Urteil des VG Karlsruhe vom 26.06.2007

VG Karlsruhe (satzung, berufliche tätigkeit, baden, wiedereinstieg in den beruf, befreiung von der versicherungspflicht, altersgrenze, aufnahme, tätigkeit, alter, württemberg)

VG Karlsruhe Urteil vom 26.6.2007, 5 K 2394/05
Altersgrenze für Aufnahme in die Versorgungsanstalt Baden-Württemberg für Ärzte
Leitsätze
1. Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass ein Arzt, der am 31.12.2004 das 45. Lebensjahr vollendet hatte,
grundsätzlich nicht als Neumitglied in der baden-württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und
Tierärzte aufgenommen wird.
2. Die diesbezügliche Ungleichbehandlung von EU-Angehörigen, die erstmals im Alter von 45 Jahren oder älter
eine berufliche Tätigkeit als Arzt in Deutschland oder Baden-Württemberg aufnehmen, ist durch sachliche Gründe
gerechtfertigt und verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Aufnahme als Pflichtmitglied bei der Beklagten, der Baden-Württembergischen
Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte.
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Die am ... 1957 geborene Klägerin erlangte am 07.09.1987 ihre Approbation als Ärztin. Da die Klägerin damals
ihren Beruf nicht ausübte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26.11.1987 fest, dass die
Pflichtmitgliedschaft bei ihr entfalle. Zum 18.07.2005 nahm die Klägerin erstmals eine Tätigkeit als Ärztin auf.
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Mit Antrag vom 18.07.2005 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten an und beantragte ihre Befreiung von
der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid
vom 08.08.2005 fest, dass für die Klägerin die Pflichtteilnahme an der Versorgungsanstalt entfalle, da sie bei
Eintritt der sonstigen Voraussetzungen für die Pflichtteilnahme älter als 45 Jahre gewesen sei.
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Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 16.08.2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
26.09.2005 zurück. Zur Begründung bezog sie sich auf die Regelung des § 18 Nr. 2 der Satzung der Baden-
Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte in der Fassung vom 01.01.2002,
wonach die Pflichtteilnahme für Teilnehmer entfalle, wenn sie bei Eintritt der Voraussetzungen für die
Pflichtteilnahme älter als 45 Jahre seien; dies gelte nicht, wenn die Nachversicherung bei der
Versorgungsanstalt beantragt sei und der Nachversicherungszeitraum vor Vollendung des 45. Lebensjahres
begonnen habe. Die Voraussetzungen für ein Entfallen der Pflichtteilnahme seien bis zum 31.12.2004 gegeben
gewesen. Aufgrund der Änderung des § 18 Nr. 2 der Satzung der Baden-Württembergischen
Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte gebe es die 45-Jahresgrenze seit 01.01.2005 nicht
mehr. Allerdings gelte für diesen Fall die Übergangsbestimmung des § 37 Abs. 2 der seit 01.01.2005 geltenden
Satzung der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Diese
bestimme, dass die Pflichtteilnahme entfalle, wenn ein Berufsangehöriger am 31.12.2004 kein Teilnehmer
gewesen sei und er bis zu diesem Zeitpunkt das 45. Lebensjahr bereits vollendet habe. Die Voraussetzungen
der Übergangsvorschrift lägen für die Klägerin vor. Die Übergangsvorschrift stelle eine
Vertrauensschutzregelung dar, die frühere Nichtteilnehmer davor schütze, in fortgeschrittenem Alter noch zur
Teilnahme herangezogen zu werden, obwohl ein Vertrauen in die weitere Nichtteilnahme bestanden habe. Unter
diese Regelung falle auch die Klägerin. Die Regelung verstoße auch nicht gegen EU-Recht, das dazu diene,
migrierende EU-Staatsbürger vor Diskriminierungen zu schützen. Migrierende EU-Bürger sollten davor
geschützt werden, bei einer Migration nach dem 45. Lebensjahr nicht mehr rentenversicherungspflichtig werden
zu können. Dieser Schutz vor Diskriminierung gelte aber nicht für die Klägerin, da bei ihr ein reiner Inlandsfall
vorliege, der in seiner konkreten Ausgestaltung darauf zurück zu führen sei, dass sie vor dem 45. Lebensjahr
überhaupt nicht als Ärztin berufstätig gewesen sei. Der Widerspruchsbescheid wurde am 28.09.2005 zugestellt.
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Mit ihrer am 27.10.2005 erhobenen Klage beantragt die Klägerin,
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die Verfügung der Beklagten vom 08.08.2005 in der Gestalt von deren Widerspruchsbescheid vom
26.09.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Pflichtmitglied in der
Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte aufzunehmen.
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Zur Begründung ihrer Klage lässt sie vortragen: Die Versagung der Pflichtmitgliedschaft verstoße einerseits
gegen das Gesetz über die Versorgungsanstalt und andererseits werde die Regelung der Übergangsvorschrift
des § 37 Abs. 2 der Satzung der Beklagten, auf die sich diese berufe, vom Wortlaut des Gesetzes über die
Versorgungsanstalt nicht gedeckt und sei aufgrund des Regelungsgehalts verfassungswidrig. Das Gesetz
normiere ohne Einschränkung, dass an der Versorgungsanstalt die dort angegeben Berufsgruppen teilnehmen
würden. Einen Hinweis darauf, dass bestimmte Altersgruppen ausgenommen seien oder ausgenommen werden
dürften, enthalte das Gesetz ersichtlich nicht. Wenn nun aufgrund der eigenen Lebensplanung der
Berufseinstieg als Ärztin erst nach der Kindererziehungszeit erfolge und in den letzten Jahren eine Tätigkeit
nicht als angestellte Ärztin, sondern als Physiotherapeutin ausgeübt worden sei, so könne dies nicht dazu
führen, dass dieser Sachverhalt anders behandelt werde als wenn sie im gleichen Zeitraum seit 1987
irgendwann ein paar Monate als Ärztin gearbeitet hätte, Pflichtmitglied geworden wäre, sodann wegen der
Pflichtmitgliedschaft die Pflichtteilnahme geruht hätte und der Wiedereinstieg in den Beruf erst mit 48 Jahren
erfolgt wäre. Ein Arzt, der in einem anderen Bundesland vor Vollendung des 45. Lebensjahres auch nur für
kurze Zeit Pflichtteilnehmer gewesen sei, werde selbstverständlich von der Beklagten als Pflichtmitglied
aufgenommen, auch wenn er am 31.12.2004 bereits älter als 45 Jahre gewesen sei. Diese Ungleichbehandlung
vergleichbarer Sachverhalte ohne sachlich rechtfertigenden Grund verstoße gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG. Auch sei die Normierung der Altersgrenze von 45 Jahren
willkürlich. Zwar hätten vermutlich Statistiker und Versicherungsmathematiker viele Argumente dafür gefunden,
weshalb man nicht älter als 45 Jahre sein solle, wenn man Mitglied in einem Versorgungswerk werden wolle.
Die Lösung könne aber nicht der Ausschluss dieses Personenkreises sein. Die Leistungshöhe müsse dem
sich daraus ergebenden Problem Rechnung tragen. Mit dem Ausschluss von der Pflichtmitgliedschaft bei der
Beklagten werde eine 45-jährige dem Personenkreis gleichgestellt, der das Rentenalter bereits erreicht habe
oder seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könne. Dies sei diskriminierend. Sie sei
mit 45 Jahren noch wenigstens 17 Jahre im arbeitsfähigen Alter. In der bis 31.12.2004 geltenden Satzung sei
eine Pflichtteilnahme vorgesehen gewesen auch für über 45-jährige Ärzte, bei denen die Voraussetzungen der
Nachversicherung vorgelegen hätten. Welche Konstellation dies betreffe, habe bislang nicht nachvollzogen
werden können, betreffe aber vermutlich Ärzte, die zuvor Mitglied im Versorgungswerk eines anderen
Bundeslandes gewesen seien und führe zu dem bereits zuvor beschriebenen Verstoß gegen den
Gleichheitsgrundsatz. Entscheidend sei die Frage, ob die Satzung ohne normierte Gesetzesgrundlage von sich
aus definieren könne, dass der 31.12.2004 als Stichtag für den Ausschluss von Ärzten über 45 Jahren gelte,
mit der Folge, dass eine ganze Personengruppe, nämlich Ärzte, die am 31.12.2004 zwischen 45 und 65 Jahre
alt gewesen seien, nicht mehr Mitglied im berufsständischen Versorgungswerk werden könnten. Der
Auffassung der Beklagten, dass die Übergangsregelung der Satzung eine Vertrauensschutzregelung enthalte,
die frühere Nichtteilnehmer davor schützen solle, im hohen Alter von mehr als 45 Jahren Pflichtmitglied werden
zu müssen, könne nicht gefolgt werden. Unter dem Gedanken des Vertrauensschutzes sei es richtig,
Befreiungsmöglichkeiten auf Antrag zu schaffen für den Personenkreis, der bislang anderweitig beschäftigt
gewesen sei und eine Altersversorgung auf andere Weise sichergestellt habe. Derartige Regelungen gebe es
beispielsweise beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg. Die reine Stichtagsregelung
verstoße gegen das Willkürverbot und finde keine sachliche Rechtfertigung. Das Argument, migrierende EU-
Angehörige seien insoweit schutzbedürftig, damit sie bei einer Migration nach dem 45. Lebensjahr im neuen
Land rentenversicherungspflichtig werden könnten, erweise sich für den vergleichbaren am 31.12.2004 45-
jährigen Migranten als Scheinargument, denn dieser würde doch, wenn er nicht Pflichtmitglied in der
Versorgungsanstalt werden dürfte, als angestellter Arzt in der Deutschen Rentenversicherung pflichtversichert
werden. Es gebe kein Argument dafür, warum der EU-Ausländer anders und besser behandelt werde als sie.
Es sei auch nicht einzusehen, warum ein Arzt / eine Ärztin, die am 31.12.2004 erst 44 Jahre alt gewesen sei
und sich im Jahr 2008 zum Einstieg in das ärztliche Berufsleben entscheide, ohne weiteres aufgenommen
werde, Ärzte, die am 31.12.2004 über 45 Jahre alt seien, aber nicht. Bei dem Berufseinstieg der dann 48-
jährigen Ärztin werde das Versorgungswerk in identischer Weise überproportional belastet. Im Hinblick darauf,
dass sie vor der Zeit der Aufnahme ihrer ärztlichen Tätigkeit in ihrem Zweitberuf als Krankengymnastin
sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, werde das Risiko einer Berufsunfähigkeit auch von der
Deutschen Rentenversicherung mitgetragen. Der völlige Ausschluss von der Mitgliedschaft bei der Beklagten
erfolge daher ohne sachlich rechtfertigenden Grund. Im Übrigen habe die Beklagte ihre Behauptung einer
unüberschaubaren Belastung mit Risiken nicht belegt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
10 Sie ist der Auffassung, das Entfallen der Pflichtteilnahme sei zu Recht festgestellt worden. Zwar existiere die
seit 2002 geltende Regelung der Altersgrenze von 45 Jahren für das Entfallen der Pflichtmitgliedschaft im
Hinblick auf die Umsetzung der Verordnung VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht mehr. Diese Änderung habe dazu
gedient, migrierende EU-Bürger vor Diskriminierungen zu schützen, wenn diese vor dem 45. Lebensjahr in der
EU berufstätig gewesen seien, aber erst nach dem 45. Lebensjahr in Deutschland, insbesondere in Baden-
Württemberg tätig würden. Bei der Klägerin handele es sich aber nicht um eine EU-Bürgerin, die vor dem 45.
Lebensjahr außerhalb von Deutschland und danach erstmals in Deutschland tätig gewesen sei, sondern um
eine Ärztin, die den Beruf erstmals jenseits des 45. Lebensjahres ausgeübt habe. Für diese Fälle sei eine
Vertrauensschutzregelung in Form des § 37 Abs. 2 der Satzung der Satzung der Baden-Württembergischen
Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte eingeführt worden, wonach gerade solche Personen
davor geschützt werden sollen, noch zur Teilnahme an der Pflichtmitgliedschaft herangezogen zu werden. Die
Klägerin könne nicht beanspruchen, von dieser Vertrauensschutz bewirkenden Regelung ausgenommen zu
werden. Die Klägerin werde nicht als Ausländerin von der Regelung diskriminiert, sondern es handele sich im
vorliegenden Fall allenfalls um eine „Inländerdiskriminierung“, gegen die das EU-Recht gerade keinen Schutz
biete und auch nicht bieten solle. Die bisherige Regelung habe nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Sie
habe der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers unterlegen, der seinen Mitgliederkreis so abgrenzen dürfe,
wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich sei. Eine Vergleichbarkeit mit
den sogenannten Nachversicherungsfällen und mit den Fällen von ausländischen Ärzten, die zuvor innerhalb
der EU tätig gewesen seien, liege nicht vor. Hinzuweisen sei darauf, dass bei Stichtagsregelungen immer
Härtefälle auftreten könnten. Die Übergangsregelung sei geschaffen worden, weil davon auszugehen sei, dass
ein nicht unerheblicher Teil der Betroffenen, die in der Vergangenheit bereits Entfallensbescheide wegen
Überschreitens der Altersgrenze erhalten hätten, anderweitige Vorsorge für das Alter getroffen habe und es
vorziehe, bereits erworbene Anwartschaften auszubauen. Es sei zwar nachvollziehbar, dass in Einzelfällen ein
Interesse bestehe, auch noch später Pflichtmitglied zu werden. Dem stehe aber das berechtigte Interesse der
Versorgungsanstalt entgegen, ältere Teilnehmer, bei denen ein erhöhtes Risiko der Berufsunfähigkeit bestehe,
nicht aufnehmen zu müssen. Die Klägerin übersehe, dass mit einer Aufnahme als Pflichtmitglied in der
Versorgungsanstalt allein diese das Risiko der Berufsunfähigkeit trage und die Rentenversicherung trotz der
diesbezüglichen Versicherungszeiten der Klägerin daran keinen Anteil habe. Deshalb bestehe ein berechtigtes
Interesse am Ausschluss von der Pflichtmitgliedschaft. Dass es theoretisch auch andere denkbare
Regelungsmöglichkeiten gegeben habe, führe nicht zur Unzulässigkeit der getroffenen Regelung. Das Risiko
der Berufsunfähigkeit steige mit zunehmenden Alter.
11 Dem Gericht liegt die Akte der Beklagten vor. Auf sie und auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der
weiteren Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe
12 Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.08.2005 und deren
Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005 sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Klägerin hat keinen
Anspruch auf Aufnahme als Pflichtmitglied in die beklagte Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und
Tierärzte.
13 Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus dem Gesetz über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und
Tierärzte noch aus der maßgeblichen Satzung der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte,
Zahnärzte und Tierärzte. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Klägerin
ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
14 Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte nehmen
Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Dentisten, die die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Kammergesetzes genannten
Voraussetzungen erfüllen und im Land Baden-Württemberg ihren Beruf ausüben, an der Versorgungsanstalt
teil, soweit sie nicht als Beamte einen gesetzlichen Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung
haben. Danach gehört die Klägerin zu dem Personenkreis, der an der Versorgungsanstalt teilnimmt. Denn sie
ist approbierte Ärztin und gehört der Landesärztekammer an, womit sie die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 des
Kammergesetzes normierten Voraussetzungen erfüllt. Nähere Regelungen zur Teilnahme und Pflichtteilnahme
ergeben sich aus der Satzung der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und
Tierärzte. Diese beruht auf der Ermächtigung des § 11 des Gesetzes, wonach die Verhältnisse der
Versorgungsanstalt, soweit sie nicht gesetzlich geregelt sind, durch die Satzung geregelt werden. Nach § 17
der Satzung in der seit 01.01.2005 geltenden Fassung (im Folgenden: Satzung 2005) richtet sich die Teilnahme
an der Versorgungsanstalt nach § 7 des Gesetzes und nach den §§ 18 bis 21 der Satzung. § 18 Satz 1
Satzung 2005 regelt für die nach § 7 des Gesetzes Teilnahmepflichtigen die Voraussetzungen des Entfallens
der Pflichtteilnahme. Dies war nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des § 18 Nr. 2 der Satzung
dann der Fall, wenn die Teilnahmepflichtigen älter als 45 Jahre waren; dies galt allerdings nicht, wenn die
Nachversicherung bei der Versorgungsanstalt beantragt war und der Nachversicherungszeitraum vor Beginn
des 45. Lebensjahres begonnen hatte. Nach der hier maßgeblichen, zum 01.01.2005 in Kraft getretenen
Fassung der Satzung entfällt nach § 18 Nr. 2 die Pflichtteilnahme, wenn die Teilnahmepflichtigen bei Eintritt
der Voraussetzungen der Pflichtteilnahme 1. berufsunfähig sind, 2. das 65. Lebensjahr vollendet haben oder 3.
Beamte, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit sind und solange für sie Versicherungsfreiheit in der
gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Nach § 18 Satzung 2005 würde die Pflichtteilnahme der Klägerin
nicht entfallen.
15 Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch scheitert allerdings an der Übergangsvorschrift des § 37
Satzung 2005. Danach entfällt die Pflichtteilnahme, wenn ein Berufsangehöriger am 31.12.2004 kein
Teilnehmer war und er bis zu diesem Zeitpunkt das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Die
Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen bei der Klägerin vor. Denn sie hat ihre berufliche Tätigkeit als Ärztin
erstmals am 18.07.2005 aufgenommen, war damit am 31.12.2004 kein Teilnehmer der Versorgungsanstalt, und
sie hatte am 31.12.2004 bereits das 45. Lebensjahr vollendet.
16 Die Übergangsvorschrift des § 37 Abs. 2 Satzung 2005 und die mit ihr normierte Altersgrenze von 45 Jahren
verstoßen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG.
17 Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen
Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art
und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, u.a.
Beschl. v. 28.10.1998 - 1 BvR 2349/96 -, BVerfGE 99, 129).
18 Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und
Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis
zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderung folgt
aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen
Verfassungsnormen (BVerfGE 88, 87, <96f.>). Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich
sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der
Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl.
BVerfGE 55, 72, <88>). Diese Bindung ist um so enger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in
Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern und je größer deshalb die Gefahr ist, dass eine an sie anknüpfende
Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Die engere Bindung ist jedoch nicht auf
personenbezogene Differenzierungen beschränkt. Sie gilt vielmehr auch, wenn eine Ungleichbehandlung von
Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Bei lediglich
verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der
Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden
wird (vgl. BVerfGE 55, 72, <89>). Überdies sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers um so engere
Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung
grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 60, 123, <134>; 82, 126,
<146>).
19 Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte
Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Kommt als Maßstab nur das Willkürverbot in Betracht,
so kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der
Differenzierung evident ist (vgl. BVerfGE 55, 72, <90>). Dagegen prüft das Bundesverfassungsgericht bei
Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten
nachteilig auswirken, im einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und
solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 82, 126,
<146>).
20 Die Erwägungen, die dieser Abstufung zugrunde liegen, sind auch für die Frage von Bedeutung, inwieweit dem
Gesetzgeber bei der Beurteilung der Ausgangslage und der möglichen Auswirkungen der von ihm getroffenen
Regelung eine Einschätzungsprärogative zukommt. Für die Überprüfung solcher Prognosen gelten ebenfalls
differenzierte Maßstäbe, die von der bloßen Evidenzkontrolle bis zu einer strengen inhaltlichen Kontrolle
reichen. Dabei sind insbesondere die Eigenart des jeweiligen Sachverhalts und die Bedeutung der auf dem
Spiel stehenden Rechtsgüter zu berücksichtigen; außerdem hängt der Prognosespielraum auch von der
Möglichkeit des Gesetzgebers ab, sich im Zeitpunkt der Entscheidung ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden
(vgl. BVerfGE 50, 290, <332 f.>).
21 Nach diesen Maßstäben handelt es sich vorliegend um eine lediglich verhaltensbezogene Unterscheidung. Die
Betroffenen sind in der Lage, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen
die Möglichkeit zur Pflichtteilnahme mittels der dargestellten einschlägigen Bestimmungen differenziert wird.
Sie bestimmen nämlich insbesondere den Zeitpunkt, wann die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz über die
Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte normierten Voraussetzungen eintreten. Hinzu kommt,
dass es sich bei der Pflichtteilnahme zumindest auch um eine die Teilnehmer begünstigende Regelung
handelt. Folglich kommt hier dem Satzungsgeber ein weit reichender Gestaltungsspielraum zu, die gerichtliche
Kontrolldichte ist dementsprechend auf den Maßstab des Willkürverbots zurückgenommen.
22 Davon ausgehend verstößt die Altersgrenze von 45 Jahren für die Teilnahme an der Versorgungsanstalt nicht
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Altersgrenze, die an den Eintritt der Voraussetzungen für die
Pflichtteilnahme zu einem bestimmten Lebensalterszeitpunkt anknüpft, dient der Abgrenzung des Kreises der
Mitglieder der Versorgungsanstalt. Der Satzungsgeber ist berechtigt, diese Abgrenzung so vorzunehmen, wie
es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (vgl. VGH Bad.-Württ.,
Normenkontrollbeschluss vom 27.01.1987 - 9 S 2504/87 -, VBlBW 1987, 306). Dabei steht er vor der Aufgabe,
einerseits für möglichst viele Berufsangehörige die Pflichtversorgung zu begründen, andererseits hat der
Satzungsgeber aber auch darauf zu achten, dass die Versorgungsanstalt nicht durch eine zu hohe Anzahl von
Mitgliedern belastet wird, die alsbald Leistungen in Anspruch nehmen, ohne noch durch die Entrichtung von
Beiträgen zur Leistungsfähigkeit der Vorsorgungsanstalt beizutragen. Daher erscheint gerade unter
versicherungstechnischen Gesichtspunkten eine auf das Lebensalter abstellende Ausnahme von der
Pflichtteilnahme gerechtfertigt, so dass die Festlegung einer Altersgrenze von 45 Lebensjahren nicht willkürlich
ist (vgl. Bayer. Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.1986, Vf. 14 - VII - 84 und Vf. 26 - VII - 84,
BayVBl. 1986, 605; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.06.1987 - 9 S 2785/86 - und Urt. v. 29.06.1988 - 9 S
2112/87 -).
23 Die Einwendungen der Klägerin hiergegen greifen nicht durch. Die vom Satzungsgeber vorgenommene
Begrenzung der Pflichtteilnahme durch die Festlegung eines Höchstbeitrittsalters ist aufgrund der
Besonderheiten des Finanzierungs- und Versorgungssystems der Versorgungsanstalt gerechtfertigt. Die von
den Teilnehmern geleisteten Versorgungsabgaben werden durch jährlich ermittelte Jahresleistungszahlen
bewertet. Die im Laufe des Berufslebens erlangte Summe der Jahresleistungszahlen ist für die Höhe des
individuellen Rentenanspruchs maßgebend. Dies hat zur Folge, dass die in jungen Jahren erworbenen
Jahresleistungszahlen genauso rentenwirksam sind wie die kurz vor Rentenbeginn gezahlten Abgaben. Es
kommt somit für die individuelle Rentenhöhe nicht darauf an, wie lange ein gezahlter Beitrag der
Versorgungsanstalt zur Verfügung gestanden hat. Zinsvorteile aus einer langen Verweildauer der Beiträge
kommen nicht dem jeweiligen Teilnehmer, der sie geleistet hat, sondern allen Teilnehmern - unabhängig von
der Dauer ihrer Mitgliedschaft - zugute. Die Aufnahme von Teilnehmern in fortgeschrittenem Lebensalter, die
aufgrund des Finanzierungs- und Versorgungssystems nur unterdurchschnittlich zu den Versorgungsleistungen
beitragen, wäre daher der Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft der Versorgungsanstalt nicht zuträglich.
Der Eintritt des Versorgungsfalls bei Teilnehmern, die erst kurze Zeit an der Versorgungsanstalt teilnehmen,
belastet daher die Versorgungsanstalt in besonderer Weise. Für den Fall der Berufsunfähigkeit vor dem 60.
Lebensjahr gilt dies in besonderem Maße, denn der bis dahin erworbene Anspruch wird nicht nur aufgrund der
tatsächlich erbrachten Jahresleistungen ermittelt, sondern durch Zurechnungsjahre ergänzt. Weiter zu
berücksichtigen ist auch, dass die Beklagte das Risiko des Eintritts von Berufsunfähigkeit für Teilnehmer auch
dann alleine zu tragen hat, wenn diese Personen zuvor - wie die Klägerin - in Deutschland
sozialversicherungspflichtig beschäftigt und damit Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung waren. Denn
es findet - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - zwischen der Versorgungsanstalt und der
gesetzlichen Rentenversicherung kein Ausgleich von Lasten statt, oder anders formuliert, trägt die
Rentenversicherung als der früher zuständige Träger der Sozialversicherung die durch den Eintritt der
Berufsunfähigkeit entstehenden Lasten nicht anteilig mit, obwohl der betroffene Versicherte während eines
Teils seiner beruflichen Tätigkeit Beiträge an die Rentenversicherung entrichtet hat. Daraus ergibt sich für die
Versorgungsanstalt bei der Aufnahme von Teilnehmern, die den Arztberuf relativ spät aufnehmen, das Risiko,
unter Umständen alsbald Leistungen erbringen zu müssen, ohne dass der betroffene Teilnehmer seinerseits
über eine längere Zeit Beitragsleistungen erbracht hat. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob und
inwieweit das Risiko des Eintritts von Erwerbsunfähigkeit mit zunehmendem Alter steigt, kommt es nicht
entscheidungserheblich an, wenngleich nach Auffassung der Kammer die Zunahme dieses Risikos mit
zunehmendem Alter evident ist.
24 Der Hinweis der Klägerin, dass die Altersgrenze nach der bis zum 01.01.2005 geltenden Fassung der Satzung
nicht gegolten habe, wenn die Nachversicherung bei der Versorgungsanstalt beantragt gewesen sei und der
Nachversicherungszeitraum vor Vollendung des 45. Lebensjahres gelegen habe, gebietet keine andere
Beurteilung. Der Personenkreis, dem damit trotz Überschreitung des 45. Lebensjahres die Pflichtmitgliedschaft
in der Versorgungsanstalt ermöglicht wird, ist der von ehemaligen Beamten, die nach Beendigung ihres
Dienstverhältnis als angestellter oder selbständiger Arzt tätig werden und denen aus ihrem früheren
Dienstverhältnis ein Anspruch zusteht, dass der ehemalige Dienstherr für sie im Wege der Nachversicherung
nach §§ 181 ff., 186 SGB VI Rentenversicherungsbeiträge entrichtet. Zwar übernimmt die Versorgungsanstalt
mit der Aufnahme von ehemals beamteten nachzuversichernden Ärzten über 45 Jahren das Risiko eines
künftig eintretenden Versorgungsfalls, und es werden für die Berechnung von Versorgungsansprüchen auch die
im Beamtenverhältnis verbrachten Zeiten berücksichtigt. Indes erhält die Versorgungsanstalt im Gegenzug
dafür durch die Nachentrichtung der Beiträge einen finanziellen Ausgleich für das von ihr übernommene Risiko.
Diesem Personenkreis gehört die Klägerin indes nicht an.
25 Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Festsetzung der
Altersgrenze auf 45 Jahre willkürlich sei, weil man mit der gleichen Rechtfertigung eine Altersgrenze von etwa
42 oder 48 Jahren hätte festsetzen können. Die Festsetzung der Altersgrenze unterliegt insoweit dem
Gestaltungsspielraum, der dem Satzungsgeber bei der Schaffung begünstigender Regelungen eingeräumt ist.
Zutreffend weist die Beklagte insoweit darauf hin, dass jede Stichtagsregelung eine Härte beinhaltet.
26 Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 oder Abs. 2 GG vor. Nach Art. 3 Abs. 3 GG darf niemand
wegen seines Geschlechts benachteiligt werden. Die Vorschrift des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach Männer
und Frauen gleichberechtigt sind, zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern.
Durch die Anfügung von Satz 2, wonach der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von
Frauen und Männern fördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt, ist ausdrücklich
klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt.
Damit gewährleistet Art. 3 Abs. 2 GG auch Schutz vor faktischen Benachteiligungen von Frauen gegenüber
Männern, auch wenn diese auf Regelungen beruhen, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis
aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder gesellschaftlicher Bedingungen überwiegend Frauen betreffen (vgl.
dazu BVerfG, Urt. v. 05.04.2005 - 1 BvR 774/02 - BVerfGE 113, 1). Davon ausgehend vermag die Kammer
nicht zu erkennen, dass sich die Klägerin auf einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 und Abs. 2 GG berufen
könnte. Es ist von der Klägerin nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht erkennbar, dass sie wegen
der Erziehung ihrer Kinder - und damit wegen eines überwiegend Frauen betreffenden Umstandes - an einer
früheren Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit vor Vollendung ihres 45. Lebensjahres gehindert gewesen sei.
Nach den Angaben ihres Prozessbevollmächtigten war sie vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit als Ärztin immerhin
über zehn Jahre in ihrem weiteren Beruf als Physiotherapeutin tätig. Es ist im Übrigen auch zweifelhaft, ob die
Verweigerung der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungsanstalt, die nicht an das Geschlecht des Betroffenen,
sondern allein an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in einem bestimmten Lebensalter anknüpft, zu
einer erheblichen, der Klägerin nicht zumutbaren Benachteiligung führt. Denn auch wenn sie kein Pflichtmitglied
bei der Versorgungsanstalt wird, ist sie im Hinblick auf ihre soziale Absicherung beim Eintritt von
Berufsunfähigkeit oder im Alter nicht ohne Schutz. Sie ist aufgrund ihrer Tätigkeit als angestellte Ärztin bei der
gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert und erwirbt dort Ansprüche für den Fall von
Berufsunfähigkeit und für ihre Alterssicherung.
27 Dass die Versorgungsanstalt in der ab 01.01.2005 geltenden Neufassung der Satzung zwar im Hinblick auf
Bestimmungen des Europarechts die Altersgrenze von 45 Jahren grundsätzlich aufgegeben hat, sie aber
gleichwohl durch die Übergangsvorschrift des § 37 Abs. 2 der Satzung beibehalten hat für den Personenkreis,
der - wie die Klägerin - zum 31.12.2004 keine Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungsanstalt erlangt und das
45. Lebensjahr bereits vollendet hatte, verstößt weder gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot noch
gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
28 Dass die Klägerin anders als Ärzte, die die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Staates besitzen, bei
erstmaliger Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 45. Lebensjahres keine Aufnahme in der
Versorgungsanstalt findet, begegnet europarechtlich keinen Bedenken.
29 Zwar gilt die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der
sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der
Gemeinschaft zu - und abwandern (ABl. L 149 vom 05.07.1971, S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung
(EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005, ABl. L 117, S. 1) nach der
zum 01.01.1995 erfolgten Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlament und
des Rates auch für die beklagte Versorgungsanstalt. Dies hat die Versorgungsanstalt veranlasst, ihre Satzung
mit Wirkung ab 01.01.2005 zu ändern, was zur Folge hat, dass künftig Ärzte aus anderen EU-Staaten, die
erstmals im Alter von mehr als 45 Jahren in Baden-Württemberg eine ärztliche Tätigkeit aufnehmen, Aufnahme
in der Versorgungsanstalt finden. Auf einen Verstoß gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot des
Art. 12 EG-Vertrag kann sich die Klägerin im Hinblick darauf aber nicht berufen. Denn die von ihr beklagte
Schlechterstellung gegenüber EU-Ausländern durch das nationale Recht stellt sich, da es sich bei ihr um ein
Inländerin handelt, als so genannte Inländerdiskriminierung dar. Die Diskriminierung eines Inländers gegenüber
einem EU-Ausländer unterliegt aber nicht den Regelungen des gemeinschaftsrechtlichen
Diskriminierungsverbots des Art. 12 Abs. 1 EG-Vertrag, wenn die Stellung des Inländers keinen Bezug zu
gemeinschaftsrechtlichen Sachregelungen aufweist (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 28.01.1992 - Rs C-332/90 - Steen
-, u. v. 16.02.1995 - Rs C-29/94 - Aubertin -). So liegen die Dinge hier. Die Klägerin ist deutsche
Staatsangehörige und war noch niemals in einem Land der Europäischen Union als Ärztin tätig oder in
sonstiger Weise beruflich dort tätig. Damit hat sie von dem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft
keinen Gebrauch gemacht, und der ihrer Klage zugrunde liegende Sachverhalt weist als rein interner
Sachverhalt keinen Bezug zu gemeinschaftsrechtlichen Sachregelungen auf. Der Umstand, dass inländische
Staatsangehörige anders behandelt werden als EU-Ausländer, knüpft damit nicht an die Staatsangehörigkeit
an. Es kann allenfalls Aufgabe des nationalen Gesetzgebers sein, Benachteiligungen von Inländern gegenüber
den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen unterfallenden EU-Staatsangehörigen zu beseitigen. Eine
Inländergleichbehandlung ist gemeinschaftsrechtlich nicht gefordert.
30 Die Ungleichbehandlung von EU-Angehörigen, die - vergleichbar mit der Klägerin - erstmals im Alter von 45
Jahren oder älter eine berufliche Tätigkeit als Arzt in Deutschland oder Baden-Württemberg aufnehmen, ist
durch sachliche Gründe gerechtfertigt und verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn aufgrund der Geltung
der VO (EWG) Nr. 1408/71 auch für die Versorgungsanstalten für Ärzte findet bei Eintritt des Versorgungsfalls
bei einem Arzt, der als EU-Ausländer von der gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeit Gebrauch gemacht und
sich in Baden-Württemberg niedergelassen hat, eine sogenannte Proratisierung statt. Bestehen nämlich für den
betroffenen Teilnehmer der Versorgungsanstalt Anwartschaften bei ausländischen Versicherungs- und
Versorgungsträgern, finden bei der Berechnung der Renten- und Versorgungsansprüche alle Zeiten der
Erwerbstätigkeit unabhängig davon, ob sie in Deutschland oder in einem der EU-Staaten zugebracht wurden,
Berücksichtigung, und es wird im Rahmen der Rentenberechnung durch die pro rata temporis-Berechnung
(sogenannte "Proratisierung") sichergestellt, dass die betroffenen Versicherungsträger bzw.
Versorgungseinrichtungen jeweils nur den Anteil der Rente bzw. Versorgung erbringen müssen, der sich auf der
Grundlage der tatsächlich in dem jeweiligen Staat zurückgelegten zu berücksichtigenden Zeiten ergibt (vgl.
dazu Art. 46 VO (EWG) Nr. 1408/71). Findet damit aber im Falle eines EU-Ausländers, der als Arzt von der
Möglichkeit der Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht hat, ein Lastenausgleich zwischen den im Laufe
seines Berufslebens für seine soziale Sicherung zuständigen Versicherungsträgern und
Versorgungseinrichtungen statt, liegt darin ein wesentlicher, eine Ungleichbehandlung rechtfertigender
Unterschied zu Ärzten, die ausschließlich in Deutschland gearbeitet haben. Denn im deutschen Recht gibt es
derzeit keine dem Sinn und Zweck des Art. 46 VO (EWG) Nr. 1408/71 entsprechende Regelung der
Proratisierung zwischen den berufsständischen Versorgungswerken und der Deutschen Rentenversicherung.
31 Die Beibehaltung der Altersgrenze von 45 Jahren für den bislang von dieser Altersgrenze betroffenen
Personenkreis ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch im Hinblick darauf
nicht zu beanstanden, dass eine andere Ausgestaltung der Regelung möglich gewesen wäre. Die Beklagte
begründet den mit der Übergangsvorschrift des § 37 Abs. 2 Satzung 2005 bewirkten Ausschluss von der
Teilnahme an der Versorgungsanstalt durch Ärzte, die am 31.12.2004 über 45 Jahre alt und keine Teilnehmer
der Versorgungsanstalt waren, damit, dass dieser bislang von der Teilnahme ausgeschlossene Personenkreis
ein schutzwürdiges Vertrauen darauf habe, nicht Pflichtmitglied der Versorgungsanstalt werden zu müssen. Es
ist zwar richtig, dass diesem Anliegen auch durch eine Befreiungsregelung hätte Rechnung getragen werden
können. Eine Verpflichtung der Beklagten, eine solche Ausgestaltung zu wählen und so einem weiteren,
bislang ausgeschlossenen Kreis von Personen wie etwa der Klägerin die Teilnahme an der Versorgungsanstalt
zu ermöglichen, ist aber angesichts des weiten Gestaltungsspielraums, der dem Satzungsgeber hier zusteht,
nicht erkennbar.
32 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
33 Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO
vorliegt (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).