Urteil des VG Koblenz vom 09.11.2009

VG Koblenz: öffentliche sicherheit, stand der technik, gefahr, parteilichkeit, klagebefugnis, auflage, gutachter, rechtsverletzung, professor, erfahrung

VG
Koblenz
09.11.2009
4 K 417/09.KO
Luftverkehrsrecht
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Verkündet am: 09.11.2009
gez. ...
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
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9. November 2009, an der teilgenommen haben
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Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des Beigeladenen, hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer dem Beigeladenen erteilten Aufstiegserlaubnis zum Betrieb von
Flugmodellen.
Der Beigeladene stellte mit Schreiben vom 27. September 2008 bei dem Beklagten einen Antrag auf
Erteilung einer Aufstiegserlaubnis für Modellflugzeuge. Dem Antrag war ein Sachverständigen-Gutachten
des lizensierten ... (... eV.) Sachverständigen E. H. vom gleichen Datum beigefügt. Das Gutachten dient
eigenen Angaben zufolge der Beurteilung, ob das vorhandene Gelände geeignet ist, zulassungsfreie
Flugmodelle mit einer höchst zulässigen Startmasse von bis zu 25 kg zu betreiben. Nach einer
Beschreibung der örtlichen Verhältnisse erfolgte die Untersuchung anhand der Themenkreise, wie sie in
den Grundsätzen des Bundes und der Länder für die Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von
Flugmodellen gemäß § 16 LuftVO, veröffentlicht in den NFL I 76/08 vom 13. März 2008, enthalten sind.
Dabei wurden unter dem Punkt 2.1.7 unter Berücksichtigung der Umgebungsbebauung und dem Abstand
der jeweiligen Bebauung die zulässigen Immissionspegel bei unterschiedlicher Nutzungsart ermittelt.
Maßgebliches Bezugsobjekt bildete ein nördlich liegender Aussiedlerhof mit landwirtschaftlicher Fläche in
790 m Entfernung, wobei das Gutachten von einer Einordnung als Mischgebiet ausging. Zugrunde gelegt
wurden dabei die Abstandstabellen A und C der zuvor genannten Grundsätze des Bundes und der
Länder für die Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von Flugmodellen gemäß § 16 LuftVO. Bei den so
ermittelten Grenzwerten wurde bei der Nutzung von Kolbentriebwerken weiter berücksichtigt, dass
diesbezüglich drei Motormodelle gleichzeitig betrieben werden sollten. Wegen des weiteren Inhalts des
Gutachtens wird auf Blatt 21 bis 30 der Verwaltungsakte verwiesen.
Nachdem der Beklagte Stellungnahmen der zu beteiligenden Träger öffentlicher Belange eingeholt hatte,
erließ sie am 1. Dezember 2008 die beantragte Aufstiegserlaubnis. Der Umfang der Aufstiegserlaubnis
berücksichtigte die zuvor vom Gutachter ermittelten Immissionsgrenzwerte und die von den Fachbehörden
in ihren Stellungnahmen geäußerten Bedenken. Der Erlaubnis sind verschiedene Auflagen beigefügt.
Unter anderem dürfen Flugmodelle täglich in der Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang
betrieben werden; für verbrennungsmotorbetriebene Flugmodelle gilt werktags eine weitergehende
Einschränkung auf die Zeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen auf die Zeit
zwischen 7.00 Uhr und 22.00 Uhr. Das gleichzeitige Starten und Betreiben wird auf ein Flugmodell mit
Turbinenantrieb oder 3 Flugmodelle mit Kolbenmotor begrenzt (Allgemeine Auflage Nr. 14). Die zum
Einsatz kommenden Flugmodelle müssen mit einem dem neuesten Stand der Technik entsprechenden
Schalldämpfer ausgerüstet sein (Allgemeine Auflage Nr. 12); ein Schallpegel von 75 dB(A) / 25 m bei
Kolbenmotoren und von 90 dB(A) / 25 m bei Turbinenstrahltriebwerken darf nicht überschritten werden.
Die Flugmodelle sind in einem Flugsektor zu betreiben, der in der Anlage der Erlaubnis dargestellt ist
(Allgemeine Auflage Nr. 5), einen Radius von 300 m aufweist und eine Ausdehnung von 260° hat.
Die Klägerin betreibt westlich des Fluggeländes in einer Entfernung von etwa 700 m zum sogenannten
Fluggeländebezugspunkt (FBP – Mitte Start und Landebahn) eine Hühnerfarm. Das Gebiet, in dem die
Hühnerfarm betrieben wird, ist ausweislich eines Auszugs aus dem Flächennutzungsplan als
„gewerbliche Baufläche“ bestimmt (vgl. Bl. 42 ff. der Verwaltungsakte).
Nachdem die Klägerin bereits am 16. Dezember 2008 Widerspruch eingelegt und eine lärmbedingte
Existenzgefährdung vorgetragen hatte, erweiterte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben
vom 16. Januar 2009 den Widerspruch gegen die erteilte Aufstiegserlaubnis vom 1. Dezember 2008 auf
Herrn M. persönlich. Zur Begründung war ausgeführt, dass das vorgelegte Gutachten nicht akzeptabel sei,
weil es unter anderem insbesondere das Wohnhaus des Herrn M. völlig außer Acht gelassen habe. Eine
angekündigte weitergehende Begründung erfolgte nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2009, zugestellt am 27. März 2009, wurde der Widerspruch der
Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung war im Wesentlichen ausgeführt, dass die Grundsätze des
Bundes und der Länder für die Erlaubnis zum Aufstieg von Flugmodellen gemäß § 16 LuftVO eingehalten
worden seien. Dies gelte sowohl hinsichtlich sicherheitsrechtlich als auch lärmrechtlich relevanter Punkte.
Die Klägerin hat am 27. April 2009 Klage erhoben. Nach erfolgter Betreibensaufforderung seitens des
Gerichts am 4. September 2009 begründet die Klägerin mit Schriftsatz vom 11. September 2009 ihre
Klage im Wesentlichen wie folgt: Zunächst werde die Tauglichkeit des Gutachtens in Frage gestellt und
die Parteilichkeit des Gutachters gerügt. Die Klägerin sei durch die erteilte Aufstiegserlaubnis in ihren
Rechten verletzt, weil zu befürchten sei, dass der von der Klägerin betriebene Hühnerhof durch den
Modellflugbetrieb Schaden nehme und damit Umsatzeinbußen und damit weiter einhergehend eine
Reduzierung von Arbeitsplätzen zu erwarten seien. In diesem Zusammenhang führt die Klägerin weiter
aus, dass die Modellflugzeuge negative Auswirkungen auf ihre Hühnerfarm hätten, weil die Hühner
infolge des Lärms und infolge des als Greifvögel erscheinenden Flugbetriebs unmittelbar Schaden
nehmen würden und dass zumindest deren Legetätigkeit leide. Hierzu legt die Klägerin eine
Stellungnahme zur Gefährdung von Legehennen durch Modellflugzeuge von Professor Dr. Dr. B. vom
12. Januar 2009 vor. Danach sei eine Errichtung eines Modellflugplatzes in 330 m Entfernung eines
Hühnerbetriebs abzulehnen. Denn der sogenannte Greifvogeleffekt könne in Verbindung mit den
ungewohnten akustischen Reizen Hysterie der gesamten Gruppe auslösen und damit zu einer
panikbedingten Mortalität von über 50 % führen. Neben den negativen Auswirkungen auf die aktuelle
Situation stehe der Erlaubnis des Flugbetriebs auch die geplante Erweiterung der Hühnerfarm entgegen.
Die Klägerin besitze allein in östlicher Richtung, also in Richtung des Flugplatzes, weitere Grundstücke,
die sie zum Ausbau ihrer Tätigkeit heranziehen könne. Diese Flächen seien für sie auch erforderlich, weil
sie Bio-Eier produziere und daher entsprechende Freiflächen nachweisen müsse. Ohne Möglichkeit der
Erweiterung sei die Existenz der Klägerin nicht gesichert. Des Weiteren wird geltend gemacht, dass die
natur- und baurechtlichen Anforderungen nicht erfüllt seien und überdies der ausgewiesene Flugkorridor
für den Betrieb für Flugmodelle mit Strahltriebwerken nicht ausreichend sei. Auch sei der Schutz der in
östlicher Richtung liegenden Wohnbevölkerung nicht gewährleistet.
Die Klägerin beantragt,
die von der Beklagten dem beigeladenen Verein erteilte Aufstiegserlaubnis vom 1. Dezember 2008 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich der Beklagte im Wesentlichen auf die Ausführungen des
Verwaltungsverfahrens. Darüber hinaus fehle es jedoch in bestimmten gerügten Punkten an der
Klagebefugnis der Klägerin. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der geäußerten naturschutzrechtlichen
Bedenken. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte jedoch ergänzend darauf hin, dass hier
Stellungnahmen der zuständigen Behörden eingeholt und in der Aufstiegserlaubnis berücksichtigt worden
seien. Die Klagebefugnis fehle auch insoweit, als die Klägerin etwaige Lärmbelästigungen Dritter geltend
mache. In Bezug auf die Tauglichkeit des Gutachtens verweist der Beklagte darauf, dass sich das
Gutachten an den Grundsätzen des Bundes und der Länder für die Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg
von Flugmodellen gemäß § 16 LuftVO orientierte und der erstellende Gutachter die dafür erforderliche
Qualifikation gehabt habe. Dies ergebe sich aus dem Modellflugsachverständigen-Ausweis Nr. LSGB/029,
der dem Gutachten in Kopie beigefügt worden sei. Anhaltspunkte für eine Parteilichkeit des Gutachters
seien nicht ersichtlich.
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ebenfalls ausgeführt, dass die Klage, so wie sie begründet wurde, teilweise
unzulässig sei, da auch Verletzungen von Rechten vorgetragen würden, die nicht drittschützend seien.
Dies gelte zum einen für die naturschutzrechtlichen Bedenken und zum anderen für die vorgetragenen
Lärmbelästigungen der im Wohngebiet wohnenden Bevölkerung. Auch seien Fragen der Bauerlaubnis im
Rahmen des hier geführten Rechtsstreits ohne Bedeutung, weil eine solche Bauerlaubnis nicht
Gegenstand der Genehmigung gewesen sei. Wegen der Lärmbelästigung der Klägerin wird darauf
hingewiesen, dass diesbezüglich die Vorgaben der Grundsätze des Bundes und der Länder für die
Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von Flugmodellen gemäß § 16 LuftVO eingehalten seien. Als Replik
auf die Stellungnahme zur Gefährdung von Legehennen durch Modellflugzeuge durch Professor Dr. Dr. B.
vom 12. Januar 2009 legt der Beigeladene eine Stellungnahme des Herrn Dr. S. vom 8. Oktober 2009 vor.
Diese enthält insbesondere Ausführungen dazu, wie sich das Fluchtverhalten der Legehennen aufgrund
der greifvogelartigen Erscheinungen der Flugmodelle in Abhängigkeit zur jeweiligen Entfernung verhalte.
Hierbei wird darauf hingewiesen, dass die Stellungnahme des Herrn Professor B. von einer Entfernung
von 330 m ausgehe, während vorliegend, gemessen vom Rande des Flugkorridors, eine Distanz von etwa
500 m bestehe. Darüber hinaus wird in der Stellungnahme darauf hingewiesen, dass Hühner, die im
Hühnerbetrieb gehalten werden, und offenen Zugang zu den schutzbietenden Stallungen hätten, sich
nicht mit den Auswirkungen auf Wildvögel vergleichen ließen, die den neueren Untersuchungen zugrunde
gelegen hätten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Unterlagen der
Beteiligten und die vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagtenvom 1. Dezember 2008 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2009 mit dem dem Beigeladenen die
Aufstiegserlaubnis erteilt wird, ist – soweit das Gericht im Rahmen der vorliegenden Drittanfechtungsklage
eine Prüfung durchzuführen hat – rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Die
Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO setzt voraus, dass die Klägerin geltend macht, durch den
Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt zu sein, und dass nach ihrem Vorbringen die Verletzung
dieser Rechte möglich ist. Im Rahmen der hier vorliegenden Drittanfechtung, kommt es darauf an, ob sich
die Klägerin auf eine öffentlich-rechtliche Norm stützen kann, die nach dem in ihr enthaltenen
Entscheidungsprogramm auch sie als Dritte schützt (stRspr, vgl. nur BVerwG vom 10. Oktober 2002,
BVerwGE 117, 93 m.w.N.).
Eine Verletzung einer drittschützenden Norm erscheint nach dem Vortrag der Klägerin möglich. Die
erteilte Aufstiegserlaubnis wurde auf Grundlage des § 16 der Luftverkehrs-Ordnung in der seit 23.11.2006
(BGBl I 2006, 2644) gültigen Fassung (- LuftVO -) in Verbindung mit § 31 Abs. 2 Nr. 16 lit. f) und § 32
Abs. 1 Nr. 8 des Luftverkehrsgesetzes (- LuftVG -) erteilt. Nach § 16 Abs. 4 LuftVO wird die Erlaubnis unter
anderem erteilt, wenn die beabsichtigte Nutzung nicht zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung führen kann. Die Klägerin macht geltend, durch die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis in ihrem
Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt zu sein. Hierbei handelt es sich um ein
vermögenswertes privates Recht, das zu den sonstigen Rechten i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB gehört und als
konkrete subjektive Rechtsposition, die der Klägerin als Betriebsinhaberin zusteht, den Schutz des Art. 14
GG genießt und zu den von der öffentlichen Sicherheit geschützten Individualrechtsgütern zählt. Im
Hinblick auf die von dem Beklagten und dem Beigeladenen erhobenen Rüge, die Klage sei bereits
teilweise unzulässig, weist die Kammer darauf hin, dass die Klägerin hier ein nicht weiter teilbares
Aufhebungsbegehren verfolgt, dessen Zulässigkeit bereits durch die mögliche Rechtsverletzung des oben
beschriebenen subjektiv-öffentlichen Rechts besteht. Soweit die Klägerin unter Umständen auch nicht
drittschützende Normen zur Klagebegründung herangezogen hat, ist dies allein eine Frage der
Begründetheit (vgl. Eyermann/Happ, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 42 Rn. 86).
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin macht zum Teil die Verletzung von Rechten geltend, die
nicht drittschützend sind und daher keine, die Rechte der Klägerin beeinträchtigende Rechtswidrigkeit
begründen können (a.). Auch soweit sich die Klägerin auf Gegenstände beruft, die nicht Gegenstand der
gewährten Aufstiegserlaubnis waren, scheidet eine Rechtsverletzung aus (b.). Letztlich kann auch die der
Klägerin zustehende subjektiv öffentlich-rechtliche Rechtsposition die Klage nicht begründen, weil eine
diesbezügliche Rechtsverletzung nicht vorliegt (c.).
a. Die Klägerin macht eine Reihe von Rechtsverletzungen geltend, die mangels drittschützenden
Charakters im Rahmen der vorliegenden Drittanfechtungsklage nicht Prüfungsgegenstand sind. Hierzu
zählen die von der Klägerin benannten Verletzungen der natur- und tierschutzrechtlichen Bestimmungen.
Das Naturschutzrecht ist nicht dazu bestimmt, dem Schutz Dritter zu dienen, sondern die Interessen der
Allgemeinheit zu schützen. Dies ergibt sich aus der Auslegung der Ziele und Grundsätze sowohl des
Landes- als auch des Bundesnaturschutzgesetzes. Nach § 1 Landesnaturschutzgesetz (- LNatSchG -)
und § 1 Bundesnaturschutzgesetz (- BNatSchG -) sind Natur und Landschaft aufgrund ihren eigenen
Wertes und als Lebensgrundlage des Menschen zu schützen. Unabhängig von der Frage, in wieweit
Natur und Landschaft auch zugunsten einer Kommanditgesellschaft zu schützen sind, betrifft das
formulierte Ziel nicht den Einzelnen, sondern die Menschen in ihrer Gesamtheit (vgl. dazu OVG
Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Oktober 2004 – 8 B 11969/04.OVG –). Dasselbe gilt, soweit die
Klägerin die Verletzung tierschutzrechtlicher Bestimmungen geltend macht. Auch hier lässt sich aus dem
in § 1 Tierschutzgesetz (- TierSG -) formulierten Zweck und Grundsatz des Gesetzes kein Recht des
Einzelnen ableiten. Vielmehr wird die Verantwortung des Menschen, Tiere als Mitgeschöpfe zu schützen,
herausgestellt und ein abstraktes Verbot, Tiere ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder
Schäden zuzufügen, benannt. Ein individueller Abwehranspruch ergibt sich aus dem Tierschutzgesetz
nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. März 1997 – 10 S 3382/96 – NJW 1997, 1798).
Eine weitergehende Erörterung, dass der Schutz der in östlicher Richtung liegenden Wohnbevölkerung,
ebenfalls keine von der Klägerin geltend zu machendes Individualrechtsgut ist, erübrigt sich.
b. Die Klägerin macht darüber hinaus auch die Verletzung baurechtlicher Bestimmungen geltend. Diese
könnten die Rechtswidrigkeit der erteilten Aufstiegserlaubnis schon deshalb nicht begründen, weil
baurechtliche Entscheidungen nicht Gegenstand der hier angegriffenen Erlaubnis sind. Auf die Frage, ob
es sich im Kern um drittschützende Baurechtsbelange handelt, kommt es damit nicht an. Die
Aufstiegserlaubnis nach § 16 Abs. 1 und 4 LuftVO betrifft allein die Nutzung des Luftraums. Aus § 16
Abs. 5 LuftVO folgt zwar, dass die Erlaubnis vom Nachweis einer Zustimmung des
Grundstückseigentümers oder sonstigen Nutzungsberechtigten abhängig gemacht werden kann. Die
darin zum Ausdruck kommende Verbindung zwischen der Nutzung des Luftraums und des zum Flug
erforderlichen Bodens (insb. Start- und Landebahn) beinhaltet jedoch keine Aussage darüber, inwieweit
die zum Flugbetrieb erforderliche Gestaltung der Bodenflächen baurechtlich genehmigungsfähig ist. Mit
anderen Worten, die Aufstiegserlaubnis entfaltet – anders als z.B. eine Genehmigung nach § 13
Bundesimmissionsschutzgesetz – keine Konzentrationswirkung. Baurechtliche Einwendungen müssten
daher im Rahmen der Genehmigungserteilung nach § 70 Landesbauordnung geltend gemacht werden.
c. Soweit die Klägerin – in Anlehnung an die Ausführungen zur Klagebefugnis – die Verletzung eigener
Rechte geltend machen kann, ist die Aufstiegserlaubnis nach dem danach zugrunde zu legenden
Prüfungsumfang rechtmäßig. Die von dem Beigeladenen beabsichtigte Nutzung des Luftraums ist gemäß
§ 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) und c) LuftVO erlaubnispflichtig. Danach bedarf der Aufstieg von Flugmodellen mit
mehr als 5 kg Gesamtmasse (lit. a)) und von Flugmodelle mit Verbrennungsmotoren in einer Entfernung
von weniger als 1,5 km von Wohngebieten (lit. c)) einer Erlaubnis. Die Erlaubnis wird gemäß § 16 Abs. 4
LuftVO erteilt, wenn die beabsichtigten Nutzungen nicht zu einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs
oder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung führen können. Der Verordnungsgeber hat damit ein Verbot
mit Erlaubnisvorbehalt erlassen, so dass Beschränkungen der Benutzung des Luftraumes aus Gründen
der Gefahrenabwehr nur dann statthaft sind, wenn eine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder für
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht. Ist eine solche Gefahr im Sinne des § 16 Abs. 4 LuftVO
bzw.
§ 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG
nicht gegeben, muss die Luftfahrtbehörde die begehrte Erlaubnis erteilen.
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat am 25. Februar 2008 die „Grundsätze
des Bundes und der Länder für die Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von Flugmodellen gemäß § 16
LuftVO“ erlassen (veröffentlicht in den Nachrichten für Luftfahrer [NFL] I 76/08 vom 13. März 2008), in
denen die Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung konkretisiert werden.
Die genannten Grundsätze zu § 16 LuftVO sind zwar keine Rechtsvorschrift (vgl. zu den
Vorgängergrundsätzen, VGH München, Beschluss vom 11. Juni 2007 – 8 ZB 06.2691) und dürften
mangels Zustimmung des Bundesrates – eine solche ist aus der Veröffentlichung nicht ersichtlich und
auch der Beklagten-Vertreterin nicht bekannt – als etwaige Verwaltungsvorschrift ebenfalls keine
unmittelbare Geltung beanspruchen (ein rheinland-pfälzischer Anwendungserlass war der Beklagten-
Vertreterin ebenso wenig bekannt). Allerdings werden die dort festgehaltenen Grundsätze in ständiger
Verwaltungspraxis zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit angewendet. Hinzu kommt, dass
insbesondere die Beurteilung der hier im weiteren maßgebliche Lärmbelästigung auf Grundlage der
Grenzen der Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetztes
(Sportanlagenlärmschutzverordnung – 18. BImSchV) vom 18. Juli 1991 (BGBl. I S. 1588) erstellt wurde.
Vor diesem Hintergrund hat die erkennende Kammer keine Bedenken, die in den Grundsätzen zu § 16
LuftVO enthaltenen Abstandstabellen anzuwenden, die lediglich die immissionsorientierte 18. BImSchV
auf den Lärmemittenten unter Berücksichtigung der Entfernung und der Besonderheiten der Flugmodelle
überträgt. Diesbezüglich haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass die Berechnungsmethode
nach den zitierten Grundsätzen eingehalten wurde.
Der Vortrag der Klägerin, die erteilte Aufstiegserlaubnis verletzte sie trotz der nach den Tabellen
eingehaltenen Lärmgrenzwerte in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, weil
die Grenzwerte die Besonderheiten einer Hühnerfarm nicht ausreichend berücksichtigten und in
Kombination mit dem sogenannten Greifvogeleffekt eine existenzielle Gefahr bestehe, greift nicht durch.
Hierbei handelt es sich um bloße Befürchtungen der Klägerin, die in der vorliegenden Konstellation und
im klägerischen Vorbringen selbst keine darüber hinausgehende Stütze finden. Zwar hat die Klägerin eine
Stellungnahme des Herrn Prof. B. vorgelegt, in der die negativen Auswirkungen von Lärm und
Greifvogeleffekt auf Legehennen bestätigt werden. Allerdings geht es in dieser Stellungnahme um einen
Modellflugplatz in 330 m Entfernung, während das Zentrum des Modellflugplatzes hier in ca. 700 m
Entfernung errichtet werden soll. Vergleicht man überschlagsmäßig die Unterschiede der vorgesehenen
Emissionswerte bei einer Entfernung von 330 m und 700 m, so liegt hier – unter der Beachtung der
Abstandstabellen aus den Grundsätzen zu § 16 LuftVO – eine Differenz von über 10 dB(A) / 25 m vor, so
dass bereits aus diesem Grund eine schlichte Übertragung der Schlussfolgerung des Herrn Prof. B. auf
die Situation der Klägerin nicht erfolgen kann. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin auf den äußeren
Rand des Flugraumes abstellt, liegt hier eine Distanz von etwa 400 m zwischen der Hühnerfarm der
Klägerin und dem Flugkorridor. Auch insoweit bestünde überschlagsmäßig noch eine Differenz von 3
dB(A) / 25 m, gemessen am emittierende Modellflugzeug. Hier wäre im Weiteren zu berücksichtigen, dass
dB(A) / 25 m, gemessen am emittierende Modellflugzeug. Hier wäre im Weiteren zu berücksichtigen, dass
der äußere Korridorrand nicht so intensiv genutzt wird wie zentrale Bereiche des Flugkorridors. Dies gilt in
der vorliegenden Konstellation umso mehr, als der der Klägerin zugewandte Korridorrand gleichzeitig
auch am Rand des nur 260 umfassenden Kreisausschnitts liegt. Entscheidend ist jedoch, dass der in der
Stellungnahme des Herrn Prof. B. als Problemschwerpunkt beschriebene Greifvogeleffekt bei der
Hühnerfarm der Klägerin – wenn überhaupt – nur in geringem Umfang auftreten kann. Dies liegt zum
einen abermals an der größeren Entfernung zwischen Modellflugplatz und Hühnerfarm, zum anderen
jedoch insbesondere daran, dass die Außengehege der Klägerin vollständig überdacht und seitlich mit
dämpfenden Sonnen- und Sichtschutz ausgestattet sind (vgl. Darstellung auf
www....de
im 360°
Rundgang, zuletzt abgerufen am 6. November 2009). Zieht man nun zusammen, dass die Folgerungen
von Herrn Prof. B. auf einem deutlich geringeren Abstand und auf den Auswirkungen des Greifvogeleffekts
basieren, fehlt der Stellungnahme jegliche Übertragbarkeit auf die hier zu entscheidende Konstellation.
Hinzu kommt, dass die Klägerin selbst vorträgt, dass sie gegen einen entsprechenden Modellflugbetrieb
mit Elektromotoren nichts einzuwenden habe. Damit stellt sie selbst in Abrede, dass bei ihr der
Greifvogeleffekt negative Wirkungen habe und beschränkt ihre Bedenken auf die Lärmbelastung. Diese ist
jedoch bei Herrn Prof. B. nur ein Element für seine Schlussfolgerung und aufgrund der oben
beschriebenen anderen örtlichen Verhältnisse so nicht übertragbar. Im Übrigen hat es die Klägerin in der
Hand, die befürchteten optischen Reize (Greifvogeleffekt) durch Betätigung des Sonnenschutzes
abzuwenden.
Auch soweit die Klägerin vorträgt, der Flugkorridor werde immer wieder überschritten, so dass die
Flugmodelle näher als die zugelassenen 400 m an ihre Hühnerfarm herankämen, begründet dies keine
Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs durch die hier angefochtene
Aufstiegserlaubnis. Sofern es vereinzelt zu Überschreitungen – zur Vermeidung ist im Flugbetrieb eine
Flugleiter einzusetzen (Allgemeine Auflage Nr. 8) – kommt, ist gegen diese vorzugehen. Zwar hat der
Modellflugsachverständige Herr H., der zur Verteidigung seines Gutachtens als Beistand des Beigeladen
aufgetreten ist, angegeben, dass eine Abschätzung der genauen Korridorgrenzen in einer Entfernung von
300 m unter Umständen mit einer Abweichung von +/- 50 m erfolge. Allerdings sei zu beachten, dass das
Modellfliegen in einer so großen Entfernung unkomfortabel sei und sich der Großteil des Flugbetriebs in
einem Radius von 100-150 m abspiele. Je größere die Erfahrung des Modellfliegers sei, umso weiter
würde dieser auch den Radius nutzen. Die Erfahrung bringe es dann aber gleichzeitig mit sich, dass eine
relative gute Abschätzung der Entfernung möglich sei, insbesondere wenn es – wie hier – am Rande des
Flugfeldes markante Geländepunkte gebe. Berücksichtigt man also, dass Korridorüberschreitungen in
Richtung der Klägerin nicht Gegenstand der Erlaubnis sind und dass Randflüge ohnehin nicht die Regel
sind, kann von einer verletzenden Beeinträchtigung der Klägerin durch die erteilte Aufstiegserlaubnis
nicht ausgegangen werden. Im Zusammenhang mit den hier zu beurteilenden Lärmbeeinträchtigungen ist
weiter zu beachten, dass die Klägerin ihren Betrieb westlich des Fluggeländes betreibt, die herrschende
Hauptwindrichtung West-Ost die Lärmbelastung also mindert.
Die Kammer verkennt nicht, dass die eingehaltenen Grenzwerte nur den Regelfall betreffen und im
Einzelfall eine davon abweichende Beschränkung angezeigt sein kann. Jedoch sind andere
Anhaltspunkte, die trotz der eingehaltenen Grenzwerte im Einzelfall Anlass geben könnten, eine
lärmbedingte Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs anzunehmen, weder
vorgetragen noch ersichtlich. Letztlich ist im Rahmen der Lärmbelastung weiter zu berücksichtigen, dass
der Betrieb der Klägerin in einem – laut Flächennutzungsplan – für gewerbliche Bebauung vorgesehenen
Gebiet liegt und bereits jetzt von anderen gewerblichen Lärmquellen umgeben ist.
Die Kammer sah sich aufgrund des gerade beschriebenen teilweise unschlüssigen und im Übrigen
unsubstantiierten Vortrags der Klägerin nicht veranlasst, den Behauptungen der Klägerin im Wege einer
Beweisaufnahme von Amts wegen weiter nachzugehen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin im Rahmen
des Verwaltungsverfahrens selbst kein Interesse daran hatte, einen Probeflug durchführen zu lassen, bei
dem die Auswirkungen auf die Legehennen beobachtet und weitere Lärmmessung hätten durchgeführt
werden können. Insofern kommt es auch auf die Gegenstellungnahme des Herrn Dr. S. nicht
entscheidungserheblich an.
Nicht weiter nachzugehen war auch der klägerseits geäußerten Rüge der Parteilichkeit des
Modellflugsachverständigen und des unzureichenden Flugkorridors für Strahltriebwerkmodelle. Für die
Parteilichkeit des Gutachters ist nichts weiter vorgetragen. Der Gutachter hat primär eine
Bestandsaufnahme vorgenommen und die Gegebenheiten anhand der Grundsätze zu § 16 LuftVO
bewertet. Insbesondere bezüglich der hier entscheidungserheblichen Lärmwerte sind sich die Parteien
jedoch einig, dass die Berechnungen diesbezüglich zutreffend sind, so dass auch kein Raum für eine, die
Klägerin verletzende Parteilichkeit des Gutachters besteht. Zur Ungeeignetheit des 300 m Radius für die
Nutzung von Strahltriebwerken wird auch keine Begründung geliefert. Insoweit orientiert sich die Kammer
– mangels entgegen stehender Angaben – an den Grundsätzen zu § 16 LuftVO. Unter Ziffer 2.2.3 wird als
Mindestflugkorridor für ein Flugmodell mit Strahltriebwerk ein Halbkreis mit einem Radius von 300 m
vorgesehen. Der genehmigte Flugkorridor hat einen Radius von 300 m und geht in seiner Ausdehnung
über einen Halbkreis hinaus.
Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals ausführlich vorgetragenen
Expansionspläne stehen der erteilten Aufstiegserlaubnis nicht entgegen. Hierbei handelt es sich um
zukünftige Entwicklungen, die – auch wenn entsprechenden Baugenehmigungen bereits erteilt sind –
derzeit keine Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs begründen können. Die
Aufstiegserlaubnis wurde nämlich mit der Nebenbestimmung des jederzeitigen Widerrufs erteilt und ist
überdies bis zum 31.12.2010 befristet. Die Klägerin hat die bezeichneten Baugenehmigungen eigenen
Angaben zufolge bereits seit 5 Jahren, jedoch ein anstehendes Gebrauchen der Genehmigungen auch in
der mündlichen Verhandlung nicht konkret vorgetragen. Anders als z.B. eine der Expansion
entgegenstehende Baugenehmigung schafft eine Aufstiegserlaubnis keine irreversiblen Fakten, die
bereits im Vorfeld der tatsächlichen Erweiterung berücksichtigt werden müssten. Vor diesem Hintergrund
kommt es derzeit nicht darauf an, ob die geplante, nicht weitere konkretisierte Erweiterung zukünftig einer
Aufstiegserlaubnis entgegenstehen bzw. ob eine Aufstiegserlaubnis in anderer Form zu erteilen sein wird.
3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO abzuweisen. Es
entsprach vorliegend der Billigkeit, der Klägerin auch die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil
dieser durch die eigene Antragstellung gleichermaßen ein Kostenrisiko eingegangen ist, § 154 Abs. 3
VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Von einer Zulassung der Berufung durch das erkennende Gericht gemäß § 124 Abs. 1 und § 124a Abs. 1
Satz 1 VwGO wird abgesehen, da keiner der Berufungszulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder
Nr. 4 VwGO vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung
...
gez. Dr. Bayer
gez. Porz
gez. Dr. Stieber
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG). Der
Klagebegründung ist zu entnehmen, dass die Klägerin 6.000 Legehennen hält. Dass die dort ebenfalls
enthaltenen Berechnung offenkundig fehlerhaft ist, braucht vor dem Hintergrund, dass dort 1,- € pro Ei
veranlagt wurde, nicht näher erläutert werden. Die Klägerin gab in der mündlichen Verhandlung an, sie
gehe von einem Rückgang der Legetätigkeit von 10 bis 15 Eiern pro Henne und Jahr aus. Die Kammer
legt daraus den Mittelwert zugrunde (bei 6.000 Hennen ergibt sich ein Ausfall in Höhe von 75.000 Eiern)
und schätzt die Einbußen pro Ei aus der von der Klägerin vertrieben Sorte aus Bodenhaltung auf 0,10 €.
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden.
gez. Dr. Bayer
gez. Porz
gez. Dr. Stieber
>>