Urteil des VG Hannover vom 27.11.2013

VG Hannover: spiegel, aufschiebende wirkung, einfluss, programm, gesellschafter, juristische person, beherrschende stellung, subjektives recht, vollziehung, verbundenes unternehmen

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Sendezeit für unabhängige Dritte
VG Hannover 7. Kammer, Beschluss vom 27.11.2013, 7 B 5663/13
§ 15 AktG, § 17 AktG, § 31 RdFunkStVtr ND, § 28 RdFunkStVtr ND, § 25
RdFunkStVtr ND
Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird für das vorläufige Rechtsschutzverfahren auf 50.000,00 €
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beigeladene zu 2) ist Hauptprogrammveranstalter des privaten
Fernsehvollprogramms RTL. Die ihr erteilte bundesweite Zulassung zur
Veranstaltung des vorbezeichneten Hauptprogramms und dessen Verbreitung
über Satellit verlängerte die Antragsgegnerin unter dem 03. Dezember 2012 für
die Dauer von 5 Jahren bis zum 30. Juni 2018. Die Beigeladene zu 2) ist
wegen des Zuschaueranteils ihres Programms gemäß § 26 Abs. 5 des
Rundfunkstaatsvertrages - RStV - verpflichtet, Sendezeit für unabhängige
Dritte in Gestalt eines Fensterprogramms im Umfang von insgesamt 180 pro
Woche einzuräumen.
Mit Bekanntmachung vom 25. Juli 2012 (Nds. MBl. S. 571f.) schrieb die
Antragsgegnerin nach Erörterung mit der Beigeladenen zu 2) die Vergabe von
zwei Sendezeitschienen an unabhängige Dritte im Programm RTL Television
für den Zulassungszeitraum vom 01. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2018 aus. Die
- vorliegend streitgegenständliche - 1. Sendezeitschiene umfasst die
Sendetermine Sonntag 22:15 bis 23:00 Uhr, Dienstag 00:30 bis 01:00 Uhr und
Mittwoch 22:15 bis 22:45 Uhr, mithin insgesamt 105 Minuten pro Woche. Die
zweite Sendezeitschiene umfasst 75 Minuten Sendezeit pro Woche. Wegen
der Einzelheiten wird auf die Ausschreibung verwiesen.
Um die Vergabe der 1. Sendezeitschiene bewarben sich bis Fristablauf am 01.
Oktober 2012, 12:00 Uhr die Antragstellerin, die Beigeladene zu 1) und die G.
GmbH (die den streitgegenständlichen Zulassungsbescheid mit einer Klage - 7
A 5637/13 - angreift, über die bislang nicht entschieden ist).
Die Beigeladene zu 1) ist eine Gesellschaft, deren Zweck in der Entwicklung
von TV-Programmen, dem Erwerb und der Ausübung verfügbarer Lizenzen
sowie der Herstellung, Ausstrahlung und Organisation von Sendern und
Programmen in allen verfügbaren Formen der Medienöffentlichkeit, gleich in
welchen Formen der elektronischen oder sonstigen Verbreitung liegt. Sie
wurde von der Antragsgegnerin zuletzt mit Gesamtbescheid vom 17. Juli 2008
als Fensterprogrammveranstalterin im Rahmen des RTL-Hauptprogramms für
den Zeitraum vom 22. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2013 zugelassen.
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Die Antragstellerin ist eine im Jahre 1995 gegründete Gesellschaft zur
Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Fernsehproduktionen und
deren Vertrieb im In- und Ausland. Sie konkurriert mit der Beigeladenen zu 1)
um die Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin im Rahmen des von der
Beigeladenen zu 2) veranstalteten Hauptprogramms. Hinsichtlich des Inhalts
der Bewerbungen im Einzelnen wird auf die seitens der Antragsgegnerin
vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Am 12. Oktober 2012 leitete die Antragsgegnerin die beiden
Zulassungsanträge für die 1. Sendezeitschiene an die Beigeladene zu 2)
weiter; am 08. November 2012 erfolgte eine erste Erörterung der Anträge
zwischen Vertretern der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2), am 14.
Januar 2013 die abschließende. Im Ergebnis bestand Einigkeit, dass der
Antrag der Beigeladenen zu 1) vorzugswürdig sei. Auf den Inhalt der jeweils
erstellten Ergebnisprotokolle wird verwiesen.
Daraufhin beschloss der Programmausschuss der Versammlung der
Antragsgegnerin am 21. Januar 2013 die Empfehlung an die Versammlung der
Antragsgegnerin, für die 1. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1)
auszuwählen. Dem schlossen sich in einer Sondersitzung die Ausschüsse für
Programm sowie für Haushalt und Recht der Antragsgegnerin am 21. Februar
2013 an. Am selben Tag erfolgte der Beschluss der Versammlung der
Antragsgegnerin, für die 1. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1)
auszuwählen, allerdings unter der aufschiebenden Bedingung der
Benehmensherstellung mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration
im Medienbereich - KEK -.
Die KEK entschied in ihren Sitzungen am 12. März sowie am 09. April 2013
(KEK 700-2, ausgefertigt am 14. Mai 2013), dass gegen die von der
Antragsgegnerin vorgesehene Entscheidung keine Bedenken aus Gründen
der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden. Auf den Inhalt der Begründung
wird Bezug genommen. Am 03. April 2013 schlossen die beiden Beigeladenen
die notwendige Vereinbarung, die die Drittsendezeitenveranstaltungen regeln.
Nachdem die Antragsgegnerin diese Vereinbarung an die KEK weitergeleitet
hatte, entschied diese in ihrer 188. Sitzung am 07. Mai 2013, dass gegen die
Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 1) keine Bedenken
aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden (KEK 700-3).
Nach Vorberatung im Programmausschuss und im Ausschuss für Haushalt
und Recht beschloss die Versammlung der Antragsgegnerin in ihrer Sitzung
am 12. Juni 2013, für die 1. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1)
zuzulassen.
Diesen Beschluss umsetzend erließ die Antragsgegnerin am 13. Juni 2013
den hier angegriffenen Gesamtbescheid für die 1. Sendezeitschiene, der
folgende Regelungen enthält: Die Beigeladene zu 1) wird als
Fensterprogrammveranstalter für die 1. Sendezeitschiene bei der
Beigeladenen zu 2) zugelassen (Nr. 1). Die Zulassungsanträge der
Antragstellerin und der G. GmbH werden abgelehnt (Nr. 2). Die Zulassung
berechtigt die Beigeladene zu 1) zur Veranstaltung von Fensterprogrammen
auf den Sendeplätzen Sonntag 22.15 Uhr bis 23.00 Uhr, Dienstag 0.30 Uhr bis
1.00 Uhr und mittwochs 22.15 Uhr bis 22.45 Uhr (Nr. 3). Die
Finanzierungsregelung in § 3 der Vereinbarung zwischen den Beigeladenen
vom 03. April 2013 ist Bestandteil dieser Zulassung (Nr. 4). Die Zulassung in
Nr. 1 hat eine Laufzeit vom 01. Juli 2013 bis 30. Juni 2018 (Nr. 5). Die sofortige
Vollziehung dieses Gesamtbescheides wird angeordnet (Nr. 6). Gegen die
Beigeladene zu 1) wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000,00 €
festgesetzt (Nr. 7). Gegen die Antragstellerin und die G.GmbH wird eine
Verwaltungsgebühr in Höhe von jeweils 2.500,00 € festgesetzt (Nr. 8); diese
sind jeweils sofort fällig (Nr. 9). Zur Begründung wird im Wesentlichen
ausgeführt: Die Auswahl der Beigeladenen zu 1) sei einvernehmlich mit der
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Beigeladenen zu 2) getroffen worden. Die Programmstruktur der Beigeladenen
zu 1) sehe folgende Formate vor: Am Sonntag: „SPIEGEL TV“, ein politisches
Magazin mit thematisch breit angelegtem Spektrum; am Dienstag: das
Kulturmagazin „10 vor 11“ mit Reportagen zum Musiktheater, zu Film und
Literatur, Wissenschaft, Zeitgeschichte und Geschichte; für den Sendeplatz
am Mittwoch sei „stern TV“ vorgesehen. Die Antragstellerin plane mit den
Formaten: Am Sonntag: „Focus TV Magazin“, nach Angaben der
Antragstellerin eine „zielgruppengerechte Aufarbeitung der wesentlichen
Ereignisse der Woche“; für den Dienstag sei das Format „Meisterwerke“
geplant, mit dem Meisterwerke aus allen Epochen und Bereichen der Kultur
erlebbar gemacht werden sollten; am Mittwoch sei das Format „grenzenlos“
geplant, mit dem Informationen über Sozialstrukturen, Wirtschaftsformen und
Formen des Zusammenlebens in anderen Ländern dargestellt werden sollten.
- Zur Frage der einvernehmlichen Auswahl gibt der Bescheid den wesentlichen
Inhalt der Erörterungsgespräche vom 08. November 2012 und 14. Januar
2013 wieder.
Auch sei die Beigeladene zu 1) zulassungsfähig; eine rechtliche Abhängigkeit
zwischen ihr und der Beigeladenen zu 2) liege nicht vor, denn beide könnten
nicht demselben Unternehmen zugerechnet werden. Zwar sei die Beigeladene
zu 2) ein Tochterunternehmen der Bertelsmann SE & Co. KGaA - im
Folgenden: Bertelsmann -, diese sei aber nicht direkt an der Beigeladenen zu
1) beteiligt. Auch über die indirekte Beteiligung von Bertelsmann über die
Gruner + Jahr AG & Co. KG - im Folgenden: Gruner + Jahr - bestehe keine
beherrschende Stellung gegenüber der Beigeladenen zu 1) bzw. der
SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG - Im Folgenden: SPIEGEL-
Verlag KG -, der das Programm der Beigeladenen zu 1) nach Auffassung der
KEK zuzurechnen sei. Die KEK verneine aber nach wie vor - auch in ihrer
Entscheidung 700-2 - mit überzeugender Begründung eine Zurechnung der
Programme der Beigeladenen zu 1) zu Gruner + Jahr. Auf die Ausführungen
im Einzelnen werde Bezug genommen.
Auch sei die Veranstaltereigenschaft der Beigeladenen zu 1) zu bejahen. Dies
folge in formaler Hinsicht daraus, dass diese mit dem
Hauptprogrammveranstalter vorliegend eine Vereinbarung über die
Ausstrahlung des Fensterprogramms geschlossen habe, und in materieller
Hinsicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) unzweifelhaft die
Programmverantwortung für die im Fensterprogramm gezeigten Sendungen
innehabe, auch wenn diese von Drittproduzenten zugeliefert würden.
Gegenüber „SPIEGEL TV“ sei dies durch eine im Jahre 2003 geschlossene
Vereinbarung klargestellt worden.
Auch soweit die Antragstellerin behaupte, aufgrund anderer Umstände
bestehe eine mittelbare Beherrschung im Sinne von § 17 Abs. 1 Aktiengesetz -
AktG - des SPIEGEL-Verlages durch Gruner + Jahr, sei dies zu verneinen.
Zur Begründung der unter Ziffer 7) angeordneten sofortigen Vollziehung des
Bescheides wird ausgeführt: Sie erfolge sowohl im öffentlichen Interesse als
auch im überwiegenden Interesse der Beigeladenen zu 1). Die Beigeladene zu
2) müsste voraussichtlich für einen langen Zeitraum keine Sendezeit an
unabhängige Dritte einräumen, wenn eine Konkurrentenklage aufschiebende
Wirkung hätte. Dies würde dem öffentlichen Interesse an Vielfaltsicherung bei
Fernsehveranstaltungen, die einen nicht unerheblichen Einfluss auf die
öffentliche Meinungsbildung hätten, zuwiderlaufen. Außerdem würde ein
längerer Zeitraum ohne vollziehbare Zulassung die Beigeladene zu 1)
voraussichtlich existenziell gefährden. Die Beigeladene zu 2) könnte in einer
solchen Phase frei entscheiden, ob die bisherigen Sendeformate der
Beigeladenen zu 1) als Programmzulieferung fortgesetzt würden. Dies
wiederum würde die Unabhängigkeit der Beigeladenen zu 1) unterlaufen.
Gegen diesen Gesamtbescheid hat die Antragstellerin am 16. Juli 2013 beim
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Verwaltungsgericht Hannover Klage - 7 A 5662/13 - mit dem Antrag erhoben,
„den Gesamtbescheid der Beklagten bzgl. der 1. Sendezeitschiene vom
13.06.2013 insoweit aufzuheben, als die Beigeladene zu 1) zugelassen (Ziff. 1
des Bescheides) und dass der Zulassungsantrag der Klägerin abgelehnt
wurde (Ziff. 2, soweit auf die Klägerin bezogen), jeweils einschließlich der
Nebenentscheidungen (Ziff. 3 bis 7, Ziff. 8, erster Satzteil, Ziff. 9 des
Bescheides)“.
Die Antragstellerin hat mit demselben Schriftsatz um vorläufigen Rechtsschutz
nachgesucht. Zur Begründung lässt sie ausführen: Der streitgegenständliche
Bescheid der Antragsgegnerin leide an materiell-rechtlichen Fehlern: Die
Beigeladene zu 1) sei als Fensterprogrammanbieterin bereits nicht
zulassungsfähig im Sinne des § 31 Abs. 3 RStV, weil vorliegend das
Hauptprogramm und das Fensterprogramm nach § 28 RStV demselben
Unternehmen zugerechnet werden könnten. Das Hauptprogramm der
Beigeladenen zu 2) und das Fensterprogramm der Beigeladenen zu 1)
könnten gleichermaßen Bertelsmann zugerechnet werden. Die Bindeglieder
seien die mittelbaren Beteiligungen von Bertelsmann sowohl am Haupt- wie
auch am Fensterprogrammveranstalter. Unstreitig treffe dies für das Verhältnis
von Bertelsmann zur Beigeladenen zu 2) über die Kette: Bertelsmann Kapital
Holding GmbH (100%ige Tochter) - RTL Group S.A. (Mehrheitsbeteiligungen in
Höhe von 75,1 %) - CLT-UFA SA (Mehrheitsbeteiligung von 99,71 %) - RTL
Group Germany S.A.- RTL Group Deutschland GmbH - UFA Film- und
Fernseh- GmbH (jeweils 100%ige Töchter) zu. Das Fensterprogramm der
Beigeladenen zu 1) sei ebenfalls Bertelsmann zuzurechnen, und zwar wegen
einer vorliegenden mittelbaren Beteiligung nach § 28 Abs. 1 S. 2 RStV, § 17
Abs. 1 AktG. Die KEK habe in ihrer Entscheidung 700-2 nunmehr festgestellt,
dass die von der Beigeladenen zu 1) veranstaltete Drittsendezeit der
SPIEGEL-Verlag KG zuzurechnen sei. Aus dem Regelungszusammenhang
des § 28 Abs. 1 und 2 S. 2 RStV folge, dass von einer mittelbaren Beteiligung
auszugehen sei, wenn ein Unternehmen auf einen Veranstalter einen Einfluss
habe, der demjenigen eines mit 25 % oder mehr am Kapital oder an den
Stimmrechten des Veranstalters Beteiligten entspreche. Ausweislich der
amtlichen Begründung zu § 28 RStV könnten bei der Anwendung des § 28
Abs. 2 S. 1 RStV nicht nur gesellschaftsrechtlich begründete
Zurechnungstatbestände zur Geltung kommen, sondern sämtliche
satzungsmäßigen, vertraglichen oder sonstigen Einflussmöglichkeiten eines
Unternehmens auf ein anderes Unternehmen bzw. auf einen Veranstalter. Der
„vergleichbare Einfluss“ von Bertelsmann über Gruner + Jahr auf die
SPIEGEL-Verlag KG folge aus einem bestehenden Beherrschungsverhältnis
nach § 17 Abs. 1 AktG, denn die SPIEGEL-Verlag KG sei ein von der Gruner +
Jahr abhängiges Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift. Nach § 17 Abs. 2
AktG werde ein Beherrschungsverhältnis vermutet, wenn ein Mehrheitsbesitz
vorliege. Ein Beherrschungsverhältnis sei danach mithin immer dann gegeben,
wenn das beherrschende Unternehmen über einen Einfluss verfüge, der
demjenigen eines mehrheitlich beteiligten Unternehmens entspreche.
Beherrschung in diesem Sinn werde vor allem dann angenommen, wenn ein
Unternehmen aufgrund seines Einflusses zum Beispiel auf die Personalpolitik
in der Lage sei, die Geschäftsführung positiv zu einem bestimmten Handeln zu
veranlassen. Dabei reiche die bloße Möglichkeit einer Einflussnahme aus;
nicht erforderlich sei hingegen, dass von den verfügbaren Einflussmitteln auch
tatsächlich Gebrauch gemacht werde. Es müsse sich dabei um
gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflussmöglichkeiten handeln; allerdings
könne es auch ausreichen, dass sich diese Einwirkungsmöglichkeiten erst in
Verbindung mit weiteren Umständen rechtlicher und/oder tatsächlicher Art zu
einem beherrschenden Einfluss verbänden. In diesem Zusammenhang sei die
Blockadeposition von Gruner + Jahr von Bedeutung, die sich aus den
Mehrheitsverhältnissen in der SPIEGEL-Verlag KG ergäben. So seien
Satzungsänderungen ohne die Zustimmung von Gruner + Jahr nicht möglich.
Weiterhin sei an dieser Stelle von Bedeutung, dass nach § 5 Abs. 3 S. 1 des
Gesellschaftsvertrages der Rudolf Augstein GmbH - der persönlich haftenden
Gesellschafterin der SPIEGEL-Verlag KG, der die Führung der Geschäfte der
SPIEGEL-Verlag KG obliege - Gesellschaftsbeschlüsse einer Mehrheit von 76
% der abgegeben Stimmen bedürften. Da die KG Beteiligungsgesellschaft für
SPIEGEL-Mitarbeiter mbH & Co. - im Folgenden: Mitarbeiter KG - über 50 %
und die Rudolf Augstein Erbengemeinschaft über 24,5 % der Stimmanteile an
der Rudolf Augstein GmbH verfügten, verfüge Gruner + Jahr mit ihren 25,5 %
Stimmanteilen an der Rudolf Augstein GmbH dort über eine (echte) qualifizierte
Sperrminorität. Daraus folgten entsprechende Einflussmöglichkeiten von
Gruner + Jahr in der SPIEGEL-Verlag KG. Das Kammergericht Berlin habe
(Beschluss vom 7.2.1986 - 1 Kart 17/89) daraus in kartellrechtlicher Hinsicht
gefolgert, dass Gruner + Jahr auf die SPIEGEL-Verlag KG einen
beherrschenden bzw. mitbeherrschenden Einfluss ausübe. Aus diesen
Mehrheitsverhältnissen folge wiederum, dass Gruner + Jahr zusammen mit der
Mitarbeiter KG in der Gesellschaftsversammlung der Rudolf Augstein GmbH
ihre Interessen durchsetzen könne. Daraus wiederum folge die Möglichkeit der
sog. „Mehrmütterherrschaft“ von Gruner + Jahr im Zusammenwirken mit der
Mitarbeiter KG, die hier auch tatsächlich vorliege. Damit seien die
Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 S. 4 RStV gegeben. Danach gelte - wenn
mehrere Unternehmen aufgrund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise
derart zusammen wirkten, dass sie gemeinsam einen beherrschenden
Einfluss auf ein beteiligtes Unternehmen ausüben können -, dass jedes von
ihnen als herrschendes Unternehmen anzusehen sei. Zwar fordere die KEK in
ihrer Spruchpraxis insoweit, dass über die für die Personalgesellschaften
typische gemeinsame Interessenlage und Leitungsmacht der Gesellschafter
hinaus weitere Umstände vorliegen müssten, die eine gesicherte einheitliche
Einflussnahme einer Gruppe von beteiligten Unternehmen oder Partnern in der
Gesamtheit derselben auf der Grundlage einer auf Dauer angelegten
Interessengleichheit erwarten ließen. Verschiedene Umstände sprächen dafür,
dass dies vorliegend gegeben sei. In § 21 Abs. 1 und 2 des
Gesellschaftsvertrages der SPIEGEL-Verlag KG sei eine enge
Zusammenarbeit zwischen Gruner + Jahr und der SPIEGEL-Verlag KG
vereinbart. In Abs. 2 dieser Vorschrift würden mit der Archivierung, dem Druck,
der elektronischen Datenverarbeitung und der Grundlagen-Marktforschung
vier Gebiete genannt, in denen insbesondere eine Kooperation stattfinden
solle. Diese Zusammenarbeitsklausel vergrößere für Gruner + Jahr und für die
Mitarbeiter KG den Druck, zu einer gemeinsamen Entscheidung zu kommen.
Da in der Mitarbeiter KG die beim Printmedium „DER SPIEGEL“ beschäftigten
Mitarbeiter vertreten seien, andererseits die Printsparte - insbesondere im
Vergleich zur SPIEGEL ONLINE GmbH - im Rahmen der Veränderung der
Medienlandschaft unter erheblichen wirtschaftlichen Druck geraten sei und die
Mitglieder der Mitarbeiter KG aus dem Jahresergebnis der SPIEGEL-Verlag
KG entlohnt würden, habe die Mitarbeiter KG ein starkes Eigeninteresse am
ökonomischen Erfolg der SPIEGEL-Gruppe insgesamt. In dem Maße, in dem
die Pressekrise durchschlage, verkürzten sich die Handlungsspielräume der
Mitarbeiter KG gegenüber den Vorstellungen von Gruner + Jahr. Dies zeige
sich im Zusammenwirken zwischen Gruner + Jahr und der Mitarbeiter KG bei
der Auswahl des Leitungspersonals. In den letzten Jahren seien
Geschäftsführer berufen worden, die aus dem Hause Gruner + Jahr gestammt
hätten und dort bereits in leitender Funktion tätig gewesen seien, so der
derzeitige Geschäftsführer der SPIEGEL Gruppe H. und sein Vorgänger I..
Auch andere leitende Mitarbeiter der SPIEGEL Gruppe stammten aus dem
Hause Gruner + Jahr bzw. dem Hause Bertelsmann. Setze aber Gruner + Jahr
faktisch die Berufung von Personen ihres Vertrauens in Schlüsselpositionen
und Geschäftsführung durch, so könne sie im Ergebnis sämtliche von der
Geschäftsführung zu treffenden Entscheidungen beeinflussen. In
wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sei diese Mehrmütterherrschaft sowohl in einer
Entscheidung der Europäischen Kommission wie auch einer Entscheidung
des Bundeskartellamtes so bestätigt worden.
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Diese wettbewerbsrechtliche Einordnung müsse auf die Auslegung des § 28
Abs. 1, Abs. 2 RStV durchschlagen. Schließlich erfolge auch in § 28 Abs. 1 S.
4 RStV ein Rückgriff auf Wettbewerbsrecht. Weiterhin sei zu berücksichtigen,
dass auch die KEK, nämlich bei der Untersuchung „medienrelevanter Märkte“,
die Aktivitäten von www.Spiegel.de unmittelbar Gruner + Jahr und damit
mittelbar Bertelsmann/RTL zurechne.
Für den Fall, dass die Personalhoheit von Gruner + Jahr noch nicht als
ausreichend angesehen werden sollte, sei ein Konzernverbund und ein
Beherrschungsverhältnis jedenfalls in Gestalt einer sog. „kombinierten
Beherrschung“ gegeben. Diese liege dann vor, wenn ein aufgrund einer
Minderheitsbeteiligung vorhandener, zur Herrschaft aber nicht ausreichender
Einfluss durch außergesellschaftsrechtliche Mittel, insbesondere auch durch
wirtschaftliches Druckpotential, zu einem beherrschenden Einfluss verstärkt
werde. Ein solches Druckpotential von Gruner + Jahr sei vorliegend darin zu
sehen, dass in den den Umsatz und Gewinn maßgeblich beeinflussenden
Geschäftsbereichen Druck, Vertrieb und Marketing eine intensive
Zusammenarbeit zwischen der SPIEGEL-Verlag KG und Gruner + Jahr
gepflegt werde. Im Hinblick auf den Druck des Magazins „DER SPIEGEL“ sei
diese intensive Zusammenarbeit bereits in § 18 des Gesellschaftsvertrages
der SPIEGEL-Verlag KG angelegt. Danach werde „DER SPIEGEL“ bei Gruner
+ Jahr bzw. bei Bertelsmann gedruckt. Es sei hinreichend dargelegt, dass
Gruner + Jahr diese wichtigen Kooperationen nutzen könne und wolle, um
auch auf anderen Feldern der Unternehmenspolitik Druck auf die SPIEGEL-
Verlag KG auszuüben.
Hilfsweise liege ein weiterer Zurechnungstatbestand darin, dass die SPIEGEL-
Verlag KG im Bereich der hier streitgegenständlichen Fernsehsendungen eine
„funktionslose Zwischenholding“ sei. Entgegen der streitgegenständlichen
KEK- Entscheidung 700-2 sei nicht auf die Funktion der Verlagstätigkeit der
SPIEGEL-Verlag KG im Zusammenhang mit der Zeitschrift „DER SPIEGEL“
abzustellen. Die dem zugrunde liegende formale Betrachtungsweise, die eine
funktionslose Zwischenholding nur dann annehme, wenn eine absolute
„unternehmerische Funktionslosigkeit“ gegeben sei, werde dem Sinn und
Zweck der rundfunkrechtlichen Konzentrationsbestimmungen des
Rundfunkstaatsvertrages nicht gerecht. Die SPIEGEL-Verlag KG verfolge eine
- von ihr selbst unbestrittene – cross-mediale Strategie unter Verwendung von
Tochtergesellschaften und Beteiligungen. Eine eigene „originäre
unternehmerische Funktion“ im Sinne der sonstigen Spruchpraxis der KEK
nehme die SPIEGEL-Verlag KG selbst nicht wahr. Dies folge bereits aus der
Darstellung des Gegenstandes des Unternehmens in § 2 des
Gesellschaftsvertrages der SPIEGEL-Verlag KG.
Die Beigeladene zu 1) sei auch nicht als Veranstalter im Sinne des
Rundfunkstaatsvertrages anzusehen, denn das von dieser verfolgte
„Herausgeberprinzip“ sei mit den verfassungsrechtlich vorgegebenen
Prinzipien nicht in Einklang zu bringen. Rundfunkveranstalter sei nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wer auf die Gestaltung des
Rundfunkprogramms Einfluss nehmen könne. Dabei seien die
rundfunkrechtliche Verantwortung und die tatsächliche Gestaltung bzw. der
inhaltliche Einfluss auf die Sendung zu unterscheiden. Die Beigeladene zu 1)
trage lediglich die formale Verantwortung für die Beiträge, habe aber nach
eigenem Bekunden gar keinen gestalterischen Einfluss. Vielmehr würden die
Formate der Partner unter deren eigener Verantwortung gestaltet und
verbreitet. Die Formate würden auch nicht von der Beigeladenen zu 1)
abgenommen; vielmehr würden sie unmittelbar von den Partnern an den
Hauptsendeveranstalter geliefert. Ein redaktioneller Einfluss der Beigeladenen
zu 1) sei nicht zu erkennen.
Die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. In dem Umstand,
dass bereits während der Ausschreibungsphase vielfältige „informelle
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Vorgespräche“ zwischen der Antragsgegnerin, der Beigeladenen zu 2), der
Beigeladenen zu 1), der Antragstellerin und vermutlich weiteren interessierten,
potenziellen Bewerbern geführt worden seien, deren Ergebnisse sich nicht in
der Verwaltungsakte wieder fänden, liege eine Verletzung des § 29 VwVfG.
Die Antragsgegnerin habe unter Verstoß gegen § 24 VwVfG eine
unzulängliche Sachverhaltsermittlung vorgenommen, indem sie auf die
substantiierten Hinweise der Antragstellerin hinsichtlich eines übergroßen
Einflusses von Gruner + Jahr auf die Geschäfte der SPIEGEL-Verlag KG keine
eigenen Sachverhaltsermittlungen vorgenommen habe. Aus den beiden zuvor
genannten Rechtsverstößen folge, dass die streitgegenständliche
Entscheidung mit einer inkongruenten Begründung versehen sei. Ein
Ermessensnichtgebrauch liege darin, dass die Antragsgegnerin durch die
„informellen Vorgespräche“ und die Auswahl der konkreten Sendezeitschienen
sowie die weiteren Ausschreibungsmodalitäten eine Vorfestlegung
vorgenommen habe. Die Weigerung, den Sachverhalt aufzuklären, zeige,
dass das Ergebnis der Vorfestlegung nicht habe gefährdet werden sollen.
Soweit von einer Ermessensausübung überhaupt auszugehen sei, habe diese
jedenfalls der sachfremden Erwägung unterlegen, dass die Beigeladene zu 2)
den Lizenz-Standort wechseln und sich somit eine neue lizenzgebende
Landesmedienbehörde suchen könne. Auch liege ein Ermessensdefizit vor,
denn der Gesichtspunkt der Mehrfachzulassung sei von der Antragsgegnerin
außer Acht gelassen worden. Die Ermessensentscheidung sei im Übrigen
auch deshalb fehlerhaft, weil die Kritik, das Format „Meisterwerke“ der
Antragstellerin gehe „vollständig am Publikum“ der Beigeladenen zu 2) vorbei,
genauso auf das Format „10 vor 11“ der Beigeladenen zu 1) angewandt
werden könne bzw. müsse; dies sei jedoch nicht erfolgt.
Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei fehlerhaft.
Die Antragsgegnerin habe trotz eines anderen Sachverhalts und
Sachvortrages quasi wortgleich die Begründungen für den Sofortvollzug der
Vorgängerentscheidungen abgeschrieben. Die Antragstellerin sei gegenüber
der Beigeladenen zu 1) insofern ungleich behandelt worden, als zum einen ein
Antrag der letztgenannten für den Sofortvollzug gar nicht vorgelegen habe und
zum anderen die Antragstellerin nicht angehört worden sei. Sofern zur
Begründung des Sofortvollzuges herangezogen werde, dass ein längerer
Zeitraum ohne vollziehbare Zulassung die Beigeladene zu 1) voraussichtlich
existenziell gefährde, treffe dies in noch höherem Maße auf die Antragstellerin
zu. Denn diese stelle ihre Sendungen selbst her und setze hierfür eigenes
Personal ein, während die Beigeladene zu 1) lediglich im Rahmen des
„Herausgeberprinzips“ tätig werde. Die Interessen der Antragstellerin fänden
jedoch in diesem Zusammenhang nicht einmal Erwähnung. Die in der
Begründung des Sofortvollzuges genannte Dringlichkeit sei durch die
fehlerhafte zeitliche Planung des Verfahrens durch die Antragsgegnerin selbst
hervorgerufen worden. Ein effektiver Schutz des Allgemeininteresses der
„Vielfaltswahrung“ könne auch ohne Drittsendezeiten herbeigeführt werden,
nämlich über § 26 Abs. 4 RStV.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin/Klägerin
gegen den Gesamtbescheid der Antragsgegnerin/Beklagten bzgl. der
1. Sendezeitschiene vom 13.06.2013 festzustellen und wieder
herzustellen, insbesondere als dass der Sofortvollzug für die
Zulassung der Beigeladenen zu 1) gem. Ziffern 1 und 6 des
vorgenanntes Gesamtbescheides und für die Ablehnung der
Antragstellerin gem. Ziffer 2 des vorgenannten Gesamtbescheides
angeordnet wurde, jeweils bezogen auf die Sendezeiten für
unabhängige Dritte im Programm der Beigeladenen zu 2) gem. § 31
Abs. 4 S. 1 RStV für die erste Sendezeitschiene (105 Minuten:
Sonntag 22:15 Uhr bis 23:00 Uhr; Dienstag 0:30 Uhr bis 1:00 Uhr;
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Mittwoch: 22:15 Uhr bis 22:45) für den Zeitraum 01.07.2013 bis
30.06.2018;
2. der Antragsgegnerin/ Beklagten die weitere Vollziehung des
Gesamtbescheides der Beklagten bzgl. der 1. Sendezeitschiene vom
13.06.2013 zu untersagen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Die Antragsgegnerin erwidert im Wesentlichen: Die vorgelegten
Verwaltungsakten seien vollständig geführt; die Antragstellerin behaupte
Gegenteiliges, ohne hierfür nur im Ansatz Belege anzuführen. Im Übrigen
existiere keine Pflicht der Behörde nach § 29 VwVfG, ausnahmslos über alle
Telefonate, Anfragen, Besprechungen oder sonstiges informelles Handeln
Vermerke zu fertigen und diese in die Akten aufzunehmen. Die
Antragsgegnerin untermauere ihre Behauptung, es habe eine Vorfestlegung
zugunsten der Beigeladenen zu 1) gegeben, nicht durch Nachweise; im
Übrigen sei dies auch unrichtig. Insbesondere habe die Antragsgegnerin nach
§ 31 Abs. 4 S. 1 RStV die Ausschreibung vor deren Bekanntgabe mit der
Hauptprogrammveranstalterin zu erörtern und deren Wünsche und
Überlegungen zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Umstand sei bereits
Gegenstand der Rechtsprechung der beschließenden Kammer gewesen.
Weiterhin zeige der Inhalt des Verwaltungsvorgangs, dass die
Antragsgegnerin die Zulassungsfähigkeit der Anträge vor deren Übermittlung
an die Beigeladene zu 2) geprüft habe. Im Übrigen ergäben sich aus der
Verfahrensvorschrift des § 31 Abs. 4 RStV keine subjektiven Rechte der
Antragstellerin. Die Antragsgegnerin habe mit dem von ihr im Einzelnen
dargelegten und sich aus dem Inhalt des Verwaltungsvorgangs auch
nachvollziehbar ergebenden Verfahrensablauf alle Anforderungen, die § 34
Abs. 4 bis 6 RStV an das Verfahren stellten, eingehalten. Insbesondere sei
das Benehmen mit der KEK in allen Verfahrensstufen, auf denen dies
erforderlich gewesen sei, hergestellt worden.
Es sei in der Rechtsprechung der beschließenden Kammer und des Nds.
Oberverwaltungsgerichts geklärt, dass die Beigeladene zu 1) zulassungsfähig,
insbesondere dass sie Veranstalterin im Sinne der einschlägigen Vorschriften
des Rundfunkstaatsvertrages sei. Die Begründung der Anordnung des
Sofortvollzuges entspreche den rechtlichen Anforderungen, die in der
Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts entwickelt worden seien.
Der angegriffene Bescheid weise keine materiellen Rechtsfehler auf. Ihm liege
ein vollständiger Sachverhalt zugrunde. Insbesondere sei erneut geprüft
worden, ob es einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag oder
andere Unternehmensverträge der SPIEGEL-Verlag KG und Gruner + Jahr
gebe. Hierzu habe die SPIEGEL-Verlag KG mit E-Mail vom 25.02.2013 unter
anderem erklärt, es gebe keine Beherrschungs-, Gewinnabführungs- oder
sonstige Unternehmensverträge zwischen ihr und Gruner + Jahr. Es seien
zusammen mit dieser Erklärung erneut die Gesellschaftsverträge der Rudolf
Augstein GmbH und der SPIEGEL-Verlag KG sowie entsprechende
Handelsregisterauszüge vorgelegt worden. Anhaltspunkte dafür, dass es
dennoch - und entgegen dieser ausdrücklichen Erklärung - eine durch
Verträge rechtlich gesicherte Abhängigkeit der SPIEGEL-Verlag KG von
Gruner + Jahr gebe, habe die Antragsgegnerin nicht; solche seien substantiiert
von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen worden. Die Vornahme einer
einvernehmlichen Auswahl zusammen mit der Hauptprogrammveranstalterin
entspreche der Regelung des § 31 Abs. 4 S. 3 RStV.
Die Beigeladene zu 1) stehe nicht in einem rechtlichen
Abhängigkeitsverhältnis zur Beigeladenen zu 2). Die zuständige
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sachverständige Kommission der Landesmedienanstalten als Organ der
Antragsgegnerin (KEK) verneine in durchgängiger Spruchpraxis seit dem
Jahre 2003 ein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen den
Beigeladenen. Auf die im vorliegenden Verfahren ergangenen Beschlüsse der
KEK werde Bezug genommen. Die Zurechnungsvorschrift des § 28 Abs. 1 S. 2
RStV stelle ausdrücklich darauf ab, dass es sich um ein verbundenes
Unternehmen im Sinne von § 15 AktG handeln müssen. Nur diese Vorschrift
sei vorliegend der rechtliche Prüfungsmaßstab. Diese strikt
gesellschaftsrechtliche und aktienrechtliche Prüfung ergebe, dass Gruner +
Jahr sowie Spiegel-Verlag KG keine verbundenen Unternehmen nach § 15 i.
V. m. § 17 AktG seien. Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sei die
erforderliche Mitwirkung der Mitarbeiter KG nicht gesichert oder verlässlich.
Objektiv belastbare Indizien hierfür habe auch die Antragstellerin nicht
benennen können. Für eine sog. „Mehrmütterherrschaft“ müssten Umstände
bestehen, die über das Vorliegen einer gemeinsamen Interessenlage und
Leitungsmacht eine gesicherte einheitliche Einflussnahme auf der Grundlage
einer auf Dauer angelegten Interessengleichheit erwarten ließen. Auch dies sei
von der Antragstellerin nicht belegt worden. Der Vortrag der Antragstellerin in
diesem Zusammenhang beinhalte keine tatsächlichen Umstände, die über das
Vorliegen einer Interessenkoordination zwischen der Mitarbeiter KG und
Gruner + Jahr hinausgingen. Ebenso verhalte es sich mit der Behauptung der
Antragstellerin, Gruner + Jahr übe innerhalb der SPIEGEL-Verlag KG eine
Personalbesetzungshoheit aus. Spekulativ bleibe der Vortrag der
Antragstellerin auch, soweit sie eine „Schwäche“ der Mitarbeiter KG behaupte.
Eine Zurechnung des Programms der Beigeladenen zu 1) gemäß § 28 Abs. 2
RStV zu Bertelsmann scheitere bereits daran, dass die SPIEGEL-Verlag KG
weder formell noch materiell Veranstalterin der Drittsendezeiten sei, denn
Veranstalterin sei die Beigeladene zu 1). Ein direkter Einfluss von Gruner +
Jahr auf die Beigeladene zu 1) liege unstreitig nicht vor. Die dann lediglich
noch im Betracht kommende Zurechnung über die SPIEGEL-Verlag KG sei -
wie bereits ausgeführt - ebenfalls nicht gegeben.
Die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere
hätten standortpolitische Belange keine Rolle gespielt, zumal die Beigeladene
zu 1) ihren Sitz in Düsseldorf und auch keinen Zulieferer aus Niedersachsen
vorgesehen habe. Der Bescheid befasse sich auch ausdrücklich mit dem
Umstand der wiederholten Auswahl der Beigeladenen zu 1). Im Übrigen sei
der Maßstab der Ermessensentscheidung bei der einvernehmlichen
Entscheidung von Aufsichtsbehörde und Hauptprogrammveranstalter nicht
mehr die Auswahl des unter Vielfaltsgesichtspunkten besten Bewerbers; nach
§ 31 Abs. 1 S. 1 RStV komme es darauf an, ob unter Wahrung der
Programmautonomie des Hauptprogrammveranstalters die Programme der
Beigeladenen zu 1) einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt in dessen
Programm, insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung und Information,
leiste. Dies sei hier der Fall.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
den Antrag nach § 80 Abs. 5 zur Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung der Klage abzulehnen.
Die Beigeladene zu 1) verteidigt den angegriffenen Zulassungsbescheid im
Wesentlichen mit den bereits von der Antragsgegnerin vorgebrachten
Erwägungen.
Auch die Beigeladene zu 2) beantragt,
die von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16.07.2013 im Wege des
einstweiligen Rechtsschutzes gestellten Anträge auf Wiederherstellung
der aufschiebenden Wirkung und Untersagung der Vollziehung des
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Gesamtbescheids der Antragsgegnerin vom 13.06.2013 bzgl. der 1.
Sendezeitschiene abzulehnen.
Zur Begründung führt die Beigeladene zu 2) im Wesentlichen aus: Die Anträge
seien bereits mangels Antragsbefugnis unzulässig. Die Antragstellerin habe
eine Anfechtungsklage erhoben, (statt zusätzlich) einen Antrag auf
Neubescheidung zu stellen. Die Antragstellerin greife ausschließlich die
Begünstigung der zugelassenen Beigeladenen zu 1) an. Aus der Erteilung
einer gesetzlich geforderten Erlaubnis gegenüber einem Konkurrenten könne
aber kein subjektives Recht aus Art. 12 bzw. Art. 14 GG hergeleitet werden.
Eine Verletzung dieser geschützten Rechte könne sich vielmehr nur aus einer
Mitbewerberklage ergeben, die neben der Verdrängung des Konkurrenten die
Möglichkeit der eigenen Auswahl berücksichtige. Eine solche Klage habe die
Antragstellerin aber gerade nicht erhoben.
Hinsichtlich der Angriffe der Antragstellerin gegen die ordnungsgemäße
Anordnung der sofortigen Vollziehung, gegen die formelle Rechtmäßigkeit des
Gesamtbescheids sowie der materiellen Rechtmäßigkeit im Hinblick auf die
Frage der rundfunkrechtlichen Unabhängigkeit der Beigeladenen zu 1) und der
Veranstaltereigenschaft der Beigeladenen zu 1) entspricht der Vortrag im
Wesentlichen der Antragserwiderung durch die Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin repliziert auf den Vorhalt, ihrem Antrag fehle es bereits an
der Antragsbefugnis, sie wende sich mit ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres
Antrages im Verwaltungsverfahren. Die Rechtsfolge sei - im Falle des Erfolgs
ihrer Anfechtungsklage - im Gesetz angelegt. Die erneute Bescheidung sei
dann gemäß §§ 28, 31 RStV nach der Aufhebung zwingend, insoweit verfüge
die Antragsgegnerin nicht über einen Ermessenspielraum; vielmehr müsse sie
das Verfahren nach einer Aufhebung des angegriffenen Bescheides
weiterführen. Vorsorglich werde unter Hinweis auf §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO
klargestellt und beantragt,
dass die Beklagte antragsgemäß verpflichtet werde - wie ohnehin aus
der Klage aus sich selbst heraus verständlich - mit dem Zusatz „und die
Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
bescheiden, sollte sie nicht spruchreif sein“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen und
der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II.
Den Anträgen muss der Erfolg versagt bleiben.
A. Der Antrag zu 1) ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Der Antrag zu 1) ist - entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) -
zulässig; es mangelt ihm weder an der Antragsbefugnis noch am
Rechtschutzbedürfnis. Mit dem Klagantrag zu 1), auf den sich der Antrag zu 1)
in dem vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren bezieht, hat die Antragstellerin
eine Drittanfechtungsklage erhoben. Insoweit kann sie die Verletzung eines
eigenen subjektiven Rechts durch die angegriffene Zulassungsentscheidung
zugunsten der Beigeladenen zu 1), mit der die Ablehnung ihres eigenen
Antrages auf Zulassung korrespondiert, geltend machen; sollte der Klage
insoweit Erfolg beschieden sein, verbesserte sich die Rechtsstellung der
Antragstellerin. Konkurrieren mehrere Bewerber um die Zulassung als
Fensterprogrammveranstalter bereits im Verwaltungsverfahren, so ist eine
Anfechtungsklage des unterlegenen Bewerbers gegen den einen anderen
Bewerber begünstigenden Bescheid zulässig, wenn der Kläger seine
Zulassung erstreiten will. Mit dieser Konkurrentenklage begehrt der bei der
Zulassung Übergangene nach Erschöpfung des Kontingents, anstelle eines
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anderen - seiner Meinung nach zu Unrecht Begünstigten - in den Genuss der
Begünstigung zu gelangen. Es geht also um eine Auswahlentscheidung bei
begrenzten Kapazitäten und wegen der Erschöpfung des Kontingents
zunächst um die Verdrängung eines Konkurrenten, ohne die das zusätzliche
Begehren der Eigenbegünstigung von der Verwaltung gar nicht erfüllt werden
kann. Die Antragstellerin weist an dieser Stelle zu Recht darauf hin, dass - im
Falle des Erfolgs ihrer Drittanfechtungsklage, also der Aufhebung der die
Beigeladene zu 1) begünstigenden Zulassungs- wie der die Antragstellerin
belastenden Ablehnungsentscheidung - die Antragsgegnerin als Rechtsfolge
gemäß §§ 28, 31 RStV das Zulassungsverfahren weiterzuführen hätte und die
Antragstellerin sowie die Beigeladene zu 1) - und ggf. weitere Bewerber -
erneut zu bescheiden wären. Eine weitergehende, „bessere“ Rechtsstellung
könnte sich die Antragstellerin im Klageverfahren auch nicht mit einem
(erfolgreichen) Bescheidungsantrag erkämpfen.
2. Der Antrag zu 1) ist gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO in
Verbindung mit § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO jedoch unbegründet.
Das Gericht kann auf Antrag des im Verwaltungsverfahren unterlegenen
Fensterpro-grammanbieters die aufschiebende Wirkung seiner rechtzeitig
erhobenen Klage gegen die von der Behörde für sofort vollziehbar erklärte
Auswahl- und Zulassungsentscheidung zugunsten des im
Verwaltungsverfahren erfolgreichen Konkurrenten wiederherstellen, wenn dem
vom unterlegenen Bewerber eingelegten Rechtsbehelf überwiegende Aussicht
auf Erfolg zukommt.
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Auswahl- und Zulassungsentscheidung
der Antragsgegnerin für die 1. Sendezeitschiene wird bei summarischer
Überprüfung nicht zu beanstanden sein.
a. Vor diesem Hintergrund ist auch die nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO formal
und inhaltlich beanstandungsfrei begründete Anordnung der sofortigen
Vollziehung der Auswahl- und Zulassungsentscheidung rechtmäßig. Denn es
besteht zumindest ein öffentliches Interesse daran, dass eine voraussichtlich
rechtmäßige Auswahl- und Zulassungsentscheidung bei der Ausstrahlung von
Fensterprogrammen im privaten Fernsehen als vielfaltssichernde Maßnahme
im Sinne von § 30 RStV sofort umgesetzt wird. Einer Anhörung der Beteiligten
vor Anordnung der sofortigen Vollziehung bedurfte es nicht (h. A. in der
Rechtsprechung, u.a. Nds. OVG, Beschl. v. 31.01.2002 - 1 MA 4216/01 -,
NVwZ-RR 2002, S. 822; Beschl. v. 15.12.2003 - 10 ME 108/03 -, ZUM-RD
2004, S. 135; Beschl. v. 19.03.2010 - 10 ME 439/08 -, ZUM-RD 2010, S. 513).
Dessen ungeachtet kann eine Anhörung bis zum Abschluss der letzten
Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt
werden (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG).
b. Die von der Antragsgegnerin auf § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV gestützte
Auswahl- und die auf § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV in Verbindung mit § 26 Abs. 5
Satz 1 RStV gestützte Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen
zu 1), die jeweils gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 RStV im Benehmen mit der KEK
erfolgt sind, werden aller Voraussicht nach im Hauptsacheverfahren Bestand
haben.
Über die Zulassung zu Fensterprogrammen im privaten Fernsehen ist in einem
aufwändigen mehrstufigen Verfahren zu entscheiden, das mit der Erörterung
der beabsichtigten Ausschreibung des Fensterprogramms durch die
Zulassungsbehörde mit dem Hauptprogrammveranstalter nach § 31 Abs. 4
Satz 1 RStV beginnt und mit der Bekanntgabe der Zulassungsentscheidung
an den Ausgewählten gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV endet. Die einzelnen
Schritte des Verwaltungsverfahrens beinhalten keine selbständigen
Verwaltungsakte, sondern sind von vornherein auf Erteilung der Zulassung
gerichtet (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV). Nach Ende der Ausschreibungsfrist
prüft die Behörde gemäß § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV die eingegangenen
Zulassungsanträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des
Rundfunkstaatsvertrages sowie den sonstigen landesrechtlichen
Bestimmungen. Sie erörtert die Anträge sodann mit dem
Hauptprogrammveranstalter gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV mit dem Ziel, eine
einvernehmliche Auswahl zu treffen. Bei dieser Erörterung handelt es sich
nicht lediglich um eine Anhörung des Hauptprogrammveranstalters. Vielmehr
ist Ziel der Erörterung, im Rahmen kooperativen Verwaltungshandelns, die
Vielfaltsinteressen der Zulassungsbehörde mit der Programmautonomie des
Hauptprogrammveranstalters in Einklang zu bringen. Dieses Erörterungsziel ist
von § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV vorgegeben. Die Behörde wird danach in die
Erörterung mit dem Ziel hineingehen, den zulassungsfähigen
Fensterprogrammveranstalter auszuwählen, der aller Voraussicht nach den
größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt des Hauptprogrammveranstalters leisten
kann, und dessen Ziel wird es sein, den Fensterprogrammveranstalter
auszuwählen, der am ehesten in sein Hauptprogramm passt. Gemeinsames
Ziel beider an der Erörterung Beteiligter muss es nach systematischer
Auslegung wie auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift sein, größtmögliche
Vielfalt und die Interessen des Hauptprogrammveranstalters zu vereinen. Sind
diese Interessen in Einklang zu bringen, besitzt die Einigung zwischen
Zulassungsbehörde und dem Hauptprogrammveranstalter maßgebliche
Bedeutung für die Zulassungsentscheidung, sofern die Bewerbung des
Ausgewählten mit den
Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages und den sonstigen
landesrechtlichen Bestimmungen vereinbar ist. Diese Auswahl ist vorliegend
zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2) einvernehmlich
erfolgt. Dies ergibt sich aus den Ergebnisprotokollen der hierzu von der
Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2) geführten Erörterungen. Die
Herstellung des Einvernehmens ist bei systematischer Auslegung die vom
Gesetzgeber bevorzugte Entscheidungsvariante. Die Kollisionsregelungen
des § 31 Abs. 4 Sätze 4 bis 7 RStV betreffen nur den Fall der Nichteinigung
zwischen der Behörde und dem Hauptprogrammveranstalter und gelangen
deshalb nicht zur Anwendung. Die Antragsgegnerin hat diese
Gesetzessystematik umgesetzt und in dem angefochtenen Bescheid zu Recht
darauf hingewiesen, dass durch die in § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV getroffene
einvernehmliche Auswahl ein Interessenausgleich hergestellt werden soll
zwischen dem Bestreben der Beigeladenen zu 2) als
Hauptprogrammveranstalterin, ihre Programmautonomie zu wahren, und der
gesetzlichen Aufgabe der Antragsgegnerin, einen zusätzlichen Vielfaltsbeitrag
durchzusetzen. Besteht zwischen Behörde und Hauptprogrammveranstalter
Einvernehmen nach § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV, ist für eine ausschließlich an §
31 Abs. 4 Satz 6 RStV in Verbindung mit Nr. 5.5 der gemäß § 33 RStV
erlassenen Drittsendezeitrichtlinie - DSZR - vom 16.12.1977 in der Fassung
vom 16.09.2004 (abgedruckt u.a. bei Hahn/Vesting [Hrsg.] Beck'scher
Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. Anhang 1 zu § 33 RStV - www.lmk-
online.de/service/rechtsgrundlagen/rechtsgrundlagen-
alm/drittsendezeitrichtline) orientierte Prüfung, welcher
Fensterprogrammbewerber den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im
Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lässt, kein Raum (vgl.
Nds. OVG, Beschl. v. 19.03.2010, a. a. O.; VG Neustadt/Weinstraße, Urt. v.
05.09.2012 - 5 K 417/12 NW -, juris). Das Gericht prüft danach vorliegend auf
der 1. Stufe, ob das Verwaltungsverfahren eingehalten wurde, der
Zulassungsantrag der Beigeladenen zu 1) zulassungsfähig war, insbesondere
mit den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages und den sonstigen
Vorschriften des Landesrechts vereinbar war, und auf der 2. Stufe, ob die
Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des
Einvernehmens mit der Beigeladenen zu 2) im Hinblick auf die
gesetzgeberischen Ziele in § 31 Abs. 1 RStV an rechtserheblichen Mängeln
leidet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Zulassungsbehörde bei
ihrer prognostischen Entscheidung, welcher Fensterprogrammveranstalter am
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ehesten unter Berücksichtigung der Interessen des
Hauptprogrammveranstalters in der Lage ist, einen zusätzlichen Beitrag zur
Vielfalt dessen Programms - insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung
und Information - zu leisten, ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer
Beurteilungsspielraum zusteht. Das Gericht überprüft lediglich, ob die Behörde
von einem richtigen und vollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, das
Gewicht der gesetzlichen Auswahlkriterien beachtet, sich in dem rechtlichen
Rahmen für die Auswahlentscheidung bewegt hat und sich nicht von
sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v.
19.03.2010, a.a.O.; OVG Berlin, Beschl. v. 16.08.1991 - 8 S 136.91 -, DVBl.
1991, S. 1265, 1268; VG Hannover, 6. Kammer, Beschl. v. 17.07.2003 - 6 B
2458/03 - www.rechtsprechung.niedersachsen.de; VG Hannover, 7. Kammer,
Beschl. v. 29.09.2008 - 7 B 3575/08 -, juris).
Die gegen die Verwaltungsentscheidung gerichteten Angriffe der
Antragstellerin als im Auswahlverfahren unterlegener Konkurrentin überzeugen
bei summarischer Überprüfung nicht.
c. Der rechtzeitig innerhalb der Ausschreibungsfrist eingegangene Antrag der
Beigeladenen zu 1) ist mit den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages
und den sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen vereinbar. Er ist mithin
zulassungsfähig im Sinne von § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV. Insbesondere ist die
Beigeladene zu 1) rechtlich von der Beigeladenen zu 2) unabhängig im Sinne
der §§ 31 Abs. 3, 28 RStV (aa). Außerdem ist die Beigeladene zu 1) in der
Lage, unter Wahrung der Programmautonomie des
Hauptprogrammveranstalters einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt dessen
Programms, insbesondere in den Bereichen, Kultur, Bildung und Information
im Sinn von § 31 Abs. 1 RStV zu leisten (bb).
aa. Der unbestimmte Rechtsbegriff des rechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses
ist in § 31 Abs. 3 Satz 2 RStV verbindlich definiert. Danach liegt eine rechtliche
Abhängigkeit vor, wenn das Hauptprogramm und das Fensterprogramm nach
§ 28 demselben Unternehmen zugerechnet werden können. Dies ist in Bezug
auf das Hauptprogramm der Beigeladenen zu 2) und das beabsichtigte
Fensterprogramm der Beigeladenen zu 1) bei summarischer Überprüfung nicht
der Fall.
Die KEK hat in ihrem Beschluss vom 12. März/09. April 2013 (KEK 700-2), auf
den sich der vorliegend angegriffene Gesamtbescheid der Antragsgegnerin
hinsichtlich der Frage der Zulassungsfähigkeit der Beigeladenen zu 1) stützt,
ausgeführt:
„Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 RStV sind einem Unternehmen sämtliche
Programme zuzurechnen, die es selbst veranstaltet oder die von einem
anderen Unternehmen veranstaltet werden, an dem es unmittelbar mit 25
vom Hundert oder mehr an dem Kapital oder an den Stimmrechten
beteiligt ist. In der Kette der vorliegenden gesellschaftsrechtlichen
Beteiligungsverhältnisse kommt allein die Bertelsmann AG als
Unternehmen in Betracht, dem die Programme der
zur Begründung einer rechtlichen Abhängigkeit nach § 28 Abs. 1 Satz 1
RStV zugerechnet werden müssten. Die Bertelsmann AG ist aber
unstreitig nicht unmittelbar an dem Kapital oder den Stimmrechten der als
GmbH firmierenden beteiligt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 RStV sind einem Unternehmen ferner alle
Programme zuzurechnen, an denen es mittelbar beteiligt ist, sofern diese
Unternehmen zu ihm im Verhältnis eines verbundenen Unternehmens im
Sinne von § 15 des Aktengesetzes - AktG - stehen und diese
Unternehmen am Kapital oder an den Stimmrechten eines Veranstalters
mit 25 vom Hundert oder mehr beteiligt sind.
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Die rechtliche Unabhängigkeit der von der
im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 28 RStV
wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach von der KEK geprüft und
wiederholt bestätigt (vgl. Beschlüsse der KEK i. S. Sendezeiten für
unabhängige Dritte im Programm der RTL Television GmbH, Az.: KEK
159-2, II 4.1.1, und zuletzt Az.: KEK 461-2, II 2.1.2, sowie Beschlüsse i.
S. SPIEGEL TV digital, Az.: KEK 254, III 2.1.3, i. S. SPIEGEL Geschichte,
Az.: KEK 567, III 2.3, i. S. spiegel.tv, Az.: KEK 665, III 2.3, sowie i. S.
SPIEGEL TV Wissen, Az.: KEK 674, III 2.2). Die hat,
auch aufgrund entsprechender, von der Antragstellerin vorgebrachten
Bedenken, die Frage der rechtlichen Unabhängigkeit der >Beigeladenen
zu 1)> im Rahmen ihrer Beurteilung der Zulassungsfähigkeit der
Antragsteller ebenfalls einer vertieften Prüfung unterzogen. Im Ergebnis
besteht sowohl nach den Prüfungen durch die KEK als auch nach der
Prüfung durch die keine Veranlassung zu einer
abweichenden Feststellung. Für eine Zurechnung der
1)> zur Hauptprogrammveranstalterin fehlt es
auch weiterhin an einem Zurechnungszusammenhang.
Gemäß § 31 Abs. 3 Satz 2 RStV liegt eine rechtliche Abhängigkeit vor,
wenn das Hauptprogramm und das Fensterprogramm demselben
Unternehmen zugerechnet werden können. Das Bindeglied zwischen
der und der ist die jeweils
mittelbare Beteiligung der Bertelsmann SE & Co. KGaA am Haupt-und
Fensterprogrammveranstalter. Hinsichtlich der
besteht diese über die unmittelbare Beteiligung der Bertelsmann SE &
Co. KGaA an Gruner + Jahr in Höhe von 73,4 % (sowie in Höhe von 74,9
% an deren Komplementärin Druck- und Verlagshaus Gruner + Jahr AG),
die Beteiligung von Gruner + Jahr am SPIEGEL-Verlag in Höhe von
25,25 % (und in Höhe von 25,5 % an deren Komplementärin Rudolf
Augstein GmbH) sowie dessen unmittelbare Beteiligung an der
in Höhe von 12,5 %. Der Bertelsmann SE & Co.
KGaA ist zwar das Hauptprogramm RTL Television zuzurechnen (vgl.
Beschluss der KEK vom 13.11.2012 i. S. RTL Television, Az.: KEK 711,
lil 2.2 und zuletzt Beschluss der KEK vom 11.12.2012 i. S. RTL II, Az.:
KEK 732, III 2.2), daneben jedoch nicht auch das Fensterprogramm der
.
Hinsichtlich des Fensterprogramms kommt ein
Zurechnungszusammenhang gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. RStV
mangels eines unmittelbaren Beteiligungsverhältnisses zwischen der
Bertelsmann SE & Co. KGaA und der nicht in
Betracht. Für eine Programmzurechnung bei einer nur mittelbaren
Beteiligung an einem Programmveranstalter ist gemäß § 28 Abs. 1 Satz
2 RStV i. V. m. § 15 AktG erforderlich, dass die nur mittelbar beteiligten
Unternehmen jeweils im Verhältnis eines verbundenen Unternehmens im
Sinne von § 15 AktG stehen und das unmittelbar am
Programmveranstalter beteiligte Unternehmen (erste Beteiligungsstufe)
eine Beteiligung in Höhe von 25 % oder mehr am Kapital oder den
Stimmrechten des Programmveranstalters hält. In der Beteiligungskette
zur Bertelsmann SE & Co. KGaA ist nur der SPIEGEL-Verlag unmittelbar
an beteiligt. Dessen Beteiligung an
Beigeladenen zu 1)> beträgt jedoch lediglich 12,5 % und liegt damit
deutlich unter der für eine Zurechnung erforderlichen Beteiligungshöhe
von 25 % am Kapital oder den Stimmrechten.
Gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 RStV steht einer Beteiligung nach Abs. 1
gleich, wenn ein Unternehmen auf einen Veranstalter einen
vergleichbaren Einfluss ausüben kann. Aus der Bezugnahme auf § 28
Abs. 1 RStV folgt, dass der vergleichbare Einfluss demjenigen eines mit
62
25 % oder mehr am Kapital oder an den Stimmrechten des Veranstalters
Beteiligten entsprechen muss. Erforderlich und ausreichend ist mithin
das Maß der Interessenberücksichtigung, das ein Gesellschafter kraft der
Veto-Position erwarten kann, die ihm die Sperrminorität für grundlegende
Änderungen des Gesellschaftsverhältnisses einräumt. Dabei kommt es
nicht nur auf gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an. Nach der
amtlichen Begründung zu § 28 RStV (3. RÄndStV) sind vielmehr
‚sämtliche satzungsmäßigen, vertraglichen oder sonstigen
Einflussmöglichkeiten eines Unternehmens auf ein anderes
Unternehmen bzw. einen Veranstalter‘ zu berücksichtigen. Dafür sind alle
maßgeblichen Umstände in eine Gesamtbeurteilung einzubeziehen (vgl.
z. B. Beschlüsse der KEK vom 26.01.1999 i. S. J., Az.: KEK 007/029,
13.2.3, vom 15.08.2000 i. S. K., Az.: KEK 070, III 2.1.3.2 a, und zuletzt
vom 21.03.2012, Az.: KEK 692, III 2.2 - st. Entscheidungspraxis). Gemäß
dem aktuellen Gesellschaftsvertrag der in der
Fassung vom 19.05.2006 ist für einfache Gesellschafterbeschlüsse eine
Mehrheit von zwei Dritteln aller Stimmen erforderlich (§ 9 Abs. 7), für
einen Katalog von Maßnahmen darüber hinaus eine einstimmige
Beschlussfassung festgeschrieben. In diesen Fällen kommt allen
Gesellschaftern ein gesellschaftsvertragliches Vetorecht zu. Dies betrifft
u. a. Änderungen des Stammkapitals und der Geschäftsanteile,
Änderungen des Gesellschaftsvertrags, aber auch die Bestellung und
Abberufung von Geschäftsführern, die Regelung ihrer
Vertretungsbefugnisse und den Erlass einer Geschäftsordnung,
außerdem auch die Beschlussfassung zum Jahresabschluss und zur
Gewinnverteilung sowie die Wahl des Abschlussprüfers (§ 9 Abs. 8).
Jedem Gesellschafter stehen damit in diesen Fällen Gesellschafterrechte
zu, wie sie üblicherweise nur mit einer Sperrminorität bei einer GmbH und
einer Aktiengesellschaft verbunden sind (vgl. § 53 Abs. 2 GmbHG und §
179 Abs. 2 AktG für Satzungsänderungen). Darüber hinaus unterliegen
dem Einstimmigkeitsprinzip auch solche Gesellschafterangelegenheiten,
für die von Gesetzes wegen Mehrheitsbeschlüsse ausreichen (§ 47 Abs.
1 GmbHG und § 133 Abs. 1 AktG). Dazu zählen insbesondere die
Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer samt ihrer Entlastung,
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung (§
46 Nr. 1, 5 GmbHG). >Die Beigeladene zu 1)> hat im Rahmen des
Verfahrens i. S. dctp.tv, Az.: KEK 628, selbst hervorgehoben, dass ihr
Gesellschaftsvertrag ausschließt, dass einem Gesellschafter durch die
anderen Gesellschafter - zum Beispiel aufgrund von deren Finanzkraft -
wesentliche Entscheidungen aufgezwungen werden können, und alle für
die Gesellschaft wichtigen Fragen daher eines einstimmigen
Beschlusses bedürften. Der Stimmrechtseinfluss eines jeden
Gesellschafters ist daher nach dem Gesellschaftsvertrag
Beigeladenen zu 1)> demjenigen vergleichbar, der von einem
Gesellschafter mit einer qualifizierenden Minderheit von 25 % ausgeübt
werden kann, und geht in wichtigen Gesellschafterbelangen, wie beim
Gesellschaftereinfluss auf die Geschäftsführung, noch weit darüber
hinaus. Gestützt auf diese Feststellungen hat die KEK dem SPIEGEL-
Verlag bereits das von der veranstaltete
Programm dctp.tv gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 RStV zugerechnet (vgl.
Beschluss der KEK vom 14.09.2010 i. S. dctp.tv, Az.: KEK 628, III 2.2).
Dieser Zurechnungszusammenhang gilt aufgrund des Anknüpfens an
die gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die
zu 1)> folglich auch für sämtliche weiteren von ihr veranstalteten
Programme, mithin auch für das Drittfensterprogramm.
Für eine Zurechnung des Drittfensterprogramms über den SPIEGEL-
Verlag hinaus zu Gruner + Jahr und der Bertelsmann SE & Co. KGaA ist
gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 RStV i. V. m. § 15 AktG erforderlich, dass
diese nur mittelbar beteiligten Unternehmen jeweils im Verhältnis eines
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verbundenen Unternehmens im Sinne von § 15 AktG stehen. Dies trifft
zwar gemäß §§ 15, 16 Abs. 1 AktG für das Verhältnis Bertelsmann SE &
Co. KGaA und Gruner + Jahr aufgrund der Mehrheitsbeteiligungen der
Bertelsmann SE & Co. KGaA in Höhe von 73,4 % an Gruner + Jahr
sowie in Höhe von 74,9 % an deren Komplementärin Druck- und
Verlagshaus Gruner + Jahr AG zu, nicht jedoch für das Verhältnis Gruner
+ Jahr zum SPIEGEL-Verlag (vgl. Beschlüsse der KEK i. S. Sendezeiten
für unabhängige Dritte im Programm RTL, Auswahl von dctp, Az.: KEK
159-2, II 4.1.1.1.2.1, und Az.: KEK 461-2, II 2.1.2, sowie Beschlüsse der
KEK i. S. SPIEGEL TV digital, Az.: KEK 254, III 2.1.3; i. S. SPIEGEL
Geschichte, Az.: KEK 567, III 2.3; i. S. spiegel.tv, Az.: KEK 665, III 2.3,
sowie i. S. SPIEGEL TV Wissen, Az.: KEK 674, III 2.2; so auch VG
Hannover, Beschlüsse vom 29.09.2008, Az.: 7 B 3575/08, Rz. 62 ff., und
vom 17.07.2003, Az.: 6 B 2458/03, Rz. 73 ff.). Eine Mehrheitsbeteiligung
von Gruner + Jahr am SPIEGEL-Verlag i. S. v. § 16 Abs. 1 AktG besteht
nicht. Auch eine Beherrschung des SPIEGEL-Verlags durch Gruner +
Jahr liegt nicht vor. Aufgrund der fehlenden Mehrheitsbeteiligung von
Gruner + Jahr greift zunächst die Beherrschungsvermutung des § 17
Abs. 2 AktG nicht.
Eine Beherrschung kann daneben auch aus anderen Umständen
gefolgert werden. Diese müssen dem herrschenden Unternehmen eine
gesellschaftsrechtlich vermittelte, auf Dauer gefestigte
Einflussmöglichkeit verschaffen, die derjenigen einer
Mehrheitsbeteiligung gleich kommt (h. M. in der aktienrechtlichen
Rechtsprechung, vgl. Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 2000, §
17 Rn. 21 ff.; Hüffer, Aktiengesetz, 6. Aufl. 2004, § 17 Rn. 9; ständige
Spruchpraxis der KEK im Rahmen der rundfunkrechtlichen Zurechnung,
vgl. bereits Beschluss i. S. K., Az.: KEK 070, III 2.1.3.1). Durch eine bloße
Sperrminorität erhält ein Gesellschafter diese Einflussmöglichkeit im
Regelfall nicht, denn durch sie kann die Unternehmensleitung noch nicht
zu einem bestimmten Handeln veranlasst werden (vgl. Münchener
Kommentar zum AktG, § 17 Rn. 42; Hüffer, Aktiengesetz, § 17 Rn. 10).
Auch die GmbH, in der Gesellschafter einen größeren Einfluss auf die
Geschäftsführung ausüben können als bei der Aktiengesellschaft,
beherrscht ein Minderheitsgesellschafter nur dann, wenn die
Sperrminorität ihm nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung einen
rechtlich gesicherten Einfluss auf zentrale Unternehmensbereiche
verschafft (Münchener Kommentar zum AktG, § 17 Rn. 125).
Aus der Sperrminorität von Gruner + Jahr bei der Komplementärin des
SPIEGEL-Verlags, der Rudolf Augstein GmbH, erwächst dieser kein
gesellschaftsvertraglich abgesicherter, bestimmender Einfluss (vgl.
ausführlich Beschluss der KEK i. S. Drittsendezeiten bei RTL, Az.: KEK
159-2, II 4.1.1.1.2.1; bestätigend: VG Hannover, Beschlüsse vom
29.09.2008, Az.: 7 B 3575/08, Rz. 62, und vom 17.07.2003, Az.: 6 B
2458/03, Rz. 72). Beherrschungs-, Gewinn-abführungs- oder sonstige
Unternehmensverträge mit Gruner + Jahr im Sinne der §§ 15, 291, 292
AktG bestehen nach Auskunft des SPIEGEL-Verlags nicht (Schreiben
des SPIEGEL-Verlags vom 25.02.2013; Handelsregisterauszug vom
07.02.2012).
In der aktienrechtlichen Rechtsprechung ist darüber hinaus die sog.
„kombinierte Beherrschung" anerkannt. Dabei wird die
Minderheitsbeteiligung eines Gesellschafters durch zusätzliche
außergesellschaftsrechtliche Beherrschungsmittel, wie etwa ein
wirtschaftliches Druckpotenzial, zu einem beherrschenden Einfluss
verstärkt (vgl. Münchener Kommentar zum AktG, § 17 Rn. 31 f., m.w.N.).
Einer solchen kombinierten Beherrschung des SPIEGEL-Verlags durch
Gruner + Jahr steht jedoch entgegen, dass die Unabhängigkeit der
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Geschäftsführung der Rudolf Augstein GmbH von entsprechenden
Einflüssen durch gesellschaftsvertragliche Regelungen, insbesondere
die Weisungsunabhängigkeit der Geschäftsführung außerhalb
grundsätzlicher Entscheidungen (§ 4 Gesellschaftsvertrag Rudolf
Augstein GmbH) und einer für Gesellschafterbeschlüsse grundsätzlich
erforderlichen Mehrheit von 76 % der abgegebenen Stimmen (§ 5 Abs. 3
Gesellschaftsvertrag Rudolf Augstein GmbH), gewährleistet wird (vgl.
auch ausführlich Beschluss der KEK i. S. Drittsendezeiten bei RTL, Az.:
KEK 159-2, II 4.1.1.1.2.1). Zudem hat Gruner + Jahr auf eine im
Gesellschaftsvertrag des SPIEGEL-Verlags zu ihren Gunsten enthaltene
Druckoptionsklausel (§ 18), die ihr für die Zeit der Zugehörigkeit zum
Gesellschafterkreis eine Option auf die gesamte drucktechnische
Herstellung des Magazins ‚DER SPIEGEL‘ einräumt, mit Erklärung vom
06.04.2005 verzichtet.
Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 RStV gilt zudem jedes von mehreren
Unternehmen als herrschendes Unternehmen, wenn sie aufgrund einer
Vereinbarung oder in sonstiger Weise derart zusammenwirken, dass sie
gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf ein beteiligtes
Unternehmen ausüben können. Diese sog. „Mehrmütterherrschaft" findet
sich ebenfalls in § 36 Abs. 2 Satz 2 GWB wieder und ist auch im Rahmen
des § 17 Abs. 1 AktG anerkannt (Hüffer, Aktiengesetz, § 17 Rn. 13 m. w.
N.). Für die Annahme der gemeinsamen Beherrschung ist allein der
Umstand, dass zwei Gesellschafter in der Summe über ausreichende
Stimmrechte verfügen, um Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen -
wie dies in der Rudolf Augstein GmbH für Gruner + Jahr zusammen mit
der Mitarbeiter KG der Fall ist - noch nicht hinreichend. Die Feststellung
einer gemeinsamen Beherrschung setzt zusätzlich voraus, dass über die
für eine solche gesellschaftstypische gemeinsame Interessenlage und
Leitungsmacht der Gesellschafter hinaus weitere Umstände vorliegen,
die eine gesicherte einheitliche Einflussnahme auf der Grundlage einer
auf Dauer angelegten Interessengleichheit erwarten lassen (vgl.
Beschluss des BGH vom 22.07.1981 - Transportbeton Sauerland -
WuW/E BGH 1810, 1811 = BGHZ 81, 56). Für eine solche
Interessenabstimmung zwischen Gruner + Jahr und der Mitarbeiter KG,
die Anteile von Mitarbeitern des SPIEGEL-Verlags repräsentiert, gibt es
auch weiterhin keinerlei Anhaltspunkte.
Der grundsätzlich auf die erste Beteiligungsstufe beschränkte
Zurechnungstatbestand des § 28 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. RStV ist
ausnahmsweise dann auch auf höhere Beteiligungsstufen anzuwenden,
wenn eine unmittelbare Beteiligung des betreffenden Unternehmens an
der Programmveranstalterin lediglich aufgrund der Zwischenschaltung
von unternehmerisch funktionslosen, reinen „Zwischenholdings" nicht
besteht. In teleologischer und verfassungskonformer Anwendung haben
solche funktionslosen Zwischenholdings bei der Zurechnung außer
Betracht zu bleiben (ständige Spruchpraxis der KEK, vgl. z. B. bereits
Beschlüsse i. S. NEUN LIVE, Az.: KEK 104 und KEK 120). Das ist jedoch
u. a. auf der Stufe des SPIEGEL-Verlags offensichtlich nicht der Fall (vgl.
bereits Beschluss der KEK i. S. Drittsendezeiten bei RTL, Az.: KEK 159-
2, 114.1.1.1.2.2).
Die KEK hat in der Vergangenheit zwar im Rahmen der Bewertung der
Aktivitäten der RTL Group S.A. und der Bertelmann SE & Co. KGaA auf
medienrelevanten verwandten Märkten Gruner + Jahr aufgrund der
unmittelbaren Beteiligung von über 25 % am SPIEGEL-Verlag und
dessen Komplementärin Rudolf Augstein GmbH die vom SPIEGEL-
Verlag herausgegebene Zeitschrift ‚DER SPIEGEL‘ zugerechnet (vgl.
Beschluss der KEK vom 13.11.2012 i. S. RTL Television, Az.: KEK 711,
111 3.2.1.3, und zuletzt Beschluss der KEK vom 11.12.2012 i. S. RTL II,
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Az.: KEK 732, 111 3.2.1.3). Aufgrund des darüber hinaus - wie dargestellt
- zwischen Gruner + Jahr und dem SPIEGEL-Verlag fehlenden
Unternehmensverbundes i. S. v. § 15 AktG ist es für die Frage der
rechtlichen Unabhängigkeit der von der
im Übrigen jedoch ohne Belang, ob der SPIEGEL
TV GmbH und deren Muttergesellschaft, dem SPIEGEL-Verlag,
gegebenenfalls aufgrund von Programmzulieferungen (SPIEGEL-TV-
Formate) das von veranstaltete Drittfenster
oder zumindest Teile davon gemäß § 28 Abs. 2 RStV zuzurechnen sind.“
Diesen Ausführungen schließt sich die beschließende Kammer für das
vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes auf der Grundlage der
vorzunehmenden summarischen Prüfung an. Dies auch deshalb, weil die
Antragstellerin die Darlegungen, mittels derer sie im vorliegenden Verfahren
nachzuweisen sucht, die Beigeladene zu 1) stehe in einem rechtlichen
Abhängigkeitsverhältnis zu Gruner + Jahr bzw. zu Bertelsmann, jedenfalls dem
Grunde nach bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, sodass sich
auch die KEK umfassend mit diesem Vorbringen auseinander gesetzt hat.
bb. Die Beigeladene zu 1) ist auch in der Lage, unter Wahrung der
Programmautonomie des Hauptprogrammveranstalters einen zusätzlichen
Beitrag zur Vielfalt dessen Programms, insbesondere in den Bereichen, Kultur,
Bildung und Information im Sinne von § 31 Abs. 1 RStV zu leisten. Bei den von
der Beigeladenen zu 1) angebotenen Formaten handelt es sich um
Informationssendungen. Diese sind per se geeignet, dem Vielfaltsgebot zu
entsprechen. Auch die von der Beigeladenen zu 1) angebotene
Binnenpluralität ihres Fensterprogramms, die u. a. in die Formate SPIEGEL TV
und stern tv aufgegliedert ist, gewährleistet Vielfalt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v.
19.03.2010, a.a.O.; Beschl. d. Kammer v. 10.12.2008, a.a.O.).
c. Die Auswahlentscheidung selbst wird unter Berücksichtigung des von der
Antragsgegnerin mit der Beigeladenen zu 2) erzielten Einvernehmens und des
der Antragsgegnerin einzuräumenden Beurteilungsspielraums nicht zu
beanstanden sein.
aa. Die Beigeladene zu 1) durfte im Gegensatz zur Rechtsauffassung der
Antragstellerin auch erneut zugelassen werden, obwohl sie bereits in der
Vergangenheit das Fensterprogramm der Beigeladenen zu 2) gestaltet hatte
und auch zum Fensterprogramm bei SAT. 1 zugelassen ist. Nach Nr. 5.5
vorletzter Satz DSZR ist bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur
Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters ferner die mehrfache Zulassung
eines Fensterveranstalters zu berücksichtigen. Die 6. Kammer des
Verwaltungsgerichts Hannover hat hierzu bereits mit Beschluss vom 17. Juli
2003 (a.a.O.) entschieden:
"Keineswegs kann der Regelung des § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV
entnommen werden, dass der Gesetzgeber den Wechsel des
Fensterprogrammanbieters als zusätzlichen Vielfaltsbeitrag erkannt
hätte. Eine entsprechende Wertung, wonach die Beigeladene zu 1) als
bereits mehrfach Zugelassene nur nachrangig berücksichtigt werden
dürfe, folgt entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht aus Nr.
5.5 der DSZR. Anders als von der Antragstellerin dargestellt, bestimmt
der Wortlaut dieser Vorschrift nicht, dass ein mehrfach zugelassener
Fensterveranstalter nur nachrangig zu berücksichtigen wäre. Vielmehr
schreibt die Bestimmung in Nr. 5.5 der DSZR nur vor, dass die
mehrfache Zulassung zum Abwägungsgesichtspunkt gemacht werden
muss, nicht aber, in welche Richtung die Abwägung der größtmöglichen
Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters in einem solchen Fall
tendieren soll."
Dem hatte sich die beschließende Kammer bereits mit Beschluss vom 10.
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Dezember 2008 (a.a.O.) angeschlossen; Gründe, hiervon abzuweichen, sind
nicht ersichtlich.
Dieser Abwägungsgesichtspunkt ist in hinreichendem Maß in das hier streitige
Auswahlverfahren eingestellt worden. Er wurde nicht nur zum Gegenstand der
Erörterung der Antragsgegnerin mit der Beigeladenen zu 2) am 08. November
2012 gemacht. In dem Ergebnisprotokoll (Bl. 103 f. Beiakte - BA - A) hierzu
heißt es insoweit:
„Die Anwesenden diskutieren, ob angesichts der Tatsache, dass die
bereits seit Jahren Drittsendezeitenveranstalter im
Programm der ist, ein Wechsel des
Drittsendezeitenveranstalters an sich geeignet wäre, um allein aus der
Veränderung des Veranstalters einen Vielfaltsgewinn zu generieren. …
Voraussetzung hierfür - auch hierüber stimmen die Beteiligten überein -
ist jedoch, dass dieser eine gleichwertige oder bessere Vielfaltsleistung
als der bisherige Zulassungsinhaber erwarten lässt. Dies ist nach
übereinstimmender Ansicht der Beteiligten nicht der Fall.“
Dieser Aspekt wurde auch im Rahmen der Benehmensherstellung mit der KEK
nach § 36 Abs. 2 Satz 3 RStV diskutiert. Die KEK hatte zur Vorbereitung der
Erörterung in ihrer 186. Sitzung am 12. März 2013 der Antragsgegnerin u. a.
die Fragen gestellt (Bl. 330, 332 BA A), ob bei der Auswahl der Beigeladenen
zu 1) berücksichtigt worden sei, dass diese bzw. ihre Programmzulieferer im
Fernsehen anderweitig durch eigene Sender oder Sendungen präsent seien.
Aus der Begründung des in dieser Sitzung von der KEK gefassten
Beschlusses (Bl. 378 ff. BA A) geht hervor, dass der Direktor der
Antragsgegnerin hierzu in der Sitzung Stellung genommen (Bl. 394 f.) und die
KEK festgestellt hat, dass die Antragsgegnerin den Aspekt der
Mehrfachlizensierung wie auch den Gesichtspunkt, dass die Beigeladene zu
1) wiederholt als Drittsendezeitveranstalter im Programm der Beigeladenen zu
2) lizensiert worden sei, bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt habe.
Diese sei vor dem Hintergrund der Erörterungen der Antragsgegnerin mit der
Beigeladenen zu 2) nicht aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt zu
beanstanden (Bl. 410 BA A). Der Abwägungsgesichtspunkt ist zudem in der
Begründung des Gesamtbescheides vom 13. Juni 2013 enthalten (S. 16 ff.).
bb. Die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang aufgeworfene
Frage, ob die SPIEGEL TV GmbH als (Mit-)Veranstalterin des beabsichtigten
Fensterprogramms anzusehen ist, dürfte zu verneinen sein. Denn vorliegend
ist nicht die SPIEGEL TV GmbH im Rechtssinne Veranstalterin eines
Fensterprogramms in der 1. Sendezeitschiene bei der Beigeladenen zu 2)
geworden, sondern die Beigeladene zu 1). Veranstalter eines nach Maßgabe
des § 31 Abs. 1 RStV auszustrahlenden Fensterprogramms ist danach gemäß
§ 31 Abs. 5 RStV derjenige, der nach Durchführung des in § 31 RStV
geregelten und ergänzend in der DSZR bestimmten Zulassungsverfahrens
ausgewählt worden ist und mit dem Hauptveranstalter daraufhin eine
Vereinbarung über die Ausstrahlung des Fernsehprogramms geschlossen hat
(ähnlich: Trute in Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3.
Aufl., § 28 RStV Rdnr. 4, der entscheidend auf den Zulassungsakt abstellt).
Diesem ist als (Fensterprogramm-)Veranstalter nach Maßgabe des § 31 Abs. 6
RStV die Zulassung zu erteilen. § 31 RStV greift nicht den vom
Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 97, 298 ff.) entwickelten materiellen
Veranstalterbegriff auf; dieser ist maßgeblich für die Beantwortung der Frage,
ob eine natürliche oder juristische Person den Schutz des Grundrechts aus
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genießt. Vielmehr sichert der Gesetzgeber die
Unabhängigkeit des Fensterprogrammanbieters über die noch weiter
reichenden Zurechnungsregelungen des § 28 RStV (Hahn/Vesting, ebd.).
Damit wird für die Annahme einer Abhängigkeit von einem Dritten nicht erst
eine tatsächliche (materielle) Veranstaltertätigkeit anderer voraussetzt,
sondern unter den dort geregelten Voraussetzungen reicht schon die
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Möglichkeit der Einflussnahme auf das Programm zur Annahme einer
Abhängigkeit aus.
Dieses reicht tatsächlich auch zum Erreichen des Gesetzeszwecks des § 25
RStV aus. Hinter dem zur Begründung des Rechtsschutzantrags gewählten
Begriff des (Mit-)Veranstalters steht im Kern die Argumentation der
Antragstellerin, nicht die Beigeladene zu 1), sondern die SPIEGEL TV GmbH
sei im Wesentlichen die „wahre“ Fensterprogrammanbieterin bzw. Bewerberin
um die Zulassung im Sinne von § 31 Abs. 3 RStV, weil sie den wichtigsten Teil
des Fensterprogramms liefere und dabei keinen redaktionellen Vorgaben der
Beigeladenen zu 1) unterworfen sei. Diese Argumentation kann vor dem
rechtlichen Hintergrund des § 28 Abs. 2 Satz 2 RStV Bedeutung gewinnen.
Danach steht es einer Beteiligung nach § 31 Abs. 1 RStV gleich, wenn ein
Unternehmen oder ein ihm bereits aus anderen Gründen nach Absatz 1 oder
Absatz 2 Satz 1 zurechenbares Unternehmen einen der Zurechnung von
Programmen vergleichbaren Einfluss ausübt, weil es 1. regelmäßig einen
wesentlichen Teil der Sendezeit eines Veranstalters mit von ihm zugelieferten
Programmteilen gestaltet oder 2. auf Grund vertraglicher Vereinbarungen,
satzungsrechtlicher Bestimmungen oder in sonstiger Weise eine Stellung
innehat, die wesentliche Entscheidungen eines Veranstalters über die
Programmgestaltung, den Programmeinkauf oder die Programmproduktion
von seiner Zustimmung abhängig macht. Diese Voraussetzungen sind aber im
Fall der Beigeladenen zu 1) schon deshalb nicht erfüllt, weil zum einen die
Bertelsmann AG als Unternehmen keinen unmittelbaren Einfluss im Sinne von
§ 35 Abs. 2 Satz 2 RStV auf die Beigeladene zu 1) ausübt und die das
„SPIEGEL TV Magazin“ gestaltende SPIEGEL TV GmbH - wie bereits
ausgeführt - nicht als ein der Bertelsmann AG „aus anderen Gründen nach
Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 zurechenbares Unternehmen“ anzusehen ist
(vgl. Beschl. d. Kammer v. 10.12.2008, a.a.O.).
cc. Soweit die Antragstellerin die streitgegenständliche Auswahlentscheidung
mit dem Vorwurf angreift, die Antragsgegnerin habe eine Vorfestlegung
zugunsten der Beigeladenen zu 1) vorgenommen, die sie durch mangelhafte
Sachverhaltsaufklärung und unvollständige Aktenführung zu decken
versuche, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr zeigt der Inhalt der
Ergebnisprotokolle zu den Erörterungen, die die Antragsgegnerin mit der
Beigeladenen zu 2) geführt hat, dass sie durchaus ausgelotet hat, ob die
Beigeladene zu 2) bereit war, jedenfalls ein Format der Antragstellerin im
Fensterprogramm zu akzeptieren, und dass sie den Versuch unternommen
hat, eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin und
der Beigeladenen zu 1) zu bewirken. In dem Protokoll der Erörterung vom 08.
November 2012 (Bl. 107 ff. BA A) heißt es dazu:
(… wird weiter ausgeführt)
Am 14. Januar 2012 führten die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 2)
eine zweite Erörterung. Aus dem Ergebnisprotokoll (Bl. 113 BA A) geht hervor,
dass zwar Gespräche zwischen den Beigeladenen und der Antragstellerin
hinsichtlich der angeregten Einbindung des Formats „Meisterwerke“ geführt
worden seien, diese jedoch nicht zu einer Einigung geführt hätten. Weiter ist
festgehalten:
„Betreffend die Anträge der und der
sei aus Sicht der der Antrag der
vorzugswürdig. Für die
spreche nicht zuletzt die inhaltliche Pluralität sowie inhaltliche Vielfalt der
vorgeschlagenen Formate. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass
das Format ‚Meisterwerke‘ der keine höhere
Vielfaltsleistung entfalte als das Format ‚10 vor 11‘. … Frau L. und Frau
M. sind der Ansicht, dass die mangelnde Einigung zwischen der
und der bedauerlich ist. Beide
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können aber auf Basis der Antragslage dem Auswahlvorschlag der
Beigeladenen zu 2) folgen. …
Herr N. weist darauf hin, dass aus seiner Sicht die Anträge der
und der nicht gleichwertig sind.
Frau L. und Frau M. stimmen Herrn N. zu. Auch die Vertreter der
Beigeladenen zu 2) sind weiterhin der Ansicht, dass die Anträge nicht
gleichwertig sind. …“
Soweit die Antragstellerin die Auswahlentscheidung als fehlerhaft angreift, weil
die Kritik an dem Format „Meisterwerke“ der Antragstellerin genauso auf das
Format „10 vor 11“ der Beigeladenen zu 1) angewandt werden könne bzw.
müsse, dies jedoch nicht erfolgt sei, wird dieser Vorhalt durch die eben zitierten
Ergebnisprotokolle nicht bestätigt. Vielmehr wird daraus deutlich, dass dem
Format „Meisterwerke“ der Antragstellerin keine höhere Vielfaltsleistung
zugesprochen worden ist als dem Format „10 vor 11“ der Beigeladenen zu 1).
Die Antragsgegnerin bewegt sich damit im Rahmen ihres
Beurteilungsspielraums. Vor dem oben unter 2.b.) dargestellten rechtlichen
Hintergrund, dass die Erörterung der Anträge, die die Antragsgegnerin mit dem
Hauptprogrammveranstalter durchzuführen hat, gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3
RStV das Ziel hat, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen und im Rahmen
kooperativen Verwaltungshandelns die Vielfaltsinteressen der
Zulassungsbehörde mit der Programmautonomie des
Hauptprogrammveranstalters in Einklang zu bringen, also größtmögliche
Vielfalt und Interessen des Hauptprogrammveranstalters zu vereinen, sodass
die Einigung zwischen Zulassungsbehörde und dem
Hauptprogrammveranstalter maßgebliche Bedeutung für die
Zulassungsentscheidung besitzt, ist rechtlich auch nichts dagegen zu
erinnern, wenn die Antragsgegnerin einem von dem
Hauptprogrammveranstalter abgelehnten Format nur dann den Vorzug geben
will, wenn dieses einen höheren Vielfaltsbeitrag verspricht als das von dem
Hauptprogrammveranstalter favorisierte.
B. Der Antrag zu 2) bleibt nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO bereits
deshalb erfolglos, weil Maßnahmen zur Sicherung der Rechte der
Antragstellerin im Hinblick auf die vorstehende Ablehnung ihres Antrages nach
§ 80 Abs. 5 VwGO nicht zu treffen sind.
C. Die Antragstellerin hat als Unterlegene gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die
Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3
VwGO aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese
jeweils Antragsablehnung beantragt und sich damit einem eigenen
Kostenrisiko im Sinne von § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3
Nr. 2 GKG und entspricht der Streitwertrechtsprechung des Nds.
Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 19.03.2010, a.a.O.; vgl. auch: OVG
Koblenz, Beschl. v. 10.07.2013 - 2 A 11197/12 -, juris, mit dem - unter
Bezugnahme auf die eben zitierte Streitwertentscheidung des Nds. OVG - für
ein Hauptsacheverfahren um die Zuteilung eines Drittsendefensters ein
Streitwert von 100.000,00 € festgesetzt worden ist, der nach Ziffer 1.5 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - sowohl in der Fassung
von 2004 wie auch in derjenigen von 2013 - für ein Verfahren des vorläufigen
Rechtschutzes zu halbieren ist).