Urteil des VG Koblenz vom 22.02.2010

VG Koblenz: zusicherung, ausfahrt, form, grundstück, zusage, behörde, markierung, garage, kennzeichnung, bindungswirkung

VG
Koblenz
22.02.2010
4 K 774/09.KO
Straßenverkehrsrecht
Verkündet am: 22.02.2010
gez. ...
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht
Koblenz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
1. des Herrn S.
2. der Frau S.
- Kläger -
Prozessbevollmächtigter zu 1-2: Solmecke Rechtsanwälte, Markt 21, 53721 Siegburg,
gegen
die Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen, vertreten durch den Bürgermeister, Rathausstraße 48, 56203
Höhr-Grenzhausen,
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Caspers, Mock & Partner, Rudolf-Virchow-Straße 11,
56073 Koblenz,
wegen Straßenverkehrsbeschränkung
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
22. Februar 2010, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dr. Bayer
Richter am Verwaltungsgericht Porz
Richter Dr. Stieber
ehrenamtliche Richterin Hausfrau Bäcker
ehrenamtlicher Richter selbständiger Kaufmann Zimmer
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die Kläger begehren von der Beklagten die Errichtung von Pollern im öffentlichen Verkehrsraum vor ihrer
Grundstücksausfahrt, um zu verhindern, dass ihr Grundstück zugeparkt wird.
Sie sind Miteigentümer zu je ½ hinsichtlich des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in H., Flur 24,
Parzelle 13/86. Das Grundstück grenzt an die Straße „Am H.“ (Parzelle 13/98).
Die Kläger und die beiden Eigentümer der Nachbarparzelle 13/74 besitzen zusammen ferner je einen
Halbanteil an den Splitterparzellen 13/68 und 13/71.
An der Grenze zum Nachbargrundstück (Parzelle 13/74) steht die Garage der Kläger. Von der Garage bis
zu der – von der Straße aus gesehen – rückwärtigen Grenze der Parzellen 13/68 und 13/71 verläuft ein
Zaun. Der Zaun endet ca. 7 m vor dem Straßengrundstück, so dass es möglich ist, von dem
Wohngrundstück auf die Splitterparzellen 13/86 und 13/71 zu gelangen, ohne die Straße zu benutzen.
Die Kläger sind ferner Miteigentümer zu ½ hinsichtlich der dem Wohngrundstück unmittelbar
vorgelagerten Parzelle 13/88, die nur eine ca. 5 m breite Garagenzufahrt zum Wohngrundstück frei lässt.
Im notariellen Kaufvertrag vom 24.02.1989, den die Kläger mit der Gemeinde abgeschlossen hatten, war
vereinbart, dass um die neu erworbene Teilfläche herum ein zwei Meter breiter Streifen innerhalb der
Straßenfläche verlaufen sollte.
Nach Angaben der Kläger wollte die Beklagte nur in diesem Zwei-Meter-Bereich einen Parkstreifen
anlegen. Im Januar 1998 wurde aber nicht nur der Zwei-Meter-Streifen, sondern ein großer Teil der Fläche
vor der Grundstücksausfahrt der Kläger (den diese als Wendehammer bezeichnen) und sogar um den
Baum herum mit Rasengittersteinen befestigt. Die Kläger behaupten, dass die Rasengittersteine im
Unterschied zu der asphaltierten Fahrbahn den Eindruck eines Parkplatzes erwecken und dass die
Grundstücksausfahrt der Kläger deshalb immer wieder von anderen Fahrzeugen zugeparkt worden sei.
Am 3. August 2006 wurde die Widmung der Straße „Am H.“ (Parzelle 13/98) als Gemeindestraße öffentlich
bekannt gemacht.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2007 wandten sich die anwaltlich vertretenen Kläger an die Beklagte und
forderten die Aufstellung eines Parkverbotsschilds vor ihrer Grundstücksausfahrt. Zur Begründung legten
sie zahlreiche Fotos vor, die parkende Autos vor der Grundstücksausfahrt zeigten. Mit Schreiben vom
28. September 2007 ergänzten sie ihr Anliegen dahin gehend, dass sie auch mit einem eingeschränkten
Halteverbotsschild und mit Pollern einverstanden wären, die auf einer gedachten Linie vom Ende ihres
Zauns bis zu dem Baum aufgestellt werden könnten, aber nur, soweit die Linie im öffentlichen
Verkehrsraum verlaufe.
Die Beklagte antwortete dem Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 17. Oktober 2007:
„Nach wiederholter Rücksprache mit dem Ortsbürgermeister wird entsprechend unserer Absprache die
Zufahrt Ihrer Mandantschaft nach rechts hin durch Poller abgegrenzt. Die Kennzeichnung von Parkflächen
ist jedoch nicht vorgesehen. Eine Verdeutlichung des bestehenden Halteverbots (§ 12 Abs. 3 Ziff. 3 StVO)
vor der Ausfahrt Ihres Mandanten durch Zeichen 286 StVO kommt gem. § 39 Abs. 1 StVO nicht in Betracht.
Wir hoffen, dass mit dieser Maßnahme die bestehenden Probleme beseitigt werden und stehen für
Rückfragen jederzeit zur Verfügung.“
Die Kläger sahen darin eine Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG. Mit Schreiben vom 16. Januar 2008
nahmen sie Bezug auf diese Zusicherung und trugen vor, die Beklagte habe zwar zunächst Poller
angebracht, diese jedoch auf Grund von Einwendungen der Nachbarn wieder beseitigt. Die
Einwendungen der Nachbarn seien nicht berechtigt. Deshalb müsse die Beklagte die Poller bis
spätestens 7. Februar 2008 wieder anbringen.
Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 23. Januar 2008 den Prozessbevollmächtigten der
Kläger wie folgt:
„Einzelne Hinweise und Einwände von Nachbarn haben uns bewogen, von der Anbringung der Poller
abzusehen. Wir gehen davon aus, dass eine entsprechende Markierung vor dem Grundstück Ihrer
Mandantschaft ausreichen wird, die freie Zu- und Ausfahrt zu gewährleisten. Diese Maßnahme trägt nach
unserer Auffassung allen Anwohnern, einschließlich Ihrer Mandantschaft, Rechnung und dürfte das
Problem lösen. Sollten Sie diese Auffassung nicht teilen, stellen wir anheim, gerichtliche Schritte
einzuleiten. Wir weisen jedoch nochmals darauf hin, dass Ihre Mandantschaft, wie jeder andere
Grundstücksbesitzer, jederzeit die Ordnungsbehörde informieren kann, wenn die Grundstückseinfahrt
zugeparkt wird und die Ein-/Ausfahrt nicht möglich ist. Unser Außendienst wird dann unverzüglich die
notwendigen Schritte einleiten, ggfs. lässt er das Fahrzeug abschleppen.“
Eine Rechtsmittelbelehrung war nicht beigefügt.
In der Folgezeit ließ die Beklagte auf den Rasengittersteinen vor der Grundstücks-ausfahrt eine weiße
Farbmarkierung in Form eines waagrecht liegenden „X“ anbringen.
Die Kläger wandten sich mit Schreiben vom 14. Februar 2008 an die Kreisverwaltung Montabaur und
forderten diese auf, „die Sicherstellung der Ein- und Ausfahrt“ durch Poller oder durch eine absolute
Halteverbotszone zu gewährleisten. Hierfür setzten sie eine Frist bis zum 7. März 2008.
Am 25.März 2008 hatten die Kläger sodann Klage gegen die Beklagte erhoben (3 K 339/08.KO) mit dem
Ziel, diese zu verurteilen, 80 cm hohe Poller in gerader Linie zwischen dem Zaun und dem Baum in einem
solchen Abstand anzubringen, dass Personenkraftwagen nicht mehr dazwischen fahren könnten. Sie
trugen vor, die weiße Markierung vor ihrem Grundstück werde von den parkenden Autos missachtet.
Hierzu legten sie zahlreiche Fotos vor, auf denen nicht nur die Autos auf den Rasengittersteinen im
Bereich der weißen Farbmarkierung, sondern auch ein Anhänger der Kläger auf den Splitterparzellen
13/68 und 13/71 zu erkennen ist, welcher die Ausfahrt nach links versperrt.
Die Klage wurde mit Urteil vom 24. November 2008 – 3 K 339/08.KO – als unzulässig abgewiesen, weil es
an dem erforderlichen Vorverfahren gefehlt habe. Die begehrten Poller seien Verkehrseinrichtungen im
Sinne des § 43 StVO und damit Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen. Das Schreiben der
Beklagten vom 23. Januar 2008 sei ein Ablehnungsbescheid gewesen und das Schreiben der Kläger vom
14. Februar 2008 an die Kreisverwaltung sei nicht als Widerspruch zu werten. Da der
Ablehnungsbescheid keine Rechtsmittelbelehrung enthalten habe, könne ein Widerspruch noch bis zum
Ablauf der Jahresfrist eingelegt werden.
Daraufhin legten die Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2009, eingegangen am 13. Januar 2009,
Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Januar 2008 ein. Sie beriefen sich erneut auf die ihres
Erachtens erteilte Zusicherung vom 17. Oktober 2007 und darauf, dass die weiße Farbmarkierung von den
nach wie vor parkenden Autos missachtet werde, was sie mit Fotos belegten. Darüber hinaus ergebe sich
der Anspruch auf Anbringung der Poller auch aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Das Ermessen der Behörde
sei zugunsten der Kläger reduziert. Den Klägern sei es nicht zumutbar, die Falschparker bei der Behörde
anzuzeigen, da es sich um Bekannte von in der Nachbarschaft wohnenden Personen handele. Außerdem
gebiete der Gleichheitssatz die Freihaltung einer geradlinigen Grundstücks-ausfahrt, denn diese
Möglichkeit sei für alle andern Grundstücke geschaffen worden.
Mit Nichtabhilfebescheid vom 28. Januar 2009 wies die Beklagte darauf hin, dass die weiße
Farbmarkierung im Vergleich zu starren Pfosten einen geringeren Eingriff in den Straßenverkehr darstelle,
denn die Markierung behindere nicht das Wenden auf der Straße. Außerdem würden Pfosten
erfahrungsgemäß immer wieder beschädigt und müssten auf Kosten der Allgemeinheit erneuert werden.
Der Außendienst habe bei Kontrollen zu verschiedenen Zeiten, auch an Wochenenden und in den
Abendstunden, keine Behinderungen der Grundstücksausfahrt festgestellt. Die Kläger hätten auch keine
Behinderungen gemeldet.
Nachdem die Kläger den Kreisrechtsausschuss aufgefordert hatten, bis spätestens 15. Juni 2009 über
den Widerspruch zu entscheiden, haben sie am 15. Juli 2009 Untätigkeitsklage erhoben. Sie wiederholen
und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen und tragen ergänzend vor, die Beklagte habe auch an drei
anderen Stellen des Gemeindegebiets Poller aufgestellt, nämlich am Dorfplatz, an der Kurve zwischen B.-
Straße und R.-Straße und auf der Straße Am alten B. in Richtung E.-Parkplatz. Außerdem legen sie neue
Fotos aus der Zeit vom 28. Januar bis 8. Februar 2010 vor, auf denen jeweils ein parkendes Fahrzeug im
Bereich der Rasengittersteine zu sehen ist.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 23. Januar 2008 zu verpflichten,
gegenüber der Straßenbaubehörde anzuordnen, dass die Zufahrt zum Grundstück der Kläger (Flur 24,
Parzelle 13/86) – in Einfahrtsrichtung nach rechts hin – in der Weise abgegrenzt wird, dass auf der mit
Rasengittersteinen befestigten, unmittelbar vor der Grundstücks-ausfahrt liegenden Straßenfläche Poller
in Form von im Erdboden ver-ankerten, mindestens 80 cm hohen Metallstangen angebracht werden; die
Poller müssen auf einer geraden Linie zwischen dem Ende des vor der Garage der Kläger befindlichen
Zauns und dem auf der Rasengitterfläche stehenden Baum – aber nur im öffentlichen Verkehrsraum – mit
solchen Abständen verwirklicht werden, dass ein Durchfahren der Abgrenzung für Personenkraftwagen
unmöglich ist,
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Aufstellung der beantragten Poller zu veranlassen,
äußerst hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. Januar 2008 zu verpflichten,
über den Antrag der Kläger vom 16. Januar 2008 auf Anordnung der oben genannten Poller unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Das Schreiben vom 17. Oktober 2007 enthalte keine Zusicherung. Die Beklagte habe darin
keine verbindliche Erklärung abgegeben, sondern nur eine Auskunft erteilt. Selbst wenn eine Zusicherung
vorgelegen haben sollte, sei diese mit Schreiben vom 23. Januar 2008 konkludent zurück genommen
worden. Die Kläger hätten die Möglichkeit, am Ende ihres Zauns nach links aus dem Grundstück
herauszufahren. Dort hätten sie jedoch einen Hänger abgestellt. Würde die Beklagte die beantragten
Poller aufstellen, würde dadurch die Zufahrt zum Nachbargrundstück (Parzellen 13/74) unzumutbar
erschwert. Im Übrigen habe die Beklagte nirgendwo Poller zum Schutz privater Garagenausfahrten
errichtet bzw. veranlasst.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift und auf die beigezogenen
Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Es kann dahin stehen, ob die Klage als Untätigkeits-Verpflichtungsklage oder als
allgemeine Leistungsklage zu betrachten ist. Soweit die Klage auf § 45 StVO gestützt ist, indem die Kläger
(vermeintliche) Verkehrseinrichtungen in Form von Allgemeinverfügungen begehren, bestehen keine
Bedenken gegen eine Untätigkeits-Verpflichtungsklage, denn über den Widerspruch der Kläger vom 7.
Januar 2009 wurde ohne sachlichen Grund nicht in angemessener Zeit entschieden (§ 75 VwGO). Soweit
die Klage auf Erfüllung einer Zusicherung gerichtet ist, nämlich auf Erlass der zugesagten Poller
(Allgemeinverfügungen), war die am 15. Juli 2009 erhobene Untätigkeitsklage – wie noch auszuführen ist
– nur bis zur Rechtsänderung am 1. September 2009 statthaft. Danach konnte sie insoweit als allgemeine
Leistungsklage fortgesetzt werden.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Kläger können ihr Begehren weder auf eine Zusicherung bzw.
Zusage noch auf § 45 StVO stützen.
Zunächst ist davon auszugehen, dass das Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 2007 eine wirksame,
wenn auch rechtswidrige Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG in Verbindung mit § 1 LVwVfG enthielt.
Eine Zusicherung ist demnach die Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu
unterlassen. Ob eine derartige Zusage vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Am 17. Oktober 2007 galt
§ 43 StVO noch in der alten Fassung. Nach § 43 Abs. 1 StVO a.F. waren Sperrpfosten
Verkehrseinrichtungen und nach § 43 Abs. 2 StVO a.F. entfalteten Verkehrseinrichtungen
Regelungswirkungen. Mithin waren Poller nach herrschender Meinung Verwaltungsakte in Form von
Allgemeinverfügungen (vgl. z.B. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.10.2003, NuR 2005, 415
und VG Koblenz, Urteil vom 24.11.2008 – 3 K 339/08.KO –). Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen
waren auch ohne weiteres zusicherungsfähig (BVerwG, Urteil vom 25.01.1995, NJW 1995, 1977). Die
Kenntnis dieser Rechtsprechung muss bei der Unteren Verkehrsbehörde als bekannt voraus gesetzt
werden. Dass das Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 2007 jedenfalls mehr als eine bloße Auskunft
enthielt, folgt daraus, dass andere Maßnahmen, nämlich die Kennzeichnung von Parkflächen und die
Anbringung eines Halteverbots (Verkehrszeichen Nr. 286) ausdrücklich abgelehnt wurden. Hinzu kommt,
dass die Beklagte die Hoffnung zum Ausdruck brachte, dass „mit dieser Maßnahme“ die bestehenden
Probleme beseitigt würden. Eine bloße Auskunft (etwa, dass die Beklagte lediglich erwäge, die Poller
anzubringen), wäre keine „Maßnahme“ gewesen und wäre als solche noch nicht geeignet gewesen, die
bestehenden Probleme zu beseitigen.
Die Zusicherung war von Anfang rechtswidrig, denn sie verstieß gegen § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO. Danach
durften Verkehrseinrichtungen nur dort angeordnet werden, wo sie aufgrund der besonderen Umstände
zwingend geboten waren. Letzteres war hier nicht der Fall. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob
dem Vortrag der Kläger oder der Beklagten hinsichtlich des „Zuparkens“ zu folgen ist. Denn selbst wenn
es zutrifft, dass die Grundstücksausfahrt „immer wieder“ zugeparkt war, brauchten die Kläger nur ihren
Hänger von den Parzellen 13/68 bzw. 13/71 zu entfernen, um eine ungehinderte Ein- und Ausfahrt zu
ihrer Garage zu haben. Auch wenn diese Ein- bzw. Ausfahrt schräg zur Garage verlaufen wäre, bedeutete
dies nicht, dass die Poller zwingend notwendig gewesen wären. Denn niemand hat einen Anspruch auf
geradlinige Grundstücksausfahrt.
Insoweit war das Ermessen der Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung
zugunsten der Kläger verdichtet. Zum einen trifft es nicht zu, dass alle andern Grundstückseigentümer
eine geradlinige Ausfahrt haben (vgl. die Parzellen 13/43 und 13/44, wo sogar ein rechtwinkliges
Abbiegen erforderlich ist), und zum andern ist diese Situation nicht von der Beklagten als Untere
Verkehrsbehörde verursacht worden. Ein Recht zur Gleichbehandlung gibt es nur gegenüber derjenigen
Behörde, die in ihrem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich eine ständige Verwaltungspraxis ausgeübt
und dadurch ihr Ermessen selbst gebunden hat.
Die an anderen Stellen des Gemeindegebiets angebrachten Poller führen ebenfalls nicht zu einer
Verdichtung des Ermessens zugunsten der Kläger. Sie wurden ausschließlich im öffentlichen Interesse
errichtet; nirgendwo wurde eine öffentliche Verkehrsfläche abgeriegelt, um eine private Garagenausfahrt
zu erleichtern.
Gleichwohl war die Zusicherung der Verkehrseinrichtungen wirksam. Zu ihrer Wirksamkeit ist nach § 38
VwVfG lediglich erforderlich, dass sie von der zuständigen Behörde in schriftlicher Form erteilt wird. Diese
Voraussetzungen liegen vor. Die Anhörung „Beteiligter“ oder die Mitwirkung anderer Behörden war nicht
erforderlich, denn über die Aufstellung und Entfernung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen
entscheidet nach § 45 Abs. 3 StVO allein die zuständige Straßenverkehrsbehörde (BVerwG, a.a.O.).
Aus einer wirksamen Zusicherung kann auf Erfüllung geklagt werden (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7.
Aufl., § 38 Rdn. 122). Dies gilt auch dann, wenn die Zusicherung rechtswidrig ist. Denn § 38 VwVfG nimmt
in Kauf, dass durch rechtswidrige Zusicherungen auch solche subjektive öffentliche Rechte geschaffen
werden, die das Gesetz nicht vorsieht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 38 Rdn. 34).
Allerdings hat die Zusicherung inzwischen ihre Wirksamkeit verloren. Dabei kann dahin stehen, ob die
Wirksamkeit bereits dadurch entfallen ist, dass sich die Zusicherung durch die ursprüngliche Anbringung
der Poller erledigt hat (§ 43 Abs. 2 VwVfG), oder ob sie durch die anschließende Beseitigung der Poller
oder spätestens durch das Schreiben vom 23. Januar 2008 konkludent zurück genommen wurde. Würde
man letzteres annehmen, müsste in dem Widerspruch der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom
23. Januar 2008 zugleich auch ein konkludenter Widerspruch gegen die in diesem Schreiben enthaltene
konkludente Rücknahme gesehen werden. Insoweit bedurfte es jedoch keiner Erweiterung der
(Untätigkeits-)Klage durch eine zusätzliche Anfechtungsklage gegen die Rücknahme, denn die
Wirksamkeit der Zusicherung ist jedenfalls infolge des Wegfalls der Bindungswirkung nach § 38 Abs. 3
VwVfG entfallen.
Nach § 38 Abs. 3 VwVfG ist die Behörde nicht mehr an die Zusicherung gebunden, wenn sich die Sach-
oder Rechtslage nach Abgabe der Zusicherung derart ändert, dass die Behörde die Zusicherung bei
Kenntnis der Änderung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Im
vorliegenden Fall hat sich die Rechtslage mit Wirkung vom 1. September 2009 geändert. Durch Art. 1 der
Verordnung vom 5. August 2009 (BGBl I S. 263) wurden § 43 Abs. 1 und Abs. 3 StVO neu gefasst. Nach §
43 Abs. 1 Satz 1 StVO n.F. sind Verkehrseinrichtungen rot-weiß gestreifte Schranken, Sperrpfosten,
Absperrgeräte sowie Leiteinrichtungen. Nach § 43 Abs. 3 Satz 1 StVO n.F. ergeben sich die
Verkehrseinrichtungen nach Absatz 1 Satz 1 aus der Anlage 4. Die Anlage 4 enthält in Abschnitt 1 die rot-
weiß gestreiften Kennzeichnungen für vorüber-gehende Hindernisse und in Abschnitt 2 die Einrichtungen
zur Kennzeichnung von dauerhaften Hindernissen oder sonstigen gefährlichen Stellen. Mit Ausnahme
des Zeichens 620 (Leitpfosten) sind alle Verkehrseinrichtungen rot-weiß gestreift. Die Anlage 4 enthält
keine „Sperrpfosten“, obwohl § 43 Abs. 1 Satz 1 StVO n.F. nach wie vor Sperrpfosten erwähnt. Dieser
scheinbare Widerspruch lässt sich dadurch auflösen, dass die in der Anlage 4 genannten Zeichen auch
ortsfest mit Pfosten im Straßenraum verankert werden können, so dass sie zugleich die Funktion von
Sperrpfosten übernehmen. Jedenfalls folgt aus der ausdrücklichen Verweisung des § 43 Abs. 3 Satz 1
StVO n.F. auf die Anlage 4, dass die Darstellungen in der Anlage 4 abschließender Natur sein sollen. Dies
ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung zur 46. Verordnung zur Änderung straßenverkehrs-
rechtlicher Vorschriften (BR-Drucks. Nr. 153/09). Danach ermöglicht es die neue Struktur in der Anlage 4,
„sämtliche Verkehrseinrichtungen“ auf einen Blick zu erfassen (a.a.O. S. 101). Deshalb können (bloße)
Poller seit dem 1. September 2009 nicht mehr als Sperrpfosten bzw. als Verkehrseinrichtungen im Sinne
des § 43 StVO n.F. betrachtet werden. Sie sind allenfalls Straßenzubehör im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 4
LStrG (Verkehrsanlagen aller Art), wenn sie der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem
Schutz der Anlieger dienen. Andernfalls sind sie Gegenstände im Sinne des § 32 StVO.
Daraus folgt, dass die begehrten Poller auch keine Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen
mehr sind. Also können sie aus rechtlichen Gründen nicht mehr im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG
zugesichert werden. Damit ist die Bindungswirkung der Zusicherung entfallen.
Allerdings wird von einem Teil der Literatur und Rechtsprechung die Meinung vertreten, dass § 38 VwVfG
analog auch auf die Zusage von Realakten anwendbar sei (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rdn. 29 ff
und Rdn. 47 mit weiteren Nachweisen). Folgt man dieser Auffassung, dann wäre es denkbar, die
ehemalige Zusicherung einer Verkehrseinrichtung in die Zusage eines Realaktes umzudeuten. Aber auch
dann würde die analoge Anwendung des § 38 Abs. 3 VwVfG zu einem Wegfall der Bindungswirkung
führen. Denn die Poller dürfen aus straßenrechtlichen und verkehrsrechtlichen Gründen nicht (mehr)
zugesagt werden.
Die begehrten Poller sind im vorliegenden Fall keine „Verkehrsanlagen aller Art“ im Sinne des § 1 Abs. 3
Nr. 4 LStrG. Sie dienen nicht der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs. Sie stellen vielmehr ein
Hindernis im befahr-baren Straßenraum dar. Die Straße „Am H.“ (Parzelle 13/98) wurde am 3. August
2006 vollständig und ohne Einschränkungen als Gemeindestraße gewidmet. Der Umstand, dass die
Straße teilweise asphaltiert und teilweise mit Rasengittersteinen befestigt ist, ändert daran nichts. Die
Poller sind auch nicht zum Schutz der Anlieger gerechtfertigt. Abgesehen davon, dass die Poller für die
übrigen Straßenanlieger keinerlei Schutzwirkung entfalten, sind sie zum Schutz der Garagenausfahrt der
Kläger auch nicht erforderlich. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, wonach die Kläger
nur ihren Hänger von den Parzellen 13/68 bzw. 13/74 zu entfernen brauchen.
Nach § 32 Satz 1 StVO ist es verboten, Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen,
wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Da diese Vorschrift schon das bloße
Verbringen von Gegenständen auf die Straße erfasst, gilt sie erst recht für das Einbetonieren von
Gegenständen in der Straße, sofern dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Diese
Voraussetzungen liegen hier vor. Wenn Metallpfosten im befahrbaren öffentlichen Straßenraum befestigt
werden, kann dadurch der Fahrzeugverkehr gefährdet oder erschwert werden. Außerdem kann unter den
Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 27 StVO sogar eine Ordnungswidrigkeit vorliegen.
Es handelt sich auch nicht um den Sonderfall, dass Poller auf Gehwegen befestigt werden, um dort das
Parken von Fahrzeugen zu verhindern (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.1995, NJW 1995,
2172). Rasengittersteine sind keine Gehwege und die Straßenparzelle 13/98 wurde uneingeschränkt als
Gemeindestraße gewidmet. Sie ist folglich überall dort, wo keine Gehwege vorhanden sind, befahrbar.
Der Umstand, dass ein Teil der Straßenfläche asphaltiert ist und ein anderer Teil mit Rasengittersteinen
befestigt ist, ändert daran nichts.
Folglich ist die Bindungswirkung der Zusicherung am 1. September 2009 auch dann entfallen, wenn § 38
VwVfG analog auf die Zusage von Realakten anwendbar ist.
Die Kläger können ihr Begehren auch nicht auf § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO stützen. Zwar ist anerkannt, dass
diese Vorschrift nicht nur der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dient, sondern auch den
Individualrechtsgütern eines Anliegers dienen kann. Insoweit kommt zumindest ein Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 03.07.1986, NJW 1987, 1096).
ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 03.07.1986, NJW 1987, 1096).
Allerdings bezieht sich dieser Anspruch nur auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die
Anbringung von Verkehrszeichen und Verkehrs-einrichtungen, denn nach § 45 Abs. 4 StVO dürfen die
Straßenverkehrsbehörden den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln. Da
(schlichte) Poller seit dem 1. September 2009 keine Sperrpfosten bzw. keine Verkehrseinrichtungen im
Sinne des § 43 StVO n.F. mehr sind, entfällt ein Anspruch aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO.
Der Hilfsantrag hat nach alledem ebenfalls keinen Erfolg.
Nur am Rande weist das Gericht noch darauf hin, dass eine Fahrbahnmarkierung in Form eines „X“ in der
StVO zwar nicht ausdrücklich vorgesehen war und ist (vgl. § 41 Abs. 3 StVO a.F. und StVO, Anlage 2,
Abschnitt 9, n.F.). Allerdings folgt aus Ziffer IV Nr. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu den §§ 39
bis 43 StVO, dass Markierungen nach den Richtlinien für die Markierung von Straßen (RMS) auszuführen
sind. In der RMS vom 15.01.1980 (Verkehrsblatt 1980, 184) war eine Markierung in X-Form noch nicht
enthalten. Sie wurde jedoch unter Ziffer 2.3 der Neufassung vom 23.08.1993 als eine weitere Möglichkeit
„für die zusätzliche Kennzeichnung von Halt- und Parkverboten“ eingeführt. Da das Parken vor
Grundstücksein- und -ausfahrten nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO verboten ist, handelt es sich bei der
Markierung vor dem Grundstück der Kläger um eine zusätzliche Kennzeichnung im Sinne der Richtlinien.
Sie ist nicht um ihrer selbst willen, sondern als Hinweis auf das gesetzliche Parkverbot zu beachten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 abs. 2 VwGO.
Die Berufung war nach § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, denn die Änderung der
Rechtsnatur von Sperrpfosten (in Form schlichten Pollern) ist von grundsätzlicher Bedeutung.
Rechtsmittelbelehrung
...
gez. Dr. Bayer
gez. Porz
gez. Dr. Stieber
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden.
gez. Dr. Bayer
gez. Porz
gez. Dr. Stieber