Urteil des VG Karlsruhe vom 17.06.2010

VG Karlsruhe (kläger, klausur, ausschluss, prüfung, person, chancengleichheit, vorbehalt des gesetzes, prüfungsordnung, sanktion, allgemeines verwaltungsrecht)

VG Karlsruhe Urteil vom 17.6.2010, 7 K 3246/09
Prüfungsausschluss nach Täuschung
Leitsätze
Die Regelung in einer universitären Prüfungsordnung, dass der Prüfungsausschuss den Prüfling bei
schwerwiegenden Täuschungsversuchen von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen ausschließen kann,
begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen seinen Ausschluss von weiteren Prüfungsleistungen.
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Der am … 1982 in Frunse/Kirgistan geborene Kläger war seit dem Wintersemester 2004/2005 im
Diplomstudiengang Volkswirtschaftslehre an der Beklagten immatrikuliert.
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Am 16.07.09 wurde im Großen Hörsaal der Chemie, Gebäude ..., N. Feld, die Klausur Wirtschaftspolitik II
geschrieben, zu der sich auch der Kläger angemeldet hatte. Nach Ausgabe der Prüfungsbögen ließ einer der
beiden Aufsichtführenden die Prüflinge auf einer Teilnehmerliste unterschreiben und sich dabei zum Zwecke
der Identitätskontrolle einen amtlichen Ausweis (mit Lichtbild) zeigen. Die männliche Person, die für den Kläger
auf der Teilnehmerliste unterschrieb, wies sich durch Vorlage des Führerscheins sowie des
Studentenausweises des Klägers aus. Nachdem mit Blick auf das vorgelegte Lichtbild der Verdacht aufkam,
dass es sich bei der Person nicht um den zur Prüfung angemeldeten Kläger handelt, wurde das Prüfungsamt
des A.-W.-Instituts für Wirtschaftswissenschaften über den Sachverhalt informiert. Eine Mitarbeiterin des
Instituts, die den Kläger persönlich kannte, begab sich - in Begleitung ihres Kollegen - zum Hörsaal. Dort
angekommen erkannte sie, dass es sich bei der verdächtigen Person nicht um den Kläger handelte. Ein
daraufhin von dieser unternommener Versuch zu fliehen blieb erfolglos. Sodann wurde der Unbekannte aus
dem Hörsaal begleitet und befragt. Da er sich weigerte, seinen Namen zu nennen, und er keine Ausweispapiere
bei sich hatte, verständigte die Institutsmitarbeiterin telefonisch die Polizei, deren Eintreffen sich allerdings
verzögerte.
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Die beiden Mitarbeiter des A.-W.-Instituts begleiteten den unbekannten Prüfling zum Haupteingang. Dort trafen
sie auf den Kläger und eine weitere Person. Kurz darauf kam es zu einem Gerangel, in dessen Verlauf der
Kläger den Institutsmitarbeiter festhielt, so dass der Unbekannte und die dritte Person vor Eintreffen der Polizei
flüchten konnten.
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In seiner Sitzung vom 12.08.09 stellte der Prüfungsausschuss für den Diplomstudiengang
Volkswirtschaftslehre fest, dass es sich bei dem vom Kläger zu verantwortenden Vorfall vom 16.07.2009 um
einen besonders schweren Fall eines Täuschungsversuchs gemäß § 11 Abs. 4 Satz 5 der Prüfungsordnung
der Universität Heidelberg für den Diplomstudiengang Volkswirtschaftslehre vom 22.04.99 i.d.F. vom 27.09.04
(PO) handele. Es wurde beschlossen, den Kläger mit sofortiger Wirkung von der Erbringung weiterer
Prüfungsleistungen auszuschließen. Dies wurde ihm mit Bescheid vom 12.08.09 mitgeteilt.
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Gegen den ihm am 13.08.2009 zugestellten Bescheid erhob der Kläger unter dem 09.09.2009 Widerspruch, der
bei der Beklagten am 14.09.2009 einging und den er mit Schreiben vom 30.09.2009 u.a. damit begründete,
dass er bezweifle, ob die Reaktion der Beklagten auf den Vorfall adäquat sei, und dass der Tatbestand, wie er
im Bescheid aufgeführt sei, „nicht stimmt“.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2009, dem Kläger zugestellt am 04.11.2009, wies die Beklagte den
Widerspruch zurück. Der Prüfungsausschuss habe sich in seiner Sitzung am 14.10.2009 nicht in der Lage
gesehen, dem Widerspruch abzuhelfen. Der Kläger habe einen Täuschungsversuch unternommen, da er
jemand anderen beauftragt habe, in seinem Namen die Klausur Wirtschaftspolitik II anzufertigen und
abzugeben. Der Prüfungsausschuss habe unter Würdigung der vorliegenden Umstände einen besonders
schwerwiegenden Fall gemäß § 11 Abs. 3 Satz 4 (gemeint: Abs. 4 Satz 5) PO festgestellt.
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Bereits mit Bescheid vom 14.08.2009 hatte die Beklagte den Kläger mit der Begründung exmatrikuliert, dass er
den Prüfungsanspruch in Studienfach Volkswirtschaftslehre endgültig verloren habe. Gegen diesen Bescheid
hatte der Kläger am 26.08.2009 Widerspruch erhoben.
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Am 18.11.2009 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 12.08.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 02.11.2009
aufzuheben.
11 Er habe von Anfang an beabsichtigt, eine von ihm selbst gefertigte Klausurlösung abzugeben. Den Mitarbeitern
des A.-W.-Instituts für Wirtschaftswissenschaften gegenüber habe er nicht geäußert, dass es nicht einfach
gewesen sei, jemanden zu finden, der ihm ähnlich sehe, und dass er dann „halt eine 5 mehr habe“ und die
Klausur zum 2. Termin schreibe. Hätte man ihn damals ordnungsgemäß angehört, hätte sich dies aufklären
lassen. Im Übrigen könne dahingestellt bleiben, ob die Vorwürfe, wie sie die Beklagte ihm zu Last lege, der
Wahrheit entsprechen. Denn die angegriffenen Bescheide seien nicht durch eine ausreichende
Ermächtigungsgrundlage gedeckt. § 11 Abs. 4 Satz 5 PO ermächtige den Prüfungsausschuss allenfalls dazu,
den Prüfling im Falle eines schwerwiegenden Täuschungsversuchs von einzelnen weiteren Prüfungsleistungen
auszuschließen, ohne ihm dabei die Möglichkeit zu nehmen, sein Studium bei „guter Führung“ beenden zu
können. Da sich die Sanktion des (vollständigen) Verlusts des Prüfungsanspruchs der Vorschrift nicht klar
entnehmen lasse, verstoße sie gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Unabhängig davon genüge sie jedenfalls
nicht dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. Die Regelung des § 34 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 2
LHG entspreche weder isoliert noch in ihrem Zusammenhang den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Zwar
sei es nicht rechtsstaatlich erforderlich, das Sanktionssystem bei Täuschungsversuchen in allen Einzelheiten
durch ein formelles Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zu regeln. Verfassungsrechtlich geboten sei indes
mit Blick auf den schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG eine
parlamentarische Grundentscheidung darüber, ob bei einem Täuschungsversuch ein Prüfungsausschluss
zulässig sei und welche qualifizierenden Tatumstände hierfür Voraussetzung seien. Die Bestimmung könne
auch nicht trotz des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung für eine Übergangszeit als gültig
behandelt werden. Die Bescheide verstießen auch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit. Der Ausschluss von weiteren Prüfungsleistungen sei geeignet, ihm den Zugang zu dem
von ihm angestrebten Beruf endgültig zu versperren. Dies gelte umso mehr, als er sein Studium auch an keiner
anderen Hochschule fortsetzen könne, da ihm nach § 60 Abs. 2 Nr. 2 LHG die Zulassung zu versagen sei,
wenn er ein Studium im gleichen Studiengang endgültig nicht bestanden habe. Die im Ermessen der Beklagten
stehende Verhängung der Sanktion sei aber jedenfalls im vorliegenden Einzelfall unverhältnismäßig. Die
Beklagte hätte neben der Tatsache, dass er sich bereits im 11. Fachsemester befinde, in die Abwägung
einstellen müssen, dass er noch in einem Diplom-Studiengang studiere, welcher - wegen der Umstellung auf
Bachelor- und Master-Studiengänge - von keiner Universität oder sonstigen Hochschule in Deutschland mehr in
dieser Form angeboten werde. Er könne sein Berufsziel daher überhaupt nicht mehr verwirklichen. Selbst wenn
er in einem vergleichbaren Studiengang aufgenommen würde, bekäme er kaum Studienzeiten angerechnet. Ein
Täuschungsversuch in einer einzelnen studienbegleitenden Klausur, von denen er in seinem Studium ca. 30
geschrieben habe, sei jedenfalls anders zu gewichten als ein Täuschungsversuch in einer Abschlussprüfung.
Die Beklagte sei bei ihrer Ermessensentscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, dass er schon einmal in
der Klausur „Allgemeine Methodenlehre der Statistik“ am 20.04.2007 einen Täuschungsversuch begangen
habe. Der Verdacht, er habe sich bei dieser Klausur durch einen anderen vertreten lassen, sei unzutreffend.
12 Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
14 Der Ansicht des Klägers, dass für einen Ausschluss von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen keine
Rechtsgrundlage gegeben sei, werde entgegengetreten. In § 11 Abs. 4 Satz 5 der PO sei nicht nur der
Ausschluss aus der aktuellen Prüfung gemeint, sondern umfasst sei auch ein Ausschluss von der Erbringung
aller weiteren Prüfungsleistungen in diesem Studiengang. Die Rechtsfolge des Ausschlusses von lediglich
einer einzelnen Prüfungsleistung könne auch schon mit § 11 Abs. 4 Satz 1 PO ohne das Vorliegen eines
besonders schweren Falles ausgesprochen werden. Dafür, dass ein Ausschluss aus dem Studium wegen
Täuschungshandlungen nicht ausgeschlossen sei, spreche auch die Regelung in § 62 Abs. 4 Nr. 4 i.V.m. § 3
Abs. 5 LHG, wonach ein Studierender exmatrikuliert werden könne, wenn vorsätzlich oder grob fahrlässig
gegen die Grundsätze wissenschaftlicher Redlichkeit und wissenschaftlicher Praxis verstoßen werde. Die
vorgebrachten Argumente zu Art. 12 GG überzeugten nicht. Der Kläger habe die Bedingungen, die zu seinem
Ausschluss aus dem Diplomstudium Volkswirtschaftslehre an der Universität Heidelberg geführt haben, selbst
gesetzt. Insofern könne er sich jetzt nicht darauf berufen, ihm sei durch das Verhalten der Universität die
Möglichkeit verschlossen, den von ihm angestrebten Beruf zu erlernen. Im Übrigen sei er nicht gehindert zu
versuchen, sein Studium an einer anderen Universität fortzusetzen. Zwar sei es richtig, dass wohl die meisten
Universitäten die Diplomstudiengänge zugunsten von Bachelor- und Masterstudiengängen eingestellt hätten,
dies beziehe sich i.d.R. aber nur auf die Aufnahme von Studienanfängern, nicht auf Ortswechsler in höheren
Semestern. Bei der Ermessensentscheidung sei nicht von einem Wiederholungsfall ausgegangen worden. Das
Argument des Klägers, dass er sich bereits im 11. Fachsemester befinde, wirke nicht für, sondern gegen ihn.
Von einem Studierenden im 11. Fachsemester könne man erwarten, dass allgemeine Grundsätze über
Redlichkeit im Studium ihren Niederschlag auch in entsprechendem Verhalten finden müssten. Der hier
vorliegende Täuschungsversuch - egal ob die vom Kläger beauftragte Person eine bereits vorgefertigte Klausur
abgeben oder für den Kläger an der Klausur teilnehmen sollte - stelle einen schwerwiegenden Fall der
Erschleichung einer Prüfungsleistung durch ein grobes Täuschungsmanöver dar. Nach der Rechtsprechung
dürfe bei der Bemessung der Sanktion in solchen Fällen sogar mitberücksichtigt werden, dass nicht allein die
Beseitigung der im Einzelfall erlangten unberechtigten Vorteile geboten sei, sondern dass die Maßnahme stets
auch generalpräventive Wirkung habe. Soweit der Kläger zu seinen Gunsten gewertet wissen wolle, dass der
Täuschungsversuch nicht in einer Abschlussprüfung, sondern nur in einer studienbegleitenden Klausur
vorgenommen worden sei, verkenne er den Charakter der studienbegleitenden Prüfungsleistungen.
15 Am 15.01.2010 hat der Kläger um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (7 K 139/10). Mit Beschluss vom
04.02.2010 hat die Kammer den Beteiligten den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vorgeschlagen, den
diese jeweils mit Schriftsätzen vom 05.02.2010 angenommen haben.
16 Mit Schreiben vom 09.06.2010 hat die Staatsanwaltschaft Heidelberg beim Amtsgericht Heidelberg beantragt,
gegen den Kläger wegen Missbrauchs von Ausweispapieren in Tateinheit mit Anstiftung zur Urkundenfälschung
(Beauftragung einer unbekannten Person, für ihn an der Klausur teilzunehmen, sich mit seinem Führerschein
auszuweisen und in der Teilnehmerliste mit seinem Namen zu unterschreiben) und wegen Nötigung (Festhalten
des Geschädigten ...) gemäß §§ 240, 267, 281, 26, 52, 53 StGB einen Strafbefehl zu erlassen. Im Hinblick auf
den Vorwurf einer tateinheitlich begangenen weiteren Anstiftung zur versuchten Urkundenfälschung im
Zusammenhang mit dem Anfertigen der Klausur wurde gemäß § 154 a StPO (Beschränkung der
Strafverfolgung auf bestimmte Gesetzesverletzungen) verfahren, weil sich bislang nicht eindeutig habe klären
lassen, wie es dazu gekommen sei, dass eine vom Beschuldigten geschriebene Klausur sich im Prüfungsraum
befunden habe, und welche Klausur letztlich hätte abgegeben werden sollen. In einem Vermerk des
ermittelnden Beamten der Kriminalpolizei vom 26.03.2010 heißt es insoweit, dass bei der Klausur im
Aufsichtsprotokoll nicht vermerkt worden sei, welcher Prüfling wann während der Prüfung den Raum verlasse.
Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass eine vom Kläger beauftragte Person (unbekannter
Prüfungsteilnehmer) den Raum während der Prüfung verlassen habe, um dem draußen wartenden Kläger die
Prüfungsunterlagen zu übergeben, damit dieser die Klausur mit (unzulässigen) Hilfsmitteln außerhalb schreiben
und zu einem späteren Zeitpunkt durch einen Beauftragten die Klausur wieder in den Prüfungsraum
zurückreichen konnte.
17 Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der
sonstigen Einzelheiten auf die von der Beklagten vorgelegten Akten (2 Bände), die Akten des
Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Heidelberg (24 Js 17145/09) sowie die Gerichtsakten des
Eilverfahrens (7 K 139/10) verwiesen.
Entscheidungsgründe
18 Die als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, Alt. 1 VwGO) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist nicht
begründet. Die dem Kläger durch Bescheid der Beklagten vom 12.08.2009 mitgeteilte Entscheidung des
Prüfungsausschusses für den Diplomstudiengang Volkswirtschaftslehre und der Widerspruchsbescheid vom
02.11.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
19 Der von der Beklagten ausgesprochene Ausschluss des Klägers von der Erbringung weiterer
Prüfungsleistungen im Diplomstudiengang Volkswirtschaftslehre findet seine Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 4
Satz 5 i.V.m. Satz 1 der Prüfungsordnung der Beklagten für den Diplomstudiengang Volkswirtschaftslehre der
Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (im Folgenden: PO) vom 22.04.1999 i.d.F. der letzten
Änderung vom 27.09.2004 (Mitteilungsblatt des Rektors vom 29.09.2004, S. 523). Danach wird eine
Prüfungsleistung mit „nicht ausreichend“ (5,0) bewertet, wenn der Prüfling versucht, das Ergebnis seiner
Prüfungsleistungen durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen (§ 11 Abs.
4 Satz 1 PO); in schwerwiegenden Fällen kann der Prüfungsausschuss den Prüfling von der Erbringung
weiterer Prüfungsleistungen ausschließen (§ 11 Abs. 4 Satz 5 PO).
20 Die Gültigkeit der satzungsrechtlichen Regelung begegnet keinen Bedenken (zur Prüfungskompetenz der
Kammer vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl., § 4 Rn. 53 f.).
21 Entgegen der Auffassung des Klägervertreters findet die Sanktionsregelung des Ausschlusses von weiteren
Prüfungsleistungen in § 34 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Hochschulen und
Berufsakademien in Baden-Württemberg vom 01.01.2005 (GBl. S. 1 - LHG -) - nunmehr in der Fassung des 2.
Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Hochschulbereich vom 3.12.2008 (GBl. S. 435) - eine
ausreichende formell-gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Danach werden Hochschulprüfungen auf der
Grundlage von Prüfungsordnungen abgelegt, welche Regelungen zu den in § 36 Satz 2 LHG genannten
Gegenständen enthalten. Nach der Nr. 1 dieser Bestimmung sollen die Prüfungsordnungen u.a. Regelungen
enthalten über die „Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften“.
22 Die in § 34 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Satz 2 Nr. 1 LHG getroffene Vorgabe, es den Prüfungsordnungen zu
überlassen, die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften zu regeln, genügt den
verfassungsrechtlichen Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes.
23 Bestimmungen des Prüfungsrechts, die mit den darin angeordneten Rechtsfolgen die Berufswahl und die
spätere Berufsausübung berühren, unterstehen dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, der
eine Regelung durch Gesetz oder durch eine auf hinreichender gesetzlicher Grundlage beruhende
untergesetzliche Rechtsnorm verlangt (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 07.07.1980, DÖV 1981, 584
m.w.N.). Hierbei verpflichten das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip den parlamentarischen
Gesetzgeber allerdings, auch im Prüfungsrecht die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (vgl.
BVerfGE 58, 257, 275; 80, 1, 21 f.; 84, 34, 59; BVerwGE 56, 155; 57, 130; 65, 323, 326; BayVGH, Urt. vom
19.03.2004 - 7 BV 03.1953 -, Juris; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2 Prüfungsrecht, 4. Aufl., Rn. 33
ff.). Insoweit sind indes an die - im vorliegenden Fall einschlägige und vom Anwendungsbereich des Art. 80
Abs. 1 Satz 2 GG nicht erfasste - gesetzliche Ermächtigung zum Erlass den Berufszugang beschränkender
satzungsrechtlicher Normen der Universitäten keinesfalls höhere Anforderungen zu stellen als an die
Bestimmtheit einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass staatlicher Rechtsverordnungen (vgl. Waldeyer,
Hochschulrecht in Bund und Ländern, Ordner 1, § 16 HRG Rn. 22; Maurer, a.a.O., § 4 Rn. 22 ff.).
24 Nach Auffassung der Kammer ist diesen Maßstäben Genüge getan, wenn sich die gesetzlichen Vorgaben für
die Ausgestaltung der untergesetzlichen Norm mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen
(vgl. BVerfGE 80, 1, 20 f. zu Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG; BayVGH, Urt. v. 19.03.2004, a.a.O.). Dabei spricht für
die Befugnis des parlamentarischen Gesetzgebers, im Prüfungsrecht genauere Festlegungen untergesetzlichen
Normen zu überlassen, dass dieses Rechtsgebiet in erheblichem Umfang durch verfassungsrechtliche
Maßstäbe, insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG, den aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz der
Chancengleichheit sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, vorprogrammiert ist (vgl. BVerfGE 80, 1, 21
f.; BVerwGE 65, 323, 326; BayVGH, Urt. v. 19.03.2004, a.a.O.; Waldeyer, a.a.O., § 16 HRG Rn. 22).
25 Hiernach wird die Ermächtigungsvorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Satz 2 Nr. 1 LHG den
verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.
26 Die Kammer verkennt nicht, dass die satzungsrechtliche Normierung der Möglichkeit, einen Prüfling wegen
eines schwerwiegenden Täuschungsversuchs von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen in seinem
Studiengang auszuschließen, jedenfalls in den Fällen, in denen das Bestehen der Prüfung von weiteren
Prüfungsleistungen abhängt, zur Folge hat, dass der Prüfling den angestrebten Abschluss in diesem
Studiengang nicht mehr erreichen kann (dazu noch unten). Dies stellt eine einschneidende Beeinträchtigung
seines Grundrechts auf Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) dar. Gleichwohl beruht dieser
Eingriff auf einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigung.
27 Hintergrund der Regelung ist die Überlegung, dass aufgrund des Gebotes, die Prüfungsleistung persönlich zu
erbringen, und des Zweckes der Prüfung, die wahre Leistungsfähigkeit des Prüflings zu ermitteln,
vorgetäuschte oder sonst erschlichene Leistungen als Grundlage eines Prüfungserfolges ausgeschlossen und
insbesondere in schweren Fällen - unter Berücksichtigung des Gebots der Chancengleichheit und des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - sanktioniert werden müssen (vgl. dazu Niehues, a.a.O., Rn. 447, 457
ff.).
28 Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Satz 2 Nr. 1 LHG sollen die Prüfungsordnungen u.a. Regelungen
enthalten über die „Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften“. Dies schließt nach Auffassung der
Kammer auch die Möglichkeit ein, in der Prüfungsordnung bei schwerwiegenden Täuschungshandlungen den
Ausschluss von weiteren Prüfungsmöglichkeiten vorzusehen. Denn der Ausschluss von weiteren
Prüfungsleistungen stellt lediglich eine Ausprägung des Wettbewerbscharakters der Prüfung und des aus Art. 3
Abs. 1 GG folgenden Grundsatzes der Chancengleichheit aller Prüflinge dar. Beides hatte der Satzungsgeber
als wesentliches Merkmal des Prüfungsverfahrens bei dessen Ausgestaltung zu beachten (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 07.12.1976 - VII B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78; BayVGH, Urt. vom
19.03.2004, a.a.O.). Der Wettbewerbscharakter von Prüfungen wie der strikt zu wahrende Grundsatz der
Chancengleichheit aller Prüflinge kann es jedenfalls in schwerwiegenden Fällen der Täuschung geboten
erscheinen lassen, diejenigen Prüflinge, die sich zu ihrem eigenen Vorteil nicht an die für alle Teilnehmer am
Wettbewerb gleichermaßen geltenden und gleichermaßen bekannten Regeln halten, vom Wettbewerb - also von
weiteren Prüfungsmöglichkeiten - auszuschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.12.1976, a.a.O.; BayVGH,
Urt. vom 19.03.2004, a.a.O.; vgl. auch VG Düsseldorf, Urt. v. 17.06.2009 - 15 K 5332/07 -, juris; Waldeyer,
a.a.O., § 16 HRG Rn. 22).
29 Im Übrigen gehörte die satzungsrechtliche Vorschrift über den Ausschluss von Prüfungsleistungen zu dem
Normenbestand, den der baden-württembergische Gesetzgeber bei Schaffung der am 06.01.2005 in Kraft
getretenen Ermächtigungsgrundlage des § 34 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Satz 2 Nr. 1 LHG vorfand. Denn die
Prüfungsordnung der Beklagten für den Diplomstudiengang Volkswirtschaftslehre der
Wirtschaftwissenschaftlichen Fakultät sah bereits in ihrer Fassung vom 01.04.1999 in § 11 Abs. 3 Satz 3 in
schwerwiegenden Fällen des Täuschungsversuchs die Sanktion des Ausschlusses von Prüfungsleistungen vor
(vgl. auch entsprechende Regelungen in anderen Prüfungsordnungen, z.B. § 8 Abs. 4 Satz 3 der
Prüfungsordnung der Beklagten für den Diplomstudiengang Psychologie vom 20.03.2002, Mitteilungsblatt des
Rektors vom 28.03.2002, S. 121). Ausweislich der amtlichen Gesetzesbegründung sollen in der optionalen
Verordnungsermächtigung des § 36 LHG, auf die in § 34 LHG Bezug genommen wird, die bisherigen
Ermächtigungstatbestände in den §§ 51 Abs. 8 und 53 Abs. 1 Satz 2 UG zusammengefasst und diese um
diejenigen rechtlichen Tatbestände ergänzt werden, „die im Lichte der Art. 3 und 12 Grundgesetz für rechtlich
geordnete Prüfungsverfahren einschließlich organisationsrechtlicher Vorgaben sowie zur Wahrung der
Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit von Hochschulprüfungen notwendig sind …“ (vgl. LT-Drucks. 13/3640, S.
210, zu § 36 LHG). Auch dies spricht dafür, dass mit dem in § 36 Satz 2 Nr. 1 LHG aufgeführten
Regelungsgegenstand der „Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften“ die bei Normerlass
existierenden, vom Grundsatz der Chancengleichheit geprägten Sanktionsregelungen weiterhin von der
Ermächtigung erfasst sein sollten.
30 Nach allem beruht die Sanktionsregelung auf einer auch im Hinblick auf den darin liegenden Eingriff in das
Grundrecht des Betroffenen aus Art. 12 Abs. 1 GG hinreichend bestimmten formell-gesetzlichen Ermächtigung.
31 Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seiner vom
Klägervertreter in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.09.1995 (- 1 UE 3026/94 -, NVwZ-RR 1996, 654)
zwar angenommen hat, dass eine verordnungsrechtliche Regelung über den Ausschluss von der Prüfung
wegen Fehlens der erforderlichen parlamentarischen Ermächtigung in einem formellem Gesetz mit Art. 12 Abs.
1 GG unvereinbar sei, dass aber gleichwohl bis zum Vorliegen der erforderlichen parlamentarischen
Leitentscheidung Täuschungsversuche bei Prüfungen geahndet und gerichtlich kontrolliert werden müssen (vgl.
zur Problematik der Konsequenzen einer unmittelbaren Umsetzung der Wesentlichkeitsrechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts im Bereich des Prinzips vom Vorbehalt des Gesetzes auch Niehues, a.a.O., Rn.
48 ff., 69 ff. m.w.N.). Deshalb seien die Gerichte gehalten, zur Gewährleistung effektiven Grundrechtsschutzes
vom vorhandenen Normenmaterial ausgehend Maßstäbe zu entwickeln, die einerseits dem mutmaßlichen
Willen des Gesetzgebers Rechnung tragen, andererseits an der Grundentscheidung in Art. 12 Abs. 1 GG
zugunsten der Berufswahlfreiheit orientiert sind und insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der
Einschränkung dieses Grundrechts berücksichtigen, um eine verfassungskonforme Anwendung der Sanktionen
im Rahmen einer Prüfung sicherzustellen (vgl. Urt. v. 27.09.1995, a.a.O.). Da die hier maßgebliche Regelung
des § 11 Abs. 4 PO im Unterschied zu der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs zugrunde lag, ein Sanktionsprogramm vorsieht, das unterschiedlich schweren
Verstößen unterschiedliche Sanktionsstufen zuordnet (§ 11 Abs. 4 Satz 1 PO: bei einfachen
Täuschungshandlungen Bewertung der Prüfungsleistung mit „nicht ausreichend“ (5,0); § 11 Abs. 4 Satz 5 PO:
in schwerwiegenden Fällen Ausschluss von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen), könnte diese
Regelung selbst bei Annahme einer Ungültigkeit wegen Fehlens einer parlamentarischen
Ermächtigungsgrundlage auf der Basis der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs für eine
Übergangszeit und daher auch im vorliegenden Fall der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden.
32 Die in § 11 Abs. 4 Satz 5 i.V.m. Satz 1 PO vorgesehene Sanktionierung von "schwerwiegenden"
Täuschungsversuchen steht auch im Einklang mit dem Bestimmtheitserfordernis. Soweit der Klägervertreter
meint, dass sich die Sanktion des (vollständigen) Verlusts des Prüfungsanspruchs der Vorschrift nicht klar
entnehmen lasse, kann dem nicht gefolgt werden.
33 Die von der Beklagten beschlossene Sanktion, den Kläger von "weiteren" Prüfungsleistungen auszuschließen,
erfasst tatsächlich alle diejenigen Prüfungsleistungen, die zeitlich nach dem Täuschungsversuch erbracht
worden sind oder zu erbringen waren. Dies ergibt sich nicht nur aus der Wortwahl - das Wort "weitere" bezieht
sich insofern unmissverständlich als Anknüpfungspunkt auf diejenige Prüfungsleistung, bei der eine Täuschung
versucht worden ist -, sondern auch aus dem Zweck der Regelung, die den schweren Täuschungsversuch
auch aus Gründen der Generalprävention dahingehend sanktionieren will, dass der Studierende ab diesem
Zeitpunkt sein Recht verwirkt hat, noch weitere Prüfungsleistungen in seinem bisherigen Studiengang ablegen
zu dürfen.
34 Für diese Auslegung spricht in systematischer Hinsicht im Übrigen die der Bestimmung des § 11 Abs. 4 PO
zugrunde liegende Stufung der Sanktionen: Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 PO werden „einfache“ Fälle der
Täuschungshandlung damit geahndet, dass die betreffende Prüfungsleistung mit „nicht ausreichend“ (5,0)
bewertet wird. In diesen Fällen kann im Rahmen der Diplomprüfung eine schriftliche Abschlussprüfung
jedenfalls einmal (vgl. § 22 Abs. 2 PO), unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PO zweimal wiederholt
werden. Wenn dann in Satz 5 der Bestimmung der Prüfungsausschuss in „schwerwiegenden Fällen“ den
Prüfling von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen ausschließen kann (Unterstreichung nur hier), bedeutet
dies zwangsläufig auch den Ausschluss von durch die Prüfungsordnung eingeräumten
Wiederholungsmöglichkeiten und damit in den Fällen, in denen die Prüfungsleistung nach der Prüfungsordnung
Bestehensvoraussetzung ist, auch das endgültige Nichtbestehen der Prüfung (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 2, § 24
Abs. 1 PO) sowie das Erlöschen der Zulassung zu dem Studiengang (§§ 32 Abs. 1 Satz 5, 60 Abs. 2 Nr. 2
LHG). Schließlich stellt sich auch der Begriff des "schwerwiegenden" Täuschungsversuchs als hinreichend
präzise dar. Mit Blick darauf, dass Maßstab für die Beurteilung des Gewichts des Täuschungsversuchs der
Grad der Beeinträchtigung der Chancengleichheit ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.12.1976, a.a.O.; Niehues,
a.a.O., Rn. 457 ff.), und vor dem Hintergrund der in Rechtsprechung und Schrifttum erörterten Kasuistik (vgl.
Niehues, a.a.O., Rn. 448 ff.), kann die Bestimmung mit herkömmlichen juristischen Methoden ausgelegt
werden. Damit genügt sie dem rechtsstaatlichen Erfordernis hinreichender Bestimmtheit (vgl. BVerfGE 103, 21,
33); die Konkretisierung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist im Übrigen Aufgabe der
Verwaltungsbehörden und der Fachgerichte (vgl. BVerfGE 87, 234, 263 f.).
35 Die in § 11 Abs. 4 Satz 5 i.V.m. Satz 1 PO vorgesehene Sanktionsmöglichkeit verstößt auch nicht gegen den
rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seiner
Entscheidung vom 07.12.1976 (a.a.O.) ausgeführt, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den
Ausschluss von einer Prüfung nicht schlechthin verbietet. Der Prüfungsausschluss ist nicht zuletzt auch im
Hinblick auf die darin liegende generalpräventive Wirkung ein geeignetes Mittel, um Beeinträchtigungen der
Chancengleichheit durch Täuschungsversuche zu begegnen. Bei der großen Bedeutung, die dem Grundsatz
der Chancengleichheit im Prüfungsrecht zukommt, kann der schwerwiegende Eingriff in das Grundrecht der
Berufsfreiheit, der vor allem in der mit einem Prüfungsausschluss verbundenen Folge des Nichtbestehens der
(gesamten) Prüfung liegt, grundsätzlich nicht als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn er auf schwere
Fälle von Täuschungsversuchen beschränkt ist (vgl. Beschl. v. 07.12.1976, a.a.O., und v. 12.01.1981 - 7 B
300. u. 301.80 -). Ausgehend hiervon ist auch die hier maßgebliche Bestimmung, die ebenfalls die Sanktion
des Ausschlusses von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen - als "ultima ratio" - auf die
"schwerwiegenden" Fälle des Täuschungsversuchs beschränkt, nicht zu beanstanden.
36 Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 S. 5 i.V.m. S. 1 PO sind hier erfüllt. Der Kläger hat
versucht, das Ergebnis seiner Prüfungsleistungen durch Täuschung bzw. Benutzung nicht zugelassener
Hilfsmittel zu beeinflussen.
37 Täuschung im Sinne des Prüfungsrechts und auch dieser Vorschrift ist die Vorspiegelung einer eigenständigen
und regulär erbrachten Prüfungsleistung, um bei dem Prüfer über die ihr zugrunde liegenden Kenntnisse und
Fähigkeiten einen Irrtum zu erregen. Die Sanktionen bei Täuschungen knüpfen an die Tatsache an, dass zu
einer ordnungsgemäßen Prüfungsleistung die eigenständige, nur mit den zugelassenen Hilfsmitteln erfolgte
Bearbeitung der Prüfungsaufgabe gehört. Eine Täuschung bzw. ein Täuschungsversuch läuft sowohl dem
Prüfungszweck, das Leistungsvermögen der Prüfungsteilnehmer unverfälscht, d. h. im Rahmen der
Prüfungsbedingungen festzustellen, als auch dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit
zuwider (Niehues, a.a.O., Rdnrn. 447, 448 m. w. N.). Die Beurteilung, ob ein Täuschungsversuch anzunehmen
ist, unterliegt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen
Nachprüfung (OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 30.08.1985 - 15 A 706/82 -, NVwZ 1986, 851).
38 Die Kammer geht im Einzelnen von folgendem Sachverhalt aus:
39 Der Kläger hatte sich für die in seinem Studiengang angesetzte Klausur im Fach Wirtschaftspolitik II
angemeldet, aber eine andere, bislang unbekannt gebliebene Person gebeten, sich am Vormittag des
16.07.2009 in den Großen Hörsaal der Chemie, Gebäude ..., N. Feld, zu begeben, unter seinem Namen an der
Klausur teilzunehmen, in der Teilnehmerliste mit seinem Namen zu unterschreiben und sich mit seinem
Führerschein auszuweisen. Damit sollten die Aufsichtführenden und die Verantwortlichen der
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät über die Klausurteilnahme des Klägers getäuscht werden. Der
Unbekannte entsprach der Bitte: Er nahm an der genannten Klausur teil, wies sich gegenüber der
Klausuraufsicht mit dem Führerschein des Klägers aus und unterschrieb in der Teilnehmerliste mit dessen
Namen. Der Kläger selbst befand sich während des Klausurtermins nicht im Prüfungsraum. Nachdem der
Aufsichtführende ... der weiteren Aufsichtführenden ... mitgeteilt hatte, dass er mit Blick auf das vorgelegte
Lichtbild den Verdacht hege, dass es sich bei der Person nicht um den zur Prüfung angemeldeten Kläger
handelt, nahm diese den Führerschein und den Studentenausweis an sich. In der Folge verließ der Unbekannte
den Hörsaal, um die Toilette aufzusuchen. Als die Aufsichtführende ... nach ihm schaute, stellte sie fest, dass
er sich an der Eingangstüre des Gebäudes mit einem jungen Mann unterhielt, bei dem es sich - wie sie später
feststellen konnte - um den Kläger handelte. Der Anweisung der Aufsichtführenden, in den Hörsaal
zurückzukehren, kam der Unbekannte kommentarlos nach. Nachdem das Prüfungsamt des A.-W.-Instituts für
Wirtschaftswissenschaften über den Sachverhalt informiert worden war, begab sich die Zeugin ..., eine
Mitarbeiterin des Instituts, die den Kläger persönlich kannte - in Begleitung ihres Kollegen, des Zeugen ... -
zum Hörsaal. Dort angekommen erkannte Frau ..., dass es sich bei der verdächtigen Person nicht um den
Kläger handelte. Ein daraufhin von dieser unternommener Versuch zu fliehen blieb erfolglos. Sodann wurde der
Unbekannte aus dem Hörsaal begleitet und befragt. Da er sich weigerte, seinen Namen zu nennen, und er
keine Ausweispapiere bei sich hatte, verständigte Frau ... telefonisch die Polizei, deren Eintreffen sich
allerdings verzögerte. Der Zeuge ... begleitete den unbekannten Prüfling zur Glasfront im Bereich des
Ausgangs des Hörsaalgebäudes. Dort trafen sie auf den Kläger und eine weitere Person. Der Kläger sprach mit
dem Unbekannten in einer nicht deutschen Sprache. Es fiel ein Wort, daraufhin rannten der Unbekannte und
die weitere Person aus dem Gebäude. Der Zeuge ..., der dem Unbekannten folgen wollte, wurde vom Kläger
festgehalten. Der Zeuge ... wollte sich losreißen und versuchte, am Kläger vorbei zu kommen, Dieser hinderte
ihn jedoch daran, indem er ihn drei bis vier Sekunden gegen die Glaswand drückte, so dass der Unbekannte
und die dritte Person vor Eintreffen der Polizei flüchten konnten.
40 Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemachten Unterlagen (unter Einschluss der beigezogenen Akten des Ermittlungsverfahrens der
Staatsanwaltschaft Heidelberg - 24 Js 17145/09 -) sowie der im Kern übereinstimmenden, glaubhaften
Bekundungen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen ... und .... Der Kläger hat sich bislang
nicht substantiiert zum Sachverhalt geäußert und ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. In seiner
Widerspruchsbegründung führt er lediglich pauschal aus, dass der Tatbestand, wie er im Bescheid aufgeführt
ist, „nicht stimmt“. Im Klageverfahren hat er sich auf den schriftsätzlichen Vortrag beschränkt, von Anfang an
beabsichtigt zu haben, eine von ihm selbst gefertigte Klausurlösung abzugeben, und den Mitarbeitern des A.-
W.-Instituts für Wirtschaftswissenschaften gegenüber nicht geäußert zu haben, dass es nicht einfach gewesen
sei, jemanden zu finden, der ihm ähnlich sehe, und dass er dann „halt eine 5 mehr habe“ und die Klausur zum
2. Termin schreibe. Dieses Vorbringen ist - unabhängig von der Frage seiner rechtlichen Erheblichkeit - nicht
geeignet, die Angaben der Zeugen ernsthaft in Frage zu stellen. So hat die Zeugin ... auf Vorhalt ihrer
Stellungnahme vom Juli 2099 explizit angegeben, die Worte des Klägers „habe ich halt eine 5 mehr“ gehört zu
haben. Der Zeuge ... hat erklärt, der Kläger habe im Gespräch mit ihm geäußert, dass er mit den
Konsequenzen jetzt leben müsse; auch hat er sich - im Wesentlichen übereinstimmend mit dem Inhalt des
unmittelbar nach dem Vorfall gefertigten Vermerks - daran erinnert, dass der Kläger zum Ausdruck gebracht
habe, dass es „nicht einfach sei, jemanden zu finden, der die Aufgabe übernehmen könne und ihm ähnlich
sehe“. Die Kammer hält die Bekundungen der Zeugen für glaubhaft. Obwohl der Vorfall bereits längere Zeit
zurückliegt, waren ihre Angaben sehr detailliert. Auch waren Belastungstendenzen nicht erkennbar und die
Kammer hatte den Eindruck, dass sich beide Zeugen ernsthaft bemühten, lediglich das wiederzugeben, was
ihnen noch konkret erinnerlich war.
41 Vor diesem Hintergrund hat die Kammer keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger die Absicht hatte, durch das
Einschleusen eines Unbekannten in die Klausur im Fach Wirtschaftspolitik II die für die Prüfung
Verantwortlichen über seine eigene Klausurteilnahme zu täuschen und sich damit unter Verstoß gegen die
Regeln des Prüfungsverfahrens gegenüber den anderen Prüflingen nicht leistungsbedingte Wettbewerbsvorteile
zu verschaffen. Er hat auch bereits die wesentlichen Schritte unternommen, um diese Täuschungsabsicht
umzusetzen.
42 Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat sich indes nicht eindeutig klären lassen, wie es dazu kam, dass
sich eine vom Kläger geschriebene Klausur im Prüfungsraum befand (eine der sichergestellten Klausuren
befand sich am Sitzplatz des Unbekannten, die andere in der dort zurückgelassenen schwarzen Tasche), und
welche Klausur letztlich hätte abgegeben werden sollen (vgl. die Verfügung der Staatsanwaltschaft Heidelberg
vom 09.06.2010, S. 119 der Akte des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Heidelberg). Deshalb lässt
sich nicht feststellen, ob es das Ziel des Klägers war, den Unbekannten auch dazu anzustiften, die Klausur für
ihn anzufertigen und in seinem Namen abzugeben. Auf der Grundlage der beigezogenen Akten und Unterlagen
geht die Kammer aber davon aus, dass es dem Kläger darum ging, sich die Prüfungsunterlagen von dem
Unbekannten übergeben zu lassen, die Klausur dann außerhalb des Prüfungsraums unter Verwendung nicht
zugelassener Hilfsmittel selbst anzufertigen und anschließend von dem unbekannten „Klausurteilnehmer“
abholen und im Prüfungsraum als ordnungsgemäß erstellte Prüfungsleistung abgeben zu lassen. Dies wird
dadurch nahegelegt, dass eine vom Kläger geschriebene Klausur im Bereich des Sitzplatzes des Unbekannten
sichergestellt wurde. Zudem hat der Unbekannte nach den konkreten Bekundungen der Aufsichtführenden ...
während der Prüfung unter dem Vorwand, die Toilette aufsuchen zu müssen, Kontakt mit dem außerhalb des
Prüfungsraums wartenden Kläger aufgenommen (vgl. die Vernehmungsniederschrift vom 15.03.2010, S. 87 der
Akte des Ermittlungsverfahrens). Schließlich spricht für diesen Geschehensablauf die große Zahl der
Klausurteilnehmer wie die Tatsache, dass bei der Klausur im Aufsichtsprotokoll nicht vermerkt wurde, wer und
wann ein Prüfling den Raum verlassen hat. Bei dieser Sachlage ist die Kammer davon überzeugt, dass der
Kläger beabsichtigte, die Klausur außerhalb des Prüfungsraums unter Verwendung nicht zugelassener
Hilfsmittel selbst anzufertigen und sie anschließend mit Hilfe des Unbekannten abgeben zu lassen.
43 Zu Recht hat die Beklagte einen „schwerwiegenden Fall“ im Sinne des § 11 Abs. 4 Satz 5 PO angenommen.
Nach der Auffassung der Kammer handelt es sich bei dem Verhalten des Klägers um den Versuch des
Erschleichens einer Prüfungsleistung durch ein grobes Täuschungsmanöver (vgl. Niehues, a.a.O., Rn. 459) in
einem außergewöhnlich schweren Fall. Die am Maßstab der Beeinträchtigung der Chancengleichheit zu
ermittelnde Schwere des Täuschungsversuchs ergibt sich hier insbesondere aus dem vom Kläger geplanten
und organisierten Zusammenwirken mehrerer Personen (vgl. Niehues, a.a.O., Rn. 459) sowie der bei ihm zu
Tage getretenen erheblichen kriminellen Energie: Um sich gegenüber den anderen Prüflingen
Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, hat er sich nicht nur wegen Missbrauchs von Ausweispapieren in
Tateinheit mit Anstiftung zur Urkundenfälschung (Beauftragung einer unbekannten Person, für ihn an der
Klausur teilzunehmen, sich mit seinem Führerschein auszuweisen und in der Teilnehmerliste mit seinem
Namen zu unterschreiben) strafbar gemacht (§§ 267, 281, 26, 52 StGB). Er ist vielmehr, um die Aufdeckung
bzw. Aufklärung des Täuschungsmanövers zu vereiteln oder zu erschweren, nicht davor zurückgeschreckt,
einen Mitarbeiter der Verwaltung der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät unter Anwendung körperlicher
Gewalt daran zu hindern, dem unbekannten Prüfungsteilnehmer zu folgen (vgl. den Strafbefehlsantrag der
Staatsanwaltschaft Heidelberg vom 09.06.2010). Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten des Klägers auf
einer Skala sanktionswürdiger Täuschungshandlungen im obersten Bereich anzusiedeln.
44 Anhaltspunkte für Ermessensfehler des Prüfungsausschusses sind nicht ersichtlich (§ 114 VwGO).
45 Ausweislich des dem Widerspruchsbescheid zugrunde liegenden Beschlusses des Prüfungsausschusses für
den Studiengang Volkswirtschaftslehre vom 27.10.2009 hat der Prüfungsausschuss festgestellt, dass es sich
bei dem vom Kläger zu verantwortenden Vorfall um einen „besonders schweren Fall eines
Täuschungsversuchs“ gemäß § 11 PO handelt. Da der Tatbestand der Sanktionsnorm lediglich einen
„schwerwiegenden Fall voraussetzt, wird daran deutlich, dass der Prüfungsausschuss sich bei seiner
Entscheidung – in rechtlich nicht zu beanstandender Weise - maßgeblich hat davon leiten lassen, dass dem
klägerischen Verhalten selbst innerhalb der Gruppe schwerwiegender Fälle von Täuschungshandlungen
Ausnahmecharakter zukommt. Vor diesem Hintergrund durfte der Prüfungsausschuss davon ausgehen, dass
die vorzunehmende Interessenabwägung - auch mit Blick auf die besondere Bedeutung des
verfassungsrechtlich verankerten Grundsatzes der Chancengleichheit - vorgezeichnet und eine besondere
Begründung nicht mehr erforderlich ist (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG).
46 Der Einwand, die Beklagte sei von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen, verfängt nicht. Zunächst sind
weder den angegriffenen Bescheiden noch den zugrunde liegenden Entscheidungen des Prüfungsausschusses
greifbare Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Beklagte einen Fall des wiederholten
Täuschungsversuchs angenommen hat. Insoweit hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, der
Prüfungsausschuss habe seiner Entscheidung nur den hier vorliegenden Sachverhalt zugrunde gelegt, diesen
aber für so schwerwiegend gehalten, dass er die ausgesprochene Rechtsfolge rechtfertige. Dass die
Äußerungen, die dem Kläger von den Zeugen ... und ... in deren Vermerken zugeschrieben werden, jedenfalls
im Wesentlichen so gefallen sind, hat die Beweisaufnahme vor der erkennenden Kammer ergeben. Der
Umstand, dass die Beklagte ausweislich des Widerspruchsbescheides offenbar davon ausgegangen ist, dass
der Kläger den Unbekannten beauftragt hat, in seinem Namen die Klausur Wirtschaftpolitik II anzufertigen und
abzugeben, begründet ebenfalls keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung der
Beklagten. Denn auch wenn nach jetzigem Erkenntnisstand anzunehmen ist, dass der Kläger plante, die
Klausur außerhalb des Prüfungsraums unter Verwendung nicht zugelassener Hilfsmittel selbst anzufertigen und
anschließend von dem unbekannten „Klausurteilnehmer“ abholen und im Prüfungsraum als ordnungsgemäß
erstellte Prüfungsleistung abgeben zu lassen, ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass sich die darin liegende
Abweichung im Geschehensablauf in erheblicher Weise auf das Gewicht des Täuschungsversuchs und damit
auf das Ergebnis der Ermessensentscheidung ausgewirkt haben könnte. Im Übrigen handelt es sich bei den
Einzelheiten des Täuschungsversuchs um Umstände, die der Sphäre des Klägers zuzuordnen sind und über
die - bereits im Verwaltungsverfahren - er am besten Auskunft hätte geben können. Da er indes in keiner Weise
zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hat, kann es keinen Ermessensfehler begründen, wenn die
Behörde bei ihrer Entscheidung nicht den tatsächlichen Ablauf berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Beschl. v.
10.05.1985 - BVerwG 1 B 51.85 -, InfAuslR 1985, 199).
47 Trotz der Folgen, die mit dem Ausschluss des Klägers von weiteren Prüfungsleistungen im Diplomstudiengang
Volkswirtschaftslehre für diesen verbunden sind, stehen die angegriffenen Bescheide im Einklang mit dem
rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
48 Das öffentliche Interesse an einer harten Ahndung des Täuschungsversuchs überwiegt im vorliegenden
Einzelfall die privaten Interessen des Klägers und lässt den damit verbundenen schwerwiegenden Eingriff in
das Grundrecht der Berufsfreiheit des Klägers gerechtfertigt erscheinen. Gemessen am Grad der
Beeinträchtigung des prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit aller Prüfungsteilnehmer stellt
sich das Verhalten des Klägers - wie oben dargelegt - als Versuch des Erschleichens einer Prüfungsleistung
durch ein grobes Täuschungsmanöver in einem außergewöhnlich schweren Fall dar. Ein solches Verhalten, bei
dem der Prüfling, um sich nicht leistungsbedingte Vorteile zu verschaffen, sogar vor der Begehung von
Straftaten nicht zurückschreckt, stellt den Wettbewerbscharakter der Prüfung massiv in Frage. Deshalb kann
die Prüfungsbehörde bei der Entscheidung über die angemessene Reaktion auf den Täuschungsversuch hier -
neben dem Aspekt der Sanktionierung des klägerischen Verstoßes gegen die Prüfungsordnung - dem
Gesichtspunkt, dass die durch den Täuschungsversuch in Frage gestellte, verfassungsrechtlich verankerte
Chancengleichheit eine auch für andere erkennbare Abschreckung gebieten kann, maßgebliche Bedeutung
beimessen. Vor diesem Hintergrund kann in dem Ausschluss des Klägers von der Prüfung auch mit Blick auf
dessen grundrechtlich geschützte Interessen aus Art. 12 Abs. 1 GG keine unverhältnismäßige Reaktion
gesehen werden.
49 Im Übrigen führt die ausgesprochene Sanktion entgegen der Auffassung des Klägervertreters nicht dazu, dass
dem Kläger der Zugang zu dem von ihm angestrebten Beruf endgültig versperrt wird. Die Maßnahme
beschränkt sich zunächst auf den Ausschluss vom weiteren Studium im Diplomstudiengang
Volkswirtschaftslehre an der Beklagten (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 2, § 24 Abs. 1 PO sowie §§ 32 Abs. 1 Satz 5,
60 Abs. 2 Nr. 2 LHG). Wie sich aus § 60 Abs. 2 Nr. 2 LHG ergibt, ist dem Kläger auch die Zulassung zu dem
gleichen Studiengang an einer anderen Hochschule in Baden-Württemberg zu versagen. Es ist indes weder
substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Kläger sein Diplom-Studium nicht als
Ortswechsler an einer Universität in einem anderen Bundesland fortsetzen könnte.
50 Außerdem beschränkt sich der Ausschluss vom Studium in einem Studiengang mit im Wesentlichen gleichen
Inhalt, insbesondere einem vergleichbaren Bachelor- bzw. Masterstudiengang, auf die Universitäten, die - wie
die Beklagte (vgl. etwa § 12 Nr. 2 der Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang „Politische Ökonomik“
vom 07.08.2006; § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Prüfungsordnung für den Master-Studiengang Economics vom
27.03.2009) - in ihren Prüfungsordnungen entsprechende Zulassungsbeschränkungen normiert haben (vgl. § 60
Abs. 2 Nr. 2 2. Halbs. LHG). Insoweit hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung
unwidersprochen vorgetragen, dass dies nicht für alle anderen Universitäten in Baden-Württemberg oder gar in
der gesamten Bundesrepublik gilt. Dem entspricht es, dass die Universität Frankfurt auf Anfrage des Klägers
mitgeteilt hat, dass er dort ein Bachelor-Studium aufnehmen könnte. Dass dort - wie der Klägervertreter in der
mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - lediglich Studienzeiten von maximal zwei Semestern angerechnet
würden, ist nicht auf die von der Beklagten ausgesprochene Sanktion zurückzuführen. Maßgeblich hierfür ist
vielmehr, inwieweit der Kläger aufgrund der von ihm bisher erbrachten Studienleistungen über die für einen
bestimmten Studiengang geforderten Zugangsvoraussetzungen verfügt. Dies ist indes allein seiner (Risiko-)
Sphäre zuzurechnen.
51 Schließlich erweist sich die ausgesprochene Sanktion auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil sich der
Täuschungsversuch (lediglich) auf eine studienbegleitende Prüfungsleistung bezog. Zu Recht hat die Beklagte
darauf hingewiesen, dass es sich bei den hier maßgeblichen studienbegleitenden Prüfungsleistungen (vgl. §§
19 Abs. 1, 21 Abs. 1 PO) um vorgezogene Abschlussklausuren handelt, die es den Studierenden ermöglichen,
unmittelbar nach den entsprechenden Lehrveranstaltungen ihr Wissen zeitlich gestaffelt darzubieten, dass
diese aber bereits Bestandteile der Abschlussprüfung sind und ihren entsprechenden Niederschlag in der
Abschlussnote finden (vgl. Haug , Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl., Rn. 646). Vor
diesem Hintergrund kann der Auffassung des Klägervertreters, einem Täuschungsversuch bei einer
studienbegleitenden Prüfungsleistung komme erheblich geringeres Gewicht zu als einem Täuschungsversuch
in einer Abschlussprüfung, nicht gefolgt werden.
52 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53
Beschluss
54 Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 18.4 der Empfehlungen des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2004) auf EUR 15.000,- festgesetzt.
55 Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5
GKG verwiesen.