Urteil des VG Köln vom 17.10.2000

VG Köln: ausschluss, teilzeitbeschäftigung, ermächtigung, dienstleistung, versorgung, gesetzesentwurf, beurlaubung, anteil, regierung, verfügung

Verwaltungsgericht Köln, 19 K 1680/00
Datum:
17.10.2000
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
19. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 K 1680/00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand Der am 04. Oktober 1939 geborene Kläger ist Staatsanwalt im Dienste des
Beklagten und wird bei der Staatsanwaltschaft C. eingesetzt.
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Er beantragte mit Schreiben vom 05. September 1999, ihm nach § 78d des
Landesbeamtengesetzes - LBG - Altersteilzeit zu gewähren. Er wolle vom 01. Oktober
1999 bis zum 30. September 2002 ganztägig und in der Folgezeit bis zum Erreichen der
Altersgrenze vom Dienst befreit werden.
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Der Generalstaatsanwalt L. lehnte den Antrag des Klägers mit Zustimmung des
Personalrats durch Bescheid vom 24. September 1999 ab und führte zur Begründung im
Wesentlichen aus: Der Dienstherr könne nach § 78d Abs. 3 LBG von der Anwendung
des § 78d Abs. 1 und Abs. 2 LBG ganz oder teilweise absehen. Davon sei im
Geschäftsbereich der Justiz Gebrauch gemacht worden, indem Altersteilzeit nur
zugelassen werde, wenn so genannte kw-Vermerke zu erwirtschaften seien. Im
staatsanwaltschaftlichen Dienst seien diese Voraussetzungen nicht gegeben, so dass
Altersteilzeit nicht gewährt werden könne.
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Der Kläger legte gegen den Bescheid mit Schreiben vom 25. Oktober 1999 Widerspruch
ein. Zur Begründung führte er aus: Der generelle Ausschluss von Altersteilzeit im
Bereich der Generalstaatsanwaltschaft L. verstoße gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz, da in anderen Geschäftsbereichen des Landes und auch
im Bund Altersteilzeit gewährt werde. Nach dem Gesetzeswortlaut müssten dringende
dienstliche Gründe entgegenstehen. Solche Gründe seien in Anbetracht der personellen
Situation bei der Staatsanwaltschaft C. nicht zu erkennen. Er sei mutmaßlich der einzige
dortige Staatsanwalt, der von dieser Regelung Gebrauch machen wolle. Ferner bestehe
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ausreichender Personalüberhang, da seit Jahren Kollegen an andere Behörden
abgeordnet würden, etwa zum Generalbundesanwalt. Hinzu komme, dass er im Falle
der Ablehnung seines Antrages beabsichtige, mit Erreichen seines 63. Lebensjahres
aus dem Dienst auszuscheiden und dann - mit oder ohne Teilzeitregelung - nicht mehr
zur Verfügung stehen werde.
Der Generalstaatsanwalt in L. gewährte dem Kläger mit am 24. Januar 2000
zugestellten Bescheid vom 14. Januar 2000 Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist
und wies den Widerspruch zugleich als unbegründet zurück. Zur Begründung hieß es:
Nach § 78d Abs. 3 LBG könne der Dienstherr von der Gewährung einer Altersteilzeit
ganz oder teilweise absehen. Davon habe der Justizminister des Landes Nordrhein-
Westfalen Gebrauch gemacht. Im Bereich der Staatsanwaltschaft bestehe eine hohe
Arbeitsbelastung, so dass keine kw-Vermerke ausgebracht seien und von einer
Stellenbesetzungssperre abgesehen worden sei. Die Gewährung von Altersteilzeit sei
regelmäßig auch mit dem Verlust eines Anteils der jeweiligen Planstelle verbunden, der
nicht erneut besetzt werden könne. Dies sei nicht zu rechtfertigen, so dass es eines
Eingehens auf die personelle Situation bei der Staatsanwaltschaft C. nicht bedürfe.
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Der Kläger hat am 24. Februar 2000 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt:
Die Beschränkung der Anwendung des § 78d LBG auf Bereiche, in denen kw-Vermerke
zu erwirtschaften seien, sei rechtswidrig. Dies führe zu einer Nichtanwendung der
Vorschrift in weiten Bereichen der Justiz und widerspreche der gesetzgeberischen
Intention. Der Gesetzgeber habe die Neufassung des § 72b BBG durch das Gesetz über
die Anpassung von Dienst- und Besoldungsbezügen in Bund und Ländern vom 06.
August 1998 (BGBl. I S. 2026) für den Bereich der Landesbeamten übernehmen wollen.
Bei der Einführung des § 72b BBG sei beabsichtigt gewesen, arbeitsmarktpolitische
Ziele und Wirkungen zu verfolgen. Zugleich habe man die Bereitschaft der Verwaltung
fördern wollen, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Der Landesgesetzgeber habe § 72b
BBG inhaltsgleich und mit der gleichen Zielsetzung in das Landesbeamtengesetz
übernommen. Daher komme ein Ausschluss der Altersteilzeit nach § 78d Abs. 3 LBG
nur in Betracht, wenn in einzelnen Bereichen der Verwaltung dringende dienstliche
Belange entgegenständen. Haushaltsgesichtspunkte dürften dagegen nicht
berücksichtigt werden. Die streitige Praxis des Beklagten, die auf dem Erlass des
Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 04. Mai 1999 beruhe, stütze sich
jedoch nur auf haushaltspolitische Erwägungen und widerspreche daher der
gesetzgeberischen Zielsetzung.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der General- staatsanwaltschaft L. vom
24. September 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2000
zu verpflichten, ihm - dem Kläger - rückwirkend ab dem 01. Oktober 1999 Altersteilzeit
gemäß § 78d LBG mit der Maßgabe zu gewähren, dass bis zum 30. September 2002
weiterhin Vollbeschäftigung besteht und für die restliche Zeit bis zur Pen- sionierung bei
Aufrechterhaltung der Bezüge eine Freistellung erfolgt.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wiederholt und vertieft er seine im Verwaltungsverfahren vertreten
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Ansichten und trägt ergänzend vor: Die in dem Erlass des Justizministeriums vom 04.
Mai 1999 getroffene Regelung sei rechtmäßig. Der Finanzminister des Landes
Nordrhein-Westfalen habe zu der neu geschaffenen Altersteilzeit Stellung genommen
und ausgeführt, dass diese dem von der Landes- regierung beschlossenen
Stellenabbau und dem Ziel der Kostenersparnis diene. Ziel der Regelung sei es nicht,
den Beschäftigten ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu ermöglichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Gewährung von Altersteilzeit nach §
78d LBG. Der Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft L. vom 24. September 1999 und
der Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2000 sind rechtmäßig und verletzen den
Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Nach § 78d Abs. 1 Satz 1 LBG in der Fassung des neunten Gesetzes zur Änderung
dienstrechtlicher Vorschriften vom 20. April 1999 (GVBl. S. 148) kann Beamten mit
Dienstbezügen, die näher beschriebene weitere Voraussetzungen erfüllen, ab dem 55.
Lebensjahr auf Antrag bis zum Beginn des Ruhestandes Teilzeitbeschäftigung bewilligt
werden. Diese Teilzeitbeschäftigung kann nach § 78d Abs. 2 LBG auch in der von dem
Kläger begehrten Weise als so genanntes Blockmodell gestaltet werden, indem die bis
zum Ruhestand zu erbringende (reduzierte) Dienstleistung vollständig vorab erbracht
wird und anschließend eine Freistellung vom Dienst erfolgt.
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Ob der Kläger die näheren Voraussetzungen des § 78d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4
LBG erfüllt und das dem Beklagten durch die Vorschrift eingeräumte Ermessen
rechtmäßig nur dahingehend ausgeübt werden kann, dass ihm die beantragte
Altersteilzeit gewährt werden muss (vgl. §§ 113 Abs. 5 Satz 1, 114 Satz 1 VwGO), kann
im Ergebnis unentschieden bleiben. Denn § 78d Abs. 1 und Abs. 2 LBG finden
jedenfalls für den Kläger keine Anwendung, weil der Beklagte von der Regelung des §
78d Abs. 3 LBG rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Demnach kann der Dienstherr
von der Anwendung des § 78d LBG absehen oder sie auf bestimmte Ver-
waltungsbereiche oder Beamtengruppen beschränken.
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Nachdem die Regierung des Beklagten für die Landesverwaltung bisher keinen
generellen Beschluss über eine derartige Beschränkung des § 78d LBG getroffen hat,
konnte der Justizminister als oberste Dienstbehörde (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 LBG) und in dieser
Funktion als Vertreter des Dienstherrn für den Geschäftsbereich der Justiz aufgrund des
§ 78d Abs. 3 LBG eine eigene Regelung treffen, wie es durch Erlass vom 04. Mai 1999 -
2000 I B 410 - geschehen ist. In diesem Erlass wird zur Anwendung des § 78d LBG
wörtlich ausgeführt, dass
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"(...) die Anwendung der Bestimmungen über Altersteilzeit für die Verwaltungsbereiche
und Beamtengruppen innerhalb der Justiz nicht in Betracht (kommt), in denen keine kw-
Vermerke zu erwirtschaften sind."
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Der Justizminister nimmt insoweit zur näheren Begründung auf haushaltsrechtliche
Bestimmungen und von dem Finanzminister getroffene Regelungen Bezug, nach deren
Inhalt im Falle der Gewährung von Altersteilzeit grundsätzlich ein Anteil der
betreffenden Planstelle wegfalle oder zumindest vorübergehend nicht wieder besetzt
werden könne. Da für den Bereich des staatsanwaltlichen Dienstes im Jahre 1999
sowie nach Auskunft des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung
ebenso im Jahre 2000 keine kw-Vermerke ausgebracht sind, kommt damit die
Gewährung von Altersteilzeit für den Kläger nicht in Betracht.
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Durchgreifende formelle oder materielle Bedenken gegen diesen Erlass sowie gegen
die Ausschlussklausel des § 78d Abs. 3 LBG bestehen entgegen der Auffassung des
Klägers nicht.
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Bei Einführung und Ausgestaltung der so genannten Altersteilzeit für Beamte steht dem
Landesgesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu, weil in den besoldungs- und
versorgungsrechtlichen Vorschriften des Bundes sowie in dem
Beamtenrechtsrahmengesetz insoweit keine zwingenden Vorgaben (Art. 72 Abs. 1, 74a,
75 Abs. 1 Nr. 1 GG) enthalten sind. Rahmenrechtliche Vorschriften sind nur für das in §
44b Abs. 1 Nr. 2 BRRG umschriebene Modell der Beurlaubung Beamter ohne
Dienstbezüge ab dem 55. Lebensjahr (vgl. dazu § 78e LBG geschaffen worden. Für
Teilzeitbeschäftigung und damit auch für die von dem Kläger begehrte Altersteilzeit
unter Fortzahlung der Bezüge sieht § 44a BRRG lediglich vor, dass sie durch Gesetz
geregelt werden müssen. Weitere Voraussetzungen enthält § 44a BRRG entgegen
seiner ursprünglich gewollten Fassung (vgl. dazu den Gesetzesentwurf BT.DS. 13/3994
zu § 44a BRRG einerseits und die Fassung der Vorschrift, die sie durch das Gesetz zur
Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 24. Februar 1997 - BGBl. I S. 322 - gefunden
hat) nicht, insbesondere keine Verpflichtung des Landesgesetzgebers, Altersteilzeit
einzuführen oder das für die Beamten des Bundes geschaffene Modell des § 72b BBG
(vgl. das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und
Ländern 1998 - BGBl. I S. 2026 -) zu übernehmen. Vielmehr ist entsprechend den
hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) grundsätzlich
davon auszugehen, dass sich der Beamte mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen
hat (§ 36 Satz 1 BRRG, § 57 Satz 1 LBG), der Dienst nicht nur in Form der Teilzeitbe-
schäftigung zu leisten ist (§ 78 Abs. 1 LBG) und das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit
regelmäßig erst mit Erreichen der Altersgrenze endet, §§ 21 Abs. 2, 25 BRRG, §§ 30
Abs. 2, 44 Abs. 1 LBG. Ist es damit dem Land freigestellt, Altersteilzeit einzuführen oder
dies zu unterlassen, bestehen ebenfalls keine Bedenken, wenn im
Gesetzgebungsverfahren ein dritter Weg gewählt und die Anwendung der Regelung
durch einen Ausschlusstatbestand beschränkt wird.
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Der mit Erlass vom 04. Mai 1999 - 2000 I B 410 - verfügte Ausschluss der Anwendung
des § 78d LBG ist auch materiell nicht zu beanstanden. Der Ausschluss steht nach §
78d Abs. 3 LBG im Ermessen des Dienstherrn; nähere inhaltliche Voraussetzungen
enthält die Vorschrift nicht. Das Verwaltungsgericht überprüft in diesem Zusammenhang
grundsätzlich nur, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens
überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht
entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Satz 1 VwGO analog). Ein solcher
Ermessensfehler liegt im Ergebnis nicht vor.
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Der Erlass hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung. Zwar sieht § 78d Abs. 3
LBG ausdrücklich nur vor, dass von der Anwendung der Vorschrift entweder ganz
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abgesehen werden oder sie auf bestimmte Verwaltungsbereiche oder Beamtengruppen
beschränkt werden kann; der von dem Justizminister bestimmte Ausschluss für
Bereiche, in denen so genannte kw-Vermerke nicht zu erwirtschaften sind, ist von der
Ermächtigung gleichwohl gedeckt. Denn es ist davon auszugehen, dass die
Ermächtigung zum generellen Ausschluss der Anwendung auch dazu berechtigt, als
Minus hierzu innerhalb des Geschäftsbereichs für alle Verwaltungsbereiche und
Beamtengruppen eine (Teil-) Ausschlussregelung zu treffen, die an ein übergreifendes
Kriterium anknüpft.
Die dem Erlass zugrunde liegenden Erwägungen sind - gemessen an den Grundsätzen
des Art. 3 Abs. 1 GG - nicht willkürlich und damit im Ergebnis sachlich ausreichend
gerechtfertigt. Der Beklagte hat die Gewährung von Altersteilzeit von dem Umstand
abhängig gemacht, ob in dem betreffenden Verwaltungsbereich oder in der betreffenden
Beamtengruppe künftig wegfallende Planstellen vorhanden sind. Dieses Kriterium hat er
in dem Erlass sinngemäß mit der Überlegung gerechtfertigt, dass die Altersteilzeit
Auswirkungen auf die künftige anderweitige Vergabe von Planstellen habe, da nach
einer Vorgabe des Finanzministers ein Anteil der je- weiligen Planstelle - im Regelfall
etwa 20 Prozent - nicht erneut besetzt werden könne, so dass die Gewährung von
Altersteilzeit mit einem sukzessiven Abbau von vorhandenen Planstellen verbunden sei.
Altersteilzeit soll daher nur gewährt werden, wenn aufgrund haushaltspolitischer und
haushaltsrechtlicher Gegebenheiten ein Stellenabbau zu vollziehen ist. Diese, nicht
allein rechtlichen, sondern auch politischen und fiskalischen Vorgaben geschuldete
Erwägung ist sachlich nicht zu beanstanden. Denn die Altersteilzeit ist für den
Dienstherrn mit zusätzlichen Kosten verbunden, die zur Aufstockung der Versorgung
des Beamten anfallen und - anders als im Tarifbereich - von dem Dienstherrn allein zu
tragen sind. Die mit der Teilzeit und der Altersteilzeit grundsätzlich einhergehenden
besoldungs- und versorgungs- rechtlichen Nachteil für den Beamten werden durch § 6
Abs. 1 Satz 3 BeamtVG, § 6 Abs. 2 BBesG sowie die Altersteilzeitzuschlagsverordnung
vom 21. Oktober 1998 (BGBl. I S. 3191) abgefangen. Demnach werden die Besoldung
und die Versorgung nicht in dem Umfang der Reduzierung der Dienstleistung gekürzt
(vgl. § 6 Abs. 1 BBesG, § 6 Abs. 1 Satz 3, 1. HS. BeamtVG), wie dies bei
Teilzeitbeschäftigung regelmäßig der Fall wäre. Vielmehr erbringt der Dienstherr
Zuschüsse in der Weise, dass der Beamte trotz reduzierter Dienstleistung bis zu 83 vom
Hundert der bis- herigen Dienstbezüge erhält und die Zeiten der Teilzeitbeschäftigung
zu neun Zehnteln der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähig gelten. Die
Berücksichtigung dieser Aufwendungen und der damit verbundenen
personalwirtschaftlichen Folgen ist wegen ihrer nachvollziehbaren Auswirkungen auf
die Gestaltung der Arbeitsabläufe und der Aufgabenerledigung der Behörden
sachgerecht.
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Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Erlass nicht rechtsfehlerhaft, weil er
arbeitsmarktpolitische Belange unbeachtet lässt und allein dringende dienstliche
Belange im Sinne des § 78d Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LBG hätte konkretisieren dürfen.
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Wie bereits ausgeführt, enthält der Gesetzeswortlaut des § 78d Abs. 3 LBG keine
tatbestandlichen Vorgaben oder Beschränkungen, die im Rahmen der
Ermessensausübung zu berücksichtigen sind. Derartige Vorgaben lassen sich den
Absätzen 1 und 2 der Vorschrift ebenfalls nicht entnehmen. Anders als im Falle des §
78e LBG, der unter näher beschriebenen Voraussetzungen eine Beurlaubung ab dem
55. Lebensjahr ohne Dienstbezüge zulässt, haben die von dem Kläger angeführten
arbeitsmarktpolitischen Belange in den Gesetzestext keinen Eingang gefunden.
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Auch die Entstehungsgeschichte des § 78d LBG sowie die Gesetzesbegründung
gebieten keine Berücksichtigung arbeitsmarktpolitischer Belange und lassen das weite
Ermessen des Beklagten unberührt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat § 78d LBG mit
dem neunten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 20. April 1999
(GVBl. S. 148) in das Landesbeamtengesetz eingefügt. Die Altersteilzeit war in dem
ursprünglichen Gesetzesentwurf nicht enthalten (LT.DS. 12/3186) und ist erst im
Rahmen der zweiten Lesung (LT.DS. 12/3821) aufgenommen worden. Zur Begründung
heißt es lediglich:
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"Die Vorschrift überträgt die Altersteilzeitregelung für Arbeitnehmer auf Beamte. Sie
entspricht inhaltlich § 72b BBG in der Fassung des Bundesbesoldungs- und
versorgungsgesetzes 1998 (BGBl. I. S. 2026), soweit die besondere Personalstruktur
der Dienstherrn im Geltungsbereich des Landesbeamtengesetzes nicht - vom
Bundesgesetzgeber für zulässig erachtete - Anpassungen erforderte."
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In der Begründung zu Abs. 3 heißt es weiter:
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"Wegen der systembedingten Unterschiede zur Altersteilzeit im Tarifbereich soll im
Beamtenbereich den Dienstherrn die Entscheidung überlassen bleiben, ob sie von der
Vorschrift überhaupt Gebrauch machen oder ihren Anwendungsbereich begrenzen
wollen."
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Von dem Landesgesetzgeber gewollte Voraussetzungen und Ziele der Altersteilzeit
lassen sich dem nicht entnehmen. Vielmehr sollte es den Dienstherrn überlassen
bleiben, sich aus in seinem jeweiligen Geschäftsbereich liegenden Gründen zu
entschließen, ob und in welchem Umfang Altersteilzeit gewährt werden kann. Darüber
hinaus ist nicht erkennbar, dass Gründe und Zielsetzungen ar- beitsmarktpolitischer Art
zur Einfügung des § 78d LBG geführt haben. Ausdrücklich gewollt war lediglich die
Übernahme eines im Tarifbereich bestehenden Instituts in das Beamtenrecht, wobei
Besonderheiten der Geschäftsbereiche innerhalb des Landes Berücksichtigung finden
sollten.
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Die Eigenart der Altersteilzeit und die mit ihr notwendig verbundenen Folgen gebieten
keine andere Bewertung. Altersteilzeit führt zunächst nur zum vorzeitigen Abbau des
Bestandes an dienstleistenden Beamten. Die weitere Frage, ob zugleich den in den
öffentlichen Dienst strebenden Bewerbern Planstellen zur Verfügung gestellt werden
können, ist dagegen kein zwingender Inhalt der Maßnahme und damit auch nicht der
Ermessenserwägungen. Die Altersteilzeit nach § 78d LBG führt infolge der oben
beschriebenen versorgungsrechtlichen Besserstellung der Beamten zu Kosten, die den
Aufwand für vollzeitbeschäftigte Beamte annähernd erreichen können. Unbeschadet der
Besonderheiten im Einzelfall ist daher nicht zwingend damit zu rechnen, dass durch
diese Form der verdeckten vorzeitigen Zurruhesetzung nennenswerte Haushaltsmittel
zur Schaffung neuer Planstellen gewonnen wer- den.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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