Urteil des VG Göttingen vom 21.11.2000

VG Göttingen: arbeiter, richterliche rechtsfortbildung, wahlergebnis, zahl, wählerverzeichnis, wahlrecht, wahlberechtigung, einspruch, niedersachsen, arbeitsentgelt

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Wahlberechtigung für die Personalratswahlen einer
Samtgemeinde - Beschäftigte einer
Mitgliedsgemeinde und Sozialhilfeempfänger mit
Arbeitsvertrag
VG Göttingen Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen, Beschluss vom
21.11.2000, 7 A 7004/00
§ 4 Abs 1 PersVG ND, § 4 Abs 3 Nr 2 PersVG ND, § 6 Abs 1 PersVG ND, § 6 Abs 4
PersVG ND, § 10 Abs 2 PersVG ND, § 11 Abs 1 Nr 1 PersVG ND, § 19 Abs 2 BSHG
Tenor
Die am 14. März 2000 bei der B. C. durchgeführte Personalratswahl wird für
ungültig erklärt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ficht die Wahlen zum Personalrat bei seiner Dienststelle, der
B. C., vom 14. März 2000 an.
Bereits mit Schreiben vom 31. Januar 2000 benannten drei Bedienstete dieser
Dienststelle gegenüber dem Wahlvorstand für die Personalratswahl namentlich
die Personen, die ihrer Auffassung nach wegen fehlender
Beschäftigteneigenschaft nach dem Nds. Personalvertretungsgesetz
(NPersVG) nicht wahlberechtigt seien, und legten zugleich Einspruch gegen
die Richtigkeit des Wählerverzeichnisses für die Gruppe der Angestellten und
die Gruppe der Arbeiter ein. Diesen Einspruch wies der Wahlvorstand mit
Schreiben vom 3. Februar 2000 zurück.
Am 15. Februar 2000 beantragten die Bediensteten bei Gericht die Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes (7 B 7001/00) und machten geltend, der Arbeiter
N. O. sei lediglich im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach § 19
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bei der B. C. beschäftigt, so dass für ihn das
für die Beschäftigteneigenschaft erforderliche Arbeitsverhältnis wegen der
Besonderheiten des Sozialhilferechts zu verneinen sei. Die übrigen namentlich
benannten Personen aus den Gruppen der Angestellten und Arbeiter seien
deshalb nicht wahlberechtigt, weil sie in keinem Beschäftigungsverhältnis zur
B. Hattorf stünden, sondern (lediglich) Beschäftigte der jeweils nicht
personalratsfähigen Mitgliedsgemeinden C., P., Q. und R. seien.
Der Vorsitzende der beschließenden Fachkammer gab dem Wahlvorstand der
Personalratswahl 2000 der B. C. bei Ablehnung des Antrags im Übrigen durch
Beschluss vom 28. Februar 2000 (7 B 7001/00) im Wege einstweiliger
Verfügung auf, das Wählerverzeichnis (§ 4 der Wahlordnung für die
Personalvertretungen im Land Niedersachsen – WO-PersV -) dahingehend zu
berichtigen, dass für die Gruppen der Arbeiter und Angestellten bestimmte im
gegenwärtigen Wählerverzeichnis genannte Personen gestrichen werden, und
gemäß § 7 WO- PersV die Verteilung der Personalratssitze auf die Gruppen
und Geschlechter mit der Maßgabe vorzunehmen, dass die Zahl der zu
wählenden Personalratsmitglieder drei beträgt.
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Ein Ersuchen der drei Bediensteten, diesen Beschluss gegen Ordnungsgeld
bei Zuwiderhandlung für sofort vollstreckbar zu erklären, lehnte der
Vorsitzende der beschließenden Kammer durch Beschluss vom 13. März
2000 als unzulässig ab (7 D 7003/00). Mit Beschluss vom 10. April 2000 (18 M
960/00) erklärte der Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen des
OVG Lüneburg den Beschluss der Fachkammer vom 28. Februar 2000 (7 B
7001/00) für unwirksam und stellte das Verfahren nach Erledigung der
Hauptsache in Folge der Durchführung der Personalratswahlen entsprechend
der Wahlausschreibung ein.
Am 21. März 2000 hat der Antragsteller die Fachkammer angerufen. Er ist der
Auffassung, der Wahlvorstand habe die Zuständigkeit des zukünftigen
Personalrats über den Umweg der konkreten Wahl auf Beschäftigte erweitern
wollen, die nicht Bedienstete der B. C. seien, sondern in anderen, nicht
personalratsfähigen Dienststellen beschäftigt würden. Diese stünden in
Arbeitsverhältnissen zu den einzelnen Mitgliedsgemeinden der B. C. und das
Weisungsrecht für diese Bediensteten werde auch nicht von der B. ausgeübt,
sondern obliege dem jeweiligen Gemeindedirektor der Mitgliedsgemeinde.
Aus der Gruppe der Angestellten seien betroffen die Damen S., T., U. und V.
(lfd. Nr. 9, 20, 25 und 26 des Wählerverzeichnisses) und aus der Gruppe der
Arbeiter die Bediensteten W., X., Y. (Z. und AA.), AB., AC. (AD. und AE.), AF.
und AG. (lfd. Nr. 7, 13, 15-19, 23 und 24 des Wählerverzeichnisses). Darüber
hinaus sei in der Gruppe der Arbeiter der Bedienstete B. betroffen, der lediglich
im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gemäß § 19
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) einen „Arbeitsvertrag mit Arbeitern für
Arbeiten nach § 19 BSHG“ mit seiner Dienststelle für die Zeit vom 01.
November 1999 bis zum 31. Oktober 2000 geschlossen habe. Herr O. sei
nicht wahlberechtigter Beschäftigter, denn bei Personen, die im Rahmen der
Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten und zur Gewöhnung an Arbeit aufgrund
der §§ 19, 20 BSHG beschäftigt würden, sei das für die
Beschäftigteneigenschaft erforderliche Arbeitsverhältnis wegen der
Besonderheiten des Sozialhilferechts zu verneinen. Diese
Beschäftigungsmaßnahme werde vom Landkreis AH. vollständig aus
Sozialhilfemitteln gefördert. In § 5 des Arbeitsvertrages würden die
Bestimmungen des BMT-G II im dort näher genannten Umfang
ausgeschlossen.
Anstelle von 63 wahlberechtigten Beschäftigten vermindere sich diese Zahl auf
lediglich 49 Wahlberechtigte (6 aus der Gruppe der Beamten, 24 aus der
Gruppe der Angestellten und 19 aus der Gruppe der Arbeiter), so dass die
Zahl der Mitglieder des Personalrats seiner Dienststelle nur noch drei betrage.
Insgesamt hätten 6 Bedienstete unberechtigterweise (per Briefwahl) gewählt (2
Angestellte, 4 Arbeiter).
Der Antragsteller beantragt,
die am 14. März 2000 bei der B. C. durchgeführte Personalratswahl für
ungültig zu erklären.
Der Beteiligte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hält es für erforderlich, dass sonst nicht personalvertretungsrechtlich
erfasste Beschäftigte der Mitgliedsgemeinden durch ihn mit vertreten werden
und demgemäß auch wahlberechtigt sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den
sonstigen Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens, der Verfahren 7 B
7001/00 und 7 D 7003/00 sowie die beigezogenen Unterlagen Bezug
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genommen, die Gegenstand der Anhörung und Beschlussfassung gewesen
sind.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Bei der Wahl des Personalrats für die Dienststelle des Antragstellers am 14.
März 2000 ist gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht i.S.v. § 21
NPersVG in Gestalt der Wahlberechtigung der nicht bei dieser Dienststelle,
sondern bei den Mitgliedsgemeinden Beschäftigten verstoßen worden.
Nach dieser Norm kann die Dienststelle binnen einer Frist von 14 Tagen, vom
Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, die Wahl
unmittelbar beim Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche
Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren
verstoßen worden ist und eine nach der Wahlordnung zulässige und
beantragte Berichtigung nicht vorgenommen worden ist und der Verstoß das
Wahlergebnis ändern oder beeinflussen könnte. So liegt der Fall hier.
Der Antragsteller ist als Leiter der Dienststelle anfechtungsberechtigt gemäß §
21 NPersVG. Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht
liegt darin, dass das Wählerverzeichnis auch Beschäftigte aufgeführt hat, die
nicht der Dienststelle des Antragstellers, sondern den Mitgliedsgemeinden der
B. C. angehören. Dieser rechtzeitig gerügte Verstoß ist vom Wahlvorstand
nicht vor der Durchführung der Wahl behoben worden.
Zu Unrecht hat der Wahlvorstand den Berichtigungsantrag dreier Mitarbeiter
der Dienststelle des Antragstellers auf Berichtigung des Wählerverzeichnisses
abgelehnt. Denn aus den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 4, 6 NPersVG
ergibt sich mit Eindeutigkeit, dass wahlberechtigt i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 1
NPersVG die Beschäftigten einer Dienststelle sind, wobei Dienststelle i.S.v. § 6
NPersVG jeweils selbständig die B. C. und die einzelnen Mitgliedsgemeinden
sind. Jede dieser Gemeinden bildet ohne Rücksicht auf ihre Größe und die
Gliederung ihres Verwaltungskörpers eine (einheitliche) Dienststelle (vgl.
Dembowski u.a., PersVR, Stand: November 1999, § 6 NPersVG Rn. 7). Eine
Ausnahme i.S.v. § 6 Abs. 4 NPersVG (Zusammenfassung mehrerer
Dienststellen durch die oberste Dienstbehörde) wird vorliegend weder
behauptet noch ist sonst ersichtlich, dass die Voraussetzungen dieser
Ausnahmevorschrift gegeben sind. Angesichts der letztgenannten
Ausnahmevorschrift scheidet eine (analoge) Anwendung von § 10 Abs. 2
NPersVG von vornherein aus. Nach dieser Vorschrift werden Dienststellen, bei
denen die Voraussetzungen für die Wahl eines Personalrats (5
Wahlberechtigte und 3 wählbare Beschäftigte) nicht vorliegen, von der
zuständigen Mittelbehörde oder obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit
der Stufenvertretung einer benachbarten Dienststelle zugeteilt. Eine
(erforderliche) Regelungslücke für eine analoge Anwendung dieser auf die
Landesverwaltung zugeschnittenen Norm ist nicht ersichtlich. § 6 Abs. 4
NPersVG regelt, unter welchen Voraussetzungen Dienststellen i.S.v. Abs. 1
der Norm, unabhängig von ihrer Personalratsfähigkeit nach § 10 Abs. 1
NPersVG, welche verschiedenen obersten Dienstbehörden (vgl. §§ 80 Abs. 2,
75 Abs. 1 und 2, 67 Nds. Gemeindeordnung – NGO -) unterstehen, zu einer
Dienststelle im personalvertretungsrechtlichem Sinne zusammengefasst
werden können. Diese den „Allgemeinen Vorschriften“ des 1. Teils und
Kapitels des Nds. Personalvertretungsgesetzes beigegebene Norm wird für
den Bereich der kommunalen Dienststellen durch die einen spezielleren Fall
betreffende Vorschrift des § 10 Abs. 2 NPersVG aus dem 2. Kapitel dieses
Gesetzes nicht berührt. Deswegen kann eine Zusammenfassung –
gleichgültig ob sie alle oder nur einen Teil der vier Mitgliedsgemeinden betrifft
und ob sie mit oder ohne Einbeziehung der B. erfolgt – ausschließlich nach
Maßgabe des § 6 Abs. 4 NPersVG erfolgen, so dass für eine Zuteilung analog
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§ 10 Abs. 2 NPersVG kein Raum bleibt.
An dieser Rechtslage hat der Gesetzgeber bisher nichts geändert. Raum für
richterliche Rechtsfortbildung bleibt bei dieser Sachlage nicht.
Nach § 21 NPersVG reicht es aus, dass der Verstoß des Wahlergebnis ändern
oder beeinflussen könnte, d. h. es reicht aus, dass es eine Möglichkeit einer
Änderung oder Beeinflussung gegeben hat. Dabei ist maßgeblich abzustellen
auf den konkreten Kausalzusammenhang zwischen Mangel und
Wahlergebnis, d. h. der konkrete Verstoß gegen eine Wahlvorschrift muss das
konkrete Wahlergebnis geändert oder beeinflusst haben können (Bieler/Müller-
Fritzsche, NPersVG, 10. Auflage 2000, § 21 Rn 23 f.; vgl. zusammenfassend
zum insoweit wortgleichen Landesrecht in Nordrhein-Westfahlen:
Cecior/Dietz/Vallendar, PersVR in NRW, § 22 Rn 73).
Vorliegend ergibt sich die konkrete Einflussmöglichkeit auf das
Gesamtwahlergebnis bereits daraus, dass rechtmäßigerweise bei lediglich 50
Wahlberechtigten i.S.v. § 4 NPersVG lediglich drei und nicht fünf
Personalratsmitglieder (§ 13 Abs. 1 NPersVG) hätten gewählt werden dürfen
(vgl. zur Anfechtbarkeit in einem solchen Fall: Fricke/Frohner u. a., NPersVG,
1995, § 13 Rn 3). Darüber hinaus haben 6 Beschäftigte (2 Angestellte, 6
Arbeiter) unberechtigterweise an der Wahl teilgenommen. Auch darin ist eine
konkrete Einflussmöglichkeit auf das Wahlergebnis, jedenfalls in der Gruppe
der Arbeiter, die nicht mehr zwei, sondern nur noch einen Vertreter entsenden
können, hinsichtlich der Reihenfolge der Gewählten (Listenwahl gab es nicht,
die beiden Kandidaten hatten 13 bzw. 12 Stimmen erhalten) zu sehen.
Allerdings beruft sich der Antragsteller insoweit zu Unrecht auf einen Verstoß
gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, wenn er den bei ihm
durch einen Arbeitsvertrag gemäß § 19 BSHG beschäftigten Arbeiter, Herrn O.,
nicht für wahlberechtigt i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 1 NPersVG i.V.m. § 4 Abs. 1, 3 Nr.
2 NPersVG hält.
Danach sind wahlberechtigt Beschäftigte i.S.d. § 1, 4 Abs. 1 NPersVG, d. h.
unter anderem Arbeiter der Verwaltungen der Gemeinden. Nach dem
vorgelegten Arbeitsvertrag stand Herr O. bis zum 31. Oktober 2000 in einem
Arbeitsverhältnis zur Dienststelle des Antragstellers mit einer
durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden bei
grundsätzlicher Geltung des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter
gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G, § 2 Arbeitsvertrag vom
28.10.1999), wobei im Rahmen einer Nebenabrede (§ 5 des Vertrages)
einzelne dort genannte Bestimmungen des BMT-G von einer Anwendung
ausgeschlossen wurden; Herr O. wurde in die Lohngruppe 2 des BMT-G II
eingestuft.
Diesem Arbeitsvertrag sind besondere Regelungen (außer der Überschrift), die
eine Sonderstellung Herrn O. s rechtfertigen könnten, nicht zu entnehmen.
Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(Beschl. vom 26.01.2000 – 6 P 2.99 -, NVwZ 2000, 1182 ff.) nach § 19 Abs. 2
Halbsatz 1 Alternative 1 BSHG Beschäftigte, d. h. Personen, die als
Sozialhilfeempfänger zum Zwecke der Ableistung gemeinnütziger Arbeit für
den Arbeitgeber tätig werden und denen das übliche Arbeitsentgelt gewährt
wird, auch als „Beschäftigte“ i.S.d. Bundespersonalvertretungsgesetzes
anzusehen sind. Ausdrücklich führt das Bundesverwaltungsgericht (aaO.) aus,
dass die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 5 Nr. 2 BPersVG, die inhaltlich mit §
4 Abs. 3 Nr. 2 NPersVG übereinstimmt, nicht einschlägig ist. Nach dieser
Ausnahmevorschrift gelten solche Personen nicht als Beschäftigte im Sinne
des Gesetzes, die überwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung,
Besserung oder Erziehung beschäftigt werden. Zu dieser Personengruppe
gehören Sozialhilfeempfänger, für die Gelegenheit zu gemeinnütziger Arbeit
geschaffen wird, weder wenn sie „das übliche Arbeitsentgelt“ erhalten (§ 19
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Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Alternative 1 BSHG – sowie hier Herr O.) noch wenn
ihnen „Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen
Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt“ wird (§ 19 Abs. 2 Satz 1
Halbsatz 1 Alternative 2 BSHG). Die Ausnahmebestimmung im
Personalvertretungsrecht will nach ihrer Zielsetzung nur die Personen
erfassen, bei denen die Beschäftigung vorrangig als Mittel zur Behebung
physischer, psychischer oder sonstiger in der Person des Beschäftigten
liegender Mängel eingesetzt wird. Dementsprechend geht es bei der
Wiedereingewöhnung um die Wiederherstellung eines normalen Verhältnisses
dieser Beschäftigten zum allgemeinen Erwerbsleben. Die
Wiedereingewöhnung ist darauf gerichtet, Personen, die einer geregelten
Arbeit entwöhnt sind oder sich nie an solche Arbeit gewöhnt haben, an
geregelte Arbeit heranzuführen. Die Beschäftigung muss vorwiegend aus
therapeutischen Gründen erfolgen, wie etwa bei „Arbeitsscheuen,
Nichtseßhaften oder Landstreichern“. Arbeitsverhältnisse nach § 19 Abs. 2
Halbsatz 1 Alternative 1 BSHG (wie das vorliegende) erfüllen diese
Voraussetzungen nicht. Denn dem Sozialhilfesuchenden soll es ermöglicht
werden, durch Verwertung seiner Arbeitskraft selbst für den Unterhalt zu
sorgen, seine soziale Absicherung in den verschiedenen Zweigen der
Sozialversicherung zu verbessern, seine Vermittlungschancen auf dem
Arbeitsmarkt zu erhöhen und seinen Selbsthilfewillen zu stärken. Die mit
verfolgten rehabilitativen Ziele sollen den Austauschcharakter des
Arbeitsverhältnisses nicht zurückdrängen. Vielmehr sollen sie im Rahmen
eines regulären Arbeitsverhältnisses erreicht werden. Die Arbeit ist nicht bloß
Therapiemittel, sondern hat eine eigenständige Bedeutung. Die Verbesserung
der Motivation und Vermittlungsfähigkeit stellt sich als Folgewirkung der Arbeit
dar. Dies gilt – nach dem Bundesverwaltungsgericht (aaO.) - (sogar) für Fälle,
in denen gar kein Beschäftigungsverhältnis begründet wird (vgl. § 19 Abs. 2
Halbsatz 1 Alternative 2 BSHG). Eine Beschäftigung nach § 19 Abs. 2 Satz 1
BSHG ist demgemäß zu unterscheiden von einer solchen nach § 20 Abs. 1
BSHG, welche regelmäßig nicht die Arbeitsbeschaffung, sondern die
Beschäftigungstherapie zum Ziel hat (vgl. zum Vorstehenden umfassend:
BVerwG, aaO; jetzt auch Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 10. Aufl. 2000, § 4
Rn 21). Die zuvor diskutierte Streitfrage, ob Beschäftigte im Rahmen einer
Maßnahme gemäß §§ 19, 20 BSHG (Schaffung von Arbeitsgelegenheiten)
beschäftigt i.S.v. § 4 Abs. 2 NPersVG sind (vgl. so für den Fall des
Abschlusses eines Arbeitsvertrages noch: Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 8.
Aufl. 1998, § 4 Rn. 21 m.w.N.) oder ob grundsätzlich bei auf diesen
Bestimmungen beruhenden Beschäftigungsverhältnissen die
Beschäftigteneigenschaft i.S.v. § 4 NPersVG (möglicherweise wegen der
Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 3 Nr. 2 NPersVG wegen der Besonderheit
des Sozialhilfegesetzes) zu verneinen ist (vgl. Dembowski u.a., aaO., m.w.N.),
ist damit geklärt.
Zur Klarstellung weist die Fachkammer darauf hin, dass für die erneute
Durchführung der mit dieser Entscheidung für ungültig erklärten Wahl (vgl. § 23
Abs. 1 Nr. 4 NPersVG) dieselben tatsächlichen Umstände – allerdings unter
Vermeidung der für die erfolgreiche Anfechtung erheblichen Fehler - zu
Grunde zu legen sind, die auch bei der für ungültig erklärten Wahl vorlagen.
Das heißt insbesondere, dass für diese Wiederholungswahl auf das frühere
(von den vorstehend aufgezeigten Fehlern bereinigte) Wählerverzeichnis
zurückzugreifen ist, denn es sind nur diejenigen Beschäftigten wahlberechtigt,
die auch für die erfolgreich angefochtene Wahl die Wahlberechtigung
besaßen. Neu in die Dienststelle eingetretene Beschäftigte sind nicht
wahlberechtigt; Beschäftigte, die seit der angefochtenen Wahl die Gruppe
gewechselt haben, sind bei der Wiederholungswahl für ihre frühere Gruppe
wahlberechtigt (vgl. umfassend: Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 10. Aufl.
2000, § 21 Rn 26 m. w. N.). Inzwischen ausgeschiedene Wahlberechtigte sind
mit Vermerk zu streichen (Fricke u. a., Nds. PersVG, § 21 Rn 12; vgl. Cecior u.
a., aaO., § 22 NPersVG NRW Rn 113).
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Daraus ergibt sich zugleich, dass vorliegend die Zahl der zu wählenden
Personalratsmitglieder drei beträgt, denn zum Stichtag (§ 13 Abs. 2 NPersVG –
Tag des Erlasses des Wahlausschreibens) betrug die Zahl der
Wahlberechtigten weniger als 51. Zur Vorbereitung der Wiederholungswahl ist
gemäß §§ 23 Abs. 3 Hs. 2 i. V. m. 18 Abs. 2 S. 2 u. 3, Abs. 3 NPersVG von der
Dienststelle eine Personalversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes (nach
der Maßgabe des § 18 Abs. 4 NPersVG) einzuberufen. Gemäß § 23 Abs. 3
NPersVG hat dieser Wahlvorstand bis zur ersten Sitzung des neu gewählten
Personalrats die Befugnisse und Pflichten des Personalrats (dazu auch:
Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 10. Aufl. 2000, § 23 Rn 19 ff.).
Eine Kostenentscheidung erfolgt in personalvertretungsrechtlichen
Beschlusssachen gemäß § 83 Abs. 2 NPersVG i.V.m. § 12 ArbGG nicht.