebt
würden, sei ein Bedarf von mehr als 160 MHz geltend gemacht worden. Dies werde
durch eine von ihr - der Bundesnetzagentur - in Auftrag gegebene Studie (Arne Börnsen:
Bericht zur Untersuchung der Digitalen Dividende vom 20. Januar 2009) bestätigt, so
dass unter weiterer Berücksichtigung der Tatsache, dass das Spektrum im Bereich von
800 MHz auch für potentielle Neueinsteiger besonders interessant sei, die Annahme
gerechtfertigt sei, dass auch unterhalb von 1 GHz nicht in ausreichendem Umfang
Frequenzen vorhanden seien. Dabei werde sich der Umstand, dass die Frequenzen aus
dem Bereich von 800 MHz und die zusätzlichen Frequenzen aus dem Bereich von 1,8
GHz im Gegensatz zu einem Teil der Frequenzen bei 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz
streitbefangen sei, zusätzlich dahingehend auswirken, dass sich das Interesse der
Bieter auf diese - nicht streitbefangenen Frequenzen - richte.
81
Diese prognostische Beurteilung der Frequenzknappheit ist aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden. Sie ist auf festgestellte Tatsachen gegründet, hält sich an allgemein
gültige Wertungsmaßstäbe und ist auch im Ergebnis nachvollziehbar, plausibel und
hinreichend begründet.
82
Der Einwand der Klägerin, § 55 Abs. 9 TKG verlange immer dann ein formalisiertes
83
Bedarfsermittlungsverfahren, wenn objektive Anhaltspunkte für einen möglichen
Nachfrageüberhang vorlägen, findet im Gesetz keine Stütze. Entgegen der Auffassung
der Klägerin spricht auch nichts Durchgreifendes dagegen, dass die Bundesnetzagentur
zur Absicherung ihrer Prognose auf Ergebnisse der Anhörung zu ihrem
Entscheidungsentwurf verweist, denn die "vor der Entscheidung" durchzuführende
Anhörung der betroffenen Kreise nach § 55 Abs. 9 Satz 2 TKG dient auch der Ermittlung
des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Soweit die Klägerin einwendet, der von
der Bundesnetzagentur angenommene Bandbreitenbedarf sei angesichts der
"typischerweise beobachtbaren Entwicklungen bei Komprimierungsverfahren für die
Datenübermittlung" nicht zwangsläufig und damit nicht hinreichend belegt, verkennt sie,
dass eine Prognose typischerweise nicht auf "zwangsläufige" Entwicklungen
rekurrieren kann, sondern auf vertretbaren und auf Tatsachen gestützten Annahmen
beruhen muss. Die Schlussfolgerung, dass angesichts des in der Vergangenheit ständig
gestiegenen Bandbreitenbedarfs und im Hinblick auf den nunmehr beabsichtigten
zusätzlichen Bandbreitenausbau im ländlichen Bereich auch in der Zukunft mit erhöhten
Bedarfen zu rechnen sei, ist jedenfalls naheliegend und verstößt nicht gegen allgemein
gültige Wertungsmaßstäbe.
Im Hinblick auf die auch gerade durch den Vortrag der Klägerin untermauerten
technischen und ökonomischen Vorteile der Frequenzen unterhalb von 1 GHz und
weiter im Hinblick darauf, dass gerade diese Frequenzen in der Vergangenheit in
besonderer Weise begehrt waren und heute noch sind - wie gerade auch die bei der
Kammer anhängigen und die Vergabe dieser Frequenzen betreffenden Verfahren
belegen - , ist auch die Einschätzung der Bundesnetzagentur, dass die verfügbaren
Frequenzen im 800 MHz- Bereich zur Deckung des Bedarfs nicht ausreichen,
vollumfänglich nachvollziehbar. Soweit die Bundesnetzagentur hier auf
"Interessenbekundungen" und "Bedarfsanmeldungen" verwiesen hat, ist dies vor dem
Hintergrund der branchenbekannten Diskussionen zur Vergabe gerade dieser sehr
begehrten Frequenzen ausreichend, denn dass das zur Verfügung stehende Spektrum
von 2 x 30 MHz (gepaart) zur Bedarfsdeckung ausreichen könnte, war nicht ernstlich
anzunehmen. Im Übrigen hat die Bundesnetzagentur insoweit auch nicht nur auf nicht
näher bezeichnete Anmeldungen und Interessenbekundungen verwiesen, sondern auf
die Bedarfe der am Markt tätigen Mobilfunknetzbetreiber, die das verfügbare Spektrum
bereits um ein Vielfaches überstiegen. Im Hinblick darauf verfängt auch der Einwand der
Klägerin, der im Jahr 2005 festgestellte Bedarf von 370 MHz übersteige das nunmehr
insgesamt zur Verfügung stehende Spektrum von 360 MHz nur so knapp, dass sich die
Notwendigkeit weiterer Ermittlungen hätte aufdrängen müssen, nicht. Er lässt außer
acht, dass die Bundesnetzagentur allein im Bereich der Frequenzen von 800 MHz einen
mittel- bis langfristigen Bedarf von 160 MHz festgestellt hat, so dass sich der im Jahr
2005 ohne Berücksichtigung der Bedarfe im Bereich von 800 MHz ermittelte
Nachfrageüberhang nunmehr beträchtlich erhöht hat.
84
Der Einwand der Klägerin, die Bundesnetzagentur hätte als Folge der Verbindung der
Vergabeverfahren für die unterschiedlichen Frequenzbereiche nicht auf frühere
Knappheitsfeststellungen rekurrieren dürfen, sondern hätte in eine erneute, den durch
die Verbindung der Verfahren geschaffenen neuen Verfahrensgegenstand betreffende
Prüfung der Frequenzknappheit eintreten müssen, führt nicht zu einem
Beurteilungsfehler. Er übersieht, dass die Zusammenfassung der Vergabeverfahren im
Hinblick auf die Annahme einer Frequenzknappheit keine gänzlich neue Situation
geschaffen hat, die früheren Feststellungen zur Knappheit die Grundlage entzieht. Zwar
ist es unerlässlich, die früheren Feststellungen im Hinblick darauf einer Überprüfung zu
85
unterziehen, ob und ggf. mit welchen Einschränkungen sie in einer Situation, in der
zusätzliches Spektrum zur Verfügung steht, noch aufrecht erhalten werden können.
Denn die Annahme, dass zusätzlich verfügbares Spektrum bei gleichbleibender
Nachfrage die Frequenzknappheit mildern oder gar beseitigen kann, ist naheliegend.
Die Notwendigkeit einer solchen Überprüfung hat die Bundesnetzagentur aber erkannt.
Im Zusammenhang mit der Begründung der Verfahrensverbindung hat sie insoweit
ausdrücklich festgehalten, dass die Menge des für die Nutzung bereitgestellten
Spektrums Einfluss auf die Frage der Frequenzknappheit hat (S. 3648, 2. Absatz). Auch
der von der Klägerin der Bundesnetzagentur entgegen gehaltene Umstand, dass sie -
die Bundesnetzagentur - im Zusammenhang mit der Begründung ihrer Entscheidung zur
Verfahrensverbindung ausgeführt hat, die Einbeziehung weiterer Frequenzen könne
den Bietwettbewerb entschärfen und den Zugang zu dem Frequenzspektrum erleichtern
(S. 3648, 4. Absatz), weist nicht zuvörderst auf einen Wertungswiderspruch, sondern
darauf, dass die Bundesnetzagentur den Einfluss eines gestiegenen Angebots auf die
Nachfrage gesehen und berücksichtigt hat.
Die Bundesnetzagentur hat die demnach erforderliche Überprüfung der zuvor
getroffenen Knappheitsprognosen im Lichte des erweiterten Verfahrensgegenstandes
auch beurteilungsfehlerfrei vorgenommen. Sie hat insoweit einerseits auf die
Besonderheiten der Bedarfe an den Frequenzen im 800 MHz- Band verwiesen, die den
zuvor festgestellten Gesamtbedarf beträchtlich erhöht haben. In diesem Zusammenhang
hat sie zudem angeführt, dass wegen der Streitbefangenheit von Frequenzen aus den
Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz die Frequenzen im Bereich von 800 MHz und
die weiteren Frequenzen aus dem Bereich von 1,8 GHz eine höhere Wertschätzung
genießen könnten. Diese Annahmen sind im Rahmen einer Prognose nachvollziehbar
und vertretbar. Dass die Bundesnetzagentur bei diesem Befund zugleich keinen Anlass
gesehen hat, ihre zuvor getroffene Prognose zu den Bedarfen im den Bereichen 2 GHz
und 2,6 GHz zu revidieren, ist im Hinblick auf den hier zuvor festgestellten
beträchtlichen Nachfrageüberhang und im Hinblick auf die vertretbare Annahme eines
gestiegenen - statt gesunkenen - allgemeinen Bedarfs nicht zu beanstanden.
86
b) Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, bei der von ihr festgestellten
Frequenzknappheit gem. § 55 Abs. 9 TKG ein Vergabeverfahren anzuordnen, ist frei
von Rechtsfehlern. Sofern man die "Kann"- Bestimmung in § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG nicht
ohnehin im Sinne einer bloßen Befugnisnorm zu interpretieren hat, hat die
Bundesnetzagentur jedenfalls erkannt, dass ihr durch diese Bestimmung ein
Entschließungsermessen eingeräumt ist, wie sich aus der Begründung der
angefochtenen Allgemeinverfügung (S. 3651, letzter Absatz und S. 3663, dritter Absatz)
ergibt. Zwar finden sich in der angegriffenen Allgemeinverfügung in diesem
Zusammenhang nicht die von der Klägerin vermissten Erwägungen dazu, ob statt eines
Vergabeverfahrens ein Verfahren der Einzelzuteilung zu wählen gewesen wäre. Dies ist
jedoch entbehrlich, denn die Ermessensentscheidung der Behörde ist nach
festgestellter Knappheit im Sinne einer Entscheidung für das Vergabeverfahren
vorgezeichnet, weil im Wesentlichen dieselben Erwägungen - nämlich das
Nichtvorhandensein von Frequenzen in ausreichendem Umfang - sowohl auf der
Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite der Norm maßgeblich sind,
87
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 13 A 2395/07, a.a.O., Rdnr. 61 ff;
88
Sowohl vor dem Hintergrund des in Art. 7 Abs. 1 a) der Genehmigungsrichtlinie
verankerten Gebots der Wettbewerbserleichterung bei der Beschränkung von
89
Nutzungsrechten für Funkfrequenzen als auch als Folge des aus Art. 3 Abs. 1 GG
folgenden Anspruchs auf ein den Anforderungen des Gleichheitssatzes
entsprechendes, chancengleiches Vergabeverfahren verbietet es sich regelmäßig, bei
festgestellter Frequenzknappheit auf ein Vergabeverfahren zu Gunsten von
Einzelzuteilungen zu verzichten,
vgl. Göddel in Beck'scher TKG- Kommentar, 3. Aufl., § 55 Rdnr. 10, der von einer
"Ermessensreduzierung auf Null" bei Frequenzknappheit ausgeht. Vgl. auch Jenny in
Heun: Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl., Teil D, Rz. 190.
90
Vorliegend lagen auch keine Umstände vor, aufgrund derer es hätte angezeigt oder
geboten sein können, im Rahmen der Ausübung des von § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG
eröffneten Ermessens statt der Anordnung eines Vergabeverfahrens eine
Einzelzuteilung der Frequenzen im Bereich von 800 MHz an die Klägerin bzw. die E-
Netzbetreiber in Erwägung zu ziehen. Die Klägerin trägt hierzu vor, auf der Grundlage
des GSM- Konzeptes und der im Jahre 2006 erfolgten Verlagerung von Frequenzen aus
dem 900 MHz- Band an die E- Netzbetreiber habe sich eine bindende
Verwaltungspraxis dahingehend gebildet, dass vor einer Vergabe frei gewordener
Frequenzen im Bereich unterhalb von 1 GHz zunächst im Wege von Einzelzuteilungen
die in diesem Bereich bestehende unterschiedliche Frequenzausstattung von E-
Netzbetreibern einerseits und D- Netzbetreibern andererseits weiter auszugleichen sei
und dass dies auch auf Grund der Regelungen der geänderten GSM- Richtlinie
zwingend sei.
91
Diese von der Klägerin angeführten Umstände waren von der Bundesnetzagentur bei
ihrer Entscheidung zu Gunsten eines Vergabeverfahrens nicht zu berücksichtigen, weil
sie in der Sache unzutreffend sind.
92
Das GSM- Konzept stellt keine das behördliche Ermessen bindende
Verwaltungsvorschrift dar. Das ergibt sich nicht nur aus seiner ausdrücklichen
Bezeichnung als "Konzept", sondern vor allem daraus, dass sich ihm kein
Normsetzungswille im Sinne von der Entscheidung nach § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG
lenkenden Vorgaben entnehmen lässt. Das GSM- Konzept reagiert ausdrücklich (nur)
auf die sich als Folge der im Jahre 2005 erfolgten Änderung der
Frequenznutzungsteilpläne 226 und 227 ergebende Möglichkeit, die sog. E-GSM-
Frequenzen von 880 bis 935 MHz (Unterband) und 925 bis 935 MHz (Oberband) für
digitalen zellularen Mobilfunk zu nutzen. Nur in diesem Zusammenhang kommt es zum
Ergebnis, ein Frequenzzuteilungsverfahren nicht unmittelbar über die neu gewonnen
GSM- Frequenzen, sondern "demnächst" mit den Frequenzen aus dem Bereich 1800
MHz zu eröffnen. Das GSM- Konzept steht daher der hier in Rede stehenden
Vergabeentscheidung nicht nur nicht entgegen, sondern setzt diese sogar - in ihrem
Handlungskomplex III - zumindest grundsätzlich voraus. Auch soweit sich dem GSM-
Konzept in seinem Handlungskomplex I der Wille der Bundesnetzagentur entnehmen
lässt, u.a. die bestehenden asymmetrischen Frequenzausstattungen der bestehenden
GSM- Netzbetreiber anzugleichen, steht dies der hier zu beurteilenden
Vergabeentscheidung nicht entgegen. Das folgt einerseits daraus, dass das GSM-
Konzept sich gar nicht auf die vorliegend zur Vergabe stehenden Frequenzen im 800
MHz- Band (790 bis 862 MHz) erstreckt. Zum anderen trifft das GSM- Konzept Aussagen
nur mit Blick auf das seinerzeit zur Verfügung stehende Spektrum von 20 MHz und
konnte mangels Verfügbarkeit das nunmehr im Bereich von 800 MHz zur Vergabe
stehende weitere Spektrum von 60 MHz noch gar nicht antizipieren. Schließlich hatte
93
das GSM- Konzept in seinem Handlungskomplex I auch keine Vergabe neuer
Frequenznutzungsrechte der hier in Rede stehenden Art zum Gegenstand, sondern nur
eine Verlagerung der Frequenznutzung im Rahmen der bereits erteilten Lizenz- und
Frequenznutzungsrechte.
Dies schließt auch die Annahme aus, die in Folge der Umsetzung des GSM- Konzepts
im Februar 2006 erfolgte Verlagerung von E-GSM- Frequenzen auf die E- Netzbetreiber
ohne vorherige Durchführung eines Vergabeverfahrens habe eine dahingehende
rechtmäßige Verwaltungspraxis mit der Folge begründet, dass auch die nun zur
Vergabe stehenden Frequenzen unterhalb von 1 GHz den E- Netzbetreibern - ganz oder
teilweise - im Wege von Einzelzuteilungen zuzuteilen seien. Da die im Jahre 2005
gegebene Situation sich sowohl hinsichtlich des verfügbaren Spektrums als auch
hinsichtlich der eingeräumten Rechte (Frequenzverlagerung statt -Zuteilung)
maßgeblich von der hier in Rede stehende Situation unterscheidet, kann von einer
tatsächlichen Verwaltungspraxis, die unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes
zu einer Selbstbindung der Verwaltung hätte führen können, schon aus diesem Grunde
nicht die Rede sein.
94
Schließlich führt auch die geänderte GSM- Richtlinie weder ihrem Wortlaut noch ihrem
Sinn und Zweck nach dazu, dass die Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer nach § 55
Abs. 9 Satz 1 TKG zu treffenden Entscheidung eine Einzelzuteilung von Frequenzen im
Bereich von 800 MHz an die Klägerin bzw. an die E- Netzbetreiber hätte in Betracht
ziehen müssen. Auch insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die geänderte
GSM- Richtlinie keine Anwendung auf die hier in Rede stehenden Frequenzen im 800
MHz- Band findet, sondern sich ausdrücklich nur auf die Frequenzen 880 - 915 MHz und
925 - 960 MHz (900 MHz- Band) bezieht. Die Richtlinie begründet demgemäß auch
keine Umsetzungspflichten im Hinblick auf das 800 MHz- Band.
95
Im Übrigen lassen sich auch aus Sinn und Zweck der geänderten GSM- Richtlinie keine
Umstände entnehmen, die mit Rücksicht auf die bis zum 9. Mai 2010 gebotene
Umsetzung der Richtlinie im Rahmen der von der Bundesnetzagentur nach § 55 Abs. 9
Satz 1 TKG zu treffenden Entscheidung hätten Berücksichtigung finden müssen. Weder
die aus Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie folgende Verpflichtung, die Frequenzen im 900 MHz
Band für GSM und UMTS verfügbar zu machen, noch die aus Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie
folgende Verpflichtung, bei der Umsetzung der Richtlinie zu untersuchen, ob aufgrund
der bestehenden Zuteilung des 900 MHz- Bands Wettbewerbsverzerrungen
wahrscheinlich sind und solche Verzerrungen - soweit dies gerechtfertigt und
verhältnismäßig ist - zu beseitigen, ist geeignet, die Durchführung eines
Vergabeverfahrens für Frequenzen im 800 MHz- Band ernstlich in Frage zu stellen. Die
Pflicht zur Untersuchung und ggf. Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen bezieht
sich - wie sich deutlich aus Erwägungsgrund 6 der Richtlinie ergibt - (nur) auf solche
Wettbewerbsverzerrungen, die als Folge der Liberalisierung der Nutzung des 900 MHz-
Bandes dadurch entstehen, dass in diesem Band "Dienste der dritten Generation"
betrieben werden können. Zwar wird man hier nicht entscheidungserheblich darauf
verweisen können, dass solche Wettbewerbsverzerrungen gegenwärtig schon
deswegen nicht zu berücksichtigen seien, weil das 900 MHz- Band noch von keinem
der im deutschen Markt tätigen Mobilfunknetzbetreiber für derartige Dienste genutzt
wird. Dem steht entgegen, dass Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM- Richtlinie eine
Prognose zukünftig möglicherweise eintretender Verzerrungen erfordert, wie sich aus
dem Hinweis auf "wahrscheinliche" Verzerrungen ergibt. Gleichwohl sind derartige
Wettbewerbsverzerrungen bei der Umsetzung der Richtlinie, d.h. bei Maßnahmen, die
96
der Liberalisierung des 900 MHz- Bandes dienen, zu untersuchen und ggf. zu
beseitigen. Soweit sich hierbei mittelbar auch Auswirkungen auf Entscheidungen über
Frequenznutzungsrechte in anderen Bändern ergeben können, die hier wegen der
ähnlichen physikalischen Eigenschaften mit den Frequenzen im 800 MHz- Band nicht
ausgeschlossen erscheinen, sind diese von der Bundesnetzagentur aber hinreichend
gesehen und angemessen berücksichtigt worden. Sie hat nämlich in der hier streitigen
Allgemeinverfügung ausdrücklich Bezug genommen auf ihre Entscheidung vom selben
Tage "zur Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte für drahtlose Netzzugänge zum
Angebot von Telekommunikationsdiensten in den Bereichen 450 MHz, 900 MHz, 1800
MHz, 2 GHz und 3,5 GHz" - Verfügung Nr. 58/2009 (Abl. BNetzA 20/2009 vom
21.10.2009) (S. 3691, 2. und 3. Absatz) und damit auch die beabsichtigte Vergabe von
Spektrum im Bereich von 800 MHz im Zusammenhang mit der Flexibilisierung der GSM-
Frequenznutzungsrechte gewürdigt. In der damit in Bezug genommenen Entscheidung
58/2009 hat die Bundesnetzagentur unter ausdrücklicher Würdigung des Einwands
vorhandener bzw. zukünftig eintretender Wettbewerbsverzerrungen als "Maßnahme 1"
die Durchführung des hier streitgegenständlichen Vergabeverfahrens bekräftigt.
(3) Auch die mit der angegriffenen Allgemeinverfügung BK 1 a-09/002 unter Ziffer III.
getroffene Anordnung, dass das Vergabeverfahren als Versteigerungsverfahren
durchgeführt wird, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
97
Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG ist bei angeordnetem Vergabeverfahren das in § 61 Abs. 5
TKG geregelte Verfahren, d.h. ein Versteigerungsverfahren, durchzuführen, es sei denn,
dieses Verfahren ist nicht geeignet, die Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG
sicherzustellen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann dies insbesondere der Fall sein,
wenn auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt, für den die Funkfrequenzen unter
Beachtung des Frequenznutzungsplans verwendet werden dürfen, bereits Frequenzen
ohne vorherige Durchführung eines Versteigerungsverfahrens zugeteilt wurden, oder
der Antragsteller für die zuzuteilenden Frequenzen eine gesetzlich begründete
Präferenz geltend machen kann.
98
Bei der hiernach erforderlichen Entscheidung, ob statt des "grundsätzlich" angeordneten
Versteigerungsverfahren - ausnahmsweise - ein anderes Verfahren durchgeführt
werden soll, kommt der Bundesnetzagentur ein gerichtlich nur eingeschränkt
überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu,
99
vgl. hierzu Ruthing in Arndt, Fetzer, Scherer: Telekommunikationsgesetz, § 61 Rdnr. 17;
Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 TKG, Rdnr. 40; Jenny in
Heun: Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl., Teil D, Rz. 196; Geppert in
Beck'scher TKG- Kommentar, 3. Aufl., § 61 Rdnr. 8.
100
Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG setzt diese Entscheidung nämlich die Feststellung voraus,
dass das Versteigerungsverfahren nicht geeignet ist, die Regulierungsziele nach § 2
Abs. 2 TKG sicherzustellen. Die Beurteilung dieser Frage setzt eine in hohem Maße
wertende Betrachtung und komplexe Abwägung der teilweise gegenläufigen
Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG voraus, die vorliegend nach § 132 Abs. 1 und 3
TKG der mit besonderer Sachkunde ausgestatteten Beschlusskammer - hier der
Präsidentenkammer - zugewiesen ist, die ihre Entscheidung in einem mit besonderen
Antrags- und Beteiligungsrechten ausgestatteten, förmlichen Verwaltungsverfahren (§§
132 ff. TKG) trifft. Das Entscheidungsergebnis ist dabei weitgehend frei von festen
normativen Vorgaben und setzt eine prognostische Beurteilung darüber voraus, wie die
101
unterschiedlichen Ziele der Regulierung unter Berücksichtigung aller
abwägungserheblichen öffentlichen und privaten Belange bestmöglich zu erreichen
sind. In derartigen Fällen reicht die Pflicht zur gerichtlichen Überprüfung nicht weiter als
die materiell-rechtliche Bindung der Exekutive. Sie endet dort, wo - wie hier - das
materielle Recht der Verwaltungsbehörde in verfassungsrechtlich unbedenklicher
Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte
Entscheidungsprogramme vorzugeben, vgl. hierzu insbesondere: BVerwG, Urteil vom
28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06, a.a.O., Rdnr. 28 ff m.w.N.. Mithin ist die
Entscheidung der Bundesnetzagentur auch insoweit vom Gericht nur daraufhin zu
überprüfen, ob die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten wurden, von einem
richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen wurde, der
erhebliche Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wurde und sich die
eigentliche Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten,
insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat,
vgl. BVerwG, Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07-, a.a.O., Rdnr. 14 ff; Urteil
vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 C 38.07-, a.a.O., Rdnr. 18.
102
Der so skizzierte Beurteilungsspielraum wird durch das Vorliegen eines der in § 61 Abs.
2 TKG genannten Beispiele auch nicht eingeschränkt. Nach dieser Bestimmung kann
ein Versteigerungsverfahren insbesondere dann zur Sicherstellung der
Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG ungeeignet sein, wenn auf dem sachlich und
räumlich relevanten Markt bereits Frequenzen ohne vorherige Durchführung eines
Versteigerungsverfahrens zugeteilt wurden oder wenn der Antragsteller für die
zuzuteilenden Frequenzen eine gesetzlich begründete Präferenz geltend machen kann.
103
Wie bereits die gesetzliche Formulierung "dies kann insbesondere der Fall sei, wenn ..."
aufweist, handelt es sich bei dem in § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG angesprochenen Fall
nicht um ein "Regelbeispiel" im herkömmlichen Sinne mit der Folge, dass bei dessen
tatbestandlichem Vorliegen üblicherweise die gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge
eintreten soll. Vielmehr weist das Beispiel nur darauf hin, dass für den Fall, dass es auf
Tatbestandsseite erfüllt sein sollte, die Voraussetzungen für die Durchführung eines
Versteigerungsverfahrens wegen dessen Ungeeignetheit zur Erreichung der
Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG nicht vorliegen "können". Die Norm bestimmt
weder, dass das Versteigerungsverfahren in den beiden dort aufgeführten
Beispielsfällen "in der Regel" oder "grundsätzlich" nicht geeignet ist, noch wird
vorgegeben, dass das Versteigerungsverfahren nicht durchgeführt werden "soll", wenn
eines der Beispiele tatbestandlich vorliegt. Den in § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG genannten
Beispielen kommt damit im Wesentlichen ein Hinweischarakter im Sinne eines
qualifizierten Prüfauftrags zu mit der Folge, dass die Bundesnetzagentur in Fällen, in
denen die Beispiele erfüllt sein können, dies zu berücksichtigen und im Hinblick auf die
Sicherstellung der Regulierungsziele nach Art. 2 Abs. 2 TKG einer Überprüfung zu
unterziehen hat. Das Vorliegen eines der in § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG genannten
Beispiele führt aber nicht dazu, dass es das in Satz 1 dieser Vorschrift angelegte Regel-
Ausnahme- Verhältnis aufhebt, vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der
Bundesregierung, BT-Drs. 15/2316, 55, 80 (zu § 59 Abs. 2 TKG-RegE).
104
Gemessen an diesen Vorgaben stellt sich die Entscheidung der Beklagten, das
Vergabeverfahren in Form einer Versteigerung durchzuführen, nicht als
beurteilungsfehlerhaft dar. Für den hier in Rede stehenden sachlich und räumlich
relevanten Markt, den die Bundesnetzagentur gem. § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TKG in
105
Ziffer IV.2 Nrn. 1 und 2 der angefochtenen Allgemeinverfügung als den bundesweiten
Markt für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten
bestimmt hat, sind zuvor noch keine Frequenzen ohne vorherige Durchführung eines
Versteigerungsverfahrens vergeben worden. Zwar hat die Klägerin im Jahr 2006 sog.
"EGSM"- Frequenzen ohne Durchführung eines Versteigerungsverfahrens erhalten -
dies in Ausführung des GSM- Konzepts, aber nicht im Wege einer "Vergabe" der jetzt in
Rede stehenden Art, sondern im Wege einer Verlagerung im Rahmen bestehender
Frequenznutzungsrechte. Außerdem waren diese Frequenzen dem GSM-
Mobilfunkmarkt (digitaler zellularer Mobilfunk) gewidmet und nicht dem hier
maßgeblichen Markt für den drahtlosen Netzzugang.
Im Übrigen hat die Bundesnetzagentur den Umstand, dass zuvor GSM- Lizenzen ohne
Durchführung eines Versteigerungsverfahrens vergeben wurden, in der angegriffenen
Allgemeinverfügung auch gewürdigt (S. 3667 f) und insoweit auf die Begründung der
Verfügung Nr. 34/2007 vom 19. Juni 2007 verwiesen. Dort hat sie - zutreffend -
ausgeführt, dass frühere Vergaben ohne Versteigerung nicht zwangsläufig dazu führen,
dass ein Ausschreibungsverfahren zur Anwendung kommen müsse, und darauf
abgestellt, dass der nunmehr weit bestimmte Verwendungszweck es gebiete, auch
frühere Versteigerungsverfahren, beispielsweise für UMTS/IMT-2000- Frequenzen, in
die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei ergebe sich, dass Frequenznutzungen des
digitalen zellularen Mobilfunks bisher im Wege aller gesetzlich vorgesehenen
Zuteilungsmöglichkeiten vergeben worden und die Marktzutrittschancen in der
Vergangenheit damit nicht einheitlich, sondern heterogen gewesen seien. Da der
Schutzzweck des ersten Beispiels in § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG darin bestehe,
unzumutbare wettbewerbliche Benachteiligungen durch asymmetrische
Marktzutrittsbedingungen zu verhindern, könne daher auch für die jetzt zur Vergabe
stehenden Frequenzen ein Versteigerungsverfahren durchgeführt werden. Dies ist nicht
zu beanstanden.
106
Auch im Übrigen bewegt sich die Entscheidung der Bundesnetzagentur, von einem
Versteigerungsverfahren nicht abzusehen, im Rahmen des ihr zustehenden
Beurteilungsspielraums. Die Klägerin stellt dem vornehmlich ihre Auffassung entgegen,
nach der das Versteigerungsverfahren zur Sicherung der Regulierungsziele des § 2
Abs. 2 Nr. 2 TKG (Sicherung chancengleichen Wettbewerbs), des § 2 Abs. 2 Nr. 5 TKG
(Sicherstellung einer flächendeckendeckenden Grundversorgung) und § 2 Abs. 2 Nr. 1
TKG (Wahrung der Nutzer- und Verbraucherinteressen) nicht geeignet sei. Sie trägt
hierzu vor, das Versteigerungsverfahren berge in sich die Gefahr der Verfestigung und
Verstärkung der bestehenden Asymmetrien der Frequenzausstattungen der vier
etablierten Mobilfunknetzbetreiber im Bereich der Frequenzen unterhalb von 1 GHz. Die
mit mehr Marktmacht ausgestatteten D- Netzbetreiber hätten nämlich einen Anreiz und
wegen ihrer Finanzkraft auch die Möglichkeit, so viel Spektrum wie möglich zu
ersteigern, wodurch die bereits bestehenden Marktungleichgewichte nicht nur nicht
beseitigt, sondern verstärkt würden. Zudem könne in einem Ausschreibungsverfahren
besser ermittelt werden, welcher der Bewerber um die Frequenzen geeignet sei, die mit
der Zuteilung verbundenen Versorgungsverpflichtungen zu erfüllen.
107
Diese Kritik führt nicht auf einen Rechtsfehler bei der Entscheidung über die Art des
Vergabeverfahrens. Die Bundesnetzagentur hat insoweit zunächst zutreffend erkannt,
dass der Gesetzgeber das Versteigerungsverfahren als vorrangig ausgestaltet hat und
daher ein Absehen von einer Versteigerung besonders begründungspflichtig ist. Sie hat
in diesem Zusammenhang die ihr vorgetragenen Einwände gegen ein
108
Versteigerungsverfahren - insbesondere die angebliche Ungeeignetheit zur schnellen
Schließung von Versorgungslücken im ländlichen Bereich, die Gefährdung der
Sicherstellung einer störungsfreien Versorgung, die befürchtete Beeinträchtigung des
Wettbewerbs auf dem deutschen Mobilfunkmarkt und die Verhinderung des
Markteintritts von Neueinsteigern - einer Überprüfung unterzogen und maßgeblich
darauf abgestellt, dass eine Auktion gut geeignet sei, diejenigen Bewerber
auszuwählen, die am besten geeignet seien, die Frequenzen effizient zu nutzen.
Hinsichtlich der vorgetragenen Befürchtungen für den Wettbewerb und für eine
störungsfreie Nutzung hat sie auf die Vergabebedingungen und die Auktionsregeln
verwiesen, die entsprechende Steuerungen zur Vermeidung oder Verringerung der
befürchteten Auswirkungen ermöglichten.
Dies ist - auch vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber im Rahmen der
Frequenzordnung in § 52 Abs. 1 TKG das Regulierungsziel der effizienten und
störungsfreien Frequenznutzung (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG) als prioritär ausgestaltet hat -
rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die Bundesnetzagentur nicht gehindert,
schon bei der Entscheidung für das Versteigerungsverfahren nach § 61 Abs. 2 TKG zu
berücksichtigen, dass dieses bei der nachfolgenden Festlegung von Bedingungen und
Regeln nach § 61 Abs. 4 und 5 TKG weitere Gestaltungsspielräume eröffnet, die es
ermöglichen, etwaigen mit diesem Verfahren verbundenen Nachteilen und Gefahren
wirksam zu begegnen. Die Entscheidung für oder gegen ein Versteigerungsverfahren
muss zwangsläufig die Möglichkeiten und Grenzen der unterschiedlichen Alternativen in
den Blick nehmen und dabei auch Erwägungen berücksichtigen, die die spätere
konkrete Ausgestaltung der Verfahren betreffen. Entgegen der Auffassung der Klägerin
lässt sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur selbständigen
Anfechtbarkeit der Anordnung des Vergabeverfahrens, der Wahl des Vergabeverfahrens
und der Festlegung der Vergabebedingungen (BVerwG, Urteil vom 01. September 2009
- 6 C 4.09-, a.a.O.) Gegenteiliges nicht entnehmen.
109
Auch Europäisches Gemeinschaftsrecht steht der Durchführung des
Versteigerungsverfahrens nicht entgegen. Artikel 7 Abs. 4 Satz 1 der
Genehmigungsrichtlinie lässt bei der Einräumung von Nutzungsrechten für
Funkfrequenzen wettbewerbsorientierte Auswahlverfahren ausdrücklich zu. Dass die
Bundesnetzagentur mit der Anordnung der Versteigerung unter Verstoß gegen Artikel
86 Abs. 1 i.V.m. Art. 82 EG eine Situation geschaffen hätte, in der ein Unternehmen der
in Art. 86 Abs. 1 EG genannten Art zur missbräuchlichen Ausnutzung seiner
beherrschenden Stellung veranlasst wird, vgl. EuGH, Urteile vom 13. Dezember 1991 -
C-18/88 - Slg.1991, I-5941, Rdnr. 20, vom 17. Juli 1997 - C-242/95 - Slg. 1997, I-4449,
Rdnrn. 33 und 34, vom 25. Juni 1998 - C-203/96 -, Slg. 1998, I-4075, Rdnr. 61, vom 22.
Mai 2003 - C 462/99 - Slg. 2003 Seite I-05197, Rdnr. 80, ist nicht zu sehen. Durch die
Anordnung eines Versteigerungsverfahrens werden weder ungleiche Zugangschancen
geschaffen noch wird ein Unternehmen veranlasst, eine beherrschende Stellung
missbräuchlich auszunutzen. Selbst wenn sich die Befürchtung der Klägerin, dass die
D- Netzbetreiber das ihnen maximal zugängliche Spektrum im Bereich der Frequenzen
von 800 MHz ersteigern, bewahrheiten sollte, läge darin nicht die missbräuchliche
Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung der D- Netzbetreiber, sondern die
legitime Ausnutzung der ihnen eingeräumten Bietrechte. Es liegt im Wesen einer
Versteigerung, dass der Zuschlag ausschließlich vom Höchstgebot und nicht von der
Ausübung von Marktmacht abhängig ist.
110
Schließlich ist die Entscheidung für die Durchführung eines Versteigerungsverfahrens
111
auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Bundesnetzagentur es versäumt hat, den
durch die Nutzungsbestimmung 36 gem. § 2 Abs. 3 FreqBZPV geschaffenen
Gemeinwohlbezug der Frequenzen im 800 MHz- Bereich in dem Sinne zu würdigen,
dass dieser ein Versteigerungsverfahren ausschließt. Die Bundesnetzagentur hat den
Umstand, dass die genannten Frequenzen vorrangig zur Schließung von
Versorgungslücken in ländlichen Bereichen dienen sollen, ausdrücklich gewürdigt und
ausgeführt, dass diesem Anliegen im Rahmen eines Versteigerungsverfahrens durch
die regulatorische Vorgabe von Versorgungsgraden gem. § 61 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 TKG
Rechnung getragen werden kann (S. 3668, 3. Absatz). Sie hat überdies darauf
abgehoben, dass sich das Versteigerungsverfahrens als zügiges Verfahren bewährt
habe und deswegen u.a. auch zu einer schnellen Bereitstellung der sog. "digitalen
Dividende" im Sinne der Breitbandstrategie der Bundesregierung geeignet sei (S. 3669,
5. Absatz). Diese Erwägungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang ausführt, wegen des genannten
Gemeinwohlbezuges sei in Anlehnung an den in § 61 Abs. 2 Satz 3 TKG für
Frequenzen für Rundfunkdienste vorgesehenen Ausschluss des
Versteigerungsverfahrens auch für die hier in Rede stehenden Frequenzen im 800 MHz-
Band ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen, kann ihr schon im Ansatz nicht
gefolgt werden. Das Telekommunikationsgesetz enthält im Hinblick auf die
Sonderstellung des Rundfunks als Medium der Meinungsbildung und wegen der
Verzahnung von Bundeskompetenz für Frequenzverwaltung und Länderkompetenz für
den Rundfunk neben der Regelung in § 61 Abs. 2 Satz 3 TKG eine Reihe von
Sonderregelungen (§ 57 Abs. 1 TKG, § 62 Abs. 2 Satz 3 TKG, § 63 Abs. 5 TKG), vgl.
Jenny in Heun: Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl., Teil D, Rdnr. 324 f;
Geppert in Beck'scher TKG- Kommentar, 3. Aufl., § 61 Rdnr. 58 f. deren Anwendung auf
andere als die geregelten Sachverhalte sich wegen der genannten Besonderheiten
verbietet.
112
(4) Auch die mit der angegriffenen Allgemeinverfügung BK 1 a-09/002 getroffenen
Regelungen unter Ziffer IV (Festlegung und Regeln des Vergabeverfahrens) und unter
Ziffer V (Versteigerungsregeln) sind - soweit sie von der Klägerin der Sache nach mit
ihren Hilfsanträgen zu 2 bis 5 angegriffen werden und damit Gegenstand der
gerichtlichen Überprüfung sind - rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren
Rechten.
113
Die Klägerin wendet sich in diesem Zusammenhang gegen die in Ziffer IV. 3.2 der
Allgemeinverfügung für den Frequenzbereich 790 bis 862 MHz festgelegte Bestimmung
der Bietrechte (Spektrumskappen) und die damit in Ziffer V.1.5 korrespondierenden
Regelungen zu den maximalen "Lot Ratings" (Hilfsanträge zu 2 und zu 3).
114
Nach § 61 Abs. 5 Satz 1 TKG legt die Bundesnetzagentur im Falle der Versteigerung
vor der Durchführung des Vergabeverfahrens die Regeln für die Durchführung des
Versteigerungsverfahrens im Einzelnen fest; diese müssen objektiv, nachvollziehbar
und diskriminierungsfrei sein und die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen
berücksichtigen. In Ansehung ihrer weiten Fassung ermöglicht es diese Vorschrift auch,
Bietrechte einzelner Teilnehmer an der Auktion zu beschränken,
115
vgl. hierzu Jenny in Heun: Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl., Teil D, Rdnr.
219 ff..
116
Das ergibt sich nicht nur daraus, dass die Bundesnetzagentur nach § 61 Abs. 3 Satz 1
TKG einen Antragsteller sogar vollständig von der Teilnahme an einem
Vergabeverfahren ausschließen kann, wenn zu erwarten ist, dass durch dessen
erfolgreiches Gebot ein chancengleicher Wettbewerb auf dem sachlich und räumlich
relevanten Markt gefährdet wird und sich die abstrakte Beschränkung von Bietrechten
gegenüber dem vollständigen Ausschluss eines oder mehrerer Antragsteller als eine
Maßnahme geringeren Gewichts und geringerer Eingriffsintensität darstellt. Es folgt
auch daraus, dass die Bundesnetzagentur bei der Zuteilung von Frequenzen gem. § 52
Abs. 1 TKG die effiziente und störungsfreie Nutzung von Frequenzen unter
Berücksichtigung aller in § 2 Abs. 2 TKG genannten Regulierungsziele sicherstellen
muss. Kommt die Bundesnetzagentur zum Ergebnis, dass ohne die Beschränkung von
Bietrechten die Regulierungsziele gefährdet sind, z.B. weil nicht auszuschließen ist,
dass einzelne Bieter eine Frequenzausstattung erwerben könnten, die sich im Ergebnis
wettbewerbshindernd auswirken könnte, hat sie daher im Rahmen ihrer nach § 55 Abs.
9 Satz 1 TKG i.V.m. § 61 Abs. 5 TKG gegebenen Aufgabe, die Vergabebedingungen
und Regeln für die Durchführung des Versteigerungsverfahrens festzulegen, auch die
Befugnis, Bietrechte zu beschränken.
117
Auch bei der Frage, ob und in welchem Umfang hiernach Bietrechte beschränkt werden
sollen, kommt der Bundesnetzagentur ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer
Beurteilungsspielraum zu. Das ergibt sich in Anlehnung an die oben getroffenen
Feststellungen zu den Beurteilungsspielräumen bei der Anordnung und der Wahl des
Vergabeverfahrens wiederum daraus, dass die Beurteilung der Frage, ob im Hinblick
auf die Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung unter
Berücksichtigung der Regulierungsziele in § 2 Abs. 2 TKG Bietrechte zu beschränken
sind, in erheblichem Umfang wertende und prognostische Elemente enthält. Das
Telekommunikationsgesetz bringt dies auch dadurch zum Ausdruck, dass es in § 61
Abs. 5 Satz 1 TKG die Festlegung der Regeln für das Versteigerungsverfahren lediglich
an die Erfordernisse der Objektivität, Nachvollziehbarkeit und Diskriminierungsfreiheit
bindet und auf weitere konkrete normative Vorgaben verzichtet,
118
vgl. VG Köln, Urteil vom 24. Mai 2002 - 11 K 9775/00 -, MMR 2003, 61-64, Rdnr. 37 ff;
Geppert in Beck'scher TKG- Kommentar, 3. Aufl., § 61 Rdnr. 17; Koenig: Die
verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Vergabe der Frequenzen aus der Digitalen
Dividende, K&R 2009, 696-701, 700.
119
Gemessen hieran ist die in Ziffer IV.3.2 getroffene Beschränkung der Bietrechte und die
damit korrespondierenden Regelungen zu den "Lot Ratings" in Ziffer V.1.5 nicht zu
beanstanden. Insbesondere ist diese Beschränkung nicht deswegen rechtsfehlerhaft,
weil die Bundesnetzagentur keine darüber hinausgehende weitere Beschränkung zu
Lasten der D- Netzbetreiber angeordnet hat. Die Klägerin trägt in diesem
Zusammenhang im Wesentlichen vor, die Bundesnetzagentur habe es versäumt
sicherzustellen, dass keine Anreize zu einem Verdrängungswettbewerb geschaffen
würden. Sie habe die Bietrechtsbeschränkungen einseitig zu Gunsten der D-
Netzbetreiber ausgestaltet und damit rechtswidrig eine Gefährdung des
chancengleichen Wettbewerbs auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt
hingenommen. Sie habe es schon versäumt zu ermitteln, ob bei bestimmten
Ergebnissen der Auktion solche Gefahren drohten. Dies wäre aber zwingend gewesen,
weil das Bundeskartellamt Hinweise auf eine gemeinsame Marktbeherrschung der D-
Netzbetreiber gesehen habe und somit Anhaltspunkte dafür bestünden, dass auf dem
relevanten Markt kein funktionierender Wettbewerb bestehe. Grundsätzlich habe die
120
Bundesnetzagentur seit dem GSM- Konzept auch anerkannt, dass die unterschiedliche
Ausstattung der D- und E- Netzbetreiber mit Frequenzen unterhalb von 1 GHz zu einer
wettbewerblichen Chancenungleichheit führe. Diese Ungleichheit würde sich noch
erheblich verstärken, wenn die D- Netzbetreiber - was wahrscheinlich sei - ihre
Bietrechte maximal ausnützten und jeweils 2 x 10 MHz der Frequenzen ersteigern
würden. Sie verfügten dann im Bereich der Frequenzen unterhalb von 1 GHz insgesamt
über jeweils 2 x 22,4 MHz. Die Klägerin könne in diesem Szenario auf maximal 2 x 15
MHz kommen oder aber - bei einem Erfolg der anderen E- Netzbetreiberin - nicht über
den derzeitigen Bestand von 2 x 5 MHz hinauskommen. Der damit zu erwartende
Nachteil wiege besonders schwer, weil auch aus der Sicht der Bundesnetzagentur eine
Zuteilung von mehr als 2 x 5 MHz für eine effiziente Versorgung der ländlichen Räume
erforderlich sei. Das führe zwangsläufig dazu, dass bei dem zu erwartenden Ausgang
der Auktion mindestens einer der vier Mobilfunknetzbetreiber kein ausreichendes
Spektrum im Bereich von 800 MHz erhalten werde.
Unabhängig davon liege eine Diskriminierung der E- Netzbetreiber auch darin, dass
diese unter Berücksichtigung des von ihnen gehaltenen Bestandes an Frequenzen
unterhalb von 1 GHz nur auf maximal 2 x 20 MHz, die D- Netzbetreiber aber auf maximal
2 x 22,4 MHz kommen könnten. Dies widerspreche der von der Bundenetzagentur
zugleich getroffenen Regelung, dass unter Berücksichtigung der bestehenden
Frequenzausstattungen im Bereich von 900 MHz die Bietrechte auf eine Ausstattung
von 2 x 20 MHz beschränkt würden. Für die D- Netzbetreiber seien die Bietrechte damit
auch mathematisch falsch festgesetzt worden. Widersprüchlich sei die Beschränkung
der Bietrechte der D- Netzbetreiber auf (nur) 2 x 10 MHz deshalb, weil sie mit dem
Erfordernis dieser Mindestausstattung für eine effiziente Frequenznutzung begründet
werde, von der Festlegung einer entsprechenden Grundausstattung gem. § 61 Abs. 4 S.
2 Nr. 3 TKG aber abgesehen worden sei.
121
Auch die Möglichkeiten der sog. Bandbreitenaggregation habe die Bundesnetzagentur
nicht hinreichend gewürdigt. Diese ermögliche eine technische Verbindung der
Frequenzen im 800 MHz- Band mit solchen im 900 MHz- Spektrum und gewährleiste
deswegen auch unter der Annahme, dass ein Spektrum von mindestens 2 x 10 MHz aus
Effizienzgründen erforderlich sei, für Netzbetreiber mit Frequenzen im Spektrum von 900
MHz einen sinnvollen Einsatz von weniger als 2 x 10 MHz im Spektrum von 800 MHz. In
diesem Zusammenhang habe die Bundesnetzagentur fälschlich angenommen, die
technische Verfügbarkeit der Bandbreitenaggregation sei nicht hinreichend
prognostizierbar, und den damit für die D- Netzbetreiber möglicherweise verbundenen
Aufwand fehlgewichtet. Zumindest hätte die Bundesnetzagentur in den
Versteigerungsbedingungen Vorsorge dafür treffen müssen, dass spätestens dann,
wenn die Bandbreitenaggregation zur Verfügung stehe, die D- Netzbetreiber auf einen
Teil ihres Spektrums verzichten müssten. Ob die D- Netzbetreiber tatsächlich die
Absicht hätten, das 900 MHz - Band auch für Bandbreitenaggregation zu nutzen, sei
unerheblich, und der Hinweis darauf, dass eine erneute Überprüfung der
wettbewerblichen Rahmenbedingungen bis 2016 im Rahmen der Flexibilisierung der
Nutzung der GSM- Frequenzen erfolge, sei verfehlt.
122
Diese Einwände der Klägerin führen nicht zur Rechtswidrigkeit der getroffenen
Bietrechtsbeschränkungen. Die Bundesnetzagentur hat die Spektrumskappe
insbesondere im Hinblick auf die Regulierungsziele eines chancengleichen
Wettbewerbs und der Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte (§ 2 Abs. 2
Nr. 2 TKG) sowie der Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3
123
TKG) für geboten erachtet (S. 3686, 5. Absatz). Sie hat es zur Sicherstellung eines
chancengleichen Zugangs zu den Frequenzen im 800 MHz- Spektrum zunächst für
erforderlich gehalten zu vermeiden, dass ein einziger Bieter diese Frequenzen
ersteigern kann, und darauf abgestellt, dass einerseits sichergestellt werden solle, dass
ein Neueinsteiger eine Chance erhalte, und dass andererseits auch den vier
bestehenden Mobilfunkunternehmen die Möglichkeit des Zugangs zu diesen
Frequenzen eröffnet werden solle (Seite 3686 f). Die Bundesnetzagentur hat es
dementsprechend angesichts der relativ geringen Menge an verfügbarem Spektrum von
insgesamt (nur) 2 x 30 MHz (gepaart) für sachgerecht gehalten, zunächst eine
Obergrenze von 2 x 20 MHz (gepaart) festzulegen. Dies - so die Bundesnetzagentur -
gebe einerseits einem potentiellen Neueinsteiger die Möglichkeit, eine hinreichende
Ausstattung für einen kostengünstigen Netzaufbau zu erwerben. Andererseits gebe dies
auch den etablierten Netzbetreibern die Chance, zusätzliches Spektrum unter 1 GHz zu
erhalten. In diesem Zusammenhang hat die Bundesnetzagentur den Umstand, dass die
bestehenden Mobilfunknetzbetreiber bereits über Flächenfrequenzen im Bereich 900
MHz verfügen, ausdrücklich gewürdigt und ausgeführt, dass es gerechtfertigt sei, diese
Ausstattungen grundsätzlich auf die Spektrumskappe anzurechnen mit der Folge, dass
die etablierten Netzbetreiber nicht auf 2 x 20 MHz (gepaart) bieten können sollten,
sondern dass sich deren Bietrechte grundsätzlich um das bereits bei 900 MHz zugeteilte
Spektrum verringern sollten. Dass sich daraus rein rechnerisch für die D- Netzbetreiber
eine Kappe von 2 x 7,6 MHz ergebe, hat die Bundesnetzagentur gesehen (S. 3687,
letzter Absatz) und vor dem Hintergrund, dass nur 2 x 5 MHz- Blöcke zur Versteigerung
kommen sollen, auch eine weitere Beschränkung der Bietrechte der D- Netzbetreiber
auf nur 2 x 5 MHz erwogen. Sie hat dies jedoch im Hinblick darauf, dass nach ihrer
Einschätzung künftige Breitbandtechniken im Rahmen effizienter
Infrastrukturinvestitionen mit größerem Nutzen eingesetzt werden können, wenn
Spektrum von mehr als 2 x 5 MHz zugeteilt sind, für nicht geeignet gehalten (S. 3688, 1.
Absatz). Dies hat sie auch im Hinblick auf das mit der Vergabe der Frequenzen im
Bereich von 800 MHz vornehmlich verfolgte Ziel der Versorgung des ländlichen Raums
mit breitbandigen Internetanschlüssen begründet und ausgeführt, dass hohe
Kapazitäten kostengünstiger mit einer Bandbreite von mehr als 2 x 5 MHz realisiert
werden können. Gerade im Hinblick auf die mit dem Erwerb verbundenen
Versorgungsverpflichtungen sollten deswegen alle Bieter die Möglichkeit erhalten,
mindestens 2 x 10 MHz (gepaart) zu ersteigern (S. 3689, 3. Absatz).
Die Bundesnetzagentur hat sich ausweislich der Begründung der angefochtenen
Allgemeinverfügung auch mit dem auf die geänderte GSM- Richtlinie gestützten
Einwand des Erfordernisses einer weiteren Angleichung der Frequenzausstattungen
der D- und E- Netzbetreiber, insbesondere mit der Forderung nach einer Abgabe von
Frequenzen im 900 MHz- Band seitens der D- Netzbetreiber zu Gunsten der E-
Netzbetreiber, befasst. Dabei ist sie aufgrund der Annahme, dass auch die GSM-
Angebote noch mittel- bis langfristig nachgefragt würden, zu der Einschätzung
gekommen, dass die gesamten 900 MHz- Frequenzen auch noch mittel- bis langfristig
für GSM- Dienstleistungen genutzt würden. Sie hat daraus den Schluss gezogen, dass
die Möglichkeit einer Abgabe von GSM- Frequenzen seitens der D- Netzbetreiber in ihre
Erwägungen zur Ausgestaltung der Spektrumskappe nicht einbezogen werden können,
und im Hinblick darauf in der Möglichkeit, dass die D- Netzbetreiber jeweils mehr als 20
MHz an Spektrum unterhalb von 1 GHz erhalten können, keine Diskriminierung von E-
Netzbetreibern und Neueinsteigern gesehen (S. 3690, 1. Absatz).
124
Auch die durch die Möglichkeiten der Aggregation von Spektrum im Bereich von 900
125
MHz und im Bereich von 800 MHz gegebenen Auswirkungen hat die
Bundesnetzagentur geprüft und in ihre Erwägungen zur Spektrumskappe einbezogen.
Sie ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass eine Zusammenlegung von Frequenzen
zeitlich - vor allem im Hinblick auf die zu erfüllenden Versorgungspflichten - als auch im
Bezug auf die erzielbaren Übertragungsraten noch nicht als Alternative zugrunde gelegt
werden könne. Sie hat dies mit den derzeit noch nicht abgeschlossenen
Standardisierungsarbeiten, die eine verlässliche Prognose zur Verfügbarkeit von LTE-
Technik mit Bandbreitenaggregation noch nicht zuließen, und weiter damit begründet,
dass selbst bei einer Verfügbarkeit derzeit nicht von einer Gleichwertigkeit mit einem
einheitlichen Block á 2 x 10 MHz bei 800 MHz ausgegangen werden könne, da sich die
derzeitigen Diskussionen zur Bandbreitenaggregation lediglich auf den
Sendefrequenzbereich der Basisstationen (downlink) bezögen, nicht aber auf den
Sendefrequenzbereich der Endgeräte (uplink) (S. 3688 f).
Die Bundesnetzagentur hat damit den Rahmen des ihr zustehenden
Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Die durch die bisherigen ungleichen
Frequenzausstattungen der D- und E- Netzbetreiber im Bereich unterhalb von 1 GHz
gegebene Wettbewerbssituation und die von der Klägerin bei dem von ihr befürchteten
Ausgang der Auktion gesehenen Wettbewerbsverzerrungen hat die Bundesnetzagentur
bedacht und ohne Verstoß gegen allgemein gültige Wertungsmaßstäbe, insbesondere
ohne Verstoß gegen das Willkürverbot, in Abwägung mit gegenläufigen Belangen - hier
dem Interesse an Chancen für einen Neueinsteiger und dem Interesse daran, dass auch
die D- Netzbetreiber Zugang zu ausreichendem Spektrum für die Flächenversorgung
erhalten sollen - zurückgestellt. Dies ist nachvollziehbar und vor allem vor dem
Hintergrund, dass der Gesetzgeber in § 52 Abs. 1 Satz 1 TKG im Rahmen der
Frequenzordnung dem Gesichtspunkt der effizienten und störungsfreien Nutzung von
Frequenzen und damit dem Regulierungsziel des § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG Vorrang
gegenüber den übrigen Regulierungszielen eingeräumt hat, voll umfänglich vertretbar.
Dabei hat die Bundesnetzagentur den von der Klägerin in den Vordergrund gestellten
Belang der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und der Förderung
nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation (§ 2 Abs. 2 Nr. 2
TKG) auch nicht unberücksichtigt gelassen, sondern in ihre abwägende Beurteilung
eingestellt und zum Anlass genommen, die Bietrechte der D- Netzbetreiber und der E-
Netzbetreiber zu Gunsten letzterer unterschiedlich auszugestalten. Die Einwände der
Klägerin laufen demgegenüber darauf hinaus, dass der von ihr für notwendig erachtete
(vollständige) Ausgleich der derzeit gegebenen ungleichen Frequenzausstattungen der
D- und E-Netzbetreiber bei den Frequenzen unterhalb von 1 GHz in jedem Fall prioritär
zu sein und sich im Abwägungsprozess gegen alle anderen Belange durchzusetzen
habe. Dem ist nicht zu folgen. Selbst wenn man der Klägerin darin beitreten wollte, dass
der Gesichtspunkt der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2
Nr. 2 TKG) für einen solchen Ausgleich streitet, wäre damit nämlich nur ein Belang
gekennzeichnet, der im Rahmen der Abwägung Berücksichtigung zu finden hätte. Dass
das Abwägungsergebnis dabei in rechtmäßiger Weise auch anders hätte ausfallen
können, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der hier angefochtenen Entscheidungen.
126
Die Bundesnetzagentur ist bei ihrer darauf bezogenen Beurteilung auch nicht von
falschen oder unvollständigen Tatsachen ausgegangen. Soweit die Klägerin ihr in
dieser Hinsicht entgegenhält, falsche Annahmen zur technischen Verfügbarkeit von
Bandbreitenaggregation zu Grunde gelegt zu haben, ist zunächst festzustellen, dass die
Bundesnetzagentur insoweit die grundsätzliche Möglichkeit von
Bandbreitenaggregation nicht in Abrede gestellt, sondern festgestellt hat, dass die
127
Verfügbarkeit dieser Technik nicht verlässlich prognostizierbar sei, während die
Klägerin dem unter Hinweis auf eine von ihr in Auftrag gegebenen Expertise von Prof.
Dr. Dr. X. entgegenhält, dass diese Technik voraussichtlich Anfang 2013 zur Verfügung
stehe. Wie die Verwendung der Begriffe der "nicht verlässlichen" Prognose und der
"voraussichtlichen" Verfügbarkeit bereits indiziert, beruhen aber auch diese
unterschiedlichen Aussagen auf Einschätzungen zukünftig eintretender Entwicklungen,
die - auch wenn sie durch Tatsachen untermauert sind - in vertretbarer Weise
unterschiedlich ausfallen können. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auch zu
berücksichtigen, dass die Einschätzung der Bundesnetzagentur zu den Möglichkeiten
der Bandbreitenaggregation nicht nur auf einer (ihrer Auffassung nach nicht
verlässlichen) Prognose der zeitlichen Verfügbarkeit, sondern auch auf der Annahme
fehlender Gleichwertigkeit und Umsetzungshindernissen beruht. Im Übrigen ist es auch
nicht zu beanstanden, dass die Bundesnetzagentur sich insoweit auch auf die Angaben
der Netzbetreiber, nach denen derzeit entsprechende Flexibilisierungen im 900 MHz-
Bereich nicht geplant seien, gestützt hat. In diesem Zusammenhang fällt ins Gewicht,
dass die derzeitigen Nutzungsrechte im 900 MHz- Band bis 2016 befristet sind und sich
die Prognose der Bundesnetzagentur somit auch auf den Zeitraum bis 2016
beschränken durfte. Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand, dass
Flexibilisierungsanträge bislang nicht gestellt wurden und solche nach Angaben der
Netzbetreiber derzeit auch nicht zu erwarten sind, durchaus indizielle Bedeutung zu,
zumal die damit verbundenen Umstrukturierungen im Netz mit zusätzlichem Aufwand
verbunden sind und - unstreitig - auch auf längere Sicht noch eine große Nachfrage
nach den derzeit im Markt weit verbreiteten, im 900 MHz- Bereich angesiedelten GSM
Angeboten besteht. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar und vertretbar, wenn
die Bundesnetzagentur die sich zukünftig möglicherweise ergebenden Möglichkeiten
der Zusammenfügung von Spektrum im Bereich von 900 MHz mit Spektrum im Bereich
von 800 MHz zu einem einheitlichen Block nicht zum Anlass genommen hat, die
Bietrechte der D- Netzbetreiber auf einen geringeren Umfang als 2 x 10 MHz zu
beschränken.
Da sich die Klage im Hauptantrag (Antrag zu 1) und in den Hilfsanträgen zu 2 und zu 3
damit insgesamt als unbegründet erweist, weil die mit der vorliegenden Klage
angegriffenen Entscheidungen rechtmäßig sind, haben auch die auf dieselben materiell-
rechtlichen Erwägungen gestützten Hilfsanträge zu 4 und zu 5 keinen Erfolg. Bei
festgestellter Rechtmäßigkeit der von der Bundesnetzagentur getroffenen
Entscheidungen besteht kein Anspruch auf Aufhebung bzw. erneute Entscheidung der
mit der Allgemeinverfügung unter Ziffern IV und V getroffenen Regelungen.
128
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
129
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §
709 ZPO.
130
Die Revision wurde zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ( §
35 S. 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO)
131