Urteil des VG Göttingen vom 13.06.2013

VG Göttingen: ferienwohnung, treu und glauben, empfang, bahnhof, wäscherei, anzeigepflicht, überzeugung, bus, post, transport

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Rundfunkgebührenpflicht für Autoradio bei
gelegentlicher Nutzung zu gewerblichen Zwecken
Die gelegentliche, nur beiläufige Miterledigung von Aufgaben unter Nutzung
eines privaten Pkw, die in einem funktionalen Zusammenhang mit dem
Betrieb einer Ferienwohnung stehen, löst die Gebührenpflicht für das
Bereithalten des eingebauten Autoradios aus.
VG Göttingen 2. Kammer, Urteil vom 13.06.2013, 2 A 588/12
§ 5 Abs 2 S 2 RdFunkGebVtr, § 5 Abs 2 S 1 RdFunkGebVtr
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Rundfunkgebühren für ein
Radio in ihrem privaten Pkw.
Die Klägerin vermietet seit geraumer Zeit Teile ihres Wohnhauses als
Ferienwohnung. Rundfunkempfangsgeräte, die die Klägerin in ihrer privaten
Wohnung sowie in der Ferienwohnung zum Empfang bereithält, sind beim
Beklagten ordnungsgemäß angemeldet. Zur Ausstattung der Ferienwohnung
gehört ausweislich der von ihr auch im Internet betriebenen Werbung
(www.ferienwohnung-ohlwein.de) u.a. die Bereitstellung von Bettwäsche und
Handtüchern. Im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. April 1991 bis 30.
April 2012 war sie zudem fortlaufend Halterin von privat genutzten Pkw, die
jeweils mit einem Autoradio ausgestattet waren.
Anlässlich einer allgemeinen Überprüfung des Wohnortes der Klägerin suchte
der Gebührenbeauftragte des Beklagten, der Zeuge E. F., die Klägerin am 8.
November 2011 zur Überprüfung der von ihr bereitgehaltenen Empfangsgeräte
auf. Die Klägerin bat den Zeugen, der offenbar zuvor das Autoradio in dem
damaligen Pkw der Klägerin wahrgenommen hatte, in ihre Wohnung. Es
entwickelte sich zwischen dem Zeugen und der Klägerin ein ca. halbstündiges
Gespräch. Während dieses Gespräches nahm der Zeuge das bei der
Verwaltungsakte des Beklagten (Bl. 12) befindliche Formular über die
Zumeldung eines Rundfunkempfangsgerätes in dem Pkw der Klägerin auf. In
dem Zumeldeformular vermerkte der Zeuge u.a. das amtliche Kennzeichen des
Pkw der Klägerin, den Zeitraum „04/1991“, ab dem die Zumeldung
vorgenommen werden soll, sowie die von dem Zeugen hieran anknüpfend
errechneten rückständigen Gebühren bis einschließlich des Monats November
2011 in Höhe von 1.233,91 €. Im Feld Bemerkungen dieses Formulars
vermerkte der Zeuge Folgendes:
„Im frdl. Gespräch wurde HF im Pkw zugemeldet. Pkw wird genutzt für die
Ferienwohnung. Genutzt zum Abholen von Gästen von Bahn und Bus. Zum
Einkaufen für die Ferienwohnung. Zum Wäsche holen und wegbringen. Zu
Fahrten zur Post und Bank. TN will in 3 x gleichen Monatsraten zahlen.“
Dieses Formular, in dem die rückständigen Gebühren i.H.v. 1.233,91 € in drei
verschiedenen Feldern vermerkt sind, unterschrieb die Klägerin eigenhändig im
Feld „Unterschrift Kontoinhaber“ und im Feld „rechtsverbindliche
Unterschrift/Stempel - Rundfunkteilnehmer(in)“. Der Zeuge F. händigte der
Klägerin zum Abschluss seines Besuchs eine Durchschrift dieses
Zumeldeformulars aus.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22. November 2011 wandte sich die Klägerin
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an den Beklagten mit der Bitte um Erläuterung, warum in ihrem Falle einer nur
ganz geringfügigen beruflichen Nutzung ihres privaten Pkw ein weiterer
Gebührentatbestand ausgelöst worden sei. Der Zeuge F. habe die Nutzung
ihres Pkw in dem Zumeldeformular falsch wiedergegeben. Ihre Ferienwohnung
sei nur zu ca. 40 Tagen im Jahr belegt. Dabei versorgten sich ihre Gäste im
Wesentlichen selbst. Richtig sei, dass sie in der Vergangenheit auch mal einen
Gast von Bahnhof abgeholt oder hingebracht habe, und wenn sie ihre eigene
Wäsche in die Wäschemangel gab, auch mal in der Ferienwohnung angefallene
Wäsche mitgenommen habe. Diese Umstände änderten jedoch nichts an der
weit überwiegend privaten Nutzung ihres Pkw.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 wies die GEZ die Klägerin darauf hin,
dass ein gebührenpflichtiges Zweitgerät nach den Regelungen des
Rundfunkgebührenstaatsvertrages auch dann vorliege, wenn das private Kfz
nur geringfügig für Fahrten zu nicht privaten Zwecken genutzt werde. Dem trat
die Klägerin mit weiterem Schreiben vom 2. Januar 2012 entgegen, in dem sie
die Rechtsauffassung vertrat, die gelegentliche Mitnahme von Wäsche aus der
Ferienwohnung zur Wäschemangel und der gelegentliche Transport von Gästen
vom und zum Bahnhof sei keine gewerbliche Nutzung ihres privaten Pkw.
Nach Rücksprache mit dem Zeugen F. entgegnete der Beklagte mit Schreiben
vom 9. Januar 2012, es komme auf die Häufigkeit der Nutzung des privaten Pkw
der Klägerin zu geschäftlichen Zwecken nicht an. Die Einrede der Verjährung
könne die Klägerin nicht erheben, denn dies stelle eine unzulässig
Rechtsausübung dar. Im Übrigen verwies der Beklagte die Klägerin auf die
Möglichkeit, verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz im Wege der Anfechtung
eines späteren Gebührenbescheides zu suchen.
Mit Gebührenbescheid vom 1. Juli 2012 setzt die GEZ namens und im Auftrag
des Beklagten gegenüber der Klägerin Rundfunkgebühren für den Zeitraum 1.
April 1991 bis 30. April 2012 in Höhe von 1.246,71 € einschließlich eines
Säumniszuschlages von 5,11 € fest. Hiergegen erhob die Klägerin unter dem
11. Juli 2012 Widerspruch, den sie unter Verweis auf ihren bisherigen
Schriftwechsel mit dem Beklagten begründete.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober
2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er u.a. aus, ein
gebührenpflichtiges Zweitgerät werde in einem privaten Kfz auch dann
vorgehalten, wenn dessen Einsatz nicht im finalen Sinne unmittelbar zu
beruflichen Zwecken erfolge. Es genüge vielmehr, dass der Einsatz des Pkw in
objektivem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit der Klägerin stehe. Allein
die rechtliche Möglichkeit, den Pkw dem Betriebsvermögen zuordnen zu
können, löse die Gebührenpflicht nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag
aus. Im Übrigen sei die Klägerin an ihre unterschriftlich zur Kenntnis
genommenen und bestätigten Erklärungen in dem Anmeldeformular vom 8.
November 2011 nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebunden. Die
Einrede der Verjährung sei unbeachtlich, da sie eine unzulässige
Rechtsausübung seitens der Klägerin darstelle. Wegen der weiteren
Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des Widerspruchsbescheides
des Beklagten vom 18. Oktober 2012 (Bl. 57 ff. der beigezogenen
Verwaltungsakte des Beklagten) verwiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 9. November 2012 die vorliegende Klage
erhoben, die sie wie folgt begründet: Die im Zumeldeformular vom 8. November
2011 erfassten Informationen seien sachlich unzutreffend. Eine gewerbliche
Nutzung ihres Pkw finde nicht statt und habe auch in der Vergangenheit nicht
stattgefunden. Die vom Zeugen F. in dem Feld Bemerkungen des
Zumeldeformulars eingetragenen Nutzungen seien von diesem falsch
verstanden und deshalb auch falsch wiedergegeben worden. Der Charakter
einer privaten Nutzung ihres Pkw ändere sich nicht dadurch, dass sie anlässlich
privater Fahrten auch kleinere Aufgaben im Zusammenhang mit ihrer
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Ferienwohnung miterledigt habe. Eine nur beiläufige Miterledigung von
Aufgaben, die in einem funktionalen Zusammenhang mit ihrem
Ferienwohnungsbetrieb stünden, stelle keine gewerbliche Nutzung ihres Pkw
dar. Sie habe keine ausschließlich durch den Ferienwohnungsbetrieb
veranlassten Fahrten mit ihrem Privat-Pkw durchgeführt. Deshalb sei das in
ihren Pkw eingebaute Autoradio jeweils ein gebührenfreies privates Zweitgerät,
dessen Vorhalten sie mit der regelmäßigen Zahlung einer vollen
Rundfunkgebühr für ihre Wohnung bereits abgegolten habe. Hilfsweise erhebe
sie die Einrede der Verjährung. Sie habe keinen Verstoß gegen die
Anzeigepflicht aus § 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag begangen, sondern
ihren gesetzlichen Meldepflichten in der Vergangenheit stets genügt.
Mit weiteren Schriftsätzen vom 31. Januar und 14. Februar 2013 hat die Klägerin
die Begebenheiten mit dem Zeugen F. am 8. November 2011 aus ihrer Sicht in
allen Einzelheiten geschildert und nunmehr klargestellt, sie wasche ihre private
Wäsche und die in ihrer Ferienwohnung anfallende Wäsche ausschließlich
privat. Sie habe auch in der Vergangenheit diese Wäsche privat gewaschen und
hierfür keine Wäscherei genutzt. Ebenso wenig habe in der Vergangenheit ein
Transfer von Gästen vom oder zum Bahnhof stattgefunden. Soweit sie
anderslautende Angaben in dem Zumeldeformular unterschriftlich bestätigt
habe, sei dies auf die starke Beeinträchtigung ihrer Sehkraft und die damaligen
schlechten Beleuchtungsverhältnisse in ihrer Küche zurückzuführen. Das
Auftauchen des Zeugen F. sei seinerzeit für sie völlig überraschend gekommen.
Zudem habe sie der Zeuge zur Unterzeichnung des Zumeldeformulars
gedrängt. Sie habe deshalb das Formular unterschrieben, ohne sich dieses
näher durchzulesen. Soweit sie in der außergerichtlichen Korrespondenz und in
ihrer Klagebegründung zunächst anders vorgetragen habe, sei dieser Umstand
auf ein Kanzleiversehen ihres Prozessbevollmächtigten zurückzuführen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der GEZ vom 1. Juli 2012 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 18. Oktober 2012
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung darauf, dass die Klägerin ihre Angaben gegenüber
dem Zeugen F. auf dem Zumeldeformular zweifach unterschriftlich bestätigt
habe. Der neue Vortrag der Klägerin sei angesichts der bisher geführten
außergerichtlichen Korrespondenz zumindest verwunderlich. Er gehe daher
nach wie vor davon aus, dass die Klägerin mit ihrem privaten Pkw auch
gelegentlich Gäste vom bzw. zum Bahnhof transportiert sowie Wäsche aus der
Ferienwohnung in eine Wäscherei gefahren habe. Auf den Umfang der Nutzung
ihres privaten Pkw zu betrieblichen Zwecken komme es nach § 5 Abs. 2 Satz 2
Rundfunkgebührenstaatsvertrag nicht an. Ein gebührenpflichtiges Zweitgerät
liege auch dann vor, wenn der private Pkw in einem sehr geringen Umfang zu
geschäftlichen Zwecken genutzt werde. Aus Praktikabilitäts- und
Typisierungsgründen habe der Gesetzgeber bewusst keine
Geringfügigkeitsgrenze in § 5 Abs. 2 Rundfunkgebührenstaatsvertrag
aufgenommen. Auch sei es der Klägerin verwehrt, sich auf die Einrede der
Verjährung zu berufen. Hierfür genüge der objektiv vorliegende Verstoß gegen
ihre Anzeigepflicht nach § 3 RGebStV. Nach der Rechtsprechung des
Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes sei der Vorwurf schuldhaften
Handelns hierfür unerheblich.
Der Einzelrichter hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2013 zur
Aufklärung des Sachverhaltes Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung
des Zeugen E. F.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
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Sitzungsniederschrift vom 13. Juni 2013 (Bl. 51 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten
Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte
und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die in der
mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der
Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der angefochtene
Gebührenbescheid der GEZ vom 1. Juli 2012 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 18. Oktober 2012 ist rechtmäßig
und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Rundfunkgebühren für die im
streitbefangenen Zeitraum 1. April 1991 bis 30. April 2012 in den privaten Pkw
der Klägerin fortlaufend vorhandenen Autoradios sind die Vorschriften des
Rundfunkgebührenstaatsvertrages (kurz: RGebStV) ausgehend von der
Fassung, die dieser durch den Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten
Deutschland vom 31. August 1991 erhalten hat (Nds. GVBl. 1991, S. 311), und
den ihr nachfolgenden, im streitbefangenen Zeitraum in Kraft getretenen
Änderungen, von denen für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt
lediglich die zum 1. April 2005 in Kraft getretene Änderung des § 5 Abs. 2
RGebStV durch den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (Gesetz vom 25.
Februar 2005, Nds. GVBl. 2005, S. 61) zu berücksichtigen ist.
Nach § 2 Abs. 2 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der
Regelungen der §§ 5 und 6 RGebStV für jedes von ihm zum Empfang
bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Rundfunkgebühr und für das
Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu
entrichten. Rundfunkteilnehmer in diesem Sinne ist gem. § 1 Abs. 2 RGebStV
derjenige, der ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält. Letzteres ist
dann der Fall, wenn mit dem Gerät ohne besonderen zusätzlichen technischen
Aufwand Rundfunkdarbietungen unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der
empfangbaren Programme unverschlüsselt oder verschlüsselt empfangen
werden können. Für das in ein Kraftfahrzeug eingebaute
Rundfunkempfangsgerät gilt gemäß § 1 Abs. 3 RGebStV derjenige als
Rundfunkteilnehmer, für den das Kraftfahrzeug zugelassen ist. Ist das
Kraftfahrzeug nicht zugelassen, gilt der Halter des Kraftfahrzeugs als
Rundfunkteilnehmer. Beginn und Ende des Bereithaltens eines
Rundfunkempfangsgerätes zum Empfang sind der zuständigen
Landesrundfunkanstalt nach § 3 Abs. 1 RGebStV unverzüglich anzuzeigen. Die
Rundfunkgebührenpflicht beginnt gem. § 4 Abs. 1 RGebStV mit dem ersten des
Monats, in dem ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird.
Die Rundfunkgebührenpflicht endet gem. § 4 Abs. 2 RGebStV mit Ablauf des
Monats, in dem das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes endet, jedoch
nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der Landesrundfunkanstalt angezeigt
worden ist.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV ist eine Rundfunkgebühr nicht zu leisten für
weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen
Person oder ihrem Ehegatten in ihrer Wohnung oder ihrem Kraftfahrzeug zum
Empfang bereitgehalten werden, wobei für Rundfunkempfangsgeräte in
mehreren Wohnungen für jede Wohnung eine Rundfunkgebühr zu entrichten ist.
Gemäß § 5 Abs. 2 Sätze 1 und 2 RGebStV in der Fassung des 8.
Rundfunkänderungsstaatsvertrages gilt die Gebührenfreiheit nach Absatz 1
Satz 1 dieser Vorschrift nicht für Zweitgeräte in solchen Räumen oder
Kraftfahrzeugen, die zu anderen als privaten Zwecken genutzt werden. Auf den
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Umfang der Nutzung der Rundfunkempfangsgeräte, der Räume oder der
Kraftfahrzeuge zu den in § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV genannten Zwecken
kommt es nicht an. Vor Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung am 1. April 2005
lautete die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Sätze 1 und 2 RGebStV: Die
Gebührenfreiheit nach Absatz 1 Satz 1 gilt nicht für Zweitgeräte in solchen
Räumen oder Kraftfahrzeugen, die zu gewerblichen Zwecken oder zu einer
anderen selbständigen Erwerbstätigkeit des Rundfunkteilnehmers oder eines
Dritten genutzt werden. Auf den Umfang der Nutzung der
Rundfunkempfangsgeräte, der Räume oder der Kraftfahrzeuge zu den in Satz 1
genannten Zwecken kommt es nicht an. Durch die Neuformulierung des § 5
Abs. 2 Satz 1 RGebStV ist eine inhaltliche Änderung der Reichweite der
Gebührenfreiheit von Zweitgeräten indes nicht eingetreten, denn schon nach der
Rechtslage vor dem 1. April 2005 sollte die Freistellung von der
Mehrfachzahlung gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV nach ihrem Sinn und Zweck
ausschließlich den privaten Bereich erfassen (Bayerischer VGH, Urteil vom 21.
September 2011 - 7 BV 10.3080 -, zit. nach juris Rn. 16;
Göhmann/Schneider/Siekmann in: Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum
Rundfunkrecht, 3. Auflage, § 5 RGebStV Rn. 12 und 35).
Zu § 5 Abs. 2 Satz 2 RGebStV ist in der verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung mehrfach entschieden worden, dass eine
Rundfunkgebührenpflicht für Zweitgeräte auch dann besteht, wenn das
Kraftfahrzeug, in dem das Radio zum Empfang bereitgehalten wird, nur teilweise
- ggf. sogar nur in ganz untergeordnetem Umfang - zu Zwecken genutzt wird, die
bei objektiver Betrachtungsweise in einem Zusammenhang mit der beruflichen
oder gewerblichen Tätigkeit des Gebührenpflichtigen stehen, ohne dass es auf
die steuerrechtliche Behandlung bzw. Bewertung dieses Kfz ankommt (VG
Osnabrück, Urteil vom 9. Oktober 2003 - 2 A 134/02 -, NJW 2004, S. 3507, zit.
nach juris Rn. 9 m.w.N.; ebenso Bayerischer VGH, Urteil vom 21. September
2011, a.a.O., Rn. 17 m.w.N.; vgl. auch Göhmann/Schneider/Siekmann, a.a.O., §
5 RGebStV Rn. 40 m.w.N.). Für das erkennende Gericht überzeugend hat
insbesondere das VG Augsburg in seinem Urteil vom 7. September 2009 (Au 7
K 09.216, zit. nach juris Rn. 52 ff.) eingehend dargelegt, dass nach dem
eindeutigen Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 Satz 2 RGebStV
sowie der Systematik des RGebStV eine Geringfügigkeitsgrenze, bis zu der eine
völlig untergeordnete geschäftliche Nutzung des privaten Pkw bei der Annahme
einer Gebührenpflicht außer Betracht zu bleiben hat, nicht existiert.
Soweit die Kammer durch Urteil des Einzelrichters vom 21. August 2007 (2 A
95/06, zit. nach juris Rn. 16) im Anschluss an eine Entscheidung des 4. Senates
des Nds. Oberverwaltungsgerichtes (Beschluss vom 26. Juni 2007 - 4 LA 73/07
-, BA S. 3, v.n.b.) demgegenüber noch vertreten hat, dass die
Rundfunkgebührenpflicht für ein Autoradio als Zweitgerät nicht ausgelöst werde,
wenn die nicht private Nutzung so gering sei, dass sie praktisch zu
vernachlässigen sei und damit bei lebensnaher Betrachtung die private Nutzung
des Pkw nicht in Frage stelle, bedarf diese Sichtweise einer Anpassung an die
jüngere Entwicklung in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur. Denn der 4.
Senat des Nds. Oberverwaltungsgerichtes hat seine Rechtsprechung in dieser
Frage in jüngster Zeit dahingehend präzisiert, dass auch die untergeordnete
Nutzung eines Kraftfahrzeugs zu anderen als privaten Zwecken zum
Ausschluss der Gebührenfreiheit eines Zweitgerätes in dem Fahrzeug führt, es
sei denn, dass diese ausnahmsweise nach Art und Umfang praktisch zu
vernachlässigen ist und bei lebensnaher Betrachtung eine Nutzung zu
ausschließlich privaten Zwecken nicht in Frage stellt. Letzteres kann jedoch nur
atypische Fälle betreffen, in denen aufgrund besonderer Umstände mit der
Nutzung des Kraftfahrzeugs im Einzelfall andere als private Zwecke mitverfolgt
werden und die Nutzung zu diesen Zwecken nicht mehr messbar ins Gewicht
fällt. Allein der Umstand, dass eine Nutzung zu anderen als privaten Zwecken
nur in sehr untergeordnetem Maße erfolgt, ist insoweit nicht ausreichend (Urteil
vom 6. März 2012 - 4 LB 290/09 -, ZUM-RD 2012, S. 567 ff., zit. nach juris LS
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und Rn. 25). Kommt es danach für eine Gebührenfreiheit des Zweigerätes allein
auf die Nutzung zu ausschließlich privaten Zwecken an, kann dem rechtlichen
Ansatz der Klägerin, eine nur beiläufige Miterledigung von Aufgaben, die in
einem funktionalen Zusammenhang mit ihrem Ferienwohnungsbetrieb stehen,
stelle keine gewerbliche - also im Umkehrschluss eine ausschließlich private -
Nutzung ihres Pkw dar, nicht gefolgt werden.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben ist die Klägerin zu Recht zu
entsprechenden - der Höhe nach nicht streitigen - Rundfunkgebühren
herangezogen worden, weil sie im hier streitbefangenen Zeitraum April 1991 bis
April 2012 ein gebührenpflichtiges Zweitgerät im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1
RGebStV in ihrem Privat-Pkw zum Empfang bereitgehalten hat. Zur
Überzeugung des erkennenden Gerichts steht fest, dass die Klägerin mit ihrem
Privat-Pkw gelegentlich Fahrten unternommen hat, die objektiv in einem
Zusammenhang mit dem Betrieb ihrer Ferienwohnung gestanden haben. Hierzu
zählen etwa die Fahrten, die die Klägerin gelegentlich zum Transport ihrer
Feriengäste vom oder zum Bahnhof bzw. vom oder zum Bus unternommen hat.
Ferner zählen die Fahrten dazu, die die Klägerin mit ihrem Privat-Pkw zum
Transport von Wäsche, die in ihrer Ferienwohnung angefallen ist, zur Wäscherei
unternommen hat. Ob die Klägerin darüber hinaus mit ihrem Pkw Fahrten
unternommen hat, um Einkäufe für ihre Ferienwohnung zu tätigen, oder für
Fahrten zur Post und zur Bank, um dort Geschäfte im Zusammenhang mit ihrer
Ferienwohnung abzuwickeln, kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich
an.
Der hier zur Entscheidung stehende Sachverhalt rechtfertigt zur Überzeugung
des erkennenden Gerichtes jedenfalls nicht die Annahme eines atypischen
Falles i.S.d. neueren Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichtes.
Ausweislich der im Feld Bemerkungen des Zumeldeformulars vom 8. November
2011 dokumentierten Angaben der Klägerin gegenüber dem Zeugen F. hat sie
im hier streitbefangenen Zeitraum ihren privaten Pkw auch für Zwecke genutzt,
die im Zusammenhang mit dem Betrieb ihrer Ferienwohnung stehen und damit
nicht als ausschließlich privat zu qualifizieren sind. Die Klägerin hat an diesem
Tag gegenüber dem Zeugen F. bekundet, sie nutze ihren Pkw - auch bzw.
gelegentlich - für die Ferienwohnung, etwa zum Abholen von Gästen von Bahn
und Bus, zu Einkäufen für die Ferienwohnung, zum Wäsche holen und
wegbringen sowie für Fahrten zur Post und Bank. Dieses Formular hat die
Klägerin trotz der Beeinträchtigung ihrer Sehfähigkeit und der von ihr geltend
gemachten schlechten Beleuchtungsverhältnisse in ihrer Küche zweifach
handschriftlich unterschrieben, sodass hieraus schon eine gewisse Indizwirkung
für die inhaltliche Richtigkeit dieser Angaben gefolgert werden kann (st. Rspr.
der Kammer, vgl. nur Urteil vom 21. August 2007, a.a.O., Rn. 17). Hinzu kommt,
dass der Zeuge F. im Rahmen seiner Zeugenvernehmung in der mündlichen
Verhandlung die damaligen Angaben der Klägerin im Wesentlichen bestätigt
hat. Er hat für das erkennende Gericht nachvollziehbar dargelegt, er habe alle in
dem Zumeldeformular dokumentierten Angaben der Klägerin so übernommen,
wie sie seinerzeit von der Klägerin getätigt worden seien. Er habe insbesondere
gezielt nach der Nutzung des klägerischen Pkw zu Einkäufen für die
Ferienwohnung und zum Abholen von Gästen von Bus und Bahn gefragt. Für
die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen F. spricht zum einen, dass er auf
Vorhalt des Prozessbevollmächtigten der Klägerin unumwunden eingeräumt hat,
dass er sich nicht erinnere, dass die im Feld Bemerkungen des
Zumeldeformulars dokumentierten, aus Sicht der Klägerin bausteinartigen bzw.
stereotypen Angaben, so wie von ihm niedergeschrieben, wortwörtlich von der
Klägerin getätigt worden seien. Der Zeuge konnte auf Nachfrage jedoch
glaubhaft bekunden, dass er die in diesem Feld dokumentierten Angaben nicht
vermerkt hätte, wenn dieselben nicht zuvor von der Klägerin zumindest
sinngemäß getätigt worden seien. Für die Glaubhaftigkeit der Angaben des
Zeugen streitet andererseits, dass er sich an einzelne, von der Klägerin im
Anschluss an seine Zeugenvernehmung bestätigte Details seines damaligen
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Besuches bei der Klägerin noch erinnern konnte, namentlich, dass ihm die
Klägerin seinerzeit einen Kaffee gekocht habe und dass ein Pkw mit Autoradio
im unmittelbarem Umfeld des Hauses der Klägerin abgestellt gewesen sei,
welcher ihm Veranlassung für seine an die Klägerin gerichteten Fragen nach der
Nutzung ihres Pkw im Zusammenhang mit dem Betrieb der Ferienwohnung
geboten habe. Unschädlich ist schließlich, dass sich die im Zumeldeformular
dokumentierten Angaben der Klägerin zur Nutzung ihres Pkw im
Zusammenhang mit dem Betrieb ihrer Ferienwohnung und die diesbezüglichen
Bekundungen des Zeugen F. in der mündlichen Verhandlung nicht
quantifizieren lassen. Jedenfalls kann danach zur Überzeugung des
erkennenden Gerichtes sicher ausgeschlossen werden, dass es sich bei den
dokumentierten Nutzungen des Pkw lediglich um einen Einzelfall handelte, in
dem andere als private Zwecke mitverfolgt wurden und die Nutzung zu diesen
Zwecken nicht mehr messbar ins Gewicht fällt.
Für die Richtigkeit der im Zumeldeformular enthaltenen Angaben der Klägerin
spricht schließlich auch deren erste Einlassung im Schriftsatz vom 22.
November 2011. Dort hat sie bestätigt, in der Vergangenheit auch mal einen
Gast vom Bahnhof abgeholt oder hingebracht zu haben und, wenn sie ihre
eigene Wäsche in die Wäschemangel gab, auch mal Wäsche aus der
Ferienwohnung mitgenommen zu haben. Die gewählte Formulierung „auch mal“
streitet für gelegentliche Nutzungen des Pkw zu betrieblichen Zwecken,
keinesfalls für die Annahme eines Einzelfalls. In der mündlichen Verhandlung
hat die Klägerin zumindest eingeräumt, einmal eine Familie mit ihrem Pkw vom
Bahnhof abgeholt und zu ihrer Ferienwohnung transportiert zu haben, weil diese
zuvor einen Pkw-Schaden erlitten habe. Auf die Annahme eines Einzelfalls einer
Nutzung des klägerischen Pkw zu anderen als privaten Zwecken kann aber
auch aus diesem Vortrag nicht geschlossen werden, denn es bedarf einer
Gesamtwürdigung des Vortrags der Klägerin im Verwaltungs-, Widerspruchs-
und Klageverfahren, die namentlich aufgrund der glaubhaften Zeugenaussage
zu ihren Lasten ausfällt.
Insbesondere soweit sich die Klägerin mit Schriftsätzen vom 31. Januar und 14.
Februar 2013 von ihrer ersten Einlassung gegenüber dem Beklagten distanziert,
u.a. bestreitet, jemals Wäsche aus der Ferienwohnung mit ihrem Pkw in die
Wäscherei mitgenommen zu haben, ist dieses neue Vorbringen zur
Überzeugung des erkennenden Gerichtes nicht glaubhaft. Der geänderte
Vortrag der Klägerin lässt sich nicht allein mit einem, ggf. durch einen
Sachbearbeiterwechsel verursachten Kommunikationsdefizit oder
Missverständnis im Verhältnis der Klägerin zu ihren Prozessbevollmächtigten
rechtfertigen, sondern dürfte im Wesentlichen auf eine Anpassung des Vortrags
an den jeweiligen Stand des Verfahrens und die bis dato zwischen den
Beteiligten ausgetauschten rechtlichen Argumente zurückzuführen sein.
Jedenfalls ist dieses neue Vorbringen der Klägerin schon deswegen nicht
geeignet, das erkennende Gericht von seiner inhaltlichen Richtigkeit zu
überzeugen, weil die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung in der
mündlichen Verhandlung keinerlei Erklärung dafür liefern konnte, warum der
Zeuge die streitgegenständlichen Angaben zur Nutzung des privaten Pkw im
Feld Bemerkungen des Zumeldeformulars dokumentiert hat. Anhaltspunkte für
ein strafbares Verhalten des Zeugen hat weder die Klägerin noch das
erkennende Gericht.
Die Forderung des Beklagten ist schließlich nicht verjährt. Die von der Klägerin
hilfsweise erhobene Einrede der Verjährung stellt nach der Rechtsprechung des
4. Senates des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes (vgl. Beschluss
vom 7. Mai 2007 - 4 LA 521/07 -, NVwZ-RR 2007, S. 575 f., zit. nach juris Rn. 5
ff. m.w.N.) eine unzulässige Rechtsausübung dar. Dabei kommt es nicht darauf
an, dass die Klägerin die Anzeigepflicht für das Radio in ihrem nicht
ausschließlich privat genutzten Pkw bekannt gewesen ist und ihr bezüglich des
Verstoßes gegen die Anzeigepflicht kein erheblicher Schuldvorwurf gemacht
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werden kann (vgl. Nds. OVG, a.a.O., juris Rn. 7 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt das
vollständige Unterliegen der Klägerin.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung gem. §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4,
124a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.