Urteil des VG Hannover vom 01.11.2013

VG Hannover: eigenleistung, niedersachsen, fehlbetrag, expertise, folgekosten, pauschal, ersparnis, koch, hauptsache, verwaltung

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Kommunalrecht: Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens,
hier: Antrag nach § 123 VwGO
Zu den Anforderungen an den Kostendeckungsvorschlag bei einem
kommunalen Bürgerbegehren.
VG Stade 1. Kammer, Beschluss vom 01.11.2013, 1 B 3064/13
§ 32 Abs 3 S 2 KomVerfG ND
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten sich um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens über
den Erhalt aller Grundschulstandorte in der Samtgemeinde F..
In der Samtgemeinde F. gibt es derzeit vier Grundschulen in vier der sieben
Mitgliedsgemeinden (G., H., I. und J.). In seiner Sitzung am 25. März 2013
beschloss der Samtgemeinderat, die Grundschulstandorte von vier auf drei zu
verringern und die Grundschule in I. (K.) zum Ende des Schuljahres 2013/2014
zu schließen. Die Prüfung eines Public-Private-Partnership - PPP -Projektes
zum Erhalt der K. wurde abgelehnt.
Die Samtgemeinde L. ist erheblich überschuldet und zur Aufstellung eines
Haushaltssicherungskonzepts gemäß § 110 Abs. 6 NKomVG verpflichtet. Mit
der beabsichtigten Schulschließung soll zum Ausgleich des Haushalts
beigetragen werden. Im Haushaltssicherungskonzept für das Haushaltsjahr
2013 ist die Einsparung, die durch die Schließung des Schulstandortes I.
erreicht wird, für das Jahr 2014 mit 70.000,- € und für die Jahre 2015 und 2016
mit jeweils 160.000,- € beziffert.
Dem Beschluss des Samtgemeinderats vom 25. März 2013 waren zahlreiche
Gespräche u.a. zwischen Unterstützern der K. und Vertretern der
Samtgemeinde vorangegangen, bei denen es um die möglichen
Einsparungen durch eine Schulschließung und alternative Modelle ging. In
einer Email vom 20. März 2013 stellte eine der Unterstützerinnen der K. den
Samtgemeinderatsmitgliedern die Eckpunkte des geplanten PPP-Modells vor.
Auf Nachfrage eines Unterstützers des Bürgerbegehrens teilte die
Samtgemeindebürgermeisterin in einer Email vom 11. April 2013 mit, dass „mit
der Schließung der Grundschule in I. (einschließlich Turnhalle und Sportplatz)
eine Reduzierung der Aufwendungen um 160.000,- Euro im Haushalt 2013
veranschlagt worden ist. In der Planung bleiben weitere rd. 40.000,- Euro als
Aufwendungen bestehen.“ Der Empfänger der Email wies umgehend darauf
hin, dass das Haushaltsjahr 2013 fehlerhaft gewählt sein dürfte, weil die K. in
diesem Jahr nicht geschlossen werde. Daraufhin stellte die
Samtgemeindebürgermeisterin ihren Irrtum umgehend richtig.
Am 17. April 2013 zeigten die Antragsteller als Vertreter gemäß § 32 Abs. 3
Satz 3 NKomVG bei der Samtgemeindebürgermeisterin das Bürgerbegehren
für den Erhalt der Grundschulstandorte in der Samtgemeinde F. an. Es sollte
ein Bürgerentscheid zu der Frage
„Sollen alle vier Grundschulstandorte der Samtgemeinde F. mit den
dazugehörenden Sportanlagen erhalten bleiben?“
durchgeführt werden. Das Bürgerbegehren enthält eine kurze Begründung, die
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durchgeführt werden. Das Bürgerbegehren enthält eine kurze Begründung, die
u.a. auf ein Public-Private-Partnership-Modell verweist, mit dessen Hilfe sofort
und mit sehr niedrigem Aufwand erhebliche Kosteneinsparungen umgesetzt
werden könnten. Im Kostendeckungsvorschlag geht das Bürgerbegehren
davon aus, dass die Aufwendungen der Samtgemeinde Am M. zum Betrieb
und Unterhalt der K. in I. im Jahr 2011 ca. 160.000,- € betragen hätten und
dass auch bei einer Schließung weiterhin Aufwendungen in Höhe von ca.
40.000,- € verblieben. Hinzu kämen noch Kosten für zusätzliche
Schülerbeförderung für den Landkreis N.. Das vom Förderverein der K. I. e.V.
entwickelte „Eisbärenkonzept“, das eine Verkleinerung der im Winter zu
beheizenden Flächen vorsieht, und eine Optimierung der Sporthallennutzung
würden Einsparungen in Höhe von 30.000,- € ermöglichen. Bei der
Anwendung dieser Konzepte auf alle Grundschulstandorte seien zusätzliche
Einsparungen in Höhe von 50.000,- € möglich. Eine weitere
Kostenreduzierung solle durch Eigenleistung des Fördervereins erzielt werden,
indem notwendige energetische Unterhaltungsmaßnahmen in der K., für
welche die Samtgemeinde Aufwendungen in Höhe von 45.000,- € plane, in
Eigenleistung erbracht werden sollten. Zusätzliches Einsparpotential ergebe
sich aus einer Umsetzung des PPP-Modells; ein eventuell verbleibender
Fehlbetrag solle durch Einsparungen der freiwilligen Leistungen der
Samtgemeinde gedeckt werden. Das Bürgerbegehren stellt folgende
Rechnung auf:
„veranschlagte Gesamtkosten
160.000 Euro
bei Schulschließung verbleibende Kosten
-40.000 Euro
Einsparungen Eisbärenkonzept etc. nur K.
-30.000 Euro
Einsparungen Eisbärenkonzept etc. alle Schulen -50.000 Euro
Verbleibende Aufwendungen
40.000 Euro
Weitere Reduzierungen durch Eigenleistung und PPP möglich“
In einer Email vom 21. Juni 2013 legte eine der Unterstützerinnen des
Bürgerbegehrens eine Expertise über Public-Private-Partnership Modelle bei
öffentlichen Schulen (Sanierung) von Prof. Dr. O. von der P. Q. vor. Diese
Expertise hatte die „Investorengemeinschaft nachhaltige Regionalwirtschaft I.“
in Auftrag gegeben. Als privater Partner sei die R. AG vorgesehen, die das
Schulgebäude der K. samt Sportanlagen kaufen und an die Samtgemeinde als
Schulträger zurück vermieten wolle. Die Aktiengesellschaft R. AG ist eine
Gründung betroffener Bürger S..
Am 24. Juni 2013 überreichten die Antragsteller die Unterschriftenlisten der
Samtgemeindebürgermeisterin. Mit Schreiben vom 25. Juni 2013 bestätigte die
Samtgemeinde F. gegenüber dem Antragsteller zu 1. die Einreichung des
Bürgerbegehrens mit 196 Unterschriften-Listen.
In seiner Sitzung am 15. Juli 2013 beschloss der Antragsgegner, dass das
eingereichte Bürgerbegehren unzulässig sei, weil kein ausreichender
Kostendeckungsvorschlag vorliege. Ein Bürgerentscheid sei somit nicht
durchzuführen. Mit Schreiben vom 16. Juli 2013 wurde der Antragsteller zu 1.
über diesen Beschluss in Kenntnis gesetzt. Als Begründung wurde darauf
verwiesen, dass fehlerhaft von Einsparungen durch die Schulschließung in
Höhe von 120.000,- € ausgegangen werde. Richtigerweise müsse von einer
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Netto-Ersparnis in Höhe von 160.000,- € ausgegangen werden. Die trotz
Schulschließung verbleibenden Kosten von 40.000,- € seien hier bereits
berücksichtigt worden und dürften nicht gegengerechnet werden. Es würden
eine mögliche Einsparsumme von 80.000,- € aufgeführt sowie auf weitere
Einsparmöglichkeiten verwiesen, ohne dass jedoch konkreten Summen
genannt würden. Damit liefere der Kostendeckungsvorschlag aber keine
schlüssigen und nachvollziehbaren Vorschläge zur Kosteneinsparung und
genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen. Auch die genannten Zahlen
seien zu pauschal und hypothetisch. Es bleibe unklar, ob die anderen drei
Grundschulen zur Verwirklichung des genannten Einsparpotentials überhaupt
organisatorisch in der Lage seien. Weder das „Eisbärenkonzept“ noch das
PPP-Modell seien näher dargestellt. Aufwendung, die bei der Realisierung
dieser Projekte notwendig entstünden, seien nicht dargelegt. Die
Samtgemeinde dürfe ein PPP auch nur unter Beachtung der
Vergabevorschriften der VOL durchführen.
Am 23. August 2013 haben die Antragsteller vorliegenden Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht gestellt und
zugleich Klage auf Zulassung des Bürgerbegehrens erhoben.
Sie begründen ihren Antrag damit, dass sie einen Kostendeckungsvorschlag
im Rahmen des ihnen Möglichen vorgelegt hätten. Weder das
Haushaltssanierungskonzept sei ihnen bekannt gewesen noch sei es möglich
gewesen, trotz mehrfacher Nachfragen detaillierte Informationen zu den
Einsparungen durch die Schulschließung zu erhalten. Folgekosten der
Schulschließung, etwa bei den anderen Grundschulen, die mehr Schüler
aufnehmen müssten, seien ebenfalls nicht dargelegt worden. Das
Bürgerbegehren werde von einer großen Gruppe unterstützt. Verschiedene
kommunale und zivilgesellschaftliche Zusammenschlüsse setzten sich für die
Entwicklung des Ortes I. und den Erhalt des Schulstandortes ein. Auf der
Grundlage eines wissenschaftlichen Gutachtens werde eine Public-Private-
Partnership zu diesem Zwecke angestrebt. Trotz zahlreicher Emails und Bitten
aus dem Kreis der Unterstützer seien Zahlen nicht offengelegt bzw. mündlich
preisgegebene Zahlen nicht protokollarisch festgehalten worden. In einem
Gespräch u.a. mit der Samtgemeindebürgermeisterin sei in Aussicht gestellt
worden, dass die Entscheidung der Schließung des Schulstandortes I. revidiert
werden könne, wenn mögliche Einsparungen in Höhe von 80.000,- €
nachgewiesen werden könnten. Dem Bürgerbegehren sei das von der
Samtgemeindebürgermeisterin selbst genannte Zahlenwerk zu Grunde gelegt
worden. Wenn dies nun als nicht ausreichend und zu pauschal angesehen
werde, müsse davon ausgegangen werden, dass die Samtgemeinde ihren
Auskunftspflichten nicht nachgekommen sei. Es könne zudem nicht
ausgeschlossen werden, dass auch die Samtgemeinderatsmitglieder bei ihrer
Beschlussfassung nicht über ausreichendes Zahlenmaterial verfügt hätten. Es
sei unverständlich, dass die nächste überörtliche Ebene die Zusammenarbeit
mit Initiativen auf örtlicher Ebene verweigere.
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung gemäß
§ 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, das Bürgerbegehren für den Erhalt
aller Grundschulstandorte in der Samtgemeinde F. einschließlich der
dazugehörenden Sportanlagen zuzulassen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben, weil damit zu rechnen sei, dass über
die Leistungsklage in der Hauptsache rechtzeitig gerichtlich entschieden
werde. Die nachgesuchte Eilentscheidung stelle eine unzulässige
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Vorwegnahme der Hauptsache dar. Ein Anordnungsanspruch bestehe
ebenfalls nicht. Der Kostendeckungsvorschlag gehe von fehlerhaften
Ausgangszahlen aus und sei insgesamt unzureichend. Sofern die
Antragsteller eine unzulängliche Information durch die Samtgemeinde rügen,
habe es ihnen freigestanden, sich ergänzende Informationen ggf. im
Klagewege zu beschaffen. Die Einsparungen aufgrund der näher vorgestellten
Konzepte erweckten den Eindruck, dass es sich um unbelegte Schätzungen
handele. Beträge würden nicht ansatzweise aufgeschlüsselt oder näher
erläutert. Zudem bleibe bei der Berechnung, die dem Bürgerbegehren zu
Grunde gelegt wurde, ein Fehlbetrag von 40.000 €.
Am 27. August 2013 hat die Samtgemeinde genauere Erläuterungen zum
Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens erhalten. Diesen liegt ein
Gebäudeplan zur „Eisbärenschule“ bei. Ferner wurden nähere Erläuterungen
zum PPP-Modell vorgelegt, u.a. als Schaubild der geplanten Aufgabenteilung
zwischen Investorengemeinschaft und öffentlicher Hand.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze,
wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen
Anordnung nach § 123 Abs.1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, ihr
Bürgerbegehren zuzulassen, hat keinen Erfolg.
Eine einstweilige Anordnung kann nur ergehen, wenn sowohl ein
Anordnungsgrund, d.h. die Dringlichkeit der begehrten Regelung, als auch ein
Anordnungsanspruch, d.h. der Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft
gemacht werden, § 123 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung i.V. mit §§ 920
Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung.
Hier fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der
Antragsgegner hat das Bürgerbegehren nach der in diesem Verfahren
erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu Recht als
unzulässig abgelehnt.
Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens beurteilt sich nach § 32
Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG). Formelle
Bedenken bezüglich der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bestehen nicht.
Auch ist der Erhalt von Schulstandorten gemäß §§ 32 Abs. 1 Satz 1, 58 Abs. 1
Nr. 19 NKomVG i.V. mit § 102 Abs. 3 NSchG ein zulässiger Gegenstand.
Weiterhin bezeichnet das Bürgerbegehren die begehrte Sachentscheidung
genau und formuliert sie i.S. des § 32 Abs. 3 Satz 1 NKomVG so, dass für das
Begehren mit Ja und gegen das Begehren mit Nein abgestimmt werden kann.
Es fehlt jedoch an einem ausreichenden Kostendeckungsvorschlag.
Gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 NKomVG muss das Bürgerbegehren eine
Begründung sowie einen nach den gesetzlichen Bestimmungen
durchführbaren Vorschlag enthalten, wie Kosten oder Einnahmeausfälle der
Kommune zu decken sind, die mit der Ausführung der Sachentscheidung
entstehen würden. Der Kostendeckungsvorschlag soll eine hinreichende
Entscheidungsgrundlage für die Bürger bereitstellen, indem diese darüber
informiert werden, welche Tragweite und Konsequenzen die begehrte
Entscheidung für die finanzielle Lage der Kommune hat (Wefelmeier, in: Blum
u.a., Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Loseblatt Stand Juli 2013, §
32 Rn. 60). Er dient dem Interesse an der Kostenneutralität des
Bürgerbegehrens (Koch, in: Ipsen, NKomVG, 2011, § 32 Rn. 28). Der
Kostendeckungsvorschlag muss zunächst sorgfältige Feststellungen zu den
voraussichtlichen Kosten und Einnahmeausfällen bzw. Einsparmöglichkeiten
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enthalten, weil eine fehlerhafte Darstellung der Tatsachen notwendig auf den
Kostendeckungsvorschlag durchschlägt und zur Unzulässigkeit des
Bürgerbegehrens führt (VG Düsseldorf, Beschluss vom 21.1.2009 - 1 L 31/09,
juris; Koch, in: Ipsen, NKomVG, 2011, § 32 Rn. 30; Wefelmeier, in: Blum u.a.,
Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Loseblatt Stand Juli 2013, § 32
Rn. 67). Weiterhin schließt der Kostendeckungsvorschlag die Beschreibung
der Mittel und der Wege ein, auf denen die Kosten aufgebracht bzw.
Einsparungen verwirklicht werden sollen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom
11.8.2008 - 10 ME 204/08, juris). Dabei dürfen die Anforderungen an den
Kostendeckungsvorschlag nicht überspannt werden, weil die Antragsteller
regelmäßig nicht über das Fachwissen einer Behörde verfügen. Deshalb
genügen überschlägige, aber schlüssige Angaben über die geschätzte Höhe
der anfallenden Kosten und die Folgen der Umsetzung der Maßnahme für den
Gemeindehaushalt (Nds. OVG, Beschluss vom 11.8.2003 - 10 ME 82/03,
juris). Die Initiatoren sind gehalten, sich über die Höhe der Kosten bei
sachkundigen Stellen zu informieren und sich mit der Haushaltslage vertraut
zu machen. So kann erwartet werden, dass die Initiatoren eines
Bürgerbegehrens notwendige Informationen bei der Verwaltung erfragen,
beispielsweise die Höhe der bisherigen Betriebs- und Folgekosten einer
vorhandenen Einrichtung und der mit einer vorzeitigen Beendigung eines
Vorhabens verbundenen Kosten. Mit Blick auf die Zielrichtung der
bürgerschaftlichen Beteiligung nach § 32 NKomVG sind die Kommunen im
Regelfall gehalten, auf Nachfrage der Initiatoren die für die Durchführung eines
Bürgerbegehrens erforderlichen Informationen und Auskünfte zu geben,
soweit die Kommunen über die betreffenden Informationen verfügen und die
Auskünfte ohne weitere erhebliche Bemühungen gegeben können; eine
darüber hinausgehende Unterstützungsobliegenheit trifft die Kommunen nicht
(Nds. OVG, Beschluss vom 11.8.2008 - 10 ME 204/08, juris).
Diesen Anforderungen genügt der Kostendeckungsvorschlag des in Streit
stehenden Bürgerbegehrens aus mehreren, jeweils selbständig tragenden
Gründen nicht.
Es fehlt an der Kostenneutralität. Dies folgt bereits daraus, dass nach der im
Bürgerbegehren zu Grunde gelegten Berechnung ein Fehlbetrag von 40.000,-
€ gegenüber den Einsparungen durch eine Schulschließung verbleibt. Die
weiteren genannten Einsparmöglichkeiten durch Eigenleistungen des
Fördervereins und Verwirklichung des PPP-Modells sind nicht ansatzweise
beziffert oder näher dargelegt. Der Verweis auf Einsparmöglichkeiten bei
freiwilligen Leistungen der Samtgemeinde ist nicht hinreichend präzise (vgl.
Wefelmeier, in: Blum u.a., Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen,
Loseblatt Stand Juli 2013, § 32 Rn. 68). Es hätte zumindest konkretisiert
werden müssen, um welche freiwilligen Leistungen es sich handeln soll, um
den teilnehmenden Bürgern vor Augen zu führen, an welcher anderen Stelle
Verzicht geübt werden müsste, um den Schulstandort beizubehalten.
Der Sachverhalt, der Grundlage der zu treffenden Entscheidung ist, ist in
Teilen fehlerhaft dargestellt. Dabei kommt es nicht auf das subjektive
Verständnis der Initiatoren des Bürgerbegehrens vom Sachverhalt an.
Anzulegen ist vielmehr ein objektiver Maßstab. Denn anderenfalls könnte das
Ziel der zutreffenden und umfassenden Information der Bürger über die
Kostenfolgen ihrer Entscheidung nicht erreicht werden. Gemessen daran geht
der Kostendeckungsvorschlag von einer fehlerhaften Netto-Höhe der
Einsparungen durch eine Schließung des Schulstandortes I. aus. Maßgeblich
für die Beurteilung des Einsparpotentials ist das Haushaltssicherungskonzept
der Samtgemeinde F. für das Haushaltsjahr 2013. Daraus ergibt sich eine
absolute Verringerung der Ausgaben durch Schließung der K. von 160.000,- €
ab dem Jahr 2015. Die im Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens
vorgenommene Gegenrechnung dieser Ausgabenersparnis mit 40.000,- €
weiteren Betriebskosten, die auch nach der Schulschließung verbleiben,
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entspricht nicht dem Haushaltssicherungskonzept und ist damit objektiv
fehlerhaft. Der Fehler beruht auf der Mehrdeutigkeit der Angaben, welche die
Samtgemeindebürgermeisterin in ihrer Email vom 11. April 2013 an einen der
Initiatoren des Bürgerbegehrens gemacht hat. Dort hat sie die Reduzierung der
Aufwendungen im Haushalt 2013 mit 160.000,- € veranschlagt und im
nächsten Satz angegeben, dass rund 40.000,- € als Aufwendungen bestehen
bleiben. Ob die verbleibenden Aufwendungen in die Reduzierung bereits
eingerechnet sind oder nicht, bleibt bei der gewählten Formulierung offen. Ob
eine solche mehrdeutige Formulierung einen Verstoß gegen
Informationsobliegenheiten der öffentlichen Hand darstellt oder ob nicht
vielmehr eine Obliegenheit zur Nachfrage bei den Initiatoren des
Bürgerbegehrens bestanden hätte, kann an dieser Stelle dahinstehen. Denn
für die Beurteilung des Kostendeckungsvorschlags ist allein die objektive
Sachlage von Bedeutung.
Zudem enthält der Kostendeckungsvorschlag eine irreführende Darstellung
der entscheidungserheblichen Tatsachengrundlage, die einer fehlerhaften
Darstellung gleich kommt. Denn es ist nicht nachvollziehbar, wenn als
Maßnahme zur weiteren Kostenreduzierung Eigenleistungen des
Fördervereins der K. I. e.V. für notwendige energetische
Unterhaltungsmaßnahmen geltend gemacht werden und gleichzeitig im
Fettdruck die geplanten Aufwendungen der Samtgemeinde in 2014 mit
45.000,- € angegeben werden. Anlass des Bürgerbegehrens ist die im Jahr
2014 geplante Schließung der K., durch die weitere Kosten - auch solche
durch energetische Unterhaltungsmaßnahmen - gerade gespart werden
sollen. Insofern ist es unverständlich, wieso das Bürgerbegehren diese
Summe im Zusammenhang mit der Unterhaltung der K. erwähnt, zumal dieser
Posten in der Gegenüberstellung der Einsparungen durch eine
Schulschließung und derjenigen durch die Verwirklichung des
Eisbärenmodells/Optimierung der Sporthallennutzung nicht genannt ist. Sollte
es sich bei der Summe von 45.000,- € um das Gesamtbudget der
Samtgemeinde für energetische Unterhaltungsmaßnahmen im Jahr 2014
handeln, hätte dies deutlich gemacht werden müssen. In der gewählten Form
bietet der Kostendeckungsvorschlag den Bürgern keine eindeutige
Informationsgrundlage darüber, in welcher Größenordnung energetische
Unterhaltungsmaßnahmen an der K. notwendig sind und wie hoch eine
Ersparnis durch Eigenleistung des Fördervereins ausfallen könnte.
Angesichts der genannten Unzulänglichkeiten des
Kostendeckungsvorschlags, die bereits für sich betrachtet zur Unzulässigkeit
des Bürgerbegehrens führen, kann dahin stehen, ob der
Kostendeckungsvorschlag im Übrigen eine hinreichend präzise Beschreibung
der Mittel und der Wege enthält, auf denen die erwähnten Kostenersparnisse
zu erreichen wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die
Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG.