Urteil des VG Köln vom 16.03.2009

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Verwaltungsgericht Köln, 6 Nc 603/08
Datum:
16.03.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 Nc 603/08
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die
Antragstellerin.
2. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Ein Anspruch auf Zulassung zum Studium der Medizin zum WS 2008/2009 an der
Universität zu Köln im ersten Semester des klinischen Studienabschnitts bzw. auf
Teilnahme an einem Losverfahren über freie Studienplätze in diesem Studienfach ist
nicht glaubhaft gemacht worden (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
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Die Kammer sieht es aufgrund der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden
summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage als nicht überwiegend
wahrscheinlich an, dass die festgesetzte Höchstzahl von 109 Studienplätzen im ersten
Semester des klinischen Studienabschnitts an der Universität zu Köln, geschweige
denn die tatsächlich vergebenen 157 Studienplätze,
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vgl. Anlage 3 der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die
Vergabe von Studienplätzen in höheren Fachsemestern an den Hochschulen des
Landes Nordrhein-Westfalen zum Studienjahr 2008/2009 vom 31.8.2008 (GVBl. NRW
S. 580), geändert durch Verordnung vom 16.2.2009 (GVBl. NRW S. 87),
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die vorhandene Ausbildungskapazität unterschreitet.
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Rechtsgrundlage der Kapazitätsermittlung für das Studienjahr 2008/2009 und damit
auch für das WS 2008/2009 ist die Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die
Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen (Kapazitätsverordnung
- KapVO) vom 25.8.1994 (GVBl. NRW S. 732), zuletzt geändert durch die dritte
Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 12.8.2003 (GVBl. NRW S.
544). Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 KapVO wird die jährliche Aufnahmekapazität in zwei
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Verfahrensschritten ermittelt: 1. Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung nach
den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO; 2. Überprüfung des Ergebnisses
anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien nach den Vorschriften des
Dritten Abschnitts der KapVO. Danach ergibt sich bei summarischer Überprüfung im
vorliegenden Fall jedenfalls keine über die festgesetzte, geschweige denn die
tatsächliche Zahl der besetzten Studienplätze hinausgehende Kapazität.
1. Die jährliche Aufnahmekapazität aufgrund der personellen Ausstattung
(personalbezogene Aufnahmekapazität) errechnet sich aus einer Gegenüberstellung
von Lehrangebot und Lehrnachfrage.
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Die Wissenschaftsverwaltung hat diese mit Erlass des Ministeriums für Innovation,
Wissenschaft, Forschung und Technologie (MIWFT) des Landes Nordrhein- Westfalen
vom 18.11.2008 (Az. 131-7.01.02.02.06) mit 870 Studienplätzen ermittelt. Ob diese
Berechnung zutreffend ist, kann vorliegend im Hinblick auf die maßgebliche sog.
patientenbezogene Kapazität gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 4 KapVO i. V. m. § 17 KapVO
dahinstehen. Würde sich eine größere Zahl von Studienplätzen als 870 ergeben, wäre
dies unbeachtlich, da es nach den genannten Vorschriften auf die (niedrigere)
patientenbezogene Kapazität ankommt. Wäre umgekehrt die personalbezogene
Kapazität niedriger anzusetzen, so wäre diese niedrigere Kapazität zugrunde zu legen,
wenn sie die patientenbezogene Kapazität unterschritte.
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2. Gemäß § 17 Abs. 1 KapVO ist das Berechnungsergebnis für den klinischen Teil des
Studiengangs Medizin anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren (§ 14 Abs. 2
Nr. 4 KapVO) zu überprüfen.
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a) Dabei sind als patientenbezogene Aufnahmekapazität zunächst 15,5 vom Hundert
der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums anzusetzen (§ 17 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 KapVO). Das Ministerium hat die vom Antragsgegner mit 340.514 angegebene
Zahl der Pflegetage (aufgrund stationärer Leistung) zugrunde gelegt. Hieraus ergeben
sich alsdann 932,92 tagesbelegte Betten (340.514 : 365) und damit 144,60 tagesbelegte
Betten (15,5 % von 932,92) gemäß Nummer 1 des § 17 Abs. 1 Satz 2 KapVO.
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Diese Berechnung begegnet bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen
summarischen Prüfung keinen Bedenken. Insbesondere ist es nach der
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG
NRW) nicht geboten, bei der Zahl der Pflegetage zusätzlich diejenigen Pflegetage zu
berücksichtigen, die auf Patienten mit „Wahlarztabschlag", d. h. auf Privatpatienten der
liquidationsberechtigten Ärzte des Klinikums, entfallen. Denn die von Privatpatienten
belegten Betten werden begrifflich von der nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KapVO
maßgebenden „Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums" nicht erfasst.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22.2.2008 - 13 C 59/08 - und vom 8.5.2008 - 13 C
131/08 -.
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b) Liegt die so ermittelte Zahl niedriger als die aufgrund der Gegenüberstellung von
Lehrangebot und Lehrnachfrage ermittelte personalbezogene Aufnahmekapazität, ist sie
je 1000 Poliklinische Neuzugänge im Jahr um die Zahl Eins, höchstens jedoch um 50
vom Hundert zu erhöhen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KapVO). In Anwendung dieser
Vorschrift hat das MIWFT - ausgehend von 164.199 Poliklinischen Neuzugängen - die
patientenbezogene Aufnahmekapazität um 72,30 Plätze auf (gerundet) 217 erhöht.
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c) Zusätzlich berücksichtigungsfähige Aufnahmekapazität nach Nummer 3 des § 17
Abs. 1 Satz 2 KapVO ist nicht feststellbar.
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d) Eine Erhöhung dieser Zulassungszahl durch den Ansatz einer Schwundquote gemäß
§ 14 Abs. 3 Nr. 7 KapVO ist durch § 17 Abs. 2 KapVO ausgeschlossen.
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Da nach den glaubhaften Angaben des Antragsgegners im ersten klinischen Semester
157 Studienplätze besetzt worden sind und die für dieses Semester festgesetzte
Kapazität 109 - gegenüber 108 im SS 2009 - Studienplätze beträgt, ist der Antrag
mangels Glaubhaftmachung einer ungenutzten Kapazität abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei
die Kammer der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen (OVG NRW, Beschluss vom 3.6.1996 - 13 C 40/96 -) folgt, wonach in nc-
Sachen in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - unabhängig von der
Formulierung des Antrages - stets ein Betrag in Höhe von ¾ des Streitwertes im
Hauptsacheverfahren festzusetzen ist. Dies wiederum ist der gesetzliche
Auffangstreitwert (§ 52 Abs. 2 GKG).
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