Urteil des VG Kassel vom 15.08.2003

VG Kassel: multiple sklerose, achtung des familienlebens, ausländer, aufenthaltserlaubnis, ausreise, staatsangehörigkeit, strafbefehl, duldung, geldstrafe, verfügung

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Gericht:
VG Kassel
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 E 1972/02
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 30 Abs 3 AuslG, § 7 Abs 2
AuslG
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erteilung einer
Aufenthaltsgenehmigung.
Der Kläger wurde am 01.01.1973 in H., Provinz Sanliurfa in der Türkei geboren. Er
besitzt die türkische Staatsangehörigkeit.
Der Kläger reiste am 02.12.1992 auf dem Landweg ohne Pass und ohne Visum in
die Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 07.12.1992 stellte der Kläger einen Asylantrag. Diesen wies das Bundesamt
für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 20.12.1993 ab
und stellte ferner fest, dass weder die Voraussetzungen für ein
Abschiebungsverbot nach § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen noch
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG gegeben sind. Des Weiteren wurde der
Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats
aufgefordert. Für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist wurde ihm die
Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf
oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht. Gegen diese
Entscheidung erhob der Kläger am 23.12.1993 Klage beim Verwaltungsgericht
Gießen. Diese wurde mit Urteil vom 18.05.2000 abgewiesen (Az.: 7 E 17329/93.A).
Den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wies der Hessische
Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 09.05.2001 ab.
Am 28.05.1998 sprach der Kläger bei der Ausländerbehörde des Beklagten
persönlich vor und teilte mit, dass ihm durch Beschluss des türkischen
Ministerrates mit Wirkung zum 24.02.1997 gemäß Art. 25 Abs. a) und c) türkisches
StGB seine türkische Staatsangehörigkeit aberkannt worden sei. Zum Nachweis
legte er eine Kopie der Ausgabe des türkischen Staatsanzeigers vom 30.04.1997
vor.
Mit Schreiben vom 18.06.2001 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die
Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, hilfsweise die Erteilung einer Duldung.
Hieraufhin erteilte der Beklagte dem Kläger ab dem 05.07.2001 mehrfach
befristete Duldungen, zuletzt mit Wirkung bis zum 30.11.2003.
Am 30.08.2001 schloss der Kläger die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen
M. M..
Der Kläger hält sich überwiegend bei seiner Ehefrau in ... auf. Seit dem 14.08.2001
wird ihm die Erlaubnis erteilt, den Bereich seiner Duldung vorübergehend zu
verlassen und sich nach ... zu begeben.
Der Kläger verstieß während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland
mehrfach gegen Rechtsvorschriften. Es kam zu folgenden Verfahren:
1. Bußgeldbescheid des Landrates des Landkreises Fulda vom 05.04.1994 in Höhe
von 40,39 € (79,00 DM) wegen Zuwiderhandlung gegen Aufenthaltsbeschränkung,
2. Einleitung eines Ordnungswidrigkeitverfahrens wegen am 28.09.1995 wegen
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2. Einleitung eines Ordnungswidrigkeitverfahrens wegen am 28.09.1995 wegen
Verstoß gegen §§ 56, 57 AsylVfG, 3. Strafbefehl des Amtsgerichts Hünfeld vom
03.02.1999: Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen wegen
Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung, 4. Strafbefehl des
Amtsgerichts Hünfeld vom 19.04.1999: Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe
von 45 Tagessätzen wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen eine
Aufenthaltsbeschränkung, 5. Strafbefehl des Amtsgerichts Hünfeld vom
27.07.2000: Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen wegen
wiederholter Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung, 6. Strafbefehl
des Amtsgerichts Hünfeld vom 26.09.2001: Verurteilung zu einer Geldstrafe in
Höhe von 80 Tagessätzen wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen eine
Aufenthaltsbeschränkung.
Mit Schreiben an den Beklagten vom 25.01.2002 erinnerte der Kläger an seinen
Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung und vertrat die Ansicht, dass
ihm im Hinblick auf seine Eheschließung eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sei.
Nach vorheriger Anhörung lehnte der Beklagte mit Verfügung vom 19.03.2002 den
Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ab. Zur
Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AuslG als Ehegatte einer deutschen
Staatsangehörigen die Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AuslG
hingegenstünden. Des Weiteren könnten auch keine Aufenthaltsbefugnisse nach §
30 Abs. 3 oder Abs. 4 AuslG erteilt werden, weil der Kläger seine derzeitige
Staatenlosigkeit selbst zu verantworten habe. Denn die Staatsangehörigkeit sei
ihm entzogen worden, weil er in der Türkei nicht seiner Wehrpflicht nachgekommen
sei. Auf Antrag könne er die türkische Staatsangehörigkeit wiedererlangen, wenn
er seinen Wehrdienst in der Türkei ableiste.
Der Bescheid wurde dem Kläger am 21.03.2002 zugestellt.
Am 17.04.2002 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Verfügung des Beklagten.
Er führte aus, dass er auf nicht absehbarer Zeit weiter staatenlos bleiben werde.
Denn es könne nicht von ihm verlangt werden, seine deutsche Ehefrau zu
verlassen, um in der Türkei seinen Wehrdienst abzuleisten.
Den Widerspruch des Klägers wies das ... mit Widerspruchsbescheid vom
04.07.2002 zurück.
Der Widerspruchsbescheid ging bei der Kanzlei des Klägervertreters am
08.07.2002 ein. Der Klägervertreter bestätigte die Zustellung mit
Empfangsbekenntnis unter dem Datum des 17.07.2002.
Am 19.08.2002 (Montag) hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19.03.2002 i. d. F. des
Widerspruchsbescheides vom 04.07.2002 zu verpflichten, ihm eine
Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen sowie die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von dem
Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten
(3 Hefte) Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe
Die vorliegende Klage ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet. Denn
die von dem Beklagten verfügte Versagung der beantragten
Aufenthaltsgenehmigung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen
Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Der Kläger kann keine Aufenthaltserlaubnis gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG
beanspruchen. Er lebt zwar mit seiner deutschen Ehefrau M. D. weiterhin in
ehelicher Lebensgemeinschaft. Der Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis steht
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ehelicher Lebensgemeinschaft. Der Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis steht
jedoch der Versagungsgrund des § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG entgegen. Nach der
genannten Vorschrift wird auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines
Anspruchs nach dem Ausländergesetz die Aufenthaltsgenehmigung versagt, wenn
der Ausländer ohne erforderliches Visum eingereist ist. Dies trifft auf den Kläger
zu. Er war auch nicht berechtigt, die Aufenthaltsgenehmigung nach seiner Einreise
gem. § 9 Abs. 2 DV-AuslG einzuholen. Denn aufgrund der gegen ihn ergangenen
vier Strafbefehle besitzt er keinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis. Vielmehr steht die Erteilung der vom Kläger als Ehegatte
einer deutschen Staatsangehörigen beantragten Aufenthaltserlaubnis gem. §§ 23
Abs. 3, 17 Abs. 5 AuslG im Ermessen der Ausländerbehörde. Aus diesem Grund
kommt auch keine Abweichung von dem zwingenden Versagungsgrund des § 8
Abs. 1 Nr. 1 AuslG nach der Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG in Betracht. Auf
die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in seinem Bescheid vom 19.03.2002
und dem Widerspruchsbescheid vom 04.07.2002 wird insoweit gem. § 117 Abs. 5
VwGO Bezug genommen.
Der Kläger kann auch keine Aufenthaltsbefugnis erlangen.
Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 AuslG kommt
gem. § 30 Abs. 5 AuslG nicht in Betracht. Hiernach darf dem Kläger, dessen
Asylantrag unanfechtbar abgelehnt wurde, eine Aufenthaltsbefugnis nur nach
Maßgabe des § 30 Abs. 3 oder Abs. 4 AuslG erteilt werden.
Der Kläger kann auch nicht die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs.
3 AuslG beanspruchen. Denn es liegen schon nicht die tatbestandlichen
Voraussetzungen für eine solche Erteilung vor.
Der Kläger ist zwar seit dem rechtkräftigen Abschluss seines Asylverfahrens
unanfechtbar ausreisepflichtig. Es liegen auch die Voraussetzungen für eine
Duldung gem. § 55 Abs. 2 AuslG nicht vor, auf die in § 30 Abs. 3 AuslG verwiesen
wird. Denn die freiwillige Ausreise und Abschiebung des Klägers ist wegen seiner
eingetretenen Staatenlosigkeit und seiner hieraus folgenden Passlosigkeit aus
tatsächlichen Gründen unmöglich.
Indes sind nicht die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt. Denn nach
§ 30 Abs. 3 AuslG darf eine Aufenthaltsbefugnis nur erteilt werden, wenn der
Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und Abschiebung entgegenstehenden
Hindernisse nicht zu vertreten hat. Der Kläger ist für das Vorliegen dieser
einschränkenden Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig.
Ein "Vertreten müssen" erfordert, dass der Ausländer durch ihm zurechenbares
Handeln oder Unterlassen adäquatkausal die Ursache für das Ausreise- und
Abschiebungshindernis gesetzt hat. Das Hindernis muss also seinem
Verantwortungsbereich zuzurechnen sein. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn
der Ausländer nicht bereit ist, zumutbare Anstrengungen zur Beseitigung des
Hindernisses vorzunehmen. Ihm trifft nämlich die Obliegenheit, jede geeignete und
zumutbare Handlung vorzunehmen, die ihm eine Ausreise ermöglicht (GK-AuslR,
Dienelt, § 30 Rdnr. 110 ff.; Hailbronner, AuslR, § 30 Rdnr. 36).
Dieser Obliegenheit ist der Kläger nicht nachgekommen. Er hat seine türkische
Staatsangehörigkeit zwar nicht auf sein eigenes Betreiben hin verloren, so dass
die vom Ministerrat am 24.02.1997 ausgesprochene Ausbürgerung ihm nicht
unmittelbar zuzurechnen ist. Jedoch hat er die Voraussetzungen für eine nach Art.
25 Abs. c) türkisches Staatsangehörigkeitsgesetz mögliche Ausbürgerung bewusst
geschaffen, indem er sich in seinem Heimatland dem Wehrdienst entzogen hat.
So hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, sich nach seiner Einreise in die
Bundesrepublik Deutschland über das türkische Konsulat bei den Wehrämtern
gegen Zahlung einer bestimmten Gebühr insoweit vom Wehrdienst freizukaufen,
dass nur noch eine Grundausbildung von zwei Monaten zu absolvieren gewesen
wäre. Zu einer Ausbürgerung wäre es dann nicht gekommen. In erster Linie
maßgebend ist für das Gericht indes der Umstand, dass der Kläger sich nach
rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens am 09.05.2001 nicht um seine
Wiedereinbürgerung bemüht hat. Denn eine solche Wiedereinbürgerung ist gem. §
11 türkisches Staatsangehörigkeitsgesetz möglich. Der im Ausland lebende
Betroffene muss hierzu beim zuständigen Konsulat ein Einbürgerungsantrag
stellen und verbindlich erklären, den Wehrdienst ableisten zu wollen (AA,
Lagebericht vom 09.10.2002). Dieses Vorgehen ist dem Kläger möglich und
zumutbar.
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Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich entsprechend der vom Kläger
vertretenen Auffassung nicht daraus, dass seine Ehefrau seit etwa vier Jahren an
Multiple Sklerose erkrankt ist. Dieser Sachverhalt führt nicht dazu, dass dem
Kläger die Ableistung seines Wehrdienstes in der Türkei nicht zumutbar ist. Denn
bei Berücksichtigung des gegenwärtigen gesundheitlichen Zustandes der Ehefrau
M. D. ist eine vorübergehende Trennung der Eheleute möglich, ohne dass in
unzulässiger Weise in das Grundrecht aus Art. 6 GG oder in das Recht auf Achtung
des Familienlebens aus Art. 8 EMRK eingegriffen würde. Eine vorübergehende
Trennung, wie hier für die Dauer des 18-monatigen Wehrdienstes und des
Visumverfahrens zur Wiedereinreise, ist nämlich nur dann unzumutbar, wenn der
eine Ehepartner auf die Lebenshilfe des anderen Ehepartners angewiesen ist und
diese Hilfe auch nur im Bundesgebiet erbracht werden kann. Dies ist hier nicht der
Fall. Denn Frau D. ist zur Zeit nicht auf die Lebenshilfe durch ihren Ehemann
angewiesen. Das Gericht hat hierzu Beweis erhoben und Frau D. als Zeugin
vernommen. Aufgrund der Aussage der Zeugin D. in der mündlichen Verhandlung
am 15.08.2003 steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach einem
schweren Krankheitsschub etwa im Jahre 1999/2000 die Krankheitssymptomatik
sich soweit gebessert hat, dass diese sich selbst versorgen kann, insbesondere für
die Körperpflege und das Ankleiden keiner Hilfe bedarf und die notwendigen
Aufgaben im Haushalt sowie kleinere Einkäufe bewältigen kann. Auch wenn die
Unterstützung durch den Kläger beim Kochen, Putzen, Einkaufen für sie
zweifelsohne eine große Hilfe darstellt, kann sie für einen vorübergehenden
Zeitraum auch ohne diese Unterstützung auskommen. Das Gericht verkennt
dabei nicht, dass es sich bei der Multiple Sklerose um eine Erkrankung handelt, die
schubweise auftritt und sich deshalb der gegenwärtige Gesundheitszustand der
Ehefrau des Klägers auch wieder erheblich verschlechtern kann. Zum
gegenwärtigen Zeitpunkt liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine
solche Verschlechterung innerhalb der nächsten Monate bevorsteht.
Der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger gem. § 30 Abs. 3 AuslG
stehen darüber hinaus auch die Regelversagungsgründe des § 7 Abs. 2 Nr. 1 und
Nr. 2 AuslG entgegen.
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG wird eine Aufenthaltsgenehmigung in der Regel
versagt, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt. Ein solcher Ausweisungsgrund ergibt
sich hier aus § 46 Nr. 2 AuslG, weil der Kläger nicht nur einen vereinzelten Verstoß
gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Gegen ihn verhängte nämlich das
Amtsgericht Hünfeld zwischen Februar 1999 und September 2001 vier
Strafbefehle wegen wiederholten Zuwiderhandelns gegen
Aufenthaltsbeschränkungen.
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG wird eine Aufenthaltsgenehmigung in der Regel auch
dann versagt, wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt einschließlich
ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht aus eigenen Mitteln oder aus
auf Beitragsleistungen beruhenden öffentlichen Mitteln bestreiten kann. Auch dies
trifft hier zu. Der Kläger ist zwar seit April 2003 in gewissem Umfang erwerbstätig.
Dass von ihm hierbei erzielte monatliche Einkommen in Höhe von 410,00 €
monatlich reicht zur Sicherung seines Lebensunterhaltes indes nicht aus. Denn die
Miete der ehelichen Wohnung beläuft sich bereits auf 479,00 € monatlich. Auch
seine Ehefrau kann nicht durch Unterhaltsleistungen seinen Lebensunterhalt
sichern, da sie selbst Sozialhilfe bezieht.
Im vorliegenden Fall ist auch kein atypischer Sachverhalt erkennbar, der zur Folge
hätte, dass die beantragte Aufenthaltsbefugnis nicht versagt werden müsste,
sondern der Behörde ein Ermessensspielraum zur Verfügung stehen würde. Denn
es liegt hier kein atypischer Geschehensablauf vor, der so bedeutsam ist, dass er
das ausschlaggebende Gewicht der beiden genannten Regelversagungsgründe
beseitigt (BVerwG vom 28.01.1997, NVwZ-RR 1957, S. 567). Insbesondere ist nicht
wegen der Erkrankung der Ehefrau des Klägers von einem atypischen Sachverhalt
auszugehen. Wie oben bereits ausgeführt, ist der derzeitige Gesundheitszustand
von Frau D. nicht so schlecht, dass die Versagung der Aufenthaltsbefugnis
unvertretbar erscheint.
Dem Kläger kann ferner auch keine Aufenthaltsbefugnis gem. § 30 Abs. 4 AuslG
erteilt werden. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der seit mindestens
zwei Jahren unanfechtbar ausreisepflichtig ist und eine Duldung besitzt, eine
Aufenthaltsbefugnis erteilt werden, es sei denn, der Ausländer weigert sich,
zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Abschiebungshindernisses zu
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zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Abschiebungshindernisses zu
erfüllen. Letzteres ist jedoch bei dem Kläger der Fall, wie sich aus den
Ausführungen des Gerichts zu seinen fehlenden Bemühungen um eine
Wiedereinbürgerung ergibt.
Darüber hinaus stehen auch der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30
Abs. 4 AuslG aus den oben genannten Gründen die Regelversagungsgründe des §
7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AuslG entgegen.
Der Kläger kann schließlich auch nicht die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gem.
§ 32 AuslG in Verbindung mit den Erlassen des Hessischen Ministeriums des
Innern und für Sport vom 22.01.1999 und 20.01.2000 auf der Grundlage der
Beschlüsse der 159. Sitzung der ständigen Konferenz der Innenminister und
Innensenatoren der Länder vom 18./19.11.1999 und 29.12.1999 (sogenannte
Härtefallregelung) beanspruchen. Denn er ist nicht vor dem für ihn gem. Ziff. 3.5
des Erlasses maßgeblichen Stichtag des 01.01.1990 in die Bundesrepublik
Deutschland eingereist. Der Kläger hält sich vielmehr erst seit dem 02.12.1992 in
der Bundesrepublik Deutschland auf.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Als unterliegender Beteiligter hat der Kläger gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten
des Verfahrens zu tragen. Daher erübrigt es sich auch, entsprechend dem Antrag
des Klägers gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO die Zuziehung eines Bevollmächtigten
für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1
VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.