Urteil des VG Köln vom 11.10.2007

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Verwaltungsgericht Köln, 20 K 2162/06
Datum:
11.10.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
20. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 K 2162/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die
Klägerin darf die Vollstre- ckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 110 % des voll- streckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Si- cherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin parkte ihren Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen K-00 0000 am Abend
des 08.02.2006 in Köln in der Steinkopfstraße vor dem Haus Nr. 68. Das Fahrzeug
wurde am 09.02.2006 um 08.41 Uhr auf Veranlassung von Mitarbeitern der Beklagten
abgeschleppt, da es im Haltverbot stand, welches durch mobile Haltver- botsschilder
(VZ 283) wegen Durchführung von Straßenbauarbeiten eingerichtet worden war.
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Die Klägerin löste das Fahrzeug am selben Tag gegen Zahlung der Abschlepp- kosten
in Höhe von 92,96 EUR bei dem Abschleppunternehmen aus. Mit Schreiben vom
03.04.2006 begehrte sie von der Beklagten die Erstattung der verauslagten
Abschleppkosten, weil die Abschleppmaßnahme rechtswidrig gewesen sei. Unter dem
12.04.2006 lehnte die Beklagte die begehrte Kostenerstattung ab. Zur Begründung
führte sie aus, das Fahrzeug habe sich in einer durch eine mehr als 48 Stunden vor
Wirksamkeit eingerichtete Haltverbotszone befunden. Wegen der zu erwartenden
Behinderung für durchzuführende Straßenarbeiten habe es entfernt werden müssen.
Eine Halteranfrage habe ergeben, dass die Klägerin nicht in unmit- telbarer Nähe des
Abschlepportes wohnte.
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Am 25.04.2006 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, es seien
keine Haltverbotsschilder aufgestellt gewe- sen, als sie das Fahrzeug nach Rückkehr -
sie sei eine Woche ortsabwesend gewe- sen - am Abend des 08.02.2006
vorschriftsmäßig in der Steinkopfstraße abgestellt habe. Es habe an der Ecke der
Straße nur ein mobiles Haltverbotsschild für eine Ne- benstraße gestanden. Im Übrigen
sei das Schild am Anfang der Steinkopfstraße auch nicht für die dort einparkenden
Verkehrsteilnehmer hinreichend wahrnehmbar aufgestellt worden. Wie sich aus den in
der Verwaltungsakte befindlichen Fotografien ergebe, sei das Schild für einen auf der
Straße fahrenden Verkehrsteilnehmer nicht sichtbar gewesen, sondern sei zu hoch
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angebracht gewesen. Schließlich sei es ohne weiteres möglich gewesen, sie nach
Durchführung einer Halteranfrage in ihrer in unmittelbarer Nähe gelegenen Wohnung in
der Vincenzstraße zu erreichen und um Entfernung des Fahrzeuges zu bitten.
Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 92,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt sie vor, die angeordnete Sicherstellung des Fahrzeugs sei
rechtmäßig gewesen, und verweist auf ihren Bescheid vom 12.04.2006. Ergänzend trägt
sie vor, dass am fraglichen Tag nur noch ein einziges weiteres Fahrzeug habe
angeschleppt werden müssen und dass sie weitere Ermittlungen zum Verlauf der
Straßenarbeiten und der Aufstellung der mobilen Verkehrsschilder angestellt habe. Die
Mitarbeiter der Firmen, welche die Bauarbeiten und die Beschilderung durchge- führt
hätten - und die sie als Zeugen benenne -, hätten bestätigt, dass die mobilen
Haltverbotsschilder am 03.02.2006 entsprechend dem Aufstellplan in der Steinkopf-
straße installiert und sowohl am Morgen des 08.02.2006 als auch am Morgen des
09.02.2006 unverändert vorgefunden worden seien. Das abgestellte Fahrzeug habe
auch die am 09.02.2006 durchzuführenden Straßenarbeiten konkret behindert. We- gen
der Einzelheiten dieses Vorbringens wird auf Bl. 59-63 der Gerichtsakte verwie- sen. Im
Übrigen sei eine Halteranfrage durchgeführt worden. Das persönliche Aufsuchen der
Wohnung der Klägerin in der Vincenzstr. 00, die ca. 250 m vom Abschlepport entfernt
sei, sei ihren Bediensteten nicht zumutbar gewesen, da diese sich über die Frankfurter
Straße hinweg dorthin begeben hätten müssen und das ordnungsbehörd- lich
sichergestellte Fahrzeug nicht mehr im Auge behalten hätten können. Ein dar- über
hinausgehendes Heraussuchen einer Telefonnummer, um die Klägerin telefo- nisch zu
erreichen, sei ebenfalls nicht zumutbar gewesen. Wegen der Einzelheiten des
Vorbringens hierzu wird auf Bl. 22,23,35 der Gerichtsakte verwiesen.
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Das Gericht hat die maßgebliche Örtlichkeit im Rahmen einer Ortsbesichtigung in
Augenschein genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Ortsbesichtigung wird auf
das Protokoll des Ortstermins Bezug genommen. Des Weiteren hat das Gericht auf
Grund Beweisbeschlusses Beweis erhoben zu der Frage, wann in der Steinkopfstraße
Haltverbotsschilder aufgestellt wurden, durch Vernehmung des Herrn D. K. als Zeugen.
Wegen des Ergebnisses der Be- weisaufnahme wird auf das gefertigte
Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten ver- wiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das
Abschleppunternehmen; sie hat die Kosten der Abschleppmaßnahme selbst zu tragen.
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Ihre Kostenpflicht beruht auf § 77 VwVG NRW i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 7
KostO NRW i.V.m. § 24 OBG NRW, § 43 Nr. 1, § 46 Abs. 3 PolG NRW bzw. § 14 OBG
NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW. Hiernach hat der
Ordnungspflichtige die durch die Sicherstellung oder Ersatzvornahme entstandenen
Kosten zu erstatten. Voraussetzung für ein Eingreifen nach diesen Vorschriften ist unter
anderem eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, zu der die Unverletzlichkeit der
geschriebenen Rechtsordnung gehört, der mit den Mitteln des Ordnungsrechtes
begegnet werden kann. Dies war vorliegend der Fall, denn im Zeitpunkt des
Einschreitens der Beklagten - nur dieser Zeitpunkt und nicht der des Abstellens des
Fahrzeugs durch die Klägerin ist in diesem Zusammenhang maßgeblich - lag ein
Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 6 lit. a) der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor, da sich
das Fahrzeug in einem Bereich befand, in dem das Halten und Parken durch ein
Haltverbotschild (Zeichen 283) untersagt war. Dies ergibt sich aus den von der
Beklagten vor dem Abschleppen des Fahrzeugs gefertigten Lichtbildern (Bl. 12-15 des
Verwaltungsvorganges).
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Das in dem Verkehrszeichen verkörperte Haltverbot ist der Klägerin gegenüber auch
wirksam geworden. Insbesondere wurde es ihr gegenüber ordnungsgemäß bekannt
gegeben, unabhängig davon, ob sie es tatsächlich wahrgenommen hat, als sie das
Fahrzeug parkte,
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vgl. BVerwG, NJW 1997, 1021.;OVG NRW, NWVBl. 1995, 475 f..
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Dabei ist auch unerheblich, dass die Schilder nach Auffassung der Klägerin zu hoch
und damit für die in die Steinkopfstraße einbiegenden Verkehrsteilnehmer nicht
wahrnehmbar aufgestellt waren, denn aus den im Verwaltungsvorgang befindlichen
Fotos ergibt sich, dass sie jedenfalls so aufgestellt waren, dass sie eine für den
besonderen Sorgfaltspflichten im ruhenden Straßenverkehr genügenden Auto- fahrern,
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vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 1997 - 5 A 4278/95 -,
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ohne weiteres erkennbar waren.
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Die maßgeblichen Haltverbotsschilder sind auch aufgestellt worden, bevor die Klägerin
das Fahrzeug parkte und zwar mit einer Vorlaufzeit von mindestens 48 Stunden vor
Geltungsbeginn,
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vgl. hierzu die ständige Rechtsprechung des OVG NRW, z.B. OVG NRW VRS 1990, S.
224 ff. ,
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nämlich - wie nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer
feststeht - bereits am 03.02.2006 durch zwei Mitarbeiter der Firma Verkehrsplanung
Schroer. Dies ergibt sich aus dem von der Beklagten vorgelegten befindlichen
Aufstellbericht der beiden Mitarbeiter K. und L. und den glaubhaften Bekundungen
hierzu durch den Zeugen K. in der mündlichen Verhandlung. Danach haben diese
persönlich die Schilder am 03.02.2006 so aufgestellt, wie in dem ebenfalls vorgelegten
Aufstellplan verzeichnet und durch das Amt für Straßen und Verkehrtechnik der Stadt
Köln genehmigt. Der Zeuge hat in der mündlichen Verhandlung zwar bekundet, dass er
sich an den genauen Tag des Aufstellvorganges selbst nicht mehr erinnern könne, hat
aber bestätigt, dass er den Aufstellvorgang in der Steinkopfstraße zusammen mit
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seinem Kollegen L. durchgeführt habe und die Unterschriften auf dem Aufstellbericht
von diesem stammten. Es ist nach Überzeugung der Kammer auch nicht davon
auszugehen, dass die Beschilderung nach der Aufstellung durch den Zeugen K. und
seinem Kollegen durch unbekannte Personen entfernt wurde. Denn ausweislich der
anlässlich der Abschleppmaßnahme gefertigten Fotos waren die Schilder am Morgen
des 09.02.2006 in der Steinkopfstraße aufgestellt. Zudem waren die Schilder nach den
Angaben des Schachtmeisters der ausführenden Baufirma Köstra GmbH, Herrn Q. ,
gegenüber der Beklagten auch am Morgen des 08.02.2006 in gleicher Weise
vorhanden; dies sei zu Beginn der Bauarbeiten und nach deren Einstellung wegen
schlechten Wetters von ihm ausdrücklich kontrolliert worden. Die Richtigkeit dieser
Angaben wird vom Gericht nicht in Zweifel gezogen, dies hat auch die Klägerseite nicht
getan. Demnach käme lediglich die Möglichkeit in Betracht, dass Unbekannte die
Schilder im weiteren Verlauf des 08.02.2006 zunächst entfernt und dann (bereits) in der
Nacht zum 09.02.2006 an den gleichen Stellen wieder aufgestellt haben. Dies ist nach
Überzeugung des Gerichts jedoch eine rein hypothetische Möglichkeit, die der
allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht und für die es vorliegend keine tatsächlichen
Anhaltspunkte gibt. Dagegen spricht auch, dass am Morgen des 09.02.2006 außer dem
Fahrzeug der Klägerin nur noch ein einziges weiteres Fahrzeug aus dem Haltverbot
entfernt werden musste. Es konnte auch der Vortrag der Klägerin, sie sei sich sicher, als
sie das Fahrzeug am Abend des 08.02.2006 geparkt hätte, seien jedenfalls keine
Haltverbotsschilder vorhanden gewesen, in keiner Weise bestätigt werden;
insbesondere hat sie Zeugen hierfür nicht benennen können. Als Fahrerin und Halterin
des Fahrzeuges war die Klägerin Handlungs- und Zustandsverantwortliche im Sinne
der §§ 17 und 18 OBG.
Die Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig. Sie war insbesondere erforderlich,
denn ein milderes Mittel - Aufsuchen oder Anrufen der Klägerin - war nicht so
erfolgversprechend wie das Abschleppen. Ein Versuch, persönlich zur Wohnung der
Klägerin zu gehen, um sie aufzufordern, selbst das Fahrzeug wegzusetzen, war den
Bediensteten der Beklagten angesichts der Tatsache, dass sich die ermittelte
Wohnadresse mindestens ca. 250 Meter entfernt in einer anderen Straße jenseits der
Frankfurter Straße, einer Hauptverkehrsader, befand, nicht zumutbar. Entsprechendes
gilt für einen Versuch, über die Funkzentrale die Telefonnummer der Klägerin zu
ermitteln und diese anzurufen. Einem solchen Nachforschungsversuch standen schon
die ungewissen Erfolgsaussichten und nicht abzusehende weitere Verzögerungen
entgegen.
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Vgl. zu einer im Fahrzeug ausgelegten Handy-Nummer: BVerwG, NJW 2002, S. 2122;
OVG NRW, Beschluss vom 25.06.2003 - 5 A 690/02 - .
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Ferner hat die Maßnahme nicht zu Nachteilen geführt, die zu dem angestrebten Erfolg
erkennbar außer Verhältnis standen. Sie belastete die Klägerin lediglich mit
Abschleppkosten in Höhe von 92,96 EUR. Die Größenordnung des gezahlten
Geldbetrages bleibt geringfügig. Sie steht in keinem Missverhältnis zu dem Zweck der
Maßnahme, den Rechtsverstoß sowie die von der Beklagten dargelegte Behinderung
für die vorzunehmenden Straßenbauarbeiten zu beseitigen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708
Nr.11, 711 ZPO.
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