Urteil des VG Kassel vom 07.02.2001
VG Kassel: schutzwürdiges interesse, wähler, bekanntmachung, formvorschrift, öffentlich, rechtsschutzinteresse, begriff, auflage, erlass, fehlerhaftigkeit
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Gericht:
VG Kassel 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 G 278/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 4 S 1 KomWG HE
1982, § 123 VwGO
(Zum Rechtsschutzbedürfnis; zur Zulassung eines
Wahlvorschlages)
Gründe
Der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.02.2001, eingegangen beim
Verwaltungsgericht Kassel am 06.02.2001, gestellte Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den
Wahlvorschlag des CDU-Gemeindeverbandes B. zur Wahl des Ortsbeirates in B.-F.
zur Kommunalwahl am 18.03.2001 zuzulassen,
ist unzulässig.
Voraussetzung für die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens ist das
Rechtsschutzbedürfnis des Rechtssuchenden. Im Begriff des
Rechtsschutzbedürfnisses findet sich die Vorstellung wieder, dass nur derjenige,
welcher mit dem von ihm eingeleiteten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein
rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf eine gerichtliche
Sachentscheidung besitzt (Kopp/Schenke, VwGO, 12. Auflage 2000, vor § 40 Rdnr.
30). Fehlt ein solches schutzwürdiges Interesse, so bleibt das prozessuale
Begehren als unzulässig abzuweisen.
Das Rechtsschutzinteresse fehlt insbesondere dann, wenn der begehrte
Ausspruch für den Antragsteller offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche
Vorteile zu bringen vermag (Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 37). Vom Fehlen des
Rechtsschutzbedürfnisses ist im vorliegenden Falle auszugehen. Durch den Erlass
der vom Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung sind die von ihm
gerügten Mängel des Wahlverfahrens nicht mehr unter Einhaltung der gesetzlichen
Bestimmungen zu beseitigen. Die Zulassung des Wahlvorschlages des CDU-
Gemeindeverbands B. könnte nur unter Verstoß gegen die Regelung des § 15 Abs.
4 Satz 1 KWG, wonach die zugelassenen Wahlvorschläge spätestens am 48. Tag
vor der Wahl öffentlich bekannt zu machen sind, erfolgen. Ein solcher Verstoß
hätte jedoch Auswirkungen auf das Wahlverfahren. Der genannten Vorschrift
kommt keine nur untergeordnete Bedeutung zu, sie stellt nicht lediglich eine bloße
Formvorschrift dar. Mit der öffentlichen Bekanntmachung werden vielmehr die
Wahlvorschläge dem Wähler erstmals förmlich unterbreitet. Diese
Bekanntmachung dient als Vorausinformation und soll dem Wähler den
erforderlichen ausreichenden Überlegungszeitraum vor dem Wahltag
gewährleisten. Daher stellt ein Verstoß gegen diese Regelung einen wesentlichen
Verfahrensfehler dar. Die Wahl des Ortsbeirats wäre bei Teilnahme des
Wahlvorschlags des CDU-Gemeindeverbandes B. von vornherein mit wesentlichen
Verfahrensfehlern behaftet. Die Durchführung der Wahl unter Zulassung des
genannten Wahlvorschlags eröffnete damit im Ergebnis die Möglichkeit der
Wahlanfechtung nach § 25 KWG.
Mit der Feststellung der Fehlerhaftigkeit der Wahl wäre dann die Wiederholung der
Wahl nach § 30 KWG verbunden. Der Antragsteller begehrt mithin eine einstweilige
Anordnung, die unabhängig von einem möglicherweise bestehenden Anspruch auf
Zulassung zur Wahl zur Unwirksamkeit der Wahl des Ortsbeirats in B.-F. am
18.03.2001 führen würde. Die Zulassung brächte ihm im Ergebnis damit keinen
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18.03.2001 führen würde. Die Zulassung brächte ihm im Ergebnis damit keinen
rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil, da die Wahl ohnehin zu wiederholen wäre.
Ein Rechtsschutzbedürfnis an der Zulassung zur Wahl als Bewerber unter Verstoß
gegen die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 1 KWG ist nicht gegeben (vgl. VG Leipzig,
Beschluss vom 10.06.1999 - 6 K 1145/99 -; OVG Saarlouis, Beschluss vom
01.06.1994 - 1 W 33/94 -).
Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ändert an diesem Ergebnis nichts.
Zum einen hatte der Antragsteller nach der Sitzung des
Gemeindewahlausschusses vom 21.01.2000, in der der Einspruch gegen die
Zurückweisung des streitgegenständlichen Wahlvorschlags zurückgewiesen wurde,
genügend Zeit, unter Wahrung der 48-Tage-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 KWG um
Rechtsschutz nachzusuchen; der erst am 06.02.2001 beim Verwaltungsgerichts
Kassel eingegangene Eilantrag ist jedenfalls nach den obigen Ausführungen
verspätet, weil bis zur Kommunalwahl am 18.03.2001 keine 48 Tage mehr
verbleiben. Zum anderen bleibt die Möglichkeit einer nachträglichen
Wahlanfechtung gem. § 25 KWG unberührt. Letzteres ist im Hinblick auf Art. 19
Abs. 4 GG ausreichend (vgl. VG Leipzig und OVG Saarlouis, je a.a.O.).
Ohne dass es noch darauf ankommt, weist das Gericht daraufhin, dass der Antrag
gegen den Wahlausschuss zu richten gewesen wäre. Dieser beschließt gem. § 15
Abs. 1 KWG über die Zulassung der Wahlvorschläge. Er ist kein Organ der
Gemeinde und gem. § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig (vgl. nochmals VG Leipzig, a.
a. O.).
Da der Antragsteller unterlegen ist, hat er gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten
des Verfahrens zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG und bringt für
das vorliegende Eilverfahren in Ermangelung anderer Anhaltspunkte den
Auffangbetrag zum Ansatz, da eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt
worden ist.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.