Urteil des VG Köln vom 07.07.2010

VG Köln (auf probe, beamtenverhältnis, probe, gesetzliche grundlage, unechte rückwirkung, altersgrenze, zeitpunkt, verhandlung, antrag, begründung)

Verwaltungsgericht Köln, 3 K 4856/09
Datum:
07.07.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 4856/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Die am 00.00.0000 geborene Klägerin steht als Lehrerin im Angestelltenverhältnis im
öffentlichen Schuldienst des beklagten Landes. Sie begehrt ihre Übernahme in das
Beamtenverhältnis auf Probe.
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Die Klägerin bestand am 26. Juni 1989 die Erste Staatsprüfung für das Lehramt für die
Sekundarstufe II in den Fächern Geschichte und Spanisch. Nach Ableistung des
Vorbereitungsdienstes legte sie am 13. Dezember 1991 die Zweite Staatsprüfung für
das Lehramt für die Sekundarstufe II ab. Anschließend war sie im Zeitraum von 1991 bis
2000 als freie Mitarbeiterin bei verschiedenen Hörfunk-Sendeanstalten tätig,
unterbrochen durch eine Tätigkeit als Dozentin an der Universität Siegen in den Jahren
1995 und 1996. Ab August 2000 war sie als Vertretungslehrerin mit befristeten
Arbeitsverträgen im öffentlichen Schuldienst tätig. Mit Wirkung vom 20. August 2001
wurde sie als Lehrkraft mit voller Pflichtstundenzahl am Berufskolleg in L. /F. eingestellt.
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Unter dem 21. Mai 2004 beantragte die Klägerin ihre Übernahme in das
Beamtenverhältnis auf Probe. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22.
Juni 2004 ab.
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Mit Schreiben vom 20. April 2009 begehrte die Klägerin unter Hinweis auf die
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Unwirksamkeit der
Höchstaltersgrenze erneut ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Diesen
Antrag lehnte die Bezirksregierung Köln mit an die Klägerin persönlich zugestelltem
Bescheid vom 11. August 2009 sowie mit gleichlautendem Bescheid vom 18. August
2009, der an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin adressiert war, ab. Die Klägerin
hat am 30. Juli 2009 Untätigkeitsklage erhoben, in die sie mit Schriftsatz vom 18. August
2009 die Ablehnungsbescheide vom 11. August 2009 und 18. August 2009 einbezogen
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hat.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, ihr könne nicht entgegen gehalten
werden, dass mit dem Inkrafttreten der geänderten Laufbahnverordnung am 18. Juli
2009 eine neue Sach- und Rechtslage eingetreten sei, die im Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung maßgebend sei. Bei Antragstellung sei der geltend gemachte Anspruch
nämlich begründet gewesen, da eine wirksame Altersgrenze nicht bestanden habe. Aus
Vertrauensschutzgründen könne sie nunmehr nicht schlechter gestellt werden. Im
Zeitraum vom 20. Februar 2009 bis 17. Juli 2009 habe ein regelungsfreier Zustand
bestanden mit der Folge, dass sie bei unverzüglicher Bescheidung ihres Antrags in das
Beamtenverhältnis hätte übernommen werden müssen. Unabhängig davon werde aber
auch die Neufassung der Laufbahnverordnung den Anforderungen des
Bundesverwaltungsgerichts nicht gerecht, so dass nach wie vor keine wirksame
Höchstaltersgrenze bestehe. Selbst wenn von der Wirksamkeit der neu festgesetzten
Höchstaltersgrenze ausgegangen werde, stehe ihr ein Anspruch auf Verbeamtung aus
Billigkeitsgesichtspunkten zu.
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Die Klägerin beantragt,
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das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide vom 11. August 2009 und 18.
August 2009 zu verpflichten, über ihren Antrag auf Übernahme in das
Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu
zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er vertritt die Auffassung, der Klägerin stehe nach der für die Entscheidung über die
Klage maßgeblichen Sach- und Rechtslage ein Anspruch auf Übernahme in das
Beamtenverhältnis auf Probe nicht zu. Ausnahmetatbestände, die ein Hinausschieben
der Altersgrenze zulassen würden, seien nicht gegeben. Für die Annahme einer
Billigkeitsentscheidung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 LVO sei hier nichts dargetan.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen
Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung
entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Übernahmeantrages unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Die
ablehnenden Bescheide des Beklagten vom 11. und 18. August 2009 sind rechtmäßig
und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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Einer Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe steht entgegen,
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dass sie die nach der Laufbahnverordnung in der derzeit geltenden Fassung
einzuhaltende Höchstaltersgrenze überschritten hat. Rechtsgrundlage für das
Übernahmebegehren der Klägerin sind die §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 der Verordnung über
die Laufbahnen der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen, zuletzt geändert durch
Verordnung zur Änderung der Laufbahnverordnung und anderer dienstrechtlicher
Vorschriften vom 30. Juni 2009 (GV. NRW. S. 381) - LVO n. F.. Danach darf als
Laufbahnbewerber nach § 5 Abs. 1 Buchst. a LVO in das Beamtenverhältnis auf Probe
nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat.
Die vorgenannte Neufassung der Laufbahnverordnung, die am 18. Juli 2009 in Kraft
getreten ist, ist hier zugrunde zu legen, da für die Beurteilung eines Verpflichtungs- bzw.
Bescheidungsbegehrens grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung maßgeblich ist. Denn gemäß § 113 Abs. 5 VwGO darf einer
Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage nur dann stattgegeben werden, wenn der
Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf den mit der Klage
begehrten Verwaltungsakt hat.
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Eine Fallgestaltung, die unter Berücksichtigung des insoweit ausschlaggebenden
materiellen Rechts einen abweichenden Beurteilungszeitraum gebietet, liegt hier nicht
vor. Ändert sich nämlich während des Verfahrens das materielle Recht, so ist auf der
Grundlage dieser Änderung zu entscheiden, ob das neue Recht einen durch das alte
Recht begründeten Sachverhalt beseitigt, verändert oder unberührt lässt. Entscheidend
ist, ob sich das geänderte Recht nach seinem zeitlichen und inhaltlichen
Geltungsanspruch auf den festgestellten Sachverhalt erstreckt.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1999 - 2 C 4.98 -, Juris.
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist ein Abstellen auf eine frühere Rechtslage nicht
geboten. Eine Übergangsregelung, die bestimmt, dass eine frühere Rechtslage für in
der Vergangenheit liegende Sachverhalte weiter gelten soll, existiert nicht. Dem
einschlägigen Fachrecht ist auch nicht zu entnehmen, dass hier ein Anspruch, dessen
Entstehen an einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt anknüpft, wegen einer
späteren Änderung der Sach- und Rechtslage nicht untergehen soll. Denn die
Einstellung in ein Beamtenverhältnis ist nur möglich, wenn sämtliche beamten- und
laufbahnrechtlichen Voraussetzungen, zu denen auch die Einhaltung einer Altersgrenze
gehört, im Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses erfüllt sind. Zudem ist
die Begründung eines Beamtenverhältnisses nicht rückwirkend, sondern nur mit
Wirkung für die Zukunft möglich (§ 8 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 BeamtStatG).
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Ein Abstellen auf eine frühere Rechtslage ist schließlich auch nicht aus Gründen der
Billigkeit geboten, weil sonst ein effektiver Rechtsschutz verweigert würde. Der
Umstand, dass die nach der Laufbahnverordnung in der früheren Fassung (LVO a. F.)
bestehende Höchstaltersgrenze durch das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom
19. Februar 2009 für unwirksam erklärt wurde, bedeutet nicht, dass im Zeitpunkt der
Antragstellung der Klägerin ein regelungsfreier Zustand bestand, aufgrund dessen eine
Übernahme in das Beamtenverhältnis ohne Berücksichtigung einer Höchstaltersgrenze
zulässig gewesen wäre. Denn der Ausspruch des Bundesverwaltungsgerichts
beschränkt sich auf die Beteiligten der damaligen Verwaltungsstreitverfahren. Für die
Klägerin des vorliegenden Verfahrens bedeutet das, dass sie, solange nicht der
Ausspruch der Unwirksamkeit der früheren Höchstaltersgrenze in einem von ihr selbst
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geführten Klageverfahren erfolgt war, noch immer dieser früheren Höchstaltersgrenze
unterworfen war.
Ebenso VG Aachen, Urteil vom 11. Dezember 2009 - 1 K 1640/09 -; so im Ergebnis
auch VG Düsseldorf, Urteile vom 6. Oktober 2009 - 2 K 7399/09 - und vom 23. März
2010 - 2 K 7973/09 - m. w. N., alle veröffentlicht in NRWE.
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Es begegnet auch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass über den Antrag
der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe vom 20. April 2009
nicht bereits vor dem Inkrafttreten der geänderten Laufbahnverordnung entschieden
wurde. Denn es konnte nach Vorliegen der Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 dem Verordnungsgeber zunächst
Gelegenheit gegeben werden, diese Entscheidungen umzusetzen. Der Zeitraum von
nur etwas mehr als drei Monaten zwischen der Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe
Anfang April 2009 und dem Inkrafttreten der geänderten Laufbahnverordnung am 18.
Juli 2009 ist angesichts des Umstandes, dass nicht nur eine politische
Grundsatzentscheidung bezüglich der Anhebung der Höchstaltersgrenze auf nunmehr
40 Jahre zu treffen war, sondern auch die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts bei
der Umsetzung dieser Neuregelung insbesondere in Bezug auf die
Ausnahmebestimmungen zu beachten waren, nicht unangemessen lang. Das Abwarten
der (angekündigten) Neuregelung stellt deshalb keine willkürliche Verzögerung der
Bescheidung des Übernahmeantrags der Klägerin dar.
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Die am 18. Juli 2009 in Kraft getretene Neuregelung der Höchstaltersgrenze in den §§ 6,
52 Abs. 1 und 84 LVO n. F. ist auch wirksam.
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Diese Regelungen sind durch die Verordnungsermächtigung des § 5 Abs. 1 LBG NRW
gedeckt. Auch wenn die Bestimmung von Altersgrenzen für die Übernahme in das
Beamtenverhältnis in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnt ist, bildet sie eine
ausreichende gesetzliche Grundlage für die Regelung laufbahnrechtlicher
Altersgrenzen, da Altersgrenzen zu den Regelungen gehören, durch die
herkömmlicherweise das Laufbahnwesen der Beamten gestaltet wird.
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Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 u.a. -. Juris.
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Bedenken gegen das formell ordnungsgemäße Zustandekommen der
Änderungsverordnung bestehen nicht. Solche Bedenken ergeben sich nicht schon
daraus, dass möglicherweise eine hinreichende Beteiligung der zuständigen
Gewerkschaften und Berufsverbände unterblieben ist, weil diese Organisationen nur zu
einem Entwurf gehört worden sein sollen, der danach noch in wesentlichen Punkten
geändert wurde. Denn die fehlende Beteiligung der Spitzenorganisationen der
zuständigen Gewerkschaften führt nicht zur Nichtigkeit einer Rechtsverordnung zur
Regelung beamtenrechtlicher Verhältnisse.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1979 - 2 N 1.78 -. Juris.
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Die geänderten Regelungen der Laufbahnverordnung sind auch materiell rechtmäßig.
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Der Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) gebietet keinen Verzicht auf eine
Höchstaltersgrenze. Laufbahnrechtliche Altersgrenzen für eine Übernahme in das
Beamtenverhältnis auf Probe werden auch nicht durch das Allgemeine
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Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ausgeschlossen. Die unterschiedliche Behandlung
der Laufbahnbewerber unter Berücksichtigung ihres Alters verfolgt das im Sinne von §
10 Abs. 1 AGG legitime Ziel der Gewährleistung eines angemessenen Verhältnisses
zwischen Dienstzeit und Versorgung im Ruhestand und von ausgewogenen
Altersstrukturen. Zur Erreichung dieser Ziele kann die Bestimmung einer Altersgrenze
erforderlich und angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG sein.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 -, Juris.
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Mit der Heraufsetzung der bisherigen Altersgrenze von 35 auf 40 Jahre hat der
Verordnungsgeber eine in diesem Sinne erforderliche und angemessene Regelung
geschaffen. Die Regelung hält sich insgesamt noch im Rahmen des
Gestaltungsspielraums, der dem Normgeber nach Maßgabe der vorgenannten
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eingeräumt ist. Zwar führt auch die
nunmehr auf 40 Jahre angehobene Altersgrenze zu einer Beeinträchtigung des
Leistungsgrundsatzes. Dem wird jedoch durch eine Erweiterung der
Ausnahmevorschriften, die eine Überschreitung dieser Höchstgrenze zulassen,
Rechnung getragen, so dass der Verordnungsgeber eine insgesamt ausgewogene
Regelung getroffen hat, die die widerstreitenden Interessen der Bewerber um ein
Beamtenverhältnis einerseits und die öffentlichen Interessen des Landes, ein
ausgewogenes Verhältnis von Arbeitsleistung und Versorgungsansprüchen
sicherzustellen, andererseits hinreichend gewichtet.
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Vgl. VG Aachen, Urteil vom 11. Dezember 2009 - 1 K 1640/09 - und VG Düsseldorf,
Urteil vom 6. Oktober 2009 - 2 K 7399/08 -, NRWE.
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Auch die Ausnahmefälle hat der Verordnungsgeber durch die neu gefasste
Laufbahnverordnung nunmehr in ausreichendem Maße selbst bestimmt. Zum einen sind
die zwingend zu beachtenden Überschreitungsgründe (§ 6 Abs. 2 LVO n. F.) erweitert
worden (Dienstpflicht nach Art. 12 a GG, freiwilliges soziales Jahr, Verzögerungen im
Übernahmeverfahren). Zum anderen ist die Zulassung von Ausnahmen im
Ermessenswege nicht mehr voraussetzungslos möglich, sondern von dem Vorliegen
der in § 84 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LVO n. F. näher umschriebenen Voraussetzungen
abhängig. Mit der hier erfolgten Festlegung tatbestandlicher Voraussetzungen für die im
Übrigen in das Ermessen gestellten Ausnahmen von der Altersgrenze ist der vom
Bundesverwaltungsgericht in den Urteilen vom 19. Februar 2009 an den
Verordnungsgeber gerichteten Aufforderung, die Bestimmung von
Ausnahmetatbeständen nicht der Verwaltung zu überlassen, diese vielmehr im
Wesentlichen selbst zu regeln, in ausreichendem Maße Rechnung getragen worden.
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Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Ausnahmeregelungen in § 84 Abs. 2
LVO n. F. ergeben sich nicht etwa deshalb, weil bei der Bezeichnung der
tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ermessensbetätigung mehrfach auf
unbestimmte Rechtsbegriffe (dienstliches Interesse, beruflicher Werdegang, nicht zu
vertretende Gründe, unbillig) zurückgegriffen worden ist. Denn dem Verordnungsgeber
muss es möglich bleiben, die abschließende Regelung einzelner Sachverhalte oder
Gruppen von Sachverhalten der Verwaltung zu überlassen. Durch die Verwendung
auch ansonsten gebräuchlicher Rechtsbegriffe, für deren Auslegung die in der
Rechtsprechung dazu entwickelten Grundsätze herangezogen werden können, wird
einerseits der Verwaltung genügend Spielraum eingeräumt, zeitnah und effektiv
Einzelfallregelungen bei der Anwerbung von Fachkräften zu treffen, und andererseits
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einer für die Bewerber unüberschaubaren und ggf. willkürlichen Verwaltungspraxis
vorgebeugt.
Vgl. auch VG Aachen, Urteil vom 11. Dezember 2009 - 1 K 1640/09 - und VG
Düsseldorf, Urteil vom 23. März 2010 - 2 K 7973/09 -, NRWE.
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Die Neuregelung der Laufbahnverordnung erweist sich schließlich auch nicht deshalb
als unwirksam, weil Übergangsregelungen hinsichtlich der Höchstaltersgrenze fehlen.
Denn die hier allenfalls vorliegende unechte Rückwirkung, nämlich das Einwirken auf
einen noch nicht - durch eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe -
abgeschlossenen Sachverhalt, ist jedenfalls zulässig, weil etwaige
"Bestandsinteressen" der betroffenen Bewerber nicht die Veränderungsgründe des
Verordnungsgebers überwiegen. Die bei den Einstellungsbewerbern geweckten
Erwartungen, in den Genuss der durch die Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 kurzzeitig eröffneten Möglichkeit
einer von einer Höchstaltersgrenze unabhängigen Übernahme in das
Beamtenverhältnis zu kommen, sind nicht so gewichtig, dass sie das Interesse des
Dienstherrn an der Sicherstellung eines angemessenen Verhältnisses von
Arbeitsleistung und Versorgungsansprüchen erreichen oder gar überwiegen würden.
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So auch VG Düsseldorf, Urteil vom 23. März 2010 - 2 K 7973/09 -, NRWE.
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Die Bezirksregierung Köln hat ihre ablehnende Entscheidung in rechtlich nicht zu
beanstandender Weise auf die Neuregelungen der Laufbahnverordnung gestützt. Die
Klägerin ist jetzt 51 Jahre alt und hat damit die Höchstaltersgrenze von 40 Jahren
deutlich überschritten, so dass sie nicht mehr in das Beamtenverhältnis auf Probe
übernommen werden kann. Selbst unter Zugrundelegung des Zeitpunkts des
Abschlusses des unbefristeten Arbeitsvertrages bzw. der Stellung des Antrages vom 20.
April 2009 - die Klägerin war damals 42 bzw. 49 Jahre alt - ergäbe sich nichts anderes.
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Die ablehnende Entscheidung ist auch nicht etwa deshalb ermessensfehlerhaft, weil die
Bezirksregierung Köln die nach § 84 Abs. 2 LVO n. F. zu treffende
Billigkeitsentscheidung unterlassen hat.
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Anhaltspunkte für die Annahme, dass hier die tatbestandlichen Voraussetzungen für
eine Ausnahme nach § 84 Abs. 2 LVO vorliegen könnten, sind von der insoweit
darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin nicht vorgetragen worden und ergeben sich
auch nicht aus den dem Beklagten vorliegenden Unterlagen zum beruflichen
Werdegang der Klägerin und dem von ihr abgedeckten fachspezifischen Bedarf. Allein
der Umstand, dass möglicherweise im Fach Spanisch derzeit ein Mangel an Lehrkräften
besteht, begründet noch kein erhebliches dienstliches Interesse am Gewinnen oder
Erhalten von Fachkräften im Sinne des § 84 Abs. 2 Ziff. 1 LVO n. F.. Auch fehlt jeder
Anhaltspunkt für die Annahme, dass sich der berufliche Werdegang der Klägerin im
Sinne von § 84 Abs. 2 Ziff. 2 LVO n. F. aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen in
einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze als unbillig
erscheinen ließe. Zwar hat die Klägerin die Hochschulreife erst nach dem Besuch der
Hauptschule und der Berufsfachschule im Alter von 21 Jahren erlangt. Diese
Verzögerung war jedoch nicht ursächlich für die verspätete Einstellung in den
öffentlichen Schuldienst. Denn die Klägerin hatte die Zweite Staatsprüfung bereits im
Dezember 1991 abgelegt. Zu diesem Zeitpunkt war sie 32 Jahre alt und hätte bei einer
erfolgreichen Bewerbung für den Schuldienst noch nach altem Recht verbeamtet
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werden können. Die Klägerin hat jedoch ausweislich ihrer Angaben über ihren
Werdegang zunächst eine mehrjährige Tätigkeit außerhalb des Schuldienstes
ausgeübt. Damit beruht die Verzögerung der Einstellung in den öffentlichen Schuldienst
auf einer eigenverantwortlichen Entscheidung der Klägerin und erfüllt nicht die für eine
Billigkeitsentscheidung erforderliche Voraussetzung des Vorliegens von Gründen, die
nicht von ihr zu vertreten sind. Angesichts dessen bedurfte es weder
Ermessenserwägungen des Beklagten noch einer entsprechenden Begründung in den
angefochtenen Bescheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung ist hier trotz
Übertragung des Rechtsstreits auf die Einzelrichterin gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V.
m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen worden, weil die zu Grunde liegende
Rechtsfrage zwar bei dem erkennenden Gericht, noch nicht aber beim
Oberverwaltungsgericht grundsätzlich geklärt ist.
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