Urteil des VG Karlsruhe vom 03.06.2008
VG Karlsruhe: Dienstreise, Unfall in privater Tiefgarage des Beamten, wohnung, dienstliche tätigkeit, fahrzeug, sachschaden, gefahr, einwirkung, verkehr, verfügung
VG Karlsruhe Urteil vom 3.6.2008, 5 K 2356/06
Dienstreise; Unfall in privater Tiefgarage des Beamten
Leitsätze
Ist eine Dienstreise ab Wohnung unter Benutzung des anerkannt privateigenen Fahrzeugs genehmigt, so gehört das Aufsuchen des privaten (Tief-
)Garagenstellplatzes nach Verlassen der Wohnung zum dienstunfallrechtlich geschützten Bereich nach § 102 Abs. 1 LBG i. V. m. § 31 Abs. 1 Satz 2
BeamtVG.
Tenor
Der Bescheid der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 03.07.2006 und deren Widerspruchsbescheid vom 31.07.2006 werden aufgehoben. Der
Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 21.06.2006 auf Ersatz von Sachschaden unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt wegen eines Autounfalls Ersatz von Sachschaden nach § 102 des Landesbeamtengesetzes
2
Der Kläger war Regierungsdirektor und Hauptsachgebietsleiter für Betriebsprüfung beim Finanzamt .... Für den 29.05.2006 war eine Dienstreise
ab Wohnung nach Eberbach unter Benutzung des anerkannt privateigenen Fahrzeugs aus triftigen Gründen genehmigt. Der Kläger wohnt in der
... in .... Der private Pkw ist in der Tiefgarage ... der ... Altstadt eingestellt. Die Tiefgarage liegt ca. 50 m vom Wohngebäude des Klägers entfernt
auf einem anderen Grundstück und verfügt über etwa 400 Stellplätze, die an zahlreiche gewerbliche Unternehmen, an die Stadt ... und an
Privatnutzer vermietet werden. In der Garage ist die entsprechende Geltung der Straßenverkehrsordnung (StVO) angeordnet. Am 29.05.2006
gegen 08.45 Uhr streifte der Kläger beim Zurücksetzen aus dem Tiefgaragenplatz zunächst den Begrenzungspfosten des Stellplatzes. Gleich im
Anschluss daran übersah er ein in die Tiefgarage einfahrendes Fahrzeug und beschädigte durch den Zusammenstoß mit diesem die rechte
hintere Seite seines Fahrzeuges.
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Der Reparaturschaden wurde von der für den Pkw abgeschlossenen Vollkaskoversicherung beglichen. Am 21.06.2006 beantragte der Kläger
die Erstattung von Kosten in Höhe von 1.846,00 EUR, die sich zusammensetzen aus 325,00 EUR Selbstbeteiligung, 254,00 EUR
Prämienmehrbetrag im Rückstufungsjahr und 1.521,00 EUR bis zum Erreichen der höchsten Schadensfreiheitsklasse.
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Mit Bescheid vom 03.07.2006 lehnte die Oberfinanzdirektion Karlsruhe den Antrag auf Ersatz des Sachschadens ab, da der Aufenthalt in der
eigenen Garage nicht zum dienstunfallrechtlich geschützten Bereich gehöre. Den hiergegen am 14.07.2006 erhobenen Widerspruch wies das
Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2006, zugestellt am 22.08.2006, zurück.
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Am 20.09.2006 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er insbesondere vorträgt: Die Auslegung von § 102 Abs. 1 LBG müsse der
Fürsorgepflicht des Dienstherrn gerecht werden. Der Unfall mit dem Pkw am 29.05.2006 habe sich während einer Dienstreise ereignet. Ihm sei
die Dienstreise ab „Wohnung“ genehmigt worden. Damit habe die Dienstreise nach dem Sprachgebrauch mit Verlassen der Wohnungstür
begonnen. Es habe auch eine ausdrückliche Anordnung des Dienstherrn gegeben, die Dienstreise mit dem privaten Fahrzeug vorzunehmen.
Dies habe die Anweisung umfasst, das Fahrzeug aus der Garage zu holen. Es habe sich gerade nicht um einen Wegeunfall gehandelt, bei dem
der Beamte auf dem Weg zwischen seiner Wohnung und seiner Dienststelle verunfalle. Insoweit sei die zum Wegeunfall ergangene
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die die eigene Garage dem häuslichen Bereich des Beamten zuordne und bei einem Unfall in
der Garage eine Ersatzpflicht des Dienstherrn verneine, nicht einschlägig. Selbst wenn man ungeachtet dessen auch im vorliegenden Fall das
Verlassen des häuslichen Bereichs für maßgebend halten würde, könne die Garage diesem aus mehreren Gründen nicht mehr zugeordnet
werden: Er müsse sein Haus verlassen und 50 m teilweise auf fremdem Gelände zurücklegen, um auf das Garagengrundstück zu gelangen. Das
Schadensereignis habe sich in einer großen Tiefgarage mit ca. 400 Stellplätzen ereignet. Es seien dort die klassischen Gefahren des
Straßenverkehrsrechtes gegeben. Die für diesen Bereich virulenten Gefahrenquellen könne ein Nutzer nicht ohne weiteres erkennen und aus
eigenem Recht beseitigen. Diese Nutzung sei anders als die Nutzung privater Flächen nicht eigenwirtschaftlich geprägt und durch ein
beachtliches, nicht beherrschbares Gefahrenpotential gekennzeichnet. Die Plätze würden gewerblich von anderen Personen genutzt, die
Vielzahl der Nutzer sei ihm unbekannt, der Zugang habe ein Maß erreicht, der einer öffentlichen Garage vergleichbar sei. Die Anonymität des
öffentlichen Verkehrsraumes sei ebenso gegeben wie bei einer öffentlichen Garage. Auch habe es sich bei dem Schadensfall nicht um einen
schlichten „Sturz auf einer Fläche“ gehandelt, sondern sei es zu einem Zusammenstoß zweier Verkehrsteilnehmer gekommen. Damit habe sich
die typische Gefahr sogar des fließenden und nicht des ruhenden Straßenverkehrs verwirklicht. Es komme auch nicht darauf an, ob ihn bei der
Auswahl des Stellplatzes ein Verschulden treffen könnte.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 03.07.2006 und deren Widerspruchsbescheid vom 31.07.2006 aufzuheben und
den Beklagten zu verpflichten, über seinen Antrag vom 21.06.2006 auf Ersatz von Sachschaden unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
10 Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Nach der Genehmigung vom 29.05.2006 habe die streitgegenständliche Dienstreise von der
Wohnung angetreten und dort auch beendet werden dürfen. Allerdings habe dies keine Auswirkungen auf die Anerkennung eines
Schadensereignisses nach § 102 Abs. 1 Satz 1 LBG. Wie sich aus § 3 Abs. 1 Satz 2 LRKG ergebe, habe die Bewilligung lediglich zur Folge, dass
der dienstlich veranlasste Mehraufwand für die Fahrtkostenerstattung oder der Wegstreckenentschädigung in der Entfernung von oder bis zur
Wohnung bestehe. Des Weiteren richte sich die Dauer der Dienstreise – für die Berechnung des Tagegelds (§ 9 LRGK) – nach der Abreise und
Ankunft an der Wohnung (§ 7 Abs. 1 LRKG). Über diese Auswirkungen auf die Höhe der abzurechnenden Reiskosten hinaus habe die
Genehmigung keine Folgen. Insbesondere sei es nicht Sinn und Zweck der Bewilligung einer Dienstreise von der Wohnung des Beamten, den
Dienstherrn sachschadensersatzrechtlich einem höheren Risiko auszusetzen, als wenn die Dienstreise am Amt angetreten werde und die Fahrt
zwischen Wohnung und Amt keine Dienstreise sei. Diese Auslegung werde gestützt vom Verweis des § 102 Abs. 1 Satz 2 LBG auf § 31 Abs. 2
Satz 1 BeamtVG, wonach als Dienst auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Wegs nach und von der Dienststelle gelte.
Wenn also ein Unfall nicht als Dienstunfall i. S. d. § 31 BeamtVG anerkannt werden könnte, weil er vom dienstunfallgeschützten Bereich
ausgenommen werde, so ergebe sich aus dem zitierten Verweis, dass auch sachschadensersatzrechtlich kein Ersatz zu gewähren sei. Die
Tiefgarage, in der sich der Unfall ereignet habe, gehöre zum häuslichen Bereich des Klägers und sei vom Dienstunfallschutz ausgenommen. Die
Nutzung der Garage sei eigenwirtschaftlich geprägt und gehöre dem privaten Lebensbereich an. Die Beherrschbarkeit der Gefahrenlage über
die Gemeinschaftsflächen in einer großen Tiefgarage sei der über die Gemeinschaftsflächen in einem großen Mehrfamilienhaus im Wesentlichen
vergleichbar. Der Grundsatz, dass bei einem Mehrfamilienhaus der dienstunfallrechtlich geschützte Bereich erst mit dem Durchschreiten der
Außenhaustür beginne und nicht bereits mit dem Verlassen der Wohnung, so dass die Gemeinschaftsflächen zwischen Wohnungstür und
Außenhaustür nicht dienstunfallrechtlich geschützt seien, müsse für den Weg über die Gemeinschaftsflächen innerhalb einer Tiefgarage bis zum
Verlassen der Tiefgarage durch das Garagentor ebenso gelten. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für eine Ungleichbehandlung
dieser beiden Sachverhalte sprechen würden. Es könne dabei auch keine Rolle spielen, ob sich die Tiefgarage im Haus oder außerhalb des
Hauses befinde, welche Größe sie habe und von wem sie genutzt werde. Die vom Kläger erwähnte Anonymität der Nutzer könne auch bei einer
über die Gemeinschaftsflächen eines Mehrfamilienhauses erreichbaren Tiefgarage gegeben sein. Auch habe der Kläger durch die Auswahl des
Stellplatzes und dessen Lage Einfluss auf die gegebene Gefahrenlage. Dieser Umstand rechtfertige eine Zurechnung der Gemeinschaftsflächen
zum privaten Bereich des Klägers. Dass die Auswahlentscheidung eventuell schon Jahre zurück liege, sei unerheblich, zumal es dem Kläger
offensichtlich ohne größere Probleme möglich gewesen sei, nach einem weiteren ähnlichen Unfall den Stellplatz zu wechseln und somit die
Gefahr eines derartigen Unfalles zu verringern. Auch die bessere Kenntnis der gegebenen Umstände bei der eigenen gegenüber einer fremden
Tiefgarage (lt. Unfallmeldung schummerig, Rolltore defekt) spreche für eine Zurechnung eines Unfalles innerhalb der eigenen Garage zum
privaten Bereich. Eben weil der Kläger die Verhältnisse in der Garage sehr gut kenne, wäre eine erhöhte Vorsicht bei Ausfahren aus dem
Stellplatz geboten gewesen. Der Verkehr innerhalb einer Tiefgarage sei auch nicht als fließender Verkehr anzusehen. Der Unfall sei beim
Rückwärtsausfahren aus dem Stellplatz entstanden, womit sich angesichts der hierbei üblicherweise einzuhaltenden Schrittgeschwindigkeit
keine typische Gefahr des fließenden Verkehrs realisiert habe. Wegen der innerhalb einer Tiefgarage normalerweise zu erwartenden geringen
Geschwindigkeit, sei die im Rahmen des Schadensersatzes nach § 102 LBG erforderliche körperliche Gefährdung bei Unfällen dort in aller
Regel ausgeschlossen. Auch aus diesem Grund sei der Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten für den Unfall vom 29.05.2006
ausgeschlossen.
11 Wegen des weitergehenden Vortrages und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem
Gericht liegen die Behördenakten der Oberfinanzdirektion Karlsruhe (1 Band) vor.
Entscheidungsgründe
12 Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat entsprechend seinem Klageantrag einen Anspruch darauf, dass der Beklagte über seinen
Antrag vom 21.06.2006 auf Ersatz von Sachschaden wegen des Unfalls vom 29.05.2006 in der Tiefgarage ... unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet; der ablehnende Bescheid der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 03.07.2006 und deren
Widerspruchsbescheid vom 31.07.2006 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
13 Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Ersatz von Sachschaden ist § 102 Abs. 1 LBG. Sind durch plötzliche äußere Einwirkung in
Ausübung oder infolge des Dienstes Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die der Beamte mit sich geführt hat, beschädigt oder zerstört
worden oder abhanden gekommen, ohne dass ein Körperschaden entstanden ist, so kann dem Beamten dafür Ersatz geleistet werden (Satz 1).
Nach Satz 2 gelten § 31 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 und 2 des Beamtenversorgungsgesetzes entsprechend. Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
BeamtVG gehören zum Dienst auch Dienstreisen, Dienstgänge und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort. Nach § 31 Abs. 2 Satz 1
Halbsatz 1 BeamtVG gilt als Dienst auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle.
14 Zur Durchführung der Regelung hat das Finanzministerium Baden-Württemberg nach § 102 Abs. 4 Satz 3 LBG die Verwaltungsvorschrift zu §
102 LBG und zu § 14 LRiG vom 30.12.2003 (GABl. 2004, 241) erlassen, nach deren Ziffer 3 die Tz. 32.1.2 bis 32.1.11 der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVGVwV) sowie die ergänzenden Hinweise des Finanzministeriums zu § 32 des
Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden sind.
15 Die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 102 Abs. 1 LBG liegen vor. Bei den beiden kurz hintereinander erfolgten Unfällen am 29.05.2006
in der Tiefgarage hat der Kläger ein Kraftfahrzeug - und damit einen sonstigen Gegenstand im Sinne der Vorschrift - mit sich geführt, denn er saß
während der äußeren Einwirkung am Steuer (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.01.1991 - 4 S 2321/88 -; Urt. v. 24.07.1985 - 4 S 1981/84 -, ZBR 1986,
88; vgl. auch Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BeamtVG, § 32 Rn 4d). Durch dieses Unfallgeschehen ist der Pkw des Klägers beschädigt worden.
Dass Halterin des Pkw die Ehefrau des Klägers gewesen ist, ist insoweit unerheblich. Es ist bei dieser Einwirkung auch zu keinem
Körperschaden gekommen. Auf die Frage, ob der Kläger aufgrund der geringen Geschwindigkeit überhaupt der Gefahr eines Körperschadens
ausgesetzt gewesen ist, kommt es nach Wortlaut und Zweck des § 102 Abs. 1 LBG ebenfalls nicht an. Der Kläger befand sich bei den Unfällen
auch im Dienst, denn diese ereigneten sich zur fraglichen Zeit und am fraglichen Ort im Rahmen einer dem Kläger genehmigten Dienstreise.
16 Nach § 102 Abs. 1 Satz 2 iVm § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG gehört zum Dienst auch die Dienstreise. Insoweit kommt der
Dienstreisegenehmigung eine über das Landesreisekostengesetz hinausgehende Bedeutung zu, denn sie legt fest, ab wo und wann sich der
Beamte anlässlich einer Dienstreise dienstunfallrechtlich im Dienst befindet. Für die Beendigung der Dienstreise gilt dies entsprechend. Nach
dem Wortlaut seiner Dienstreisegenehmigung hat der Kläger mit dem Verlassen der Wohnung seine für den 29.05.2006 genehmigte Dienstreise
angetreten. Diese Dienstreise ist in der Folge auch nicht durch das Aufsuchen der 50 m entfernten Garage unterbrochen worden. Denn das
Betreten der Garage erfolgte gerade nicht aus persönlichen, sondern aus dienstlichen Gründen. Der Pkw war nämlich notwendiges und
genehmigtes Mittel, um die Dienstreise nach Eberbach fortzusetzen. Ist eine Dienstreise – wie hier - ab Wohnung unter Benutzung des anerkannt
privateigenen Fahrzeugs genehmigt, so gehört das Aufsuchen des privaten (Tief-)Garagenstellplatzes nach Verlassen der Wohnung zum
dienstunfallrechtlich geschützten Bereich. Dies ergibt sich auch aus Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Sachschadensersatzregelung des §
102 Abs. 1 LBG. Diese Regelung bezweckt einen über die allgemeine Fürsorge hinausgehenden besonderen Schutz des Beamten bei
plötzlichen äußeren Einwirkungen, die außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre
liegenden Risiken eintreten, also in dem Gefahrenbereich, in dem der Beamte entscheidend aufgrund der Anforderungen des Dienstes tätig wird
oder mit anderen Worten, die sich während der pflichtgemäßen Erledigung der ihm obliegenden dienstlichen Aufgaben ereignen (vgl. auch
BVerwG, Urt. v. 31.01.2008 – 2 C 23.06 -; Beschl. v. 26.02.2008 – 2 B 135.07 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.09.2007 – 4 S 516/06 -; Müller/Beck,
Beamtenrecht in Baden-Württemberg, § 102 LBG Rn 5). Es obliegt regelmäßig dem Dienstherrn, die von ihm selbst zur Erledigung der
Dienstgeschäfte für notwendig gehaltenen Arbeitsmittel – und damit ggfs. auch ein Fahrzeug für Dienstreisen und Dienstgänge – dem Beamten
zur Verfügung zu stellen und hierfür auch das Risiko der Beschädigung oder des Verlustes, soweit der Beamte sie nicht selbst zu tragen hat, zu
übernehmen. Veranlasst stattdessen der Dienstherr den Beamten, sein eigenes Fahrzeug, insbesondere wenn dessen Benutzung für dienstliche
Zwecke – wie hier – ausdrücklich anerkannt ist, für dienstliche Zwecke zu nutzen, bzw. gestattet er dies ihm, so besteht kein Grund, dem Beamten
insoweit das Schadensrisiko ganz oder teilweise aufzubürden (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.12.1995 - 4 S 641/94 -, VBlBW 1996, 229).
Der Kläger hat am 29.05.2006 mit Wissen und Wollen seines Dienstherrn sein Fahrzeug für einen Außentermin in Eberbach im Rahmen seiner
Tätigkeit als Hauptsachgebietsleiter für Betriebsprüfung beim Finanzamt Heidelberg zur Verfügung gestellt. Ausgehend von der im dienstlichen
Interesse liegenden Verwendung des Fahrzeugs besteht auch kein Anlass, den Wortlaut der Dienstreisegenehmigung oder gar die Regelung
des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG einschränkend auszulegen und das Aufsuchen der Tiefgarage noch als dem der Privatsphäre des Klägers
zuzuordnenden häuslichen Bereich anzusehen.
17 Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar für den sogenannten Wegeunfall nach § 31 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG entschieden, der Dienstunfallschutz
erfasse keine Unfälle innerhalb einer privaten Garage. Die gesetzestechnische Konstruktion der Gleichstellung des Wegeunfalls mit dem
Dienstunfall durch die gesetzliche Fiktion in § 31 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BeamtVG, ferner Sinn und Zweck sowie die Konzeption dieser
Vorschrift als Ausnahmeregelung ließen erkennen, dass es zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Ausdehnung des Unfallschutzes auf die im
Wesentlichen vom Beamten beherrschten privaten Lebensverhältnisse nicht kommen solle. Das zwinge zur restriktiven Auslegung der Vorschrift
mit der Forderung, dass grundsätzlich sämtliche Bereiche nicht vom Dienstunfallschutz erfasst seien, in denen der Beamte die dort gegebene
Unfallgefahr im Wesentlichen selbst beherrschen und beeinflussen könne. Zu diesem Bereich gehöre der Innenraum einer dem Beamten zur
Nutzung überlassenen Garage. Erst mit Verlassen der Garagen durch deren Tor greife der Dienstunfallschutz (siehe insgesamt BVerwG, Urt. v.
27.01.2005 - 2 C 7.04 -, NVwZ-RR 2005, 421). Diese zum Wegeunfall ergangene Rechtsprechung ist jedoch für einen Unfall innerhalb einer
Garage, die im Rahmen einer Dienstreise entsprechend den Vorgaben und dem Inhalt der Dienstreisegenehmigung aufgesucht wird, nicht
maßgebend. Im Unterschied zum Wegeunfall, der lediglich in der Rechtsfolge dem Dienst gleichgestellt wird, ist die Dienstreise originärer Dienst
(vgl. insoweit den unterschiedlichen Wortlaut von § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 BeamtVG). Ist das Aufsuchen der Garage dienstlich
veranlasst, besteht für eine restriktive Bestimmung des dienstunfallrechtlich geschützten Bereichs keine Veranlassung.
18 Selbst wenn man ungeachtet der vorstehenden Ausführungen auch für den vorliegenden Fall der Auffassung wäre, dass eine Dienstreise
unabhängig von dem konkreten Formulierungen der Genehmigung erst mit dem Verlassen des häuslichen Bereichs beginnt
(Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, aaO, § 31 Rn 94a iVm 132 ff, 127), zählte die Tiefgarage ... nicht mehr zum häuslichen Bereich des Klägers. Der
Kläger hat vorgetragen, dass es sich bei dieser etwa 50 m von seinem Wohnhaus liegenden Garage um eine Großgarage mit 400 gewerblich
vermieteten Stellplätzen mit ständig - teilweise täglich - wechselnden Nutzern handelt; zur Abwicklung des Verkehrs ist die entsprechende
Geltung der Straßenverkehrsordnung (StVO) angeordnet. Der Beklagte hat dieser Darstellung nicht widersprochen. Bei dieser Sachlage kann –
anders als etwa bei einer ausschließlich einem Mehrfamilienhaus zugeordneten Sammelgarage - nicht mehr davon gesprochen werden, dass
der Kläger die dort typischerweise gegebenen Gefahren beherrschen und eigenverantwortlich lösen oder jedenfalls auf Dritte entsprechend
einwirken könnte. Vielmehr unterscheidet sich die Situation in der Tiefgarage ... aufgrund ihrer Dimensionierung und ihrer Ausrichtung auf
letztlich beliebige und ständig wechselnde Nutzer nicht wesentlich von den Bedingungen, die für öffentliche Stellplätze und den allgemeinen
(Straßen-) Verkehr typisch sind. Weder der Stellplatz selbst noch die Abwicklung des Verkehrs in der Tiefgarage kann der Risikosphäre des
Klägers zugerechnet werden.
19 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§
167 Abs. 2 VwGO). Ein Grund für die Zulassung der Berufung durch die Kammer nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4
VwGO liegt nicht vor.
20
Beschluss
21 Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 1.846 EUR festgesetzt.