Urteil des VG Hannover vom 10.07.2014

VG Hannover: historische auslegung, ausnahme, begriff, dienstalter, pauschal, betrug, datenschutz, genehmigung, vervielfältigung, niedersachsen

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Zum Begriff der Summe der im Kalenderjahr zu
zahlenden Bezüge in § 52 Abs. 5 GKG
VG Osnabrück 3. Kammer, Beschluss vom 10.07.2014, 3 A 121/13
§ 52 Abs 5 GKG
Gründe
I. Das Verfahren ist aufgrund der Rücknahmeerklärung des Klägers
gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 VwGO.
III. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1
GKG. Gegenstand des Verfahrens vor der Kammer war eine Klage,
mit der der Kläger, als Lehrer ein Landesbeamter auf Lebenszeit der
Besoldungsgruppe A 12, die Aufhebung seiner vorzeitigen
Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit beantragt
hatte. Maßgebend für die Bestimmung des Streitwertes ist die
spezielle Vorschrift des § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG, die hier noch
gemäß § 40 GKG in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung
vom 23. Juli 2013 (Art. 3 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b des Gesetzes vom
23. Juli 2013, BGBl. I Seite 2586) Anwendung findet. Danach ist für
Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das
Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-
rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, Streitwert die
Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme
nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens
ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist. Nach Satz 2 der
Norm ist maßgebend für die Berechnung das laufende Kalenderjahr.
Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von
Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben gemäß § 52 Abs. 5
Satz 3 GKG außer Betracht.
Die Kammer sieht es - anders als das Niedersächsische
Oberverwaltungsgericht, das in seiner Rechtsprechung in
beamtenrechtlichen Rechtssachen immer bei der Anwendung des §
52 Abs. 5 GKG den 13-fachen Betrages des Endgrundgehaltes
zugrunde legt (etwa Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht,
Beschluss vom 16. Mai 2013, - 5 ME 92/13 -, NVwZ-RR 2013, 928 -
931) - rechtlich alleine als möglich an, den 12-fachen Betrages des
Endgrundgehaltes zuzüglich ruhegehaltsfähiger Zulagen zugrunde zu
legen. Dies ergibt sich aus einer Wortlautauslegung der Norm des §
52 Abs. 5 GKG (1.) und wird durch eine historischen Auslegung der
Norm des § 52 Abs. 5 GKG untermauert (2.).
1. § 52 Abs. 5 GKG lässt mit dem Tatbestandsmerkmal der „Summe
der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht
ruhegehaltsfähiger Zulagen“ schon von seinem Wortlaut her keinen
Raum, auf nur fiktive Bezüge abzustellen, die der Beamte kraft des
geltenden Besoldungsrechtes überhaupt nicht bekommt. Unter dem
unbestimmten Rechtsbegriff einer „Summe“ ist begrifflich eine
„Gesamtheit, Gesamtzahl, Gesamtmenge“ zu verstehen (Deutsches
Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden.
Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971,
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http://woerterbuchnetz.de/DWB/?
sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GS56522). Die Summe ist
daher zu definieren als rechnerischer Begriff in dem Sinne des
„Ergebnisses der Addition einzelner Posten“ (ebenda). Es sind also
schon vom Wortlaut des § 52 Abs. 5 GKG her die im „Kalenderjahr zu
zahlenden Bezüge“ zu addieren, also aufzusummieren. Der Kammer
ist indes eine Norm im Besoldungsrecht, nach der niedersächsische
Beamte 13 Monatsgehälter bekommen, nicht bekannt. Vielmehr
bestimmt § 12 Abs. 1 NdsBG, dass sich die Höhe der Besoldung aus
den Anlagen 2 bis 10 für die dort genannten Besoldungsbestandteile
ergibt. Ein 13. Monatsgehalt kennt das Niedersächsische
Besoldungsgesetz dort nicht. Daher ist in Anwendung des § 52 Abs. 5
GKG Ausgangspunkt jeder Streitwertbemessung allein der 12fache
Betrag des jeweiligen Endgrundgehaltes.
2. Eine historische Auslegung bestätigt das gefundene Ergebnis. So
heißt es in der Gesetzesbegründung zu der hier maßgeblichen
materiellen Änderung des § 52 Abs. 5 GKG (BT-Drucks 17/11471,
Seite 246, BR-Drucks 517/12, Seite 374):
„Die Wertvorschrift für Statusstreitigkeiten im öffentlichen Dienst
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bedarf der
Anpassung. Die geltende Regelung entstammt dem bis zum 30.
Juni 2004 geltenden Gerichtskostengesetz (...). Nach der
Begründung des Regierungsentwurfs beinhaltet der 13fache
Betrag des Endgrundgehalts pauschal die durchschnittlich in
einem Jahr zu gewährenden Bezüge einschließlich der
jährlichen Sonderzuwendungen. Das Endgrundgehalt ist
gewählt worden, um ohne Rücksicht auf Familienstand und
Dienstalter für alle Ämter, die den gleichen Besoldungsgruppen
zugewiesen sind, zu einer einheitlichen Streitwertberechnung zu
gelangen (Bundestags-Drucks. 12/6962 S. 62).
Mittlerweile sind die Sonderzuwendungen je nach Bundesland
unterschiedlich reduziert und zum Teil - wie auch beim Bund - in
die monatlichen Bezüge eingerechnet worden. Durch die den
Ländern im Zuge der Föderalismusreform übertragene
Gesetzgebungskompetenz für die Landesbeamten können sich
die Regelungen weiterhin sehr unterschiedlich entwickeln. Dabei
können sich auch die Begrifflichkeiten ändern. Daher wird
vorgeschlagen, auf den Jahresbetrag der Bezüge abzustellen.
Soweit Sonderzuwendungen gezahlt werden, sind diese in dem
Jahresbetrag enthalten. … Um einen eindeutigen
Jahreszeitraum festzulegen, soll auf das laufende Kalenderjahr
abgestellt werden. Nach § 40 GKG ist für die Wertberechnung
der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Dies bedeutet,
dass die zu diesem Zeitpunkt geltenden Bezüge für ein
Kalenderjahr zu berechnen sind. Zu dem maßgebenden
Zeitpunkt bereits gesetzlich bestimmten Änderungen, die noch
im laufenden Kalenderjahr in Kraft treten, sind zu
berücksichtigen.“
Der Gesetzgeber macht mit dieser Begründung deutlich, dass auf den
konkreten Jahresbetrag der Bezüge abzustellen ist und nicht auf
einen fiktiven, dem Beamten nie tatsächlich als Alimentation
geleisteten Betrag. Auch die historische Auslegung streitet damit
gegen die Zugrundelegung eines rein fiktiven 13fachen Betrages des
Endgrundgehaltes bei der Streitwertbemessung.
Hiervon ausgehend ist vorliegend der Streitwert mit dem 12fachen monatlichen
Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 12 anzunehmen. Das
Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 12 zum Zeitpunkt der
Antragsstellung betrug: 4.174,10 € zuzüglich 83,59 € allgemeine Stellenzulage
= 4.257,69 € x 12 = 51.092,28 €.