Urteil des VG Kassel vom 10.10.2000

VG Kassel: umbau, stützmauer, grundstück, aufwand, abrechnung, beitragspflicht, hessen, fahrbahn, sanierung, gerichtsakte

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Gericht:
VG Kassel 6.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 E 1038/98
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 11 KAG HE
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem er zu einem
Straßenbeitrag herangezogen wird.
Die Gemeindevertretung der Beklagten beschloß am 16.08.1995 den Umbau der
gesamten A- Straße in B.. In den Jahren 1995 und 1996 baute sie dann einen Teil
der A- Straße, und zwar zwischen C-straße und D-straße um. Mit Beschluß vom
11.08.1997 stellte sie fest, daß dieser Umbau der A- Straße fertiggestellt sei.
Mit Bescheid vom 15.08.1997 setzte die Beklagte den von dem Kläger für sein
Grundstück A- Straße 8 (Flur 6, Flurstück 130) zu zahlenden Straßenbeitrag auf
8.303,26 DM fest. Der Berechnung legte sie Gesamtkosten von 401.748,22 DM,
einen umzulegenden Aufwand von 106.799,20 DM, einen hälftigen Gemeindeanteil
von 53.399,60 DM, eine Verteilungsfläche von 4.251 m² und dementsprechend
einen Straßenbeitrag von 12,56 DM pro m² sowie eine Grundstücksgröße für das
Grundstück des Klägers von 837 m² zugrunde, wobei sie allerdings wegen einer
Grundstückstiefe von über 50 m nur eine Fläche von 661 m² bei der Veranlagung
berücksichtigte.
Mit Schreiben vom 15.09.1997 legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung
gab er an, der Aufwand sei nicht auf alle Anlieger der A- Straße umgelegt worden,
sondern nur auf diejenigen, die an dem umgebauten Teilstück liegen. Vor seinem
Grundstück seien nur die beim Umbau verursachten Schäden repariert, es sei
aber kein weitergehender Umbau vorgenommen worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.1998 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück. Im Rahmen des Neubaus der Brücke über den Steinbach sei ein
Straßenanschluß bis in die A- Straße hin geschaffen worden, für den keine
Beitragserhebung erfolgt sei. Deshalb sei auf diesem geringen Teil der
Straßenfläche keine Auskofferung vorgenommen worden. Die Heranziehung aller
Anlieger der A- Straße im Rahmen einer Abschnittsbildung hätte nur dann erfolgen
können, wenn eine Gesamterneuerung der Straße geplant gewesen wäre. Wegen
des guten Zustands des Restteils der A- Straße sei die Erneuerung dieses Teils in
überschaubarer Zeit nicht notwendig.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 05.03.1998 zugestellt.
Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 23.03.1998, bei Gericht
eingegangen am selben Tage, hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung
trägt er vor, es handele sich bei den Arbeiten an der A- Straße um einen
abschnittsweisen Ausbau und zum Teil um eine Reparatur der A- Straße, wobei vor
seinem Grundstück, das innerhalb des gebildeten Abschnitts liege, selbst keine
Um- bzw. Ausbaumaßnahmen stattgefunden hätten. Umlagefähigen Aus- und
Umbaumaßnah-men hätten lediglich in dem Abschnitt des Hauses Nr. 2 bis
einschließlich des Hauses Nr. 6 stattgefunden. Außerdem seien die
Sanierungsarbeiten an der Stützmauer im Teilbereich zwischen der D-straße und
der C-straße auf die Anlieger umgelegt worden. Das sei unzulässig. Die Mauer sei
nicht Bestandteil der Straßenentwässerungsanlage, sondern sie gehöre zum
Steinbach. Soweit sich der Um- und Ausbau der A- Straße auf Maßnahmen der
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Steinbach. Soweit sich der Um- und Ausbau der A- Straße auf Maßnahmen der
Straßenentwässerung beziehe, führe diese Maßnahme zu einer Verbesserung der
gesamten Anlage im Bereich der A- Straße, so daß sämtliche
Grundstückseigentümer im Bereich der A- Straße zu Straßenbeiträgen
heranzuziehen seien. Im übrigen habe die Beklagte nur ihn und nicht auch seine
Ehefrau zu Straßenbeiträgen herangezogen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.08.1997 und den Widerspruchsbescheid
vom 27.02.1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtenen Bescheide. Die
Stützmauer gehöre zur Straße. Durch eine unzutreffende Zuschußberechnung sei
bereits eine ausreichende Entlastung der Anlieger eingetreten. Sie habe nämlich
die Zuschüsse vom Gesamtaufwand und dann auch noch den Eigenanteil
abgezogen; zutreffend wäre es gewesen, den Eigenanteil mit den Zuschüssen zu
verrechnen. Unter Beibehaltung der Stützmauerfassade sei eine neue
Stahlbetonstützmauer errichtet worden. Die Fahrbahn sei verschlissen gewesen.
Sie sei nach der Bauklasse 5 mit 38 cm Frostschutzunterbau und 12 cm
Bitumentrag- und Deckschicht neu hergerichtet worden. Die Einfassung der
Fahrbahn sei mit Pflastersteinen erfolgt; die Fahrbahnbreite einschließlich der
Rinne betrage 5,30 m. Es seien nur die Kosten für die Einlaufschächte, nicht aber
die anderen Entwässerungskosten in die Berechnung einbezogen worden. Das
Land Hessen habe einen Zuschuß von 210.700,00 DM gem. § 33 FAG gewährt. Auf
die Mauersanierung entfalle lediglich ein zu verteilender Betrag von 17.501,58 DM.
Eine Zustimmung der Anlieger der A- Straße zum Ausbau der restlichen Teilstücke
der A- Straße sei nicht zu erreichen gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (4 Hefte) sowie der
Verwaltungsvorgänge des zusammen verhandelten Verfahrens 6 E 1194/98 und
des Flurbereinigungsplans Steinbach vom 30.06.1954 (2 Bände) verwiesen, die in
der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig,
und der Kläger ist dadurch in seinen Rechten verletzt, weshalb der Bescheid
aufzuheben ist.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist die Straßenbeitragssatzung
(StBS) der Beklagten vom 15.9.1994. Nach § 1 StBS erhebt die Beklagte zur
Deckung des Aufwandes für den Um- und Ausbau von öffentlichen Straßen, Wegen
und Plätzen nach Maßgabe des § 11 KAG Beiträge.
Bei den Arbeiten der Beklagten an dem Teilstück der A- Straße zwischen den
Einmündungsbereichen der C-straße und der D-straße (Hausgrundstück Nr. 2 bis
8) handelt es sich um einen verbessernden Umbau der A- Straße in diesem
Bereich. Die Beklagte hat nämlich – unwidersprochen – vorgetragen, die Straße
habe einen schwachen Unterbau gehabt und habe im übrigen nur aus einer 5 bis
10 cm dicken Einstreudecke bestanden. Wenn sie diesen Fahrbahnaufbau durch
einen 38 cm dicken Forstschutzunterbau und eine 12 cm dicke Bitumentrag- und
Deckschicht ersetzt, verbessert sie damit die Funktionsfähigkeit der Straße für den
Verkehr und erfüllt damit die Voraussetzungen für einen verbessernden Umbau
der Straße (HessVGH, Beschluß vom 20.7.1993 – 5 TH 2859/90 -, HSGZ 1994, 34).
Auch die Arbeiten an der Stützmauer zum Steinbach bewirken eine Verbesserung
der A- Straße in diesem Bereich. Dabei ist davon auszugehen, daß die Stützmauer
ein Bestandteil der A- Straße ist, weil sie offensichtlich dazu dient, diese
abzustützen (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 1999, § 20 Rdnr. 8).
Daß diese Stützmauer gleichzeitig auch die Uferlinie des Steinbachs darstellt,
ändert an dieser Funktion der Stützmauer und damit der Zuordnung zur A- Straße
nichts.
Die von der Beklagten an der Stützmauer vorgenommenen Arbeiten erfüllen
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Die von der Beklagten an der Stützmauer vorgenommenen Arbeiten erfüllen
ebenfalls die Voraussetzungen eines verbessernden Umbaus, da sie nach dem
Vortrag der Beklagten, der von dem Kläger substantiiert nicht bestritten worden
ist, die Standfestigkeit der Mauer durch eine Betonschale verbessert haben und
damit der besseren Haltbarkeit der Fahrbahn der A- Straße dienen.
Das Grundstück des Klägers unterliegt nach § 6 Abs. 1 b StBS grundsätzlich auch
der Beitragspflicht, da das Grundstück Bauland und auch baulich nutzbar ist. An
der grundsätzlich bestehenden Beitragspflicht für das Grundstück ändert sich auch
nichts dadurch, daß der Beklagten nach dem Flurbereinigungsplan vom 30.6.1954
die Ausbau- und Unterhaltungspflicht für die A- Straße obliegt (§ 7 Abs. 9-11 des
Flurbereinigungsplans). Denn diese Verpflichtung betrifft nur den Ausbau (und die
Unterhaltung) der Straße selbst und läßt die Verteilung des bei einem Aus- oder
Umbau der A- Straße entstehenden Aufwands nach dem
Kommunalabgabengesetz und der darauf beruhenden Straßenbeitragssatzung
unberührt.
Ein Straßenbeitrag für das Grundstück des Klägers aufgrund des erfolgten Umbaus
eines Abschnitts der A- Straße ist aber noch nicht entstanden. Die Beitragspflicht
entsteht nämlich entweder wenn der Um- oder Ausbau tatsächlich fertigstellt ist
und der Gemeindevorstand die Fertigstellung und ihren Zeitpunkt öffentlich
bekannt gibt (§ 6 Abs. 2 StBS) oder wenn der Gemeindevorstand zulässigerweise
eine Abrechnung des Aufwandes eines Teilaus- oder umbaus im Wege der
Abschnittsbildung anordnet (§ 6 Abs. 3 StBS). Diese Voraussetzungen liegen in
keiner der beiden Varianten vor.
Der Umbau der A- Straße ist noch nicht fertiggestellt. Zwar hat die Beklagte die
Arbeiten an dem Abschnitt der A- Straße zwischen C-straße und D-straße
abgeschlossen und der Gemeindevorstand hat auch die Fertigstellung des
Umbaus zwischen der A- Straße und der D-straße mit Beschluß vom 11.8.1997
festgestellt. Eine die Beitragspflicht auslösende Fertigstellung des Umbaus der A-
Straße ergibt sich daraus aber nicht.
Zwar ist davon auszugehen, daß sich der Umbau einer Straße nur auf einzelne
Abschnitte der Straße erstrecken kann und daß bei Fertigstellung dieser
Abschnitte bereits Straßenbeiträge entstehen können, ohne daß eine Abrechnung
im Wege der Abschnittsbildung nach § 11 Abs. 8 KAG erfolgt. Nach der
Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist es nämlich nicht
erforderlich, daß sich Um- oder Ausbaumaßnahmen auf die gesamte Straße
beziehen müssen, vielmehr können sie sich auf einzelne Teilstrecken einer Straße
erstrecken, bei denen nach der Einschätzung der Gemeinde ein Bedürfnis danach
besteht. § 11 Abs. 1 KAG lasse es nämlich zu, nur Teile der öffentlichen Einrichtung
zu erweitern oder zu erneuern. Dies gelte für Straßen wie für leitungsgebundene
öffentlich Einrichtungen. Infolgedessen erzwinge § 11 KAG gerade nicht die
Inanspruchnahme sämtlicher Anlieger der gesamten Straße, sondern knüpfe die
Beitragserhebung an den vermittelten Vorteil. Dabei bestimme die räumliche
Reichweite den beitragspflichtigen Personenkreis (HessVGH, Beschluß vom
30.9.1996 – 5 TG 2165/96 - , HSGZ 1998, 250). Dies entspricht für den Regelfall
auch der Recht-sprechung der Kammer.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber deshalb nicht gegeben, weil sich das
Bauprogramm für den Umbau der A- Straße nämlich nicht auf das Teilstück
zwischen C-straße und D-straße beschränkt, sondern die gesamte A- Straße
erfaßt. Wie sich aus dem in der mündlichen Verhandlung erörterten Beschluß der
Gemeindevertretung der Beklagten vom 16.8.1995 (Ziff. 3.1 und 3.3. des
Beschlusses) ergibt, sollte sich der Umbau auf die gesamte A- Straße erstrecken,
wobei die übrigen Abschnitte im Wege eines schlichten Ausbaus der Straße
ausgeführt werden sollten; dabei sollten auch alle Grundstückseigentümer der an
der A- Straße anliegenden und von ihrem Um- und Ausbau bevorteilten
Grundstücke zum Straßenbeitrag herangezogen werden. Dieses eindeutig die
gesamte A- Straße umfassende Bauprogramm ist noch nicht erfüllt; der Um- und
Ausbau deshalb auch noch nicht tatsächlich fertiggestellt.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dieses Bauprogramm auch nicht wirksam
auf den Umbau nur des tatsächlich umgebauten Abschnitts der A- Straße
zwischen C-straße und D-straße eingeschränkt worden. Weder der
Fertigstellungsbeschluß vom 11.8.1997 noch die offensichtlich von der
Gemeindeverwaltung aufgegebene Realisierung des Bauprogramms stellen eine
solche Änderung des Bauprogramms dar. Da das Bauprogramm von der
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solche Änderung des Bauprogramms dar. Da das Bauprogramm von der
Gemeindevertretung beschlossen worden ist, bedarf es nämlich auch eines diesen
Beschluß einschränkenden oder aufhebenden Beschlusses der
Gemeindevertretung, um eine wirksame Einschränkung oder Aufhebung des
Bauprogramms vorzunehmen. Zwar trifft zu, daß ein Bauprogramm nicht von der
Gemeindevertretung beschlossen werden muß und daß hierfür auch keine
bestimmte Form eingehalten werden muß; vielmehr reicht eine Beschlußfassung
oder sonstige Willensäußerung des Gemeindevorstandes oder einer sonst
zuständigen Stelle der Gemeindeverwaltung aus (Lohmann in Driehaus
<Hrsg.>, Kommunalabgabenrecht, Stand 2000, § 8 Rdnr. 886 für das
leitungsgebundene Recht; Driehaus, a. a. O., § 11 Rdnr. 38 für das
Erschließungsbeitragsrecht). Hat aber die Gemeindevertretung ein Bauprogramm
beschlossen, kann dies nur von ihr, nicht aber von einem anderen Organ der
Gemeinde verändert werden. Das ergibt sich schon aus dem Kommunalver-
fassungsrecht. Nach § 66 Abs. 1 HGO besorgt nämlich der Gemeindevorstand
nach den Beschlüssen der Gemeindevertretung im Rahmen der bereitgestellten
Mittel die laufende Verwaltung der Gemeinde. Dabei hat er insbesondere die
Beschlüsse der Gemeindevertretung auszuführen (§ 66 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 HGO). Zu
einer Abänderung dieser Beschlüsse ist die Verwaltung danach nicht befugt.
Andernfalls würde auch die Funktion des Bauprogramms, neben der Beschreibung
der durchzuführenden Arbeiten auch die Feststellung zu ermöglichen, wann die
Arbeiten beendet sind und Beitragspflichten entstehen (§ 11 Abs. 9 KAG),
beeinträchtigt.
Die Voraussetzungen für eine Abrechnung im Wege der Abschnittsbildung liegen
ebenfalls nicht vor. Der Gemeindevorstand der Beklagte hat nämlich einen nach §
6 Abs. 3 StBS hierfür erforderlichen Abschnittsbildungsbeschluß weder fassen
wollen noch tatsächlich gefaßt. Insbesondere kann der Fertigstellungsbeschluß des
Gemeindevorstands vom 11.8.1997 nicht in einen solchen
Abschnittsbildungsbeschluß umgedeutet werden. Denn ein solcher Beschluß soll
eine vorgezogene Abrechnung eines Straßenabschnitts im Rahmen einer
umfassenden Ausbaumaßnahme ermöglichen, während ein
Fertigstellungsbeschluß die vollständige Realisierung eines beschlossenen
Bauprogramms dokumentiert.
Aber auch dann, wenn man mit der Beklagten in dem Beschluß vom 11.08.1997
einen Abschnittsbildungsbeschluß sehen wollte, wäre eine Beitragspflicht nicht
entstanden, weil der Beschluß als Abschnittsbildungsbeschluß rechtswidrig wäre.
Eine Abschnittsbildung ist nämlich nicht in jedem Fall möglich, sondern setzt
voraus, daß die Belastung der bei den verschiedenen Abschnitten
heranzuziehenden Grundstückseigentümer pro Quadratmeter Verteilungsfläche in
etwa gleich hoch ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht, wonach eine
Abschnittsbildung dann nicht möglich ist, wenn sie willkürlich wäre. Das ist nach
dieser Rechtsprechung dann der Fall, wenn der Aufwand je Quadratmeter
Straßenfläche für einen Abschnitt um ein Drittel oder mehr die voraussichtlichen
Aufwendungen für die übrigen Abschnitte übersteigt (Driehaus, a. a. O., § 14 Rdnr.
19 ff., 24,26). Nichts anderes gilt nach Auffassung der Kammer auch im
Straßenausbaubeitragsrecht. Denn auch hier ist den gesetzlichen Regelungen des
Kommunalabgabengesetzes zu entnehmen (§ 11 Abs. 1 und 3 KAG), daß die
durch den Um- und Ausbau einer Straße bevorteilten Grundstückseigentümer eine
Solidargemeinschaft bilden, unter denen bei der Verteilung der Aufwendungen ein
gerechter Ausgleich stattzufinden hat. Dieser wäre verletzt, wenn im Wege der
Abschnittsbildung ein Gruppe von Grundstückseigentümern mit deutlich höheren
Beiträgen belastet würde, obwohl die zu der höheren Belastung führenden
Aufwendungen allen Grundstückseigentümern der an der Straße liegenden
Grundstücke zugute kommen.
Legt man den vom Bundesverwaltungsgericht für das Erschließungsbeitragsrecht
entwickelten Maßstab zugrunde – was die Kammer für angemessen hält -, so
ergibt sich eine ein Drittel deutlich übersteigende Mehrbelastung der
Grundstückseigentümer der an dem bislang umgebauten Abschnitt der A- Straße
liegenden Grundstücke, wie folgende Berechnung zeigt:
Die Beklagte hat die Kosten für den Umbau des Abschnitts der A- Straße zwischen
C-straße und D-straße in dem Berechnungsbogen, der dem angefochtenen
Bescheid als Anlage beigefügt war, mit 401.748,22 DM angegeben; auf die
Sanierung der Stützmauer entfällt dabei nach einer Aufstellung der Beklagten im
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Sanierung der Stützmauer entfällt dabei nach einer Aufstellung der Beklagten im
Schriftsatz vom 8.7.1998 ein Betrag von 307.320,60 DM. Entgegen der
Berechnung der Beklagten in der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid sind
aber die in die Berechnung ebenfalls eingestellten Zuwendungen des Landes
Hessen gem. § 33 FAG für die Stützmauer in Höhe von 210.700,- DM jedenfalls
nicht in der vollen Höhe von den auf die Sanierung der Stützmauer entfallenden
Kosten abzusetzen, da diese gem. § 33 Abs. 2 FAG ausschließlich dazu bestimmt
sind, die Ausgaben zu decken, die die Gemeinde zu tragen hat. Deshalb ist die
Zuwendung zunächst von dem Anteil abzuziehen, den die Gemeinde an den
Aufwendungen für die Sanierung der Stützmauer – als Teil der gesamten
Aufwendungen für den Umbau der A- Straße – zu tragen hat. Dieser Anteil beträgt
nach § 3 Abs. 1 StBS für die A- Straße als innerörtliche Durchgangsstraße 50%,
also 153.660,30 DM. Demnach kann von den Gesamtaufwendungen für den
Umbau dieses Abschnitts der A- Straße vor der Verteilung der Kosten allenfalls ein
Zuwendungsbetrag von 57.039,70 DM (210.706,-- DM - 153.660, 30 DM)
abgezogen werden, wobei offenbleiben kann, ob dies mit den
Vergabebedingungen für die Zuwendungen vereinbar ist. Und offenbleiben kann
auch, ob die weiteren, in der Berechnung der Beklagten aufgeführten Beträge –
Kosten für Unterhaltungsmaßnahmen in Höhe von 79.119,02 DM sowie ein
Erstattungsbetrag der Überlandwerke AG in Höhe von 5.130,- DM - von diesem
Gesamtaufwand für den Umbau des fraglichen Abschnitts der A- Straße
abgezogen werden können. Denn selbst dann beträgt der auf diesen Abschnitt
entfallenden Aufwand für den Umbau noch 260.458,50 DM (401.748,22 DM –
57.039,70 DM – 79.119,02 DM – 5.131,- DM). Die auf den umgebauten Abschnitt
der A- Straße entfallende Fläche beträgt nach den Angaben der Beklagten in der
Aufstellung vom 6.12.1995, die sie mit Schriftsatz vom 5.10.00 zur Gerichtsakte
gereicht hat, 735 qm. Daraus ergibt sich ein Aufwand pro Quadratmeter
Straßenfläche von 354,36 DM.
Nach derselben Aufstellung der Beklagten vom 6.12.1995 entstünde beim Ausbau
der beiden weiteren Bauabschnitte der A- Straße Aufwendungen von 138,- DM
bzw. 175,- DM pro Quadratmeter. Der mit dem angefochtenen Bescheid
abgerechnete Aufwand für den Umbau des Abschnitts der A- Straße zwischen C-
straße und D-straße ist demnach mehr als doppelt hoch wie in den übrigen
Abschnitten der A- Straße.
Daraus folgt gleichzeitig, daß auch eine Einschränkung des Bauprogramms auf
den ausgebauten Abschnitt hier nicht möglich ist. Zwar kann sich ein
Bauprogramm nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs und der Kammer auf einen Abschnitt einer Straße
beschränken und dieser dann gesondert unter Verteilung auf die an ihn
anliegenden Grundstücke abgerechnet werden, ohne daß es eines
Abschnittbildungsbeschlusses bedarf. Der vorliegende Sachverhalt zeigt aber, daß
dies nicht uneingeschränkt gelten kann. Voraussetzung dieser Rechtsprechung ist
nämlich die Vorstellung, daß die Anliegergrundstücke der nicht um- oder
ausgebauten Straßenabschnitte zu einem anderen Zeitpunkt ebenfalls
beitragspflichtig werden, wenn an diesem Teilstück ein Bedürfnis für den Um- oder
Ausbau eintritt, so daß letztendlich eine gleichmäßige Belastung aller an der
gesamten Straße anliegenden Grundstücke erfolgt. Maßgeblicher Bezugspunkt der
Umlage der Kosten des Um- und Ausbaus von öffentlichen Einrichtungen und
damit auch von Straßen bleibt danach die Solidargemeinschaft der von der
gesamten öffentlichen Einrichtung bevorteilten Grundstückseigentümer.
Dementsprechend heißt es in einem Beschluß des Hess.VGH vom 8.10.1999 ( 5
UZ 4103/98):
“Die Erwartung, daß zu gegebener Zeit die Anlieger im Bereich des anderen
Abschnitts für eine vergleichbare Baumaßnahme zu belasten sind, liefert letztlich
erst die Recht-fertigung für eine auf den einzelnen Abschnitt beschränke
Abrechnung (vgl. Senatsbeschluß vom 15.5.1997 – 5 N 1460/96 -, NVwZ-RR 1999,
202,203).” Stellt sich deshalb bei Abrechnung eines Straßenabschnitts heraus,
daß eine gleichmäßige Belastung der von der gesamten Straße bevorteilten
Grundstückseigentümer voraussichtlich nicht eintreten wird, wenn zu einem
späteren Zeitpunkt entsprechende Um- oder Ausbaumaßnahmen an den
zunächst nicht betroffenen Abschnitten durchgeführt werden, so ist der bei der
Um- oder Ausbaumaßnahme entstandene Aufwand auf alle von der gesamten
Straße bevorteilten Grundstückseigentümer zu verteilen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der
Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.