Urteil des VG Köln vom 03.12.2007
VG Köln: grundstück, abwasserbeseitigung, kanalisation, satzung, gebühr, anschluss, rechtsgrundlage, verwaltungsverfahren, verbrauch, zustandekommen
Verwaltungsgericht Köln, 14 K 4029/06
Datum:
03.12.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 4029/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger ist Eigentümer des bebauten Grundstücks C. Straße 00 in Neunkirchen-
Seelscheid. Dieses Grundstück ist nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen,
das anfallende Schmutzwasser wird vielmehr in einer abflusslosen Grube aufgefangen,
die regelmäßig durch einen von den beklagten Gemeindewerken beauftragten
Unternehmer entleert wird.
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Mit Bescheid vom 11.01.2006 setzte die Beklagte für die Entsorgung der abflusslosen
Grube des Klägers für das Jahr 2005 eine Gebühr in Höhe von 1.772.70 Euro fest.
Dieser Heranziehung liegen insgesamt acht Entleerungen der Grube mit einer
gesamten Abfuhrmenge von 93 m3 zugrunde.
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Nachdem der Kläger zunächst um Stundung und die Gewährung von Monatsraten
gebeten hatte, legte er am 06.02.2006 Widerspruch gegen seine Heranziehung ein. Zur
Begründung machte er im Wesentlichen geltend, die Gebühren seien überhöht. Die
Grube auf seinem Grundstück fasse ca. 25 m3, das Gebäude werde mit vier Personen
bewohnt. Ferner beklagte er ständig steigende Gebühren.
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Mit Bescheid vom 09.08.2006 wiesen die beklagten Gemeindewerke den Widerspruch
als unbegründet zurück. Zur Begründung dieser Entscheidung wird insbesondere darauf
hingewiesen, dass im Jahre 2005 erstmals eine Sondergebühr für das Entleeren
abflussloser Gruben eingeführt worden sei.
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Mit weiterem Heranziehungsbescheid vom 11.05.2006 setzte die Beklagte die
Entsorgungsgebühr für die Monate Januar bis April 2006 auf 570,75 Euro fest. Diesem
Bescheid liegt eine Abfuhrmenge für den geltend gemachten Zeitraum von 25 m3 bei
drei Entleerungen zugrunde.
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Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger unter dem 23.02.2006 Widerspruch ein
und trug vor, nach seiner Auffassung seien die Gebühren überhöht. Diesen Widerspruch
wiesen die beklagten Gemeindewerke mit Bescheid vom 15.08.2006 als unbegründet
zurück.
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Am 07.09.2006 hat der Kläger Klage erhoben.
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Er trägt im Wesentlichen vor, die Abfuhrgebühren seien seit dem Jahr 2005
unverhältnismäßig hoch. Seit diesem Jahr werde die Grube „etwa alle zwei Wochen"
entleert, während dies zuvor nur bei Bedarf erfolgt sei. Ausweislich der von ihm
vorgelegten und von ihm unterzeichneten Belege seien im Jahr 2005 insgesamt nur 64
m3 Abwasser abgepumpt worden. Soweit die Abwasserwerke behaupteten, die Grube
sei zusätzlich am 22.03.2005 und 17.06.2005 entleert worden, bestreite er dies. Die
entsprechenden Belege seien von ihm nicht unterzeichnet worden. In rechtlicher
Hinsicht ist der Kläger der Ansicht, die satzungsmäßige Differenzierung zwischen den
Gebühren für das Entleeren abflussloser Gruben und den normalen
Kanalbenutzungsgebühren sei unzulässig. Zudem macht er geltend, auch sein
Grundstück müsse an einen öffentlichen Kanal angeschlossen werden.
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Der Kläger beantragt,
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die Bescheide der beklagten Abwasserwerke vom 11.11.2006 und 11.05.2006 jeweils
in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 09.08.2006 und 15.08.2006
aufzuheben.
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Die beklagten Gemeindewerke beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie tragen im Wesentlichen vor, die Errichtung eines Kanals für das Grundstück des
Klägers könne nicht in Aussicht gestellt werden, weil sich die Parzelle im Außenbereich
und zudem im Bereich einer geplanten Talsperre befinde. Die Einführung einer
Sondergebühr für das Entleeren abflussloser Gruben habe sich als notwendig erwiesen,
weil es den übrigen Kanalbenutzern nicht mehr zuzumuten gewesen sei, mit den Kosten
der Abfuhr aus abflusslosen Gruben belastet zu werden. Zudem stehe die Entscheidung
über die Einführung einer Sondergebühr im Ermessen der Kommune. Die Höhe
entspreche der Kalkulation. Da für die Höhe der Gebühren im Wesentlichen die
tatsächlich abgefahrene Menge maßgebend sei, komme es auf die Anzahl der Abfuhren
nicht an.
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Auf telefonische Bitte des Gerichts haben die beklagten Gemeindewerke die
Frischwasserverbrauchsabrechnung für das klägerische Grundstück im Jahre 2005
vorgelegt, aus der sich ein Frischwasserbezug in Höhe von 132 m3 ergibt. Darüber
hinaus haben die beklagten Gemeindewerke in der mündlichen Verhandlung
schriftliche Erklärungen der Mitarbeiter der Firma FÄKA Abfallbeseitigungs GmbH über
die bestrittenen Abfuhren am 22.03.2005 und 17.06.2005 vorgelegt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der beklagten
Gemeindewerke Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Abgabenbescheide der beklagten Gemeindewerke vom 11.01.2006 und 11.05.2006
jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 09.08.2006 und 15.08.2006
sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO.
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Ob dem Kläger ein Anspruch auf Anschluss an die öffentliche Kanalisation zusteht oder
nicht, ist für das vorliegende Verfahren rechtlich irrelevant. Für die Erhebung von
Benutzungsgebühren kommt es allein auf die tatsächliche Inanspruchnahme der
öffentlichen Einrichtung an, die hier unzweifelhaft vorliegt. Sofern der Kläger tatsächlich
der Auffassung ist, ihm stehe ein entsprechender Anspruch auf Anschluss an die
Kanalisation zu, müsste er dies in einem gesonderten Verwaltungsverfahren geltend
machen und ggfls. gerichtlich durchsetzen.
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Rechtsgrundlage für die streitige Heranziehung zu den Gebühren für die Entleerung der
abflusslosen Grube sind die §§ 9, 10, 11 Abs. 1 c), 13 und 14 der Beitrags- und
Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeindewerke Neunkirchen-
Seelscheid, Technische Betriebe und Einrichtungen, AöR vom 16.12.2004 in der
jeweiligen hier anzuwendenden Fassung. Gegen die Wirksamkeit der hier
maßgeblichen Satzungsbestimmungen bestehen für die fraglichen Zeiträume keine
formellen oder materiellen Bedenken. Insbesondere konnte die Satzung ab dem
Heranziehungsjahr 2005 eine eigene Gebühr für die Entsorgung abflussloser Gruben
festsetzen. Ob unterschiedliche Leistungen bei der Abwasserbeseitigung mit einer
Einheitsgebühr oder mit getrennten Gebühren für selbständige Leistungen abgerechnet
werden, kann der Träger der Einrichtung nach seinem (weiten) Organisationsermessen
bestimmen.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom
18.03.1996 - 9 A 384/93 -, NVwZ - RR 1997, 652 ff. m.w.N..
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Nach dieser Entscheidung könnte zwar auch eine Einheitsgebühr für die zentrale und
die dezentrale Beseitigung des Abwassers durch die Satzung begründet werden,
gleichermaßen ist aber auch eine Sondergebühr zulässig, zu der nur die jeweiligen
Nutzer der Teileinrichtungen herangezogen werden.
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Vgl. Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September
2007, § 6 Rdnr. 356 c, die für eine vergleichbare Fallkonstellation die Erhebung einer
Sondergebühr als empfehlenswert bezeichnen.
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Hier ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei der Festlegung einer Sondergebühr für
die Entleerung abflussloser Gruben das ihr eingeräumte Gestaltungsermessen
fehlerhaft ausgeübt haben könnte. Ebenso wenig ist der gewählte Verteilungsmaßstab,
der an der Menge des tatsächlich abgefahrenen Schmutzwassers anknüpft, rechtlich zu
bestanden. Es liegt auf der Hand, dass bei diesem Wahrscheinlichkeitsmaßstab ein
hinreichender Zusammenhang zwischen der Abfuhrmenge und der Inanspruchnahme
der Einrichtung „Abwasserentsorgung" besteht.
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Wird - wie hier - für die Benutzung einer Teileinrichtung eine Sondergebühr er- hoben,
erfordert dies eine gesonderte Kalkulation, bei der nur die Kosten zu berücksichtigen
sind, die der abzurechnenden Leistung - hier: Leerung abflussloser Gruben und
Entsorgung des Abwassers über eine Kläranlage - zuzuordnen sind. Auch diese
Voraussetzung ist vorliegend erfüllt: Die beklagten Gemeindewerke haben eine eigene
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Kalkulation für die Abwasserbeseitigung aus abflusslosen Gruben erstellt und diese
dem anwaltlich vertretenen Kläger auch zugänglich gemacht. Konkrete Einwände
gegen die Kalkulation werden von dem Kläger nicht erhoben, sie drängen sich dem
Gericht auch nicht auf. Insoweit ist daher von der zutreffenden Ermittlung des
Gebührensatzes (18,30 Euro/m3 für das Jahr 2005 und 22,83 Euro/m3 für das Jahr
2006) auszugehen.
Schließlich ist auch die konkrete Höhe der jeweils festgesetzten Gebühren rechtlich
nicht zu beanstanden. Der Kläger bestreitet insoweit die von den beklagten
Gemeindewerken geltend gemachten Abfuhren am 22.03.2005 (19 m3) und 17.06.2005
(10 m3). Diesem Vortrag folgt das Gericht nicht. Zunächst wurden die entsprechenden
Entleerungen durch die Unterschriften der Fahrer belegt. Zudem haben diese durch
schriftliche Erklärungen gegenüber dem Gericht versichert, ausnahmslos nur
tatsächliche Abfuhren mit den abgelesenen Mengen zu quittieren. Es sind keinerlei
Gründe dafür erkennbar, warum diese Fahrer unzutreffende Tatsachen bescheinigen
und sich dabei unter Umständen noch strafbar machen sollten. Die fehlende Unterschrift
des Klägers ist mit dessen Abwesenheit schlüssig erklärt worden. Darüberhinaus steht
das Bestreiten des Klägers im Widerspruch zu den sonstigen Abfuhrintervallen des
Jahres 2005: Zwischen den unstreitigen Abfuhren am 08.02.2005 und 06.05.2005 läge
dann nämlich ein Zeitraum von nahezu exakt drei Monaten, in dem lediglich 9 m3
Abwasser angefallen wäre. Demgegenüber sind in dem Zeitraum zwischen den
unstreitigen Abfuhren vom 25.07.2005 und 06.09.2005 (also etwa der Hälfte von 3
Monaten) 13 m3 Abwasser angefallen.
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Schließlich entspricht die für das Jahr 2005 abgerechnete Abwassermenge von
insgesamt 93 m3 auch eher dem von dem Kläger bezogenen Frischwasser für dieses
Jahr in Höhe von 132 m3. Die Abwasserbeseitigung durch eine abflusslose Grube ist
nämlich dadurch gekennzeichnet, dass erfahrungsgemäß das bezogene Frischwasser
auch im Wesentlichen in die abflusslose Grube entsorgt werden muss. Hier fehlt es
schon an einem nachvollziehbaren Vortrag des Klägers für das Zustandekommen der
Differenz zwischen dem entsorgten Abwasser von 93 m3 und dem bezogenen
Frischwasser von 132 m3. Zudem liegt ein Verbrauch von 93 m3 schon unter dem
statistischen Durchschnittsverbrauch für einen 4 - Personenhaushalt. Nach allem kann
das erst im Klageverfahren erfolgte Bestreiten von zwei Abfuhren im Jahr 2005 lediglich
als reine Schutzbehauptung des Klägers angesehen werden.
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Gegen die für Januar bis April 2006 berechneten Abfuhren hat der Kläger nichts
vorgetragen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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