Urteil des VG Hannover vom 16.04.2013

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Erteilung einer Genehmigung für den Taxenverkehr
VG Stade 1. Kammer, Urteil vom 16.04.2013, 1 A 1608/12
§ 13 Abs 4 PBefG
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Genehmigung für den Verkehr mit fünf Taxen mit
Betriebssitz in F..
Diese beantragte er am 1. Januar 2012 bei dem Beklagten. Der Beklagte
wandte sich mit Schreiben vom 12. Januar 2012 an den Kläger. Die Anzahl der
Taxikonzessionen sei nach § 13 PBefG kontingentiert, weil das örtliche
Taxigewerbe in seiner Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt werden solle.
Wegen einer Betriebsaufgabe seien in F. 5 Konzessionen verfügbar gewesen.
Hierfür hätten bereits 8 Neubewerber Anträge gestellt, wobei der Antrag des
Klägers der letzte gewesen sei. Die ersten drei Bewerber hätten bereits
Konzessionen erhalten. Den nächsten zwei Bewerbern würden in Kürze
Konzessionen erteilt. Der Antrag des Klägers sei auf Platz 3 der Warteliste für
Neubewerber. Er, der Beklagte, beabsichtige, nach Erteilung der genannten 5
Konzessionen die Auswirkungen der neu erteilten Konzessionen auf das
örtliche Taxgewerbe für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten zu
beobachten. Er gehe davon aus, dass neue Konzessionen frühestens Ende des
Jahres 2013 erteilt werden könnten, falls sich die wirtschaftliche Lage der neuen
ansässigen Unternehmen trotz der neu erteilten Konzessionen positiv
entwickeln werde. Möglicherweise werde dann aber lediglich für einen Bewerber
eine neue Konzession erteilt und ein neuer Beobachtungszeitraum eingerichtet.
Der Kläger werde um Mitteilung gebeten, wie verfahren werden solle. Falls er
nichts anderes mitteile, gehe er, der Beklagte, davon aus, dass der Antrag
aufrechterhalten werden solle.
Der Kläger äußerte sich nicht. Daraufhin lehnte der Beklagte seinen Antrag mit
Bescheid vom 13. Februar 2012 ab. Für die Gemeinde F. seien bereits 13
Konzessionen erteilt. Die Erteilung einer weiteren Konzession würde das
Taxigewerbe dort in seiner Funktionsfähigkeit gefährden. Die Taxendichte
betrage 1 zu 1.126 Einwohner und liege deutlich über dem Durchschnitt im
Gebiet des Landkreises von 1 zu 1.461. Dabei liege die Taxendichte in dem
gesamten Kreisgebiet mit 0,68 pro 1000 Einwohner bereits sehr deutlich über
dem Landesdurchschnitt (Stand 2008) von 0,49 Taxen pro 1000 Einwohner.
Zuletzt sei im 2. Halbjahr 2010 unter den im Kreisgebiet ansässigen
Taxenunternehmern zur Entwicklung in den Jahren 2007 - 2009 ein Umfrage im
Hinblick auf folgende Gesichtspunkte durchgeführt worden
- Nachfrage nach Beförderungsaufträgen im Taxenverkehr,
- Taxendichte,
- Entwicklung der Ertrags- und Kostenlage unter Einbeziehung der
Einsatzzeit,
- Anzahl und Ursachen der Geschäftsaufgaben,
- Hinweise der ansässigen Unternehmer.
Hierbei habe bei der Umsatz- und Kilometerentwicklung gegenüber dem Vorjahr
eine Steigerung festgestellt werden können. Unter Berücksichtigung der
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Taxendichte rechtfertige dies aber die Erteilung von zusätzlichen Konzessionen
nicht. Die Umsatz - und Kilometerzahlen lägen trotz der positiven Entwicklung
weiterhin unter dem Niveau des Jahres 2001. Weiter seien in den letzten
Monaten wegen einer Betriebsaufgabe eines Betriebes mit 5 Konzessionen 5
Konzessionen an unterschiedliche Unternehmen in A. vergeben worden. Es sei
zunächst zu beobachten, wie sich dies auf das Taxengewerbe in F. auswirken
werde. Die nächste für den Zeitraum 2010 - 2011 geplante Erhebung werde die
Änderungen in der Gemeinde F. nicht erfassen können. Neben der
wirtschaftlichen Entwicklung der ansässigen Unternehmer werde aber auch die
bereits jetzt überdurchschnittlich hohe Taxendichte zu berücksichtigen sein.
Wegen der bereits jetzt hohen Taxendichte sei die Erteilung einer Konzession
auch nach Ablauf des Beobachtungszeitraumes unwahrscheinlich. Derzeit
könne für das gesamte Kreisgebiet, keine neue Konzession erteilt werden, dies
gelte insbesondere auch für die Gemeinde F.. Der Antrag des Klägers werde auf
Platz 3 der Warteliste für Neubewerber in der Gemeinde F. gesetzt.
Der Kläger hat am 14. März 2012 Klage erhoben und trägt vor:
Wenn der Beklagte die Konzessionsdichte in F. mit den Verhältnissen im
Landkreis und im Land Niedersachsen vergleiche, übersehe er die besonderen
räumlichen Gegebenheiten der Gemeinde, die direkt an das Bundesland G.
angrenze, wobei die Stadt G. für F. das städtische Oberzentrum darstelle. H. sei
neben der Stadt I. das Mittelzentrum. J. sei von F. aus mit dem öffentlichen
Nahverkehr nicht zu erreichen. Die Stadt G. sei nur mit dem Zug zu erreichen,
Busverbindungen existierten nicht oder zumindest nicht in ausreichendem
Umfang. Die Bürger in F. seien insoweit auf das Angebot des Taxengewerbes
angewiesen. Weiter gebe die Umfrage des Beklagten bei den örtlichen
Taxenbetreibern kein verlässliches Bild von der wirtschaftlichen Situation des
Taxengewerbes. Die Verlässlichkeit der Angaben der örtlichen
Konzessionsinhaber sei nicht geprüft worden, wobei nachvollziehbar sei, dass
diese Angaben gemacht hätten, die der Erteilung weiterer Konzessionen
entgegenstünden. Es sei weder eine Prüfung der Angaben durch Nachfrage bei
dem Finanzamt erfolgt, noch sei - wie andere Landkreise dies praktizierten - ein
unabhängiges Sachverständigengutachten eingeholt worden. Es sei davon
auszugehen, dass die tatsächlichen Umsatzzahlen auf dem Niveau des Jahres
2001 lägen. Der Beklagte habe auch nicht dargelegt, dass durch weitere
Konzessionen für die bisherigen Konzessionsinhaber ein ruinöser Wettbewerb
eintreten werde oder unmittelbar drohe. Der Umstand, dass sich die Umsätze in
den Jahren 2007 - 2009 gesteigert hätten, spreche dagegen. Die Taxen, für
deren Betriebe in den letzten 6 Monaten 5 neue Konzessionen erteilt worden
seien, würden ausnahmslos von Betreibern der Mietwagenfirma "Funkwagen K.
" betrieben. Sie hätten ihren ständigen Betriebssitz an deren Betriebssitz in L.
und führen ausschließlich im Raum G.. In der Gemeinde F. seien diese Taxen
nur selten anzutreffen. Auswirkungen auf das Taxengewerbe in F. habe die
Erteilung dieser 5 Konzessionen deswegen nicht. Der Beklagte habe außer Acht
gelassen, dass neben den Taxen in der Gemeinde A. eine Vielzahl von
Mietwagen betrieben werde, was deutliches Anzeichen für die Wirtschaftlichkeit
des Taxengewerbes dort sei. Auch die Warteliste für Taxikonzessionen und der
Umstand, dass die Altunternehmen selbst weitere Konzessionen beantragt
hätten, sprächen hierfür. Es seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass
bei Zulassung weiterer Taxen dort ein ruinöser, existenzbedrohender
Wettbewerb drohe. Zuletzt ergebe sich die angeblich hohe Taxendichte in F. nur
dadurch, dass dort Scheinfirmen mit sog. Briefkastenadressen angemeldet
seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 13. Februar 2012 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, vorbehaltlich der Prüfung der
subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen nach § 13 Abs. 1
PBefG ihm eine Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit
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fünf Taxen zu erteilen,
hilfsweise,
den Bescheid des Beklagten vom 13. Februar 2012 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag auf Erteilung
einer Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit fünf Taxen
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu
entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt im Wesentlichen die Gründe des angegriffenen Bescheides.
Ergänzend trägt er vor. Die von dem Kläger genannten räumlichen
Gegebenheiten in F. rechtfertigten keine höhere Taxendichte. Ein solcher Bedarf
folge vor allem nicht aus dem Entwicklungsstand des übrigen öffentlichen
Personennahverkehrs. Die Verkehrsanbindung von F. sei vielmehr gut. Der
Vortrag des Klägers, es gebe bis auf wenige Ausnahmen keinen
grenzüberschreitenden Busverkehr nach G., so dass Bürger von M. nur mit dem
Zug erreichen könnten, sei unzutreffend. Die Gemeinde F. sei sowohl durch den
Schienenpersonennahverkehr an G. angeschlossen, als auch durch
Busverbindungen. Aktuell erfolge eine Optimierung der Regionallinien, so dass
zukünftig auf dieser Verbindung ein Stundentakt sichergestellt werde. Es gebe
weiter 4 Mietwagenkonzessionen, durch die auch Personen befördert würden.
Entgegen dem Vortrag des Klägers seien die Ergebnisse der Umfrage bei
ansässigen Unternehmern verlässlich. Der Kläger lasse außer Betracht, dass
viele der ansässigen Unternehmer weitere Konzessionen beantragt hätten und
so nicht davon ausgegangen werden könne, dass ihre Angaben von dem
Bestreben gelenkt seien, Konkurrenz abzuwehren. Andererseits könne aber
auch aus der Warteliste nicht auf eine gute wirtschaftliche Lage der
Unternehmen geschlossen werden. Diese beantragten oftmals auch
Konzessionen, um zu verhindern, dass weitere Konzessionen an Konkurrenten
vergeben würden. Hierfür spreche, dass teilweise Unternehmen seit dem Jahr
2000 auf der Warteliste stünden. Nachfragen hätten ergeben, dass
Konzessionen nicht nachhaltig nachgefragt würden, aber dennoch einer
Streichung aus der Liste nicht zugestimmt werde. Der Gesetzgeber habe im
Übrigen darauf verzichtet, die Anzahl der beantragten Konzessionen in einen
Zusammenhang mit der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes
zu stellen. Unzutreffend sei auch, wenn der Kläger angebe, die Taxen der
bisherigen Konzessionsinhaber führen nur in N.. Die neuen Konzessionsinhaber
hätten erst kürzlich die Schaffung von Taxenstellplätzen in F. beantragt. Ferner
sei F. die Gemeinde des Betriebssitzes und es bestehe Beförderungspflicht. Der
Vortrag des Klägers, es handele sich um Scheinfirmen, treffe nicht zu.
Insgesamt würde die Erteilung einer weiteren Konzession zu schwerwiegenden
Mängeln in der Verkehrsbedienung führen und das örtliche Taxengewerbe in
seiner Funktionsfähigkeit bedrohen. Die im Vergleich zum Landesdurchschnitt
erhöhte Taxendichte sei ein Indiz hierfür. Im Übrigen werde darauf hingewiesen,
dass sich der Kläger auf Rang 3 der Warteliste befinde. Die beiden Bewerber auf
Platz 1 und Platz 2 der Warteliste seien ebenfalls Neubewerber und seien in
jedem Fall vor dem Kläger zu berücksichtigen. Zweifel an der persönlichen
Zuverlässigkeit des Klägers bestünden nicht. Ihm sei deswegen auch im April
2012 eine Mietwagenkonzession erteilt worden.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen
des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie en beigezogenen
Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber lediglich mit dem Hilfsantrag begründet. Die
Weigerung des Beklagten, dem Kläger die beantragte Genehmigung zu erteilen,
ist im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO rechtswidrig und verletzt den Kläger
in seinen Rechten. Er kann aber nicht die Erteilung der Genehmigung
verlangen, sondern lediglich eine erneute Entscheidung über seinen Antrag, weil
die Sache zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung
noch nicht spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Genehmigung für
den Gelegenheitsverkehr mit 5 Taxen zu Unrecht abgelehnt. Er stützt sich dabei
allein auf die Regelungen des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG sowie des § 13 Abs. 5
PBefG. Gemessen an diesen Vorschriften erweist sich die Ablehnung des
Antrags des Klägers allerdings nicht als tragfähig.
Nach § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG ist eine Genehmigung zum Taxenverkehr zu
versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt
werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche
Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Die Funktionsfähigkeit
des örtlichen Taxengewerbes ist nur um des öffentlichen Verkehrsinteresses
willen geschützt, nämlich mit dem Ziel einer möglichst guten Bedienung des
individuellen öffentlichen Verkehrs in Ergänzung vor allem zu dem öffentlichen
Linienverkehr, nicht hingegen zum Schutz des bestehenden Gewerbes vor
Konkurrenz. Um eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit dieses
Verkehrsangebots anzunehmen, genügt deshalb die Gefahr, dass die Erteilung
weiterer Genehmigungen zu schwerwiegenden Mängeln in der
Verkehrsbedienung durch Taxen führen kann, etwa derart, dass die
Existenzfähigkeit von Betrieben allgemein nur unter übermäßiger, die
Verkehrssicherheit gefährdender Einsatzzeit der Fahrer oder nur unter Einsatz
unterbezahlter Gelegenheitsfahrer mit ähnlichen Gefahren für die
Verkehrssicherheit oder die ansonsten zuverlässige Verkehrsbedienung
gesichert werden kann. Das Gesetz hat in § 13 Abs. 4 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 PBefG
beispielhaft und nicht abschließend einige Merkmale aufgeführt, die indizielle
Bedeutung für die Bewertung der Frage haben können, ob bei weiteren
Genehmigungen über den vorhandenen Bestand hinaus die Funktionsfähigkeit
des örtlichen Taxengewerbes bedroht wird oder nicht (zum Vorstehenden:
BVerwG, Urt. v. 15.4.1988 - 7 C 94.86 -, BVerwGE 79, 208; Urt. v. 7.9.1989 - 7 C
44.88 u.a., - BVerwGE 82, 295; Beschl. v. 31.1.2008 - 3 B 77.07-; juris). Nach
der genannten Vorschrift sind für den Bezirk der Genehmigungsbehörde
insbesondere die Nachfrage nach Beförderungsaufträgen im Taxenverkehr (Nr.
1), die Taxendichte (Nr. 2), die Entwicklung der Ertrags- und Kostenlage unter
Einbeziehung der Einsatzzeit (Nr. 3) und die Anzahl und Ursachen der
Geschäftsaufgaben (Nr. 4) zu berücksichtigen.
Die Gefahr eines die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes
bedrohenden Wettbewerbes muss konkret beweisbar eingetreten oder nach der
sorgfältig begründeten Beurteilung der Verwaltungsbehörde in drohende Nähe
gerückt sein. Sie ist von der Behörde konkret zu belegen. Bei der Entscheidung
über einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr
mit Taxen ist im Hinblick darauf, dass § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG nicht dem
Konkurrenzschutz der vorhandenen Taxiunternehmer dient, sondern die
öffentlichen Verkehrsinteressen im Blick hat, nicht auf die Auswirkungen der
einzelnen Genehmigung auf die Funktionsfähigkeit des örtlichen
Taxengewerbes abzustellen, sondern eine einheitliche Betrachtung der
Verhältnisse des örtlichen Taxengewerbes insgesamt und der durch die
Erteilung einer oder mehrerer Genehmigungen zu erwartenden Auswirkungen
geboten. Bei der Einschätzung, ab welcher Zahl zugelassener Taxen die
Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes bedroht sein wird, steht der
Behörde ein nur begrenzt gerichtlich nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
Die Genehmigungsbehörde hat eine prognostische Einschätzung zu treffen, die
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durch das Gericht nur dahin überprüfbar ist, ob die Behörde den maßgebenden
Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die entscheidungserheblichen
Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der Entwicklung nicht
offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt hat (zum Vorstehenden: BVerwG, Urt. v.
15.4.1988 - 7 C 94.86 -, BVerwGE 79, 208; Urt. v. 7.9.1989 - 7 C 44.88 u.a., -
BVerwGE 82, 295; Beschl. v. 31.1.2008 - 3 B 77.07- juris).
Hieran gemessen vermögen die Ausführungen des Beklagten in dem
angefochtenen Bescheid sowie im Rahmen dieses Klageverfahrens seine
ablehnende Entscheidung nicht zu tragen. Die Prognoseentscheidung des
Beklagten genügt nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 4 PBefG. Es fehlt
bereits an einer sorgfältig begründeten prognostischen Beurteilung, wie sie hier
erforderlich wäre (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.1960 - 1 BvL 53/55 -, BVerfGE 11,
168, BVerwG, Beschl. v. 31.1.2008 - 3 B 77/07 -, juris). Es ist weiter nicht
ersichtlich, dass der Beklagte sämtliche Umstände in seine Erwägungen
einbezogen hat, die für die Beurteilung der Funktionsfähigkeit des
Taxengewerbes in seinem Bezirk erheblich sind.
Soweit sich der Beklagte auf eine im 2. Halbjahr durchgeführte Umfrage unter
den im Kreisgebiet ansässigen Taxiunternehmen stützt, mit der die Entwicklung
in den Jahren 2007 - 2009 abgefragt worden sei, sind die Angaben des
Beklagten weder nachvollziehbar noch hinreichend belegt. Dabei stellt er die
Ergebnisse der Umfrage bereits nicht vollständig dar, sondern macht lediglich
Ausführungen zu der Umsatz- und Kilometerentwicklung sowie zur Taxendichte.
Die Angaben des Beklagten zu der "Umsatz- und Kilometerentwicklung" sind
dabei völlig pauschal gehalten und sind in keiner Weise in dem notwendigen
Umfang konkretisiert worden. Der Beklagte beschränkt sich auf den Vortrag,
was Umsatz - und Kilometerentwicklung angehe, sei gegenüber dem Vorjahr
eine Steigerung festgestellt worden, im Hinblick auf die vorhandene Taxendichte
rechtfertige dies keine zusätzlichen Konzessionen. Eine nähere Begründung für
diese Schlussfolgerung fehlt. Insbesondere lässt sich diesen Angaben nicht
entnehmen, dass und weshalb bei weiteren Konzessionen mit
schwerwiegenden Mängeln bei der Verkehrsbedienung gerechnet werden
müsste.Soweit der Beklagte zusätzlich einen Vergleich mit dem Niveau des
Jahres 2001 vornimmt, überzeugt dies nicht, denn es fehlt eine Begründung
dafür, weshalb gerade dieses Jahr zum Vergleichsmaßstab gewählt wird.
Weitere Aspekte, die im Rahmen des § 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 PBefG relevant
werden könnten, etwa die Frage der Kostenentwicklung, werden nicht erwähnt.
Auch im Rahmen des Klageverfahrens hat der Beklagte die notwendige
Konkretisierung nicht vorgenommen. Auch hier beschränkt er sich auf
pauschale, nicht hinreichend nachvollziehbare und nicht belegte Aussagen. Da
nicht einmal hinreichend konkret nachvollzogen werden kann, welche Angaben
die befragten Unternehmer im Einzelnen gemacht haben, kann offen bleiben,
inwieweit die im Rahmen des § 13 Abs. 4 PBefG anzustellende Prognose allein
auf eine derartige Umfrage gestützt werden kann. Anzumerken ist, dass der
Vortrag des Beklagten hierzu insoweit widersprüchlich erscheint, als er
einerseits angibt, man müsse nicht erwarten, dass die bereits im Taxengewerbe
tätigen Unternehmer zum Schutz vor Konkurrenz falsche Angaben machten,
weil sie selbst weitere Konzessionen beantragt hätten, andererseits aber meint,
diese Konzessionen würden nicht ernsthaft angestrebt, die Anträge seien nur
gestellt worden, um zu verhindern, dass andere Unternehmen Konzessionen
erhielten.
Nachvollziehbare und mit Zahlen belegte Ausführungen enthält der Bescheid
nur insoweit, als er einen Vergleich der Taxendichte in der Gemeinde F. mit
derjenigen im gesamten Gebiet des Beklagten sowie der Taxendichte im
Landesdurchschnitt vornimmt. Allein der Umstand, dass die Taxendichte im
Gebiet der Gemeinde F. höher ist als im Gebiet des Beklagten insgesamt sowie
im Land Niedersachsen, rechtfertigt aber nicht den Schluss darauf, die Erteilung
weiterer Genehmigungen werde die Funktionsfähigkeit des örtlichen
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Taxengewerbes bedrohen. Die Taxendichte stellt zwar ein Indiz im Rahmen der
anzustellenden Prognose dar (§ 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 PBefG). Eine
gegenteilige Indizwirkung kommt hier aber etwa dem Bewerberüberhang für
Taxikonzessionen im Gebiet der Gemeinde F. zu. So folgt aus dem Vortrag des
Beklagten, dass sich nach einer Betriebsaufgabe, durch die 5 Konzessionen frei
geworden seien, 8 Bewerber für diese Konzessionen gemeldet hätten, was
dafür sprechen könnte, dass die vorhandenen Unternehmen wirtschaftlich
betrieben werden können. Weder dem Bescheid noch den Ausführungen im
Rahmen des Klageverfahrens kann entnommen werden, dass der Beklagte sich
mit diesem Umstand ernsthaft auseinandergesetzt hat. Im Klageverfahren gibt er
hierzu auf den Einwand des Klägers an, bestehende Unternehmen beantragten
oftmals auch Konzessionen, um die Vergabe an Konkurrenten zu verhindern.
Dieser Einwand trägt hier insofern nicht, als es sich bei den Bewerbern um die
freiwerdenden Konzessionen ausnahmslos um sog. Neubewerber handelt.
Wenn der Beklagte meint, diese seien regelmäßig nicht in der Lage, die
wirtschaftliche Situation zuverlässig einzuschätzen, ist dies in dieser
Pauschalität und ohne weitere Begründung nicht überzeugend. Dies gilt auch
mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte gerade keine nachvollziehbaren
Ausführungen zu der Frage macht, wie sich die wirtschaftliche Situation des
Taxengewerbes tatsächlich darstellt.
Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er zunächst
einen Beobachtungszeitraum (hierzu § 13 Abs. 4 Satz 3 PBefG) eingerichtet
habe, denn dieser Zeitraum ist mittlerweile abgelaufen. Auch der von dem
Beklagten genannte Umstand, dass der Kläger auf der Warteliste für
Neubewerber (nur) Rang 3 einnimmt, rechtfertigt für sich allein die Ablehnung
seines Antrages nicht. Da es hier als Folge der unzureichenden
Prognoseentscheidung des Beklagten keinerlei Anhaltspunkte für die
Beurteilung der Frage gibt, wie viele Konzessionen in dem fraglichen Gebiet mit
Blick auf die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes tragbar wären, kann
gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger bei
ordnungsgemäßer Prognose auch mit seiner Rangstelle möglicherweise noch
zum Zuge kommen könnte.
Die von dem Beklagten im Rahmen des Verfahrens mehrfach erbetenen
rechtlichen Hinweise waren entbehrlich. Auf welche Umstände es hier für die
Entscheidung im Rahmen des § 13 Abs. 4 PBefG rechtlich ankommt, war dem
Beklagten bekannt. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, in
Ermangelung der notwendigen Nachweise für eine drohende
Funktionsunfähigkeit des Taxengewerbe von sich aus Ermittlungen dazu
anzustellen, ob die behaupteten aber nicht belegten Gefahrenmomente
existieren. Insoweit besteht für die Verwaltungsbehörde wegen der strengen
verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit von
Berufszugangsschranken eine besondere Darlegungslast (BVerwG, Urt. v.
15.4.1988 - 7 C 94.86 -, BVerwGE 79, 208; Beschl. v. 31.1.2008 - 3 B 77.07-;
juris).
Auch wenn die von dem Beklagten vorgenommene Prognoseentscheidung es
nicht rechtfertigt, die von dem Kläger beantragte Genehmigung auf der
Grundlage des § 13 Abs. 4 PBefG zu versagen, folgt wegen des dem Beklagten
zukommenden Beurteilungsspielraums hieraus kein Anspruch des Klägers auf
Erteilung der gewünschten Taxenkonzession. Stellt das Gericht fest, dass die
Behörde nicht alle für die Beurteilung maßgeblichen Gegebenheiten
berücksichtigt hat, ist die Versagung der Taxengenehmigung aufzuheben und
die Behörde zu erneuter Entscheidung zu verpflichten. Das Gericht darf die
Sache nicht in der Weise "entscheidungsreif" machen, dass es die der Behörde
obliegende Einschätzung, welche Zahl von noch zu erteilenden
Genehmigungen vertretbar ist, selbst trifft. Dies ist nur bei einer Sachlage
möglich, die keinen Raum für die der Behördenentscheidung zu Grunde
liegende Einschätzung lässt (BVerwG, Urt. v. 15.4.1988 - 7 C 94.86 -, BVerwGE
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79, 208). Damit ein Verpflichtungsbegehren auf Erteilung einer Taxikonzession
Erfolg hat, muss der klagende Bewerber zudem eine Rangstelle auf der
Vormerkliste erreicht haben oder innerhalb einer "Grauzone" liegen, bei der für
das Gericht nicht offenkundig ist, dass eine Erteilung von Genehmigungen bis
zu (einschließlich) dieser Rangstelle die Funktionsfähigkeit des örtlichen
Taxengewerbes bedrohen würde und eine (weitere) Aufstockung des
Taxikontingents ohne offensichtliche Bedrohung des örtlichen Taxengewerbes
möglich ist (BVerwG, Urt. v. 7.9.1989 - 7 C 44.88 u.a.-; BVerwGE 82, 295; OVG
für das Land Nordrhein - Westfalen, Beschl. v.8.5.2007 - 13 A 3388/03 -, juris).
So liegt es hier aber nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a
Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.